Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Heer, Oswald“ von Schröter. in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 50 (1905), S. 98–107, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Heer,_Oswald&oldid=- (Version vom 21. November 2024, 16:12 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Heer, Jakob
Nächster>>>
Heerklotz, Adolf
Band 50 (1905), S. 98–107 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Oswald Heer in der Wikipedia
Oswald Heer in Wikidata
GND-Nummer 11656508X
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|50|98|107|Heer, Oswald|Schröter.|ADB:Heer, Oswald}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=11656508X}}    

Heer: Oswald H. wurde am 31. August 1809 als der erste Sohn des Pfarrers in Niederutzwyl im Kanton St. Gallen geboren. Die Familie siedelte im J. 1811 nach Glarus über, der Heimath des Vaters, wo derselbe eine Erziehungsanstalt gründete. Doch leitete er diese nur bis 1816; im December dieses Jahres vertauschte er wieder das Katheder mit der Kanzel und zog in das stille Bergdorf Matt im Sernfthal als Pfarrer ein. Hier verlebte der Sohn seine Jugendzeit, vom Vater in allen Gymnasialfächern unterrichtet, bis zur fertigen Vorbereitung auf die Universität. Schon früh zeigte sich bei ihm eine mächtige Liebe zur Natur: er durchstreifte in seinen wenigen Freistunden eifrigst die großartige Umgebung seines Heimathdörfchens, Pflanzen und Insecten sammelnd und beobachtend. Sein Vater war solchen „Allotriis“ eher abgeneigt und bannte den werdenden Forscher mit Latein, Griechisch und Hebräisch auf die Stube; alles Dinge, die ihm nach eigener Aussage schwer in den Kopf wollten. Um sich in der für seine naturwissenschaftlichen Beschäftigungen so wichtigen Kunst des Zeichnens auszubilden, scheute er den dreistündigen Weg nach Glarus nicht, der ihn allsonntäglich zu einem Zeichenlehrer führte. Daß er schon damals bei gleichstrebenden Zeitgenossen bekannt war, bezeugt die Thatsache, daß der nachmalige Staatsrath Dr. Hegetschweiler, der bekannte Arzt und Botaniker, ihn als neunzehnjährigen Jüngling dem Abt von Einsiedeln als einen zu großen Hoffnungen berechtigenden jungen Forscher vorstellte. Mit Clairville in Winterthur stand er seit 1823, mit Bremi in Dübendorf seit 1827 in Tauschverkehr. – So hatte er, als er im J. 1828 die Universität Halle bezog, um Theologie zu studiren, durch bloßes Selbststudium schon einen tüchtigen Grund naturwissenschaftlicher Bildung gelegt. Auf diesem baute er neben seinen theologischen Studien unter der Leitung Curt Sprengel’s, Kaulfuß’, Germar’s, Nitsch’s und Kämpf’s eifrigst weiter. Bezeichnend ist, daß er seinen intimsten Verkehr mit Naturforschern pflog, so namentlich mit dem Entomologen Professor Germar und dessen Neffen Schaum, ferner mit dem späteren Javaforscher Junghuhn und dem jetzigen Director des Naturhistorischen Museums in Buenos-Ayres, Burmeister. Auch seine ersten pädagogischen Versuche machte er auf seinem Lieblingsgebiet, indem ihm eine Zeit lang der naturhistorische Unterricht am Pädagogium und Waisenhaus in Halle übertragen wurde. Daß er aber daneben sein Berufsstudium nicht vernachlässigte, bewies er an der im J. 1831 in St. Gallen abgelegten philologisch-philosophischen und theologischen Staatsprüfung, nach welcher er die Ordination als V. D. M. erhielt. – Im J. 1832 trat die ernste Frage an ihn heran, ob er sich dem Pfarramt widmen, oder aber, seinem innersten Berufe folgend, den ersten Schritt zu einem Forscherleben thun solle. Er erhielt zu gleicher Zeit einen Ruf als Pfarrer nach Schwanden und eine Einladung von Herrn Escher-Zollikofer in Zürich, für mehrere Jahre in dessen Haus zu kommen, um seine großen Insecten-Sammlungen zu ordnen. Der Vater sprach ihm lebhaft zu, das erstere zu ergreifen: sah er sich doch vor die Erfüllung [99] eines Lieblingswunsches gestellt; aber der Jüngling hatte schon zu tief in das ernste Auge der Mutter Natur geblickt, um sich von ihr losreißen zu können: er siedelte nach der Stadt Zürich über, der er bis zu seinem Ende treu geblieben ist.

