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Artikel „Fröbel, Julius“ von Ferdinand Sander in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 49 (1904), S. 163–172, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Fr%C3%B6bel,_Julius&oldid=- (Version vom 26. Dezember 2024, 01:02 Uhr UTC)
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Band 49 (1904), S. 163–172 (Quelle).
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Fröbel: Julius F., Dr. philos., Mitglied des Frankfurter Parlamentes von 1848 und 49, Gelehrter, Politiker, Reisender, Consul des deutschen Reiches, vielseitiger Publicist, geboren am 16. Juli 1805 in Griesheim bei Stadt Ilm (Schwarzburg-Rudolstadt), † am 6. November 1893 in Zürich. Fröbel’s Vater war in Griesheim Adjunct und später Nachfolger seines Schwiegervaters, des greisen Pfarrers North. Der Vater wie die geistig bedeutende, rastlos thätige, politisch angeregte Mutter folgten der rationalistischen Zeitströmung, während der Großvater North das herrnhutisch-pietistische Element vertrat. Pfarrer Fröbel starb 1814 am Lazarettfieber, das die durchziehenden Truppen verbreiteten; der wenig bemittelten Witwe blieb die Aufgabe, drei unmündige Söhne, unseren Julius, Karl und Gustav, sowie eine Tochter zu erziehen. Julius wurde zunächst auf das Gymnasium zu Rudolstadt und in das Haus des dortigen Theaterfriseurs gebracht. Lockere Gesellschaft, zerstreuender Theaterbesuch und achtlos gewährte Geldhülfen freundlicher Familien brachten den frühreifen Knaben hier bald so sehr in Wirrnisse, daß er selbst bat, ihn von der Schule fortzunehmen. Dies traf (1816) zusammen mit der Gründung der „Allgemeinen deutschen Erziehungsanstalt“ Friedrich Fröbel’s, dem die Schwägerin in begeisterter Zuversicht zu seinen reformatorischen Ideen mit einem wesentlichen Theile ihres bescheidenen Vermögens, womit sie den Ankauf des Bauerngutes im nahen Keilhau ermöglichte, auch die Erziehung ihrer Söhne anvertraute. Julius F. urtheilt in seiner Autobiographie (Ein Lebenslauf etc.) unbefangen und streng über das pädagogische Unternehmen seines barocken Oheimes. Des Neffen freiwilliger Austritt im J. 1825 durchschnitt für lange Jahre das persönliche Band mit dem harten Sonderlinge. Doch ist nicht zu verkennen, daß jenem – besonders nach der gefährlichen Verweichlichung in der kleinen Thüringer Residenz – das forciert einfache Keilhauer Leben inmitten der ländlichen Natur für körperliche und geistige Gesundheit wohlgethan hatte. Auch an wissenschaftlicher Anregung war trotz mancher Seltsamkeit des „Ganges“ kein Mangel. Neben dem jungen Schwaben Chr. Fr. Schönbein, dem späteren Baseler Chemiker, und dem Schweizer Historiker Karl Herzog hatte unter den Lehrern letzthin besonders der Mathematiker, Hauptmann a. D. E. H. Michaelis, tieferen Einfluß auf den begabten Schüler gewonnen und diesen erfolgreich in die Elemente der topographischen Kunst eingeführt. Michaelis war inzwischen vom Cotta’schen Verlag für die Fortsetzung der vor Jahren von Bohnenberger und Ammann begonnenen topographischen Karte des alten schwäbischen Kreises gewonnen. Als Gehülfe bei diesem Werke fand der Schüler in Stuttgart Arbeit und Unterhalt. Die Sommer 1825 und 26 riefen in den Schwarzwald und in die Rheinebene zur Aufnahme; die Wintermonate waren der Verarbeitung des gewonnenen Materiales gewidmet. Nebenher ergänzten mathematische und sprachliche Studien wie der Verkehr in fein gebildeter Gesellschaft die einseitige Erziehung des jungen Topographen. Michaelis willigte ein, daß sein junger Freund Herbst 1826 die soeben von Landshut nach München verlegte Universität bezog und dort den Stich der in der Zeichnung vollendeten Kartenblätter ausführte. Unter den Münchener Professoren schloß F. sich besonders dem Botaniker K. Fr. Ph. v. Martius an. Durch diesen kam er im Frühling 1828 als Hülfsarbeiter an das Verlagsgeschäft des Landesindustriecomptoirs zu Weimar, dem er, theils in Weimar selbst, theils in Jena lebend, bis 1832 angehörte. Durch das geschäftliche Programm des Comptoirs veranlaßt, trat er damals zuerst als Schriftsteller und zwar mit einigen geographischen Arbeiten hervor. Diese („Geographisch-statistische Beschreibung von Ober- und Nieder-Peru, Argentinien, [164] Uruguay und Paraguay“, Weimar 1831 und „Ueber die wissenschaftliche Form der Geographie“ in Berghaus’ Annalen) im Bunde mit trefflichen Empfehlungen öffneten dem jungen Gelehrten in Berlin, wohin er sich, eben in Jena zum Doctor promovirt, 1832 begab, den Zutritt zu den Brüdern v. Humboldt, besonders Alexander, der ihm stets gewogen blieb, Karl Ritter, v. Roon, Encke, Chamisso u. A. Auch die gesellige Lage des jungen Doctors gestaltete sich, besonders durch näheres Verhältniß zum Mendelssohn’schen Hause, erfreulich. Indeß hatte in Berlin sich noch kein festes Berufsverhältniß, nach dem er im Interesse von Mutter und Geschwistern ausschaute, gefunden, als in ein Ruf nach Zürich traf, den er nicht ablehnen zu dürfen glaubte. Er ging im Frühling 1833 dorthin als Oberlehrer der Geographie an der Kantonalschule und Privatdocent der Mineralogie an der neuen Universität mit Anwartschaft auf die ihm 1836 wirklich zufallende Professur dieses Faches.