Ein halbes Jahrhundert wirkte er in Zürich, seine rastlose Thätigkeit zwischen ausgedehnter wissenschaftlicher Forschung, akademischer Wirksamkeit und vielfachen gemeinnützigen Bestrebungen theilend. – An äußeren Ereignissen war sein Leben nicht reich. Im J. 1838 verband er sich mit Margarethe Trümpy aus Glarus, die ihn treulich durchs Leben begleitete. Folgenschwer war für ihn seine heftige Erkrankung an einem Lungenleiden im J. 1850. Vergeblich suchte er im Sommer 1850 Erholung in einem längeren Aufenthalt bei seinem Freunde Charpentier in Bex; er kehrte leidender zurück, als er gegangen war, und das schlimmste war zu befürchten. Da entschloß er sich auf das Drängen seiner besorgten Freunde, namentlich auch des gerade in Zürich anwesenden Leopold v. Buch, der ihn um jeden Preis der Wissenschaft zu erhalten wünschte, in Madeira Heilung zu suchen. Er brachte den Winter 1850/51 mit seiner ihn in aufopfernder Liebe pflegenden Gattin dort zu und kehrte nach acht Monaten, nach dem Zeugniß seiner Angehörigen völlig geheilt zurück, gesünder sogar als zuvor, denn er hatte ein quälendes Nervenzahnweh verloren, das ihn früher oft am Arbeiten hinderte. Nun folgte eine 20jährige Periode des ungehemmtesten Arbeitens, nur zwei Mal durch längere Reisen unterbrochen: im J. 1856, wo er mit A. Escher v. d. Linth und Peter Merian Oesterreich und Oberitalien besuchte, und 1861, wo er mit denselben Freunden nach England ging. Im Januar 1870 zog er sich eine Erkältung zu, die ihn abermals nöthigte, seiner angegriffenen Lunge wegen im Süden Erholung zu suchen. Leider aber sollte diese Cur nicht so glücklich ausfallen wie die erste: Der Winter 1871/72, den er in Pisa zubrachte, war äußerst ungünstig, namentlich bei den mangelhaften Einrichtungen italienischer Wohnhäuser gegen strenge Kälte. Er zog sich dadurch ein Fußübel zu, das trotz mehrfacher Operationen nicht weichen wollte, so daß er an Krücken mühselig hinkend, ohne wesentliche Besserung seines Lungenleidens, nach einer Nachcur in Yverdon nach Hause zurückkehrte. Das Fußübel verschlimmerte sich durch eine verfehlte Kur an der Lenk noch mehr, so daß er mehr als ein Jahr im Bett zubringen mußte. Es ist gewiß das sprechendste Zeugniß für die unbeugsame Energie seines starken Geistes, daß er gerade während dieser Leidenseit am rastlosesten thätig war, um die Ergebnisse der Nordenskjöld’schen Expedition (13 große Kisten fossiler Pflanzen) zu verarbeiten. Umgeben von rings aufgethürmten Büchern und Fossilien saß er auf seinem Lager, vergleichend, nachlesend, schreibend, so daß seine treuen Angehörigen vollauf zu thun hatten, ihm alles zuzutragen. Auch seine Vorlesung über pharmaceutische Botanik hielt er vom Bett aus den ganzen Winter über. – Von da an blieb sein Körper gebrechlich: er schränkte seine akademische Thätigkeit auf ein Minimum ein, aber seine wissenschaftlichen Arbeiten schritten rastlos vorwärts: man mochte ihn aufsuchen wann man wollte, immer fand man ihn über die Arbeit gebeugt. Doch verschloß er sich der Ueberzeugung nicht, daß ihm aller menschlichen Berechnung zu Folge ein langes Wirken nicht mehr beschieden sein werde; als er im Frühjahr 1883 die letzten Kisten einer großen Petrefactensendung, das Material zum VII. Band der „Flora fossilis arctica“ enthaltend, wieder nach Kopenhagen zurückgesandt hatte, athmete er erleichtert auf, daß es ihm vergönnt war, noch diese große Arbeit zu vollenden, und er gelobte sich, keine derartige mehr anzunehmen. Den Sommer 1883 benützte er zur Abfassung der Arbeit über „Die nivale Flora der [100] Schweiz“, die seine letzte werden sollte. Im August stellten sich allmorgendlich quälende Hustenanfälle ein, die ihn indes nicht hinderten, am 28. August mit seiner Familie nach Bex zu reisen; auch dort noch arbeitete er, um die letzte Hand an das Manuscript über die nivale Flora zu legen. Am 19. September befiel ihn in der Nacht ein beängstigender Erstickungsanfall, der sich mehrmals wiederholte; noch aber verließ ihn seine Ruhe und Zuversicht nicht: „So lange man lebt, kann man hoffen!“, so tröstete er seine besorgten Lieben. – Als aber die Athmungsbeschwerden sich mehrten, verlangte er, nach Lausanne übergeführt zu werden, was nicht ohne einen schlimmen Anfall vorüberging. In der Nacht vom 26. auf den 27., etwa um 2 Uhr, frug seine Tochter, durch unruhiges Athmen des Vaters ängstlich gemacht, wie es ihm gehe. „Oh, gut!“ Diese im Tone beruhigender Ueberzeugung gesprochenen Worte waren seine letzten; nach wenigen Augenblicken schlummerte er sanft und schmerzlos ein!

Betrachten wir H. zunächst bei seiner akademischen Thätigkeit: Sie begann 1834 mit seiner Habilitation an der eben entstandenen Universität als Privatdocent für Botanik und Entomologie. Zugleich mit ihm trat auch sein Freund und Mitforscher A. Escher v. d. Linth an die Anstalt. Im November 1835 promovirte er als der erste an der 2. Section der philosophischen Facultät und erhielt bald darauf den Titel eines Extraordinarius, 1852 den eines Ordinarius, den er auch beibehielt, nachdem er 1855 zum Professor der speciellen Botanik an das neu gegründete eidgenössische Polytechnikum gewählt worden war. Er las allgemeine und specielle Botanik (erstere von 1834 bis 1855, letztere von 1836–1870), von 1849 an auch über die Pflanzen der Vorwelt, von 1855 an über pharmaceutische Botanik, von 1862 an ökonomische Botanik. Daneben liefen bis zum J. 1870 immer entomologische Collegien: Entomologie (von 1834–1852), Naturgeschichte der Coleopteren (1837–1845), der Gliederthiere, Insecten der Vorwelt (1846–1870), Enthomolithen (1850 bis 1854). Von 1870 an konnte er nur noch auf seinem Zimmer lesen, im Winter pharmaceutische Botanik, im Sommer Pflanzen der Vorwelt; 1882 zog er sich ganz aus seinen akademischen Stellungen zurück, aber nicht, um der wohlverdienten Ruhe zu pflegen, sondern um mit verdoppeltem Eifer seinen geliebten Studien über die Pflanzen der Vorwelt obliegen zu können. – Heer’s Vortrag war einfach, klar, übersichtlich, ohne rednerischen Schmuck; aber er verstand es, die Zuhörer für seine Sache zu gewinnen, indem er oft die eigene Begeisterung in warmen Worten ausklingen ließ. Seine Bescheidenheit trat in schönster Weise namentlich in der Vorlesung über fossile Pflanzen zu Tage: die anspruchslose Formel: wir haben aus dieser oder jener Formation zahlreiche Formen erhalten, ließ den Uneingeweihten nicht ahnen, daß der Bearbeiter derselben häufig genug der Vortragende selbst war. – Der ganze Zauber seiner liebenswürdigen Persönlichkeit aber entfaltete sich auf den allwöchentlichen Excursionen, die er während 35 voller Jahre mit wenigen Unterbrechungen leitete, theils allein, theils in Gemeinschaft mit A. Escher v. d. Linth oder mit dem jeweiligen Conservator der botanischen Sammlungen des Polytechnikums. In gesunden Tagen war er ein unermüdlicher Gänger; man durchstreifte einen schönen Theil des engeren und weiteren Vaterlandes, sammelnd, lernend, aber auch singend und jubilirend. – Mit Heer’s akademischer Stellung verbunden war die Direction des botanischen Gartens, die er von 1834–1882 führte; mit Regierungsrath Hegetschweiler beschäftigte er sich lebhaft mit dessen Ueberführung von der alten Localität von Wiedikon nach der jetzigen auf der „Katze“; unter Heer’s, von ausgezeichneten Obergärtnern unterstützten Leitung hat sich der Garten aus bescheidenen Anfängen allmählich zur jetzigen Blüthe emporgeschwungen.

[101] An diese reiche akademische Thätigkeit reihten sich nicht minder fruchtbare, gemeinnützige Bestrebungen. H. war kein in aristokratischer Unnahbarkeit auf seine Studirstube sich abschließender Gelehrter: ihm war es Bedürfniß, seine vielseitigen Kenntnisse der Wohlfahrt seines engeren und weiteren Vaterlandes unmittelbar dienstbar zu machen; das betrachtete er als eine mit dem akademischen Lehramt verbundene hohe Pflicht und erfüllte sie treulich, so lange es ihm möglich war. Im J. 1843 schrieb er im Auftrag des Polizeirathes des Kantons Zürich eine Broschüre über die Vertilgung der Maikäfer. Im selben Jahr gründete er mit seinen Freunden Dr. Karl Naegeli (dem berühmten Züricher Botaniker, jetzt Professor in München) und Obergärtner Regel (jetzt Gartendirector in Petersburg) den Verein für Landwirthschaft und Gartenbau, dem er volle 18 Jahre (bis 1861) als Präsident vorstand. Aus den zahlreichen Eröffnungsreden, Berichterstattungen: Ueber die Kartoffelkrankheit, über Hebung und Förderung der Landwirthschaft im Kanton Zürich, über Düngungsmittel, über Maiskultur, Geschichte des schweizerischen Landbaus u. s. w., und kleinen Mittheilungen Heer’s, die in den ersten Jahrgängen der schweizerischen Zeitung für Landwirthschaft enthalten sind, geht sein tiefes Verständniß für die Bedürfnisse der Landwirthschaft hervor. Dasselbe bekundet er auch in der Darstellung der socialen und landwirthschaftlichen Zustände seines Heimathkantons („Der Kanton Glarus, von Heer und Blumer“, 1846), in der er mit seltener Offenheit die Schäden der Alpwirthschaft bespricht und heute noch beherzigenswerthe Winke zu deren Hebung gibt. Auch bei der Gründung der landwirthschaftlichen Schule im Strickhof wirkte er thätig mit und bekleidete während einer Reihe von Jahren das Präsidium der Aufsichtscommission derselben. 18 Jahre lang (1850–1868) war er Mitglied des Kantonsrathes. Auch zu populären Vorträgen war er stets bereit. Im Rathhaussaal sprach er 1858 „Ueber Schieferkohlen von Uznach und Dürnten“, 1860 „Ueber die Atlantis“; 1866 „Ueber die Polarländer“; 1869 „Ueber die neuesten Entdeckungen im hohen Norden“; zu Gunsten des landwirthschaftlichen Vereins vom Kanton Zürich und zu Gunsten der durch die Kartoffelkrankheit Beschädigten (1847) hielt er Vorträge in Zürich und Winterthur: „Ueber Vaterland und Verbreitung der nützlichsten Nahrungspflanzen“ (von Gaudin 1855 ins Französische übersetzt). Auch in den beiden wissenschaftlichen Vereinen Zürichs, denen er als thätiges Mitglied angehörte, in der naturforschenden und antiquarischen Gesellschaft, theilte er den Vereinsgenossen häufig aus dem reichen Schatze seines Wissens mit, und an den Jahresversammlungen der schweizerischen naturforschenden Gesellschaft fehlte er selten.