Fröbel’s Lebensgang in der Schweiz schien sich, wenngleich nicht sofort pecuniär behaglich, so doch ruhig und ersprießlich zu gestalten. Beide Brüder, Karl als Oberlehrer des Englischen, Gustav als Universitätsgärtner, mit ihnen Mutter und Schwester, zogen ihm nach; die Schwester allerdings nur, um bald nach dem Umzuge geistiger Krankheit zu verfallen, die sich als unheilbar erwies. Die Lehrthätigkeit durfte F. erfreuen; angenehme fachmännische Verbindungen, wie mit Oswald Heer in Zürich, Joh. von Charpentier in Bex, Decandolle Vater und Sohn in Genf, collegialische wie mit Hermann Sauppe und Ferdinand Redtenbacher in Zürich stellen sich ein. Auch als Schriftsteller errang F. einige weitere Erfolge; so mit einem Lehrbuche der Kristallologie und der Beschreibung einer „Reise in die weniger bekannten Thäler der Penninischen Alpen“ (Berlin 1840). Den eigenen Herd gründete er 1838 durch die Ehe mit einer liebenswürdigen Zürcherin aus angesehenem, Kunst und Litteratur liebendem Hause, Tochter des für reich geltenden Seidenfabrikanten Zeller zu Balgrist bei Zürich. Aber ruhiges Gedeihen und Behagen stand nicht in Fröbel’s Sternen geschrieben, noch lag es in seinem Temperamente. Der Umschlag der öffentlichen Dinge in Zürich durch den Septemberputsch von 1839 gegen die Berufung von David Fr. Strauß drängte auch F., obwol bis dahin nicht eigentlich zu den Radicalen gehörig, in die Opposition, die er nun lebhaft betrieb. In dieser Lage und Stimmung war er doppelt empfänglich für die sich mehrenden Vorboten des Volkserwachens aus Deutschland. Georg Herwegh, dessen Berliner Schwager Gustav Siegmund, Arnold Ruge traten in seinen Kreis. Bald war der Plan gefaßt, eine Verlagshandlung zu gründen, „zur Uebernahme und Verbreitung censurflüchtiger Schriften behufs Förderung des in Deutschland erwachten politischen Geistes und zugleich zum litterarischen Kampfe gegen die über die Schweiz hereingebrochene Reaction“. Ende 1840 ward ein kleiner Verlag, das „Litterarische Comptoir“ zu Winterthur erworben und nach Zürich verpflanzt. Dem Geschäfte zuliebe legte F. 1842 sein Lehramt nieder. 1843 traten Gustav Siegmund, Arnold Ruge und A. A. L. Follen als Mitinhaber bei. Aber im ganzen folgte nach vielversprechendem Anfange mit Herwegh’s Gedichten ein schwerer Schlag dem anderen; und die bitteren Erfahrungen bezogen sich nicht nur auf die unerbittliche Strenge der deutschen, besonders preußischen Censur und Polizei, auf die man gefaßt sein mußte, sondern ebenso sehr auf das trübe Gemisch von Lauheit und Schwärmerei, Eigennutz und Eitelkeit im eigenen Lager. Die dramatische Geschichte jener unruhigen Jahre in Fröbel’s „Lebenslaufe“ ist eine Fundgrube für allerhand interessante Personalia und sonstige Einzelzüge der stillen Gährung vor 1848. Hier kann dabei nicht verweilt werden. Im J. 1846 sahen F. und Ruge ein, daß ihr Unternehmen in Zürich unhaltbar geworden war. Sie verlegten [165] ihren Wohnsitz nach Sachsen. F. trat mit starken Verlusten vom Geschäfte zurück, das Ruge in Leipzig auflöste, während jener, von Leipzig polizeilich fern gehalten, in Dresden gegen Zusage der Enthaltung von activer Politik geduldet ward. So folgten anderthalb Jahre verhältnißmäßiger Ruhe in Dresden. Hatte F. in den letzten Züricher Jahren sich immer mehr dem radicalen Extreme und den Ideen des französischen Socialismus zugeneigt, den er 1843 in Paris an der Quelle studirte (vgl. das Aufsehen erregende pseudonyme Buch Fröbel’s: „Neue Politik von Junius“, 1846), so beschäftigten den Rastlosen nunmehr rein litterarische Pläne wie der einer bändereichen „Hausbibliothek aller Natur- und Geschichtswissenschaften“ und sogar poetische Arbeiten wie das mehrfach aufgeführte Drama „Die Republikaner“. Dem entsprach der Verkehrskreis in Leipzig und Dresden: Julian Schmidt, Constantin Rößler, Kuno Fischer, Friedrich Pecht, Eduard Devrient, Ferdinand Hiller; unter Litteraten, Gelehrten und Künstlern freilich auch politische Heißsporne wie Theodor Althaus und wie Gottfried Semper, Richard Wagner u. A., deren spätere Theilnahme am Dresdener Aufstande man damals nicht ahnen konnte.