Es ist ganz erstaunlich und nur durch sein unermüdliches Schaffen und die Leichtigkeit, mit der er producirte, zu erklären, daß er neben einer so vielseitigen Wirksamkeit noch die Muße zu einer so umfassenden schriftstellerischen Thätigkeit fand, einer Thätigkeit, die ihm für immer einen ersten Platz unter den schweizerischen Naturforschern sichert. Wir wollen versuchen, in gedrängter Kürze eine Uebersicht seiner wissenschaftlichen Arbeiten zu geben. Zunächst ein Wort über Heer’s Forschungsweise: Je nach individueller Neigung und Anlage lassen sich zwei grundsätzlich verschiedene Wege denken, auf denen der Naturforscher seine Fragen angreift: Der eine gründet auf wenige Thatsachen mit weitem Blick umfassende Hypothesen, zieht deren Folgerungen und prüft sie hinwiederum an den Einzelbeobachtungen; der andere sammelt eine möglichst große Zahl von Thatsachen und zieht aus sorgfältiger Zusammenstellung derselben allgemeine Schlüsse. H. gehörte zu den letzteren: sein Weg war derjenige strengster Induction; er häufte mit einer unermüdlichen Ausdauer Beobachtung auf Beobachtung; ein vorzügliches Gedächtniß und eine bewundernswerthe [102] Umsicht kamen ihm trefflich zu statten, wenn es galt, aus der Menge der beobachteten Einzelfälle sichere Schlüsse zu ziehen. Auf Heer’s Hauptgebiet, der vorweltlichen Botanik, war und ist das jetzt noch der einzig richtige Weg: Diese relativ junge Disciplin befindet sich noch im Stadium des Sammelns der Materialien, und allgemeine Schlüsse sind erst in beschränktem Maaße mit Sicherheit zu ziehen. – Eine andere Seite von Heer’s Schaffen ist nicht minder charakteristerisch für ihn: Durch alle seine Schriften zieht sich als leitender Gedanke, als immer und immer wieder betontes Grundmotiv das Streben, etwas beizutragen zur Erkenntniß „der Harmonie der Schöpfung“, zum größeren Ruhme seines Schöpfers. Denn H. war eine tiefreligiöse Natur; seine Frömmigkeit hatte den Charakter einer kindlichen Hingabe an Gott, an dessen Dasein als Schöpfer der Welt nach vorbedachtem Plan er bis an sein Ende fest glaubte. Nie begann er seine Tagesarbeit ohne einen Aufblick zu seinem himmlischen Vater; nie vollendete er ein größeres Werk ohne inniges Dankgebet. Und in seinen letzten Tagen noch hielt ihn der feste Glaube an ein ewiges Leben aufrecht. Und wie man auch sonst über diesen Glauben denken mag, das muß zugegeben werden: ihm war’s tiefinnerster Ernst damit und seine ganze Persönlichkeit war von dieser Ueberzeugung durchdrungen, aus einem Guß: keine „doppelte Buchführung“, sondern volle Harmonie zwischen seinen wissenschaftlichen und religiösen Ueberzeugungen. Daher auch die unerschütterliche, heitere Ruhe seines Gemüthes, daher das fröhliche Kinderherz des Greises. – Neben diesem religiösen Motiv leitete ihn bei der großen Mehrzahl seiner Arbeiten noch ein anderes, mächtig in ihm wirkendes Gefühl, die Vaterlandsliebe. Aus allen seinen Reden, aus vielen seiner zahlreichen Gedichte klingt eine hohe Begeisterung für sein herrliches Vaterland wieder und seine besten Kräfte hat er der Erforschung der Natur desselben gewidmet.

Seine specifisch wissenschaftlichen Arbeiten (die anderen Zwecken dienenden Publicationen haben wir oben erwähnt) gliedern sich nach zwei Hauptrichtungen: in den einen behandelt er die lebende und fossile Insectenwelt, in den anderen das Reich der lebenden und vorweltlichen Pflanzen. – Die Materialien zu seinen ersten entomologischen und botanischen Arbeiten sammelte er zum großen Theil auf seinen Alpenwanderungen, theils während seiner Jugendjahre in Matt, theils auf einigen in den Jahren 1832 bis 1836 unternommenen Reisen. Mit welcher Sorgfalt er beim Sammeln seiner Beobachtungen zu Werke ging, erhellt aus seinen folgenden Worten: „Bei Besteigung der Berge wurde an allen Stellen, wo ich eine Veränderung in der Pflanzendecke gewahr wurde, mein Barometer aufgestellt und alle Pflanzen (wol auch Insecten) zwischen den verschiedenen Stationen aufgeschrieben, wobei alle Lokalverhältnisse, Beschaffenheit des Bodens etc. berücksichtigt wurden.“ (Beiträge zur Pflanzengeographie, 1835, S. 1 u. 2.) Daß H. damals keine Strapazen scheute, geht aus seiner im Jahrbuch des Alpenclubs 1866 beschriebenen ersten Besteigung des Piz Linard hervor: das Reisen in den Alpen war überhaupt damals mit ganz anderen Schwierigkeiten verknüpft als heutzutage.

Die entomologischen Arbeiten beginnen mit einer lateinischen Abhandlung: „Observationes entomologicae“, 1836 (zugleich Habilitationsschrift als Extraordinarius), in der er die noch unbekannten Metamorphosen einiger Käfer schildert und auf sechs Tafeln sehr schön illustrirt. Sein Hauptwerk über lebende Insekten ist die Arbeit über „Die Käfer der Schweiz, mit besonderer Berücksichtigung ihrer geographischen Verbreitung“. Es erschien dieses Werk in vier Abteilungen in den Denkschriften der schweizerischen naturforschenden [103] Gesellschaft (1838–41), als dritter Theil der auf Veranstalten eben dieser Gesellschaft entworfenen Fauna helvetica. Leider blieb die Arbeit unvollendet, lieferte aber auch so den späteren Bearbeitern desselben Gegenstandes ein reichliches, hochwillkommenes Material. H. benutzte dazu neben eigenen Beobachtungen namentlich die reiche Escher-Zollikofer’sche Sammlung, an der er sechs Jahre lang als Custos thätig war. Außer dieser Hauptarbeit lieferte der junge Gelehrte noch eine Anzahl kleinerer Aufsätze über lebende Insecten, von denen namentlich das Neujahrsblatt der zürcherischen naturforschenden Gesellschaft von 1845 hervorzuheben ist, in dem er eine Anzahl bisher unbekannter Insectenformen der Alpen beschreibt und abbildet.

Die erste Arbeit Heer’s über fossile Insecten ist diejenige über „die Insectenfauna der Tertiärgebilde von Oeningen und Radoboj (in Croatien)“, welche in den Jahren 1847–53 in den Denkschriften der schweizerischen naturforschenden Gesellschaft erschien. In diesem Gebiet tritt H. bahnbrechend auf, vor ihm waren kaum 100 fossile Insectenarten, meist auf sehr mangelhafte Weise, beschrieben worden. – Er schuf sich eine ganz neue Methode der Bestimmung und untersuchte und bestimmte nach derselben 464 Arten, die er auf 40 Tafeln in äußerst sorgfältig von ihm selbst ausgeführten Abbildungen darstellte. Das enorm reiche Material stammte, wie der Titel sagt, zum Theil aus dem am Bodensee gelegenen Oeningen, einer der reichsten Fundstätten von fossilen Pflanzen und Insecten, zum Theil aus Radoboj in Croatien; letztere erhielt er durch Vermittlung von Unger und Haidinger. Es ist als ein überaus günstiger Zufall zu bezeichnen, daß H. in dem nahegelegenen Oeningen ein so enorm reiches Material von fossilen Insecten und Pflanzen fand, an dem er seine Schule als Paläontologe durchmachen konnte. – Nachträge zu obiger Arbeit sind: „Beiträge zur Insektenfauna Oeningens“, erschienen im J. 1862 als preisgekrönte Abhandlung den Schriften der Harlemer naturwissenschaftlichen Gesellschaft, und „Fossile Hymenopteren aus Oeningen und Radoboj“ (Denkschriften Bd. XXII. 1862). Außer diesen Hauptarbeiten lieferte H. noch eine Anzahl kleinerer Abhandlungen über fossile Insecten.

Das eigentliche Gebiet aber, auf dem H. seine umfassendsten wissenschaftlichen Großthaten verrichten sollte, ist die Phytopaläontologie. Im Anfang seiner Forscherlaufbahn lernte er zunächst die lebende Flora unseres Vaterlandes auf seinen zahlreichen Excursionen gründlich kennen. Die botanischen Resultate seiner schon oben erwähnten Alpenreisen lieferten ihm den Stoff zu seiner Inauguraldissertation (1835) „Beiträge zur Pflanzengeographie“, in der er an dem Beispiel seines heimathlichen Thales zu zeigen versucht, wie die Vertheilung der Alpenpflanzen aus klimatologischen und Bodenverhältnissen abzuleiten sei. Die Arbeit enthält eine große Zahl trefflicher Beobachtungen und ein vollständiges äußerst compendiös angelegtes Pflanzenverzeichniß jener Gegend. Im J. 1840 gab er die unvollendet gebliebene „Flora“ seines 1839 als Opfer seines Edelmuthes gefallenen älteren Freundes Hegetschweiler heraus, von ihm zu Ende geführt, um eine Biographie des Verstorbenen und einen analytischen Gattungsschlüssel bereichert. – Seinen der Erholung von schwerer Krankheit gewidmeten Aufenthalt in Madeira benützte der Unermüdliche u. a. zum Studium der periodischen Erscheinungen der dortigen Pflanzenwelt (Vortrag auf der schweizerischen Naturforscherversammlung in Glarus 1851); die dort gewonnenen Daten sollten ihm später, bei seinen Untersuchungen über das Klima des Tertiärlandes sehr wohl zu statten kommen. Außer einigen kleineren Abhandlungen gehört hierher noch seine schon erwähnte letzte Arbeit: „Ueber die nivale Flora der Schweiz“, in der er die vielfach ventilirte Frage [104] nach dem Zusammenhang zwischen alpiner und arktischer Flora bespricht und auf Grund sorgfältiger Verzeichnisse und geologischer Thatsachen, entgegen den Deductionen Christ’s, die Heimath der arctisch-alpinen Pflanzen in die arctischen Gebiete selbst verlegt. – Die Hauptwerke Heer’s aber, die ihn unter die ersten Kenner der Pflanzen der Vorwelt einreihen, sind die folgenden: 1) „Die Tertiärflora der Schweiz“, 1855–59, in welcher in drei Foliobänden 920 vorweltliche Pflanzenarten beschrieben und auf 156 Tafeln abgebildet sind. 2) „Flora fossilis helvetica“, 1876–77, ein Folioband mit 70 Tafeln, enthaltend die vorweltliche Flora der Steinkohlenperiode, der Trias-, Jura-, Kreide- und Eocän-Periode. 3) „Die Urwelt der Schweiz“, erste Auflage 1864, zweite, umgearbeitete und vermehrte Auflage 1879; ins Französische übersetzt von Demole 1872, ins Englische von Heywood 1876; theilweise auch ins Ungarische 1875. 4) „Die fossile Flora der Polarländer“ 1868–83, 7 Foliobände mit 398 Tafeln.