Der idyllischen Episode bereitete 1848 der Ausbruch der Februar- und Märzrevolution ein jähes Ende. F. folgte schon im März dem Rufe des Verlegers Hoff zu Mannheim als Leiter der dortigen neuen „Deutschen Volkszeitung“. Er leitete sie und wirkte in der ganzen Bewegung, seiner politischen Ueberzeugung und schweizerischen Gewöhnung gemäß, als Republikaner, wenngleich er sich mehr an die Theorie hielt und auf die Zukunft rechnete, dagegen für die abenteuerlichen Träume und gewaltsamen Ausbrüche der Wilden unter seinen Parteigenossen stets strenger Kritiker blieb. Bald entführte der Zusammentritt des Parlamentes F. nach Frankfurt, zunächst jedoch nur als Berichterstatter für seine Zeitung und andere Blätter. Am 14. Juni constituirte sich dort unter Fröbel’s Vorsitz und mäßigendem Einflusse die demokratische Partei. In deren Centralausschuß gewählt, hatte er zu Parteizwecken alsdann längeren Aufenthalt in Berlin und Wien zu nehmen. In der Kaiserstadt an der Donau blieb er sechs Wochen im August und September, während deren er in Wort und Schrift mehrfach Anlaß fand und nahm, der allgemeinen Zerfahrenheit gegenüber Vorsicht und Besonnenheit in eigentlich politischen Fragen wie im Gegensatze der Nationalitäten und der Stände zu empfehlen. Unter anderem hatte er den ihm schwer verargten Satz zu verfechten, daß auch in monarchischer Form eine wahre Respublica denkbar sei und man daher nicht unbedacht auf den Zusammensturz des kaiserlichen Oesterreichs hinarbeiten dürfe. Besonders geschah dies in der Flugschrift „Wien, Deutschland und Europa“, die bald Fröbel’s Geschick wesentlich beeinflussen sollte. Inzwischen war er in Reuß j. L. als Nachfolger des verstorbenen Dr. Wirth, zum Abgeordneten für das Parlament gewählt und eilte über Schleiz, wo er sich den Wählern vorstellte, nach Frankfurt. Dort nahm er seinen Sitz an demselben 6. October ein, an dem in Wien der Aufstand losbrach. Schon am 13. desselben Monates verließ er folgedessen Frankfurt wieder, um mit Robert Blum in Wien eine Beifallsadresse der Linken des Parlamentes zu überreichen. Der tragische Verlauf dieser Reise ist bekannt. Am 17. eingetroffen, wollten beide Männer am 20. wieder abreisen, wurden aber durch die Fortschritte des Wien umschließenden kaiserlichen Heeres unter Fürst Windischgrätz dort zurückgehalten und traten am 26. in die mobile Garde der aufständischen Stadt als Hauptleute ein, um sich freilich rasch von der völligen Haltlosigkeit der Sache zu überzeugen und schon am 29. wieder auszutreten, ohne daß sie an Feindseligkeiten theilgenommen hatten. Am 4. November wurden beide verhaftet, Blum, zum Strange verurtheilt, fiel am [166] 9. durch Pulver und Blei. Erst nachher wurde gegen F. verfahren, auch er zum Tode durch den Strang verurtheilt, aber vom Fürsten wegen mildernder Umstände völlig begnadigt und an der sächsischen Grenze freigegeben. Daß diese Milde nur durch das anerkannt maßvollere persönliche Auftreten Fröbel’s und besonders durch seine oben bezeichnete Flugschrift veranlaßt war, steht fest. In der Frankfurter Versammlung trat F. im ganzen wenig hervor. Von der äußersten Linken sonderte er sich mehr und mehr ab, nicht ohne mit Einzelnen schroff zusammenzustoßen. Doch blieb er demokratisch und großdeutsch, stimmte demgemäß gegen die Reichsverfassung mit der erbkaiserlich-preußischen Spitze vom 28. März 1849, unterschrieb aber dies Document, nachdem er unterlegen war. Dem Rumpfe des Frankfurter Parlamentes blieb er treu bis zur gewaltsamen Auflösung in Stuttgart am 18. Juni 1849. Mit den letzten Trümmern der Versammlung und anderen Parteigenossen bot er dann der provisorischen Regierung im aufständischen Baden seine Dienste an, kam aber kaum noch zu harmloser Verwendung, da eben der Aufstand vor den preußischen Waffen kläglich zusammenbrach. F. flüchtete in die Schweiz, sagte nach achttägigem Aufenthalte der dorthin voraufgegangenen Gattin, die er dort in ihrer Heimath zum letzten Male sehen sollte, Lebewohl und reiste mit Ludwig Bamberger und Theodor Kaufmann weiter nach Paris. Der Versuch, über Altona nach Hamburg vorzudringen und dort ein Asyl zu finden, mißlang, und so entschloß F. sich, nach mehrwöchigem Aufenthalte in Helgoland, wo er mit Liszt, Adolf Stahr, Fanny Lewald u. A. verkehrte, über London nach Amerika auszuwandern. Er verließ die Insel am 22. September.