Die Tertiärflora der Schweiz, in welcher die Versteinerungen aus dem schon erwähnten Oeningen über die Hälfte der Arten ausmachen, begründete Heer’s europäischen Ruf als Paläobotaniker. Der berühmte englische Geologe Lyell nennt ihn 1861 (in einem Brief an den Herzog von Argyll) den besten Kenner der Tertiärpflanzen in Europa. H. spricht sich in einem 1856 an Lyell gerichteten öffentlichen Brief über die Schwierigkeiten dieser Untersuchungen aus: er betont, daß die Identificirung und Vergleichung der meist nur in den Blättern erhaltenen fossilen Pflanzen mit lebenden ein sorgfältiges Studium, namentlich der Nervatur des Blattes, der Consistenz, der Randzahnung, der Insertionsweise des Stiels etc. an möglichst vielen lebenden Formen voraussetze, daß aber, wenn der Blick sich für diese Merkmale geschärft hat, ein gewisses Taktgefühl sich einstellt, das den richtigen Weg weist. – H. besaß diese Sicherheit im Erkennen fossiler Reste in einem ganz erstaunlichen Maaß. Zu hunderten von Malen erlebte er die Freude, eine auf spärliche Blattreste gegründete Bestimmung durch später dazu entdeckte Früchte, Samen oder andere Theile bestätigt zu sehen. In jenem Brief erwähnt er eine große Zahl von Gattungen, in denen die Bestimmung auf solche Weise mit vollkommener Sicherheit möglich war und spricht die Hoffnung aus, daß das unsichere Terrain durch neue Entdeckungen mehr und mehr dem festen Boden weichen werde. – Mit großer Umsicht wußte H. auch die vielfachen Beziehungen zwischen der Pflanzen- und Thierwelt zur Sicherung seiner Bestimmungen zu benützen: So sagte er in Oeningen aus der Anwesenheit einiger Insecten die Existenz von Eschen und Disteln voraus, die sich nachher bestätigte, u. s. w. H. wußte aber nicht nur zu sammeln und zu classificiren, er verstand es auch, das durch seinen Bienenfleiß gesammelte Material zur Gewinnung allgemeiner Gesichtspunkte zu verwerthen. Meisterhaft und für alle Zeiten in Methode und Behandlung mustergültig ist der allgemeine Theil der „Tertiärflora“, in welchem er, gestützt auf eine sorgfältige Discussion der klimatischen Ansprüche der Tertiärflora der ganzen Erde, der Verbreitung der jetzt lebenden entsprechenden Arten und der übrigen paläontologischen Thatsachen, ein vollständiges Bild des Klimas und Naturcharakters der Tertiärzeit entwirft und zugleich eine weite Perspective eröffnet für die Möglichkeit der Erklärung der jetzigen Verbreitung der Pflanzen durch die geologischen Befunde. – Die „Flora fossilis helvetica“ bildet eine Ergänzung zu der Tertiärflora, indem sie die Bearbeitung der Pflanzen der übrigen Zeiten enthält. In diesen beiden Werken ist beinahe alles enthalten, was wir über die vorweltliche Flora der Schweiz kennen. – In dem dritten der oben erwähnten [105] vier Hauptwerke, der „Urwelt der Schweiz“, vereinigte H., was er und andere über die Vorgeschichte unseres Landes geforscht haben, zu einem lebendigen, gemeinverständlichen Gesammtgemälde, das in aller Händen ist und Heer’s Namen in unserem Vaterlande in weitesten Kreisen populär machte. Es ist wieder ein Beweis seiner seltenen Bescheidenheit, daß er wol alles nennt, was von anderen erforscht wurde, selten aber von seinen eigenen Forschungen spricht. Abhandlungen, die er früher gesondert herausgegeben hatte und nun in der „Urwelt“ verarbeitete (außer den schon erwähnten) sind folgende: „Ueber die an der hohen Rhone entdeckten Pflanzen“, 1846; „Ueber die Anthracitpflanzen der Alpen“, 1850; „Die Liasinsel im Kanton Aargau“, 1852; „Sur l’origine probable des êtres organisés actuels des îles Açores, Madère et Canares“, 1856; „Die fossilen Pflanzen von Locle“, 1856; „Die Schieferkohlen von Utznach und Dürnten“ (Rathhausvortrag 1858); „Sur le terrain houiller de la Suisse et de la Savoye“, 1863; „Die Pflanzen der Pfahlbauten“ (Neujahrsblatt 1866); „Ueber das Aussehen unseres Landes im Laufe der geologischen Zeitalter“, 1862; „Ueber die Zürcherflora“ (Eröffnungsrede der Naturforscherversammlung 1864); „Ueber den Flachs und die Flachscultur im Alterthum“ (Neujahrsblatt 1872). Außerdem hat er in der „Urwelt der Schweiz“ seine Untersuchung über die Flora der Eiszeit niedergelegt. – Für Heer’s phantasie- und gemüthvolle Natur war es ein Bedürfniß, die Einzelerscheinungen der vorweltlichen Natur zu lebendigen Bildern zu gruppiren: das „Wiederaufleben der im dunkeln Schoß der Erde vergrabenen Welten vor unserm geistigen Auge“ betont er in mannichfachen Variationen