Die Reise auf einem Segelschiffe, das F. in Liverpool bestieg, dauerte vom 29. September bis 9. November, an dem er in New-York landete. Fast acht Jahre verlebte er in der neuen Welt, Jahre reich an wechselvollen Abenteuern und läuternden Erfahrungen. F. hat davon ausführlich berichtet in seinen „Erfahrungen, Reisen und Studien aus Amerika“ (Leipzig, 2 Bde. 1857 und 58) und kürzer, aber immer noch lebhaft und spannend genug im „Lebenslaufe“ (Bd. I). Hier muß ein trockener Abriß genügen. F. begann in New-York als Seifensieder, sah aber das mit zwei Genossen begonnene Geschäft bald scheitern. Am 31. December 1849 traf ihn die Nachricht vom Tode seiner Gattin. Bald nachher kam unter dem Schutze einer bekannten Familie sein zehnjähriger Sohn ihm nach. Er ist 1886 als Professor der Chemie in Cambridge (Massachusetts) noch vor dem Vater gestorben. Nach allerlei journalistischer Thätigkeit (New-York Tribune) und tastenden Reisen ließ dieser sich von dem bekannten Amerikanisten und Colonialpolitiker Ephraim George Squier zu einer Studienreise nach Nicaragua anwerben, wo man damals vom baldigen Bau des großen Canales gewaltigen Aufschwung erhoffte. Die Reise in dem herrlichen Lande – vom 24. September 1850 bis 21. September 1851 – mit dem Sohne brachte dem wohlvorbereiteten und -ausgerüsteten Forscher viel Interessantes, aber kein praktisch nutzbares Ergebniß. Abermals journalistisches Leben in New-York („New-Yorker Allgemeine Zeitung“) bis Juni 1852; dann Leitung einer Handelskarawane in Begleitung eines der Kaufherren von Cincinnati nach Chihuahua (Nord-Mexiko), damals noch ein ebenso beschwerliches wie gefährliches Unternehmen, vom 16. Juni bis 23. November 1852 mit daran geschlossenem Aufenthalt in Chihuahua bis Mai 1853. Nach beschwerlicher Rückreise wenige Monate in New-York und am 10. October abermaliger Aufbruch zu einer Karawanenreise nach Mexiko, diesmal wie schon auf der vorangegangenen Rückreise theilweise zur See. Wegen Zollschwierigkeiten kam man nur bis an die mexikanische Grenze nach El Paso (23. März 1854), wo der Handelsherr seine Waaren aufstapelte, um die [167] leeren Frachtwagen nebst Zubehör nach vierteljährigen Marsche (4. Juli bis 3. October) in Californien zu verwerthen. F. blieb dort in der Hauptstadt fast ein Jahr als Redacteur des neu gegründeten deutschen San Francisco Journales. Vom 20. September bis 13. October 1855 Rückreise über Nicaragua nach New-York, wo er in den folgenden Monaten sein bereits genanntes großes Reisewerk abzufassen begann.

In jener Zeit schritt F. in New-York zu einer zweiten Ehe mit Karoline, geborener Gräfin Armansperg, Tochter des ehemaligen bairischen Gouverneurs von Griechenland. Diese (geb. 1821) war 1849 einem im Pfälzer Aufstande compromittirten jungen Juristen, Florian Mördes, als Gattin nach Texas gefolgt und dort als Witwe mit einem kleinen Sohne zurückgeblieben. Sie hat dem zweiten Gatten zwei und dreißig Jahre als treue Gehülfin zur Seite gestanden; und nach ihrem Tode (26. Mai 1888 in Algier) blieb ihr Sohn, Dr. jur. William Fröbel-Armansperg, wie er sich später nannte, des vereinsamten und ertaubten Pflegevaters Trost und Stütze. Nochmals ließ der Neuvermählte sich in ein Squier’sches, diesmal auf Honduras abzielendes Colonialproject verwickeln. Vom 29. November 1856 bis 13. Mai 1857 machten die Gatten mit dem Söhnchen eine genußreiche, aber praktisch ergebnißlose Reise von New-York nach Honduras und zurück, um dann am 27. Juni 1857 Amerika endgültig Lebewohl zu sagen und nach Europa zurückzukehren.

Sich selber treu und doch als ein Anderer betrat F. am 19. Juli 1857 in Havre de Grace den Boden Europas. Die alte begeisterte Liebe für Deutschlands Einigung und freie Verfassung beseelte ihn, und auch aus den socialpolitischen Idealen seiner Jugend hatte er einen Kern festgehalten, von dem er nicht lassen mochte. Aber der Revolutionär in ihm hatte sich gehäutet. Nichts war ihm in der Fremde widerwärtiger gewesen, als das eitle Prunken mit dem Glorienscheine des verbannten, also doch gescheiterten Freiheitskämpfers, nichts verurtheilte er schärfer als den Hang zum Ränkespinnen und die Bereitschaft, das Volk daheim noch einmal auf Bahnen zu locken, die, wie man schmerzlich genug erfahren, nicht zum Ziele, sondern zu blut- und kraftvergeudenden Kämpfen führten. Er dürstete, mitzuarbeiten an dem großen Werke, dem er sich einst gewidmet, aber nicht mehr negativ, sondern positiv; und in der deutschen Frage sah er die wichtigste Frage der Menschheit überhaupt. Ganz anders hatte er die realen Mächte des öffentlichen Lebens einschätzen gelernt: es galt, nicht sie niederzuwerfen – eitler Wahn! – sondern sie zu gewinnen. In dem Vertrauen, daß dies gelingen könne, war er dann aber wieder ganz der alte sanguinische Theoretiker und Projectenmacher, der es fertig brachte als unbelehrbarer Großdeutscher alles von dem Oesterreich zu erwarten, das ihn einst zum Strange verurtheilt hatte. Freilich darf man nicht vergessen, daß Preußen gerade damals im dunkelsten Schatten lag, und daß Bismarck’s geniale Kraft sich noch nicht offenbart hatte. Wenn dem einst mit Robert Blum in Wien verurtheilten Volksmanne jetzt aus der neuen Welt der Verdacht aristokratischer Neigungen folgte, so lag das wohl nicht nur an seiner ungewöhnlich stattlichen Gestalt und vornehmen Haltung, in der das Horazische „Odi profanum volgus“ sich aussprach; das Gefühl, daß er es auf andere Kreise absah als früher, war nicht ganz unrichtig.

Die Heimgekehrten wandten sich zunächst nach kurzem Aufenthalte in Paris der Schweiz zu, von wo die alte Gräfin Armansperg zunächst nur Tochter und Enkel nach Baiern mitzunehmen wagte. F. selbst ging über Stuttgart, wo die Gattin wieder zu ihm stieß, nach Frankfurt a. M. Man verlebte dort einen Winter, aber nur, um zu erfahren, daß die Polizei in Deutschland und nicht minder die gebildete Gesellschaft mit Ausnahme der [168] jüdischen dem Achtundvierziger noch recht mißtrauisch gegenüber standen. Der folgende Sommer ward Besuchen in der thüringischen und bairischen Heimath und einer wünschenswerthen Badecur gewidmet, und schon war die ganze Familie seit dem 30. September in London bereit zur Rückreise nach Amerika, als Anfangs 1859 der Tod der Gräfin Armanspergs diesen Plan durchkreuzte und die Reisenden zurückhielt. Inzwischen hatten sich doch auch manche Fäden wieder oder neu geknüpft, die von Europa und Deutschland mehr Gutes erwarten ließen. Besonders half dabei die Schriftstellerei, die F. eifrig betrieb. Sein Werk über Amerika ward gern gelesen und erschien 1859 auch in englischer Ausgabe. Ihm folgten politische Schriften: „Amerika, Europa und die politischen Gesichtspunkte der Gegenwart“, „Deutschland und der Friede von Villafranca“ (1859), „Die Bestandtheile der deutschen Parteien und die politische Literatur des letzten Jahres“, „Die Forderungen der deutschen Politik“ (1860). Im späteren Rückblicke findet F. nur einen einzigen, aber allerdings entscheidenden Irrthum in diesen Schriften: er hielt Preußen für schwächer, Oesterreich und Frankreich für stärker, als sie sich nachgehends bewiesen. Gerade dieser großdeutsche Irrthum empfahl sie aber in Oesterreich und den deutschen Mittelstaaten. L. v. d. Pfordten, damals bairischer Bundestagsgesandter, schrieb: „Sie können kaum ahnen, wie wohl mir die Lectüre Ihrer Schriften gethan hat. Ich habe es geduldig ertragen, während eines Dezenniums als Partikularist, Fürstendiener, Reaktionär geschmäht zu werden. Sie sind nicht durch Partikularismus oder Fürstengunst geblendet. Sie sind nicht durch die Süßigkeit des Regierens zum Reaktionär geworden, und dennoch beurtheilen sie alle Hauptfragen gerade wie ich“. Dieselbe Tonart stimmten der sächsische Minister v. Beust und der österreichische Graf Rechberg an. Jener besuchte sogar den alten Aufständler durchreisend in Heidelberg, wo F. von 1859 bis Frühjahr 1862 wohnte. Auch mit dem späteren württembergischen Minister Freiherrn v. Varnbüler trat dieser 1860 zuerst in persönliche Berührung.