in vielen seiner Schriften als einen wesentlichen Antheil des Genusses bei seinen Forschungen. So hat er namentlich in der „Urwelt der Schweiz“ versucht, in Wort und Bild dem Leser die charakteristischen Organismen jeder Periode, auch einzelner Localitäten, in ihrer Wechselbeziehung in lebensvollen Idealbildern vorzuführen, eine Darstellungsweise, die dem Fernerstehenden jedenfalls den bleibendsten Eindruck sichert. Des bloß subjectiven Werthes solcher Bilder war er sich wohl bewußt. – Im Schlußcapitel seiner „Urwelt“ setzt H. seine Anschauungen über die Entwicklung der organischen Welt auseinander. Er leitet dieselben vorzugsweise aus seinen eigenen Untersuchungen ab, wie er überhaupt ein durchaus selbstständiger Denker war. Es sind im wesentlichen folgende: Die gesammte organische Welt steht in genetischem Zusammenhang; die Entstehung einer Art aus einer anderen findet aber nicht durch allmähliche und unaufhaltsam fortschreitende Umwandlung statt, sondern sprungweise: die Zeit des Verharrens der Arten in bestimmter Form muß viel länger sein, als die Zeit der Ausprägung derselben. H. nimmt also an, daß in der Entwicklungsgeschichte der Erde relativ kurze „Schöpfungszeiten, in welchen eine Umprägung der Arten vor sich ging“, abwechseln mit langen Zeiten, innerhalb deren die Arten sich vollkommen gleich blieben. Den Kern der Darwin’schen Descendenzlehre, den genetischen Zusammenhang der Organismenwelt, nimmt H. also vollinhaltlich an; dagegen verwirft er die Annahme einer continuirlichen Variation und damit auch die Grundlage der Zuchtwahltheorie. An die Stelle der Entstehung der Arten durch natürliche Auslese setzt er seine „Umprägung“. Er gebraucht dieses Wort zuerst 1858 in der tertiären „Flora der Schweiz“, Bd. III, S. 256. Wie diese Umprägung vor sich ging, das läßt er unentschieden: „es bleibt die Entstehung der Arten (aus einander) für uns ein Räthsel“. Bis hierher hält er sich in den Schranken streng wissenschaftlicher Discussion; wenn er aber nun einen zwecksetzenden Schöpfer [106] die Arten „ausprägen“ läßt, so füllt er die Lücke auf eine seinem tief religiösen Gemüth entsprechende Weise aus, die mit der Wissenschaft nichts zu thun hat.

Als letztes Hauptwerk Heer’s haben wir die siebenbändige „Fossile Flora der Polarländer“ erwähnt. Auch dieses Werk enthält mit geringen Ausnahmen alles, was wir von dem Gegenstand wissen. Die Versteinerungen dazu, die Ausbeute zahlreicher Polarexpeditionen wurden ihm von den Museen von Stockholm, Kopenhagen, Berlin, Petersburg, London und Dublin zugeschickt. Auch hier hat das reiche Material Stoff zu äußerst wichtigen Schlüssen auf das Klima der verschiedenen Weltalter geliefert; auch für pflanzengeographische Forschungen bietet das Werk eine noch lange nicht erschöpfte Fundgrube von Thatsachen. – Damit ist aber die Thätigkeit Heer’s auf dem Gebiet der vorweltlichen Botanik noch nicht erschöpft. Der anerkannten Autorität wurden von allen Seiten Sammlungen von fossilen Pflanzen zugesandt; auf Veranlassung Lyell’s wurde er durch die englische Akademie sogar nach England gerufen, um die Lignite von Bovey-Tracey zu untersuchen. Weitere Arbeiten Heer’s über fossile Pflanzen sind: „The fossil Flora of Bovey-Tracey“, Phil. Transactions 1862. „Ueber die von ihm an der hohen Rhone entdeckten Pflanzen“, Verh. d. schweiz. Ges., S. 35–38. – Jahrb. f. Mineralogie, S. 369–371. „Physiognomie des fossilen Oeningen“, Verh. d. schweiz. Ges. 1846, S. 159–180. „Fougères de Thordes en Savoie“, Verh. Bern 1858, S. 123. „Podogonium“, ebenda, S. 243. Beschreibung der (in einer Arbeit von Escher v. d. Linth: Geol. Bemerkungen über das nördl. Vorarlberg etc.) angeführten Pflanzen u. Insecten Vorarlbergs. – N. Denkschrift. XIII, 1853, S. 115–135, Taf. VI–VIII. „Ueber d. Wallnußbäume“. Verh. Trogen 1857, S. 117–126 (Arch. d. sc. ph. et nat. III, 1858, p. 53 bis 60). „Ueber die fossilen Pflanzen von St. Jorge in Madeira“, Denkschriften der schweizerischen naturforschenden Gesellschaft 1857; „On certain fossil plants from the hempstead Beds of the Isle of Whigt“. Journal of the geol. Soc. XVIII, 1862; Heer und Andreä, „Beiträge zur näheren Kenntniß der sächsisch-thüringischen Braunkohlenflora“ mit zwei Tafeln, Abhandlungen des naturwissenschaftlichen Vereins in Halle, 1861 ; „Ueber einige fossile Pflanzen von Vancouver und Britisch-Columbien“, Denkschriften der naturforschenden Gesellschaft, 1865 mit 2 Tafeln; „Ueber die