Praktisch wirksam wurde die Beziehung zu Oesterreich Ende 1860 und Anfang 1861 durch den Wiener Hofrath Max v. Gagern, der December 1860 seinen Bruder Heinrich in Heidelberg besuchte. Durch ihn aufgefordert, legte F., was er mündlich gegen den damals von französischer Seite angeregten Verkauf Veneziens geäußert, in der Flugschrift nieder: „Deutschland, Oesterreich und Venedig“. Das Verhältniß eines freiwilligen Preßhelfers der Wiener Hofburg war damit eingeleitet. Bei einem Besuche in Wien März und April 1861 wurde der ehedem kaum dem Galgen entronnene F. geradezu gefeiert; auch mit dem Fürsten Windischgrätz sprach er, nicht lange vor dessen Tode, sich freundlich aus. Eine bald darauf (Juni 1861) in Kissingen verfaßte Denkschrift Fröbel’s über die „Leitung der großdeutschen Angelegenheiten“ wurde die Grundlage sowohl für Oesterreichs deutsche Politik in den nächsten Jahren wie für ein Vertragsverhältniß, in das ihr Verfasser März 1862 zur Wiener Regierung trat. Was damals vom deutschen Programme der kaiserlich-königlichen Präsidialmacht wirklich ausgeführt ward: die Gründung der großdeutschen Partei und des deutschen Reformvereins, der vergeblich dem Nationalvereine die Stange zu halten suchte, auf der Versammlung zu Frankfurt (October 1862) wie der vom Kaiser Franz Josef berufene Frankfurter Fürstentag (August 1863), geschah unter regster Mitwirkung und theilweise nach Vorschlägen Fröbel’s, der aber bald mehr und mehr einsehen mußte, daß bei der trüben Gährung in Oesterreich-Ungarn, dem Mangel an Ernst in der deutschen Frage, dem beständigen Durcheinander- und Widereinanderwirken und -Wirren der Parteien und der Personen (Schmerling, Rechberg, Mensdorff-Pouilly etc.), gegenüber endlich der einseitigen, aber keineswegs einträchtigen Betonung der [169] Triasidee durch die Mittelstaaten für seine Zwecke in Wien nichts Zuverlässiges zu erreichen war. Auch die hingebendste Vertretung des großdeutschen Gedankens in der Oeffentlichkeit, namentlich dem ihm zur Verfügung gestellten Blatte der „Botschafter“, konnte gegen Lauheit und Ungeschick der Wiener Politik nichts ausrichten. Daß dabei freilich sachliche Schwierigkeiten und innere Widersprüche des Programmes – man denke nur an die vorausgesetzte Bürgschaft für Oesterreichs außerdeutschen Besitzstand seitens des national organisirten Deutschlands! – das eigentliche Verhängniß bildeten, hat der warmherzige Freilichtpolitiker niemals erkannt. Nach Schmerling’s Rücktritt fühlte er sich in Wien vollends ohne Halt und löste, bitter enttäuscht, den bestehenden Vertrag zum Bedauern der damaligen Leiter der österreichischen Politik, Graf Mensdorff und Graf Belcredi, im December 1865.

Auch für die anglo-austrischen Versuche jener Jahre, die österreichischen Finanz- und Münzverhältnisse zu reguliren, insonders die Valuta des entwertheten Papiergeldes herzustellen, erschien F. wegen seiner sprachlichen und volkswirthschaftlichen Kenntnisse wie wegen seiner englischen Bekanntschaften hüben und drüben als geeigneter Mittelsmann. Er hat von Wien aus, auch auf Reisen, viel in dieser Angelegenheit gearbeitet. Indeß die Zeit für die Lösung des schwierigen Problemes war damals noch nicht gekommen.

Dem aus Oesterreich Scheidenden schien kurze Zeit durch Richard Wagner’s Vermittlung ein ähnliches Verhältniß in Baiern zu winken, wo König Ludwig II. sich persönlich für ihn interessirte. Seine publicistischen Schriften; besonders seine „Theorie der Politik“ (2 Bde., Wien 1861 u. 64; neue, umgearbeitete Auflage der „Neuen Politik“ von 1846) und besonders seine eifrige Vertretung des großdeutschen Standpunktes wie der damit eng verknüpften Triasidee in der Allgemeinen Zeitung hatten ihn dort nicht minder als in Wien selbst empfohlen. Indeß die Aussicht zerschlug sich, ohne F. mehr einzubringen als eine einmalige königliche Beihülfe, welche die Herausgabe seiner gesammelten „Kleinen politischen Schriften“ (Stuttgart 1865) ermöglichte. In dieser Lage, während er abermals die Rückkehr nach Amerika erwog, traf ihn der Antrag des inzwischen zum leitenden Minister berufenen Frhrn. v. Varnbüler, in Württemberg als litterarischer Gehülfe der Regierung einzutreten. Er nahm an und mußte sogleich „als simpler deutscher Patriot und Vertrauensmann der Stuttgarter Regierung“ nach Paris reisen (April 1866), um womöglich den Kaiser für Erhaltung des Friedens zwischen Oesterreich und Preußen zu gewinnen. Er selbst faßte seine Aufgabe damals in die Worte: „Le parti fédéraliste en Allemangne, auquel j’appartiens, veut faire des Etats secondaires une Suisse monarchique et désire, que l’Empereur ne favorise pas un mouvement contraire“. Aber er kam jetzt und in der Folge nicht über einen durch Napoleon’s Jugendfreund, Baron de Geiger, vermittelten Ideenaustausch hinaus. Inzwischen bereitete der Krieg diesen kleinen Machenschaften ein jähes Ende. F. glaubte wahrzunehmen und hat diese Ansicht stets festgehalten, daß der Krieg seitens der süddeutschen Staaten nur zum Scheine und absichtlich lau geführt würde. Damit schwand das letzte Vertrauen zu ihrer großdeutschen Politik.

F., nun endlich von der Unausführbarkeit seiner großdeutschen und Triasgedanken überzeugt, wurde, da doch immer der Wunsch einer wirksamen Zusammenfassung der nationalen Kräfte Deutschlands in ihm alles andere beherrschte, „aus einem Gegner der preußischen Politik zu deren Parteigänger“. Seine lebhafte, zur Oeffentlichkeit drängende Natur litt nicht, daß dieser Umschwung sich im stillen vollzöge. In einer Reihe von Artikeln der Allgemeinen Zeitung legte er ihn während der zweiten Hälfte[WS 1] des Jahres 1866 offen mit allen Motiven [170] und Erwägungen dar und löste Januar 1867 sein Verhältniß zu Württemberg. Inzwischen hatte sich durch das Entgegenkommen des neuen Ministerpräsidenten Fürsten Chlodwig zu Hohenlohe ein ähnliches Verhältniß zu Baiern, diesmal wirklich, angebahnt. Ein erster Auftrag führte F. nach Wien, wo er vom neuen Reichskanzler v. Beust, seinem alten Bekannten, beruhigende Versicherungen über Oesterreichs Verhalten bei etwaigem engerem Anschlusse der deutschen Südstaaten an den Norddeutschen Bund erhielt. Dann führten weitere Verhandlungen am 29. August 1867 zu einem Vertrage mit der bairischen Regierung über die Herausgabe eines diese unterstützenden neuen Blattes, das am 1. October d. J. als „Süddeutsche Presse“ zu erscheinen begann. F. that darin redlich das Seine, um für den Reichsgedanken einerseits und das schiedlich friedliche Verhältniß zu Oesterreich andrerseits in Baiern gegen einseitig bajuvarische und ultramontane Einflüsse zu werben. Daß jedoch dies Unternehmen den Keim zu manchen Unbequemlichkeiten für ihn in sich trug, ist aus der schwierigen Lage der bairischen Politik jener Jahre an sich verständlich. Vermehrt wurden diese noch durch Reibungen mit Richard Wagner und dessen engerem Kreise, die als Entgelt für die königliche Beihülfe mehr Raum und unbedingtere Hingabe beanspruchten, als F. aus äußeren wie inneren Gründen gewähren zu können glaubte. Auch die Regierung ihrerseits fand bei aller Anerkennung dessen, was Fröbel’s gewandte Feder für sie leistete, dabei nicht ganz ihre Rechnung. Schon mit Ende 1868 wurde der Vertrag gelöst, und F. blieb alleiniger Inhaber der „Süddeutschen Presse“. Als solcher wirkte er dann noch bis April 1873. Manche interessante Reisen und Berührungen mit bedeutenden oder sonst merkwürdigen Menschen brachte ihm die journalistische Thätigkeit. Wien und Berlin, Paris und London wurden wiederholt aufgesucht. Im ganzen überwogen jedoch für ihn die Widerwärtigkeiten des öffentlichen Lebens, und für seine Gattin, trotz oder vielleicht auch wegen ihrer vielen alten Beziehungen in ihrer Geburtsstadt, kam mancher Verdruß im Privatleben hinzu. Dies brachte ihn in einem Alter, in dem die meisten Menschen sich nach einem ruhigen Plätzchen zum Stillsitzen umsehen, auf den Gedanken, noch ganz in den Dienst des deutschen Reiches einzutreten.

Fürst Bismarck, dem F. wiederholt begegnet und von dem er stets freundlich aufgenommen war, ging auch auf diesen Wunsch des angesehenen Publicisten bereitwillig ein. Freilich kam wohl etwas anderes dabei heraus, als F. eigentlich gemeint hatte; und der Achtundsechziger ließ sich nur als Vorstufe zu einer erhofften bedeutenderen, mehr staatsmännischen Aufgabe das Amt des deutschen Consuls zu Smyrna gefallen, das er im Sommer 1873 antrat. Die Laufbahn seines alten Freundes und einstigen Leidensgenossen Lothar Bucher scheint ihm dabei als Muster und Maßstab vorgeschwebt zu haben. Hierin sollte er sich empfindlich täuschen. Auf den wiederholt geäußerten Wunsch der Veränderung wurde ihm zu einer Zeit, wo er sich mit der Gattin und deren Sohne in Smyrna soeben leidlich eingelebt hatte, nur ein Stellenwechsel angeboten, und dieser führte ihn 1876 als deutschen Consul nach Algier, wo er noch bis 1. Juni 1888 als solcher thätig gewesen ist. Viel Interessantes weiß er in seinem „Lebenslaufe“ auch aus dieser Zeit seines Reichs- und Consulatsdienstes noch zu berichten. Erwähnt sei besonders der Aufenthalt in Athen auf Reisen von Smyrna aus, der seiner Gattin manche Erinnerungen aus ihren dort verlebten Jugendjahren erweckte und ihn für die nationalen Wünsche und Hoffnungen der Griechen jugendlich erwärmte. Höchst beachtenswerth darf man die Urtheile und Beobachtungen über Land und Leute, staatliche, gesellige und wirthschaftliche Verhältnisse nennen, die der Vielgereiste und Vielerfahrene in den Bericht der eigenen Erlebnisse in der Levante und [171] in Nordafrika verwebt. Aber an eigentlich biographischem Interesse wird doch nun der Lebenslauf allmählich ärmer. Schränkte schon die unfreundliche Stimmung der französischen Gesellschaft, die in Algier bei aller Wahrung der amtlichen Höflichkeit sich schroffer noch als im Mutterlande aussprach, den deutschen Consul mehr auf sich und sein Haus ein, so kam dazu noch dessen zunehmende Schwerhörigkeit.

Fröbel’s einziger leiblicher Sohn starb 1886 fern in Amerika auf der Höhe des Lebens und der erwählten Laufbahn als Professor der Chemie. Im Frühjahr 1888 erkrankte überdies die Gattin. Die Arbeit häufte sich durch längere Vertretung des österreichischen Generalconsuls und andere Umstände wie Wechsel des Hülfspersonales u. a., während die Kräfte abnahmen. So bat der mehr als Achtzigjährige um seinen Abschied, der ihm unter ehrender Anerkennung und Verleihung des Ranges und Titels eines kaiserlich deutschen Generalconsuls sowie des österreichischen Commandeurkreuzes des Franz-Josefordens bewilligt ward. Wenige Tage vor dem Abschiede von Algier erlöste am 26. Mai 1888 der Tod Frau Karoline Fröbel „von den Beschwerden eines wechselvollen, in einzelnen Perioden harten und zuletzt mühevollen Lebens“. Der Witwer zog mit dem Stief- und Pflegesohne, dem Dr. jur. W. Fröbel-Armansperg, nach Zürich, wo damals noch der eine seiner beiden Brüder als Gründer und Haupt einer großen Handelsgärtnerei von Kindern und Enkeln umgeben wohnte. Dort lebte er in zunehmender Einsamkeit noch mehr als fünf Jahre und starb am 6. November 1893 im 89. Jahre seines Alters. Geschrieben hat er noch seit 1870 das größere nationalökonomische Werk: „Wirthschaft des Menschengeschlechtes auf dem Standpunkte der Einheit idealer und realer Interessen“ (3 Bde., Leipzig 1870–76), ferner: „Gesichtspunkte und Aufgaben der Politik“ (das. 1878), „Realistische Weltanschauung und utilitarische Civilisation“ (das. 1881) und endlich den öfter citirten Lebenslauf „Aufzeichnungen, Erinnerungen und Bekenntnisse“ (2 Bde., Stuttgart 1890. 91), die mit vielen urkundlichen Belägen durchsetzte Hauptquelle dieses Abrisses.

Am Schlusse des Lebenslaufes legt F. ein kurzes Bekenntniß seiner Welt- und Lebensansicht ab. Es deckt sich nicht mit einem der historisch gegebenen theologischen oder philosophischen Lehrgebäude; aber es ist die achtungswerthe Summe einer hochstrebenden und tiefgegründeten Lebensarbeit. Auf drei paarweise zusammengehörigen Säulen gleichsam ruht nach ihm die wahre menschliche Cultur: Sachwissenschaft und Philosophie, Wirthschaft und Moral, Kunst und Religion. Auf Wahrnehmung und Beurtheilung der Gegenstände einschließlich des Menschen selbst beruhend, soll das geistige Leben sich durch immer steigende Veredelung der praktischen Zwecke erheben bis zur Ahnung und zum Gedanken eines hinter den erkennbaren Eigenschaften verborgenen, transcendentalen Wesens der Dinge, vor dem in mystischer Versenkung und frommer Verehrung der endliche Geist sich beugt.

Friedrich Pecht, einer der ältesten und treuesten Freunde Fröbel’s, schildert ihn in seinem Nachrufe (Beil. z. Allg. Ztg. v. 29. Nov. 1893) treffend wie folgt: „Die Natur hatte ihn verschwenderisch mit ihren Gaben überschüttet, ihn mit vollendeter Mannesschönheit, eiserner Gesundheit, ungewöhnlichem Muth und Thatkraft, hoher Intelligenz und Idealität bei nur allzureicher Phantasie wie mit unermüdlicher Arbeitskraft und Arbeitslust ausgestattet, aber dieser Verschwendung ihrer schönsten Gaben einen Zug von allzugroßer Beweglichkeit des Wesens und ein Bedürfniß nach steter Veränderung beigemischt. Sicherlich ist mit ihm einer der interessantesten Achtundvierziger dahingegangen, dessen [172] unzerstörbarer Idealismus und tiefe Humanität ihn außerordentlich charakteristisch für jene kosmopolitische Periode unserer deutschen Geschichte machen.“


Anmerkungen (Wikisource)

  1. im Druck Häfte