Keuperpflanzen von Vorarlberg“, 1866; „Beiträge zur Kreideflora“: 1. Kreideflora von Moletim in Mähren. Denkschriften 1869 mit 11 Tafeln; „Miocene baltische Flora. Beiträge zur Naturkunde Preußens“. Königsberg 1869, mit 10 Tafeln; „Ueber die Braunkohlenpflanzen von Bornstädt“, 1869, mit 4 Tafeln; „Beiträge zur Kreideflora: 2. Zur Kreideflora von Quedlinburg“. Denkschriften, 1871, mit 3 Tafeln; „On Cyclostigma, Lepidodendron, and Knorria, from Kiltorkan“. Journal of the geolog. Society 1872; „Ueber die Braunkohlenflora des Zsily-Thales in Siebenbürgen“, mit 6 Tafeln, 1872; „Ueber Ginkgo“, Regel’s Gartenflora, 1874; „Ueber die permischen Pflanzen von Fünfkirchen in Ungarn“. Jahrbuch der kgl. ung. geolog. Anstalt, 1876, mit 28 Tafeln; „Fossile Früchte der Oase Chargeb“, Denkschriften, 1876; „Ueber die Aufgaben der Phytopaläontologie“, 1879; „Zur Geschichte der ginkgoartigen Bäume“, Verhandlungen der schweizerischen naturforschenden Gesellschaft, 1879; „Ueber das Alter der tertiären Ablagerungen der arctischen Zone“. Ausland, 1879; „Ueber die Sequoien“, Regel’s Gartenflora, 1879; „Beiträge zur fossilen Flora von Sumatra“, Denkschriften, 1881; „Contributions à la flore fossile du Portugal“. Section des travaux géol. du Portugal, 1882, mit 28 Tafeln; „Ueber das geologische Alter der Coniferen“. Botanisches Centralblatt, 1882; [107] „Ueber die fossile Flora von Grönland“. Engler’s Jahrbücher, 1883. – Endlich ist noch zu erwähnen, daß die Anlage, Ordnung und Etiquettirung der äußerst reichhaltigen Sammlung vorweltlicher Pflanzen, welche der Universität und dem Polytechnikum gemeinschaftlich angehört, beinahe ausschließlich Heer’s Verdienst ist und daß nach seinen Angaben Professor Holzhalb das schöne Bild „Oeningen zur Tertiärzeit“ malte, welches diese Sammlung ziert.

Daß so hervorragenden wissenschaftlichen Leistungen auch Anerkennung von außen zutheil wurde, ist selbstverständlich. H. war Dr. med. honoris causa der Universitäten Basel und Wien, correspondirendes Mitglied der Akademien der Wissenschaften in Paris, München, Brüssel, Stockholm, Petersburg, Budapest, der Kaiserl. leopoldinisch-karolinischen Akademie deutscher Naturforscher, Ehrenmitglied der amerikanischen Akademien in Philadelphia, Boston und New-York, sowie des Victoria-Instituts in London und des schweizerischen Alpenclubs und einer großen Zahl anderer in- und ausländischer naturforschenden und landwirthschaftlichen Gesellschaften; auswärtiges Mitglied der geologischen und Linnéischen Gesellschaft in London, der botanischen Gesellschaft in Edinburg, etc. etc. – Im J. 1859 ertheilte ihm die holländische Gesellschaft der Wissenschaften zu Harlem für die „Tertiärflora der Schweiz“ den großen Preis, welchen sie zur Feier ihres hundertjährigen Jubiläums ausgesetzt hatte, und 1861 die goldene Medaille für eine Abhandlung über Oeninger Insecten; 1862 und 1873 erhielt er von der Geological society von London einen Geldpreis, 1874 die Wolaston medal, 1878 die Royal medal von der Royal society von London, 1874 eine goldene Medaille von der Akademie der Wissenschaften in Stockholm, und den Nordstern-Orden vom König von Schweden, 1882 den Cuvierpreis von der Académie française, 1875, 1878 und 1880 drei Medaillen von internationalen Ausstellungen, 1881 wurde er vom König von Portugal zum Commandatore di San Jago ernannt, 1883 erhielt er vom König von Dänemark den Danebrog-Orden II. Classe und 1865 vom Großherzog von Baden das Ritterkreuz des Zähringer-Ordens. Zahlreiche fossile Pflanzen und Thiere sind nach ihm benannt; in Spitzbergen existirt ein „Heer’s Berg“, in Grönland ein „Kap Heer“. Niemals aber prunkte er mit seinen Auszeichnungen. Pecuniären Vortheil suchte und fand er bei seinen Arbeiten nur wenig; seine Lebensstellung blieb bis zu seinem Ende eine bescheidene.

J. Heer u. C. Schröter[WS 1], Oswald Heer. Lebensbild eines schweizerischen Naturforschers. Zürich 1885–87. 687 Seiten. gr. 8°, mit Porträt und zahlreichen Textbildern. – De Candolle, Alph., O. Heer. Archives des sciences physiques et naturelles X, 1883, p. 415–416. – Rothpletz, O. Heer. Bot. Centralblatt XVII, 1884, mit Porträt. – Saporta, Marquis de, O. Heer et son oeuvre. Revue des deux mondes. 1. juillet et 15. août 1884. – Malloizel, Godefroy, Oswald Heer, Bibliographie et Tables iconographiques, précédés d’une notice biographique par R. Zeiller. Stockholm (ohne Jahreszahl, wol 1887). Enthält eine absolut vollständige Liste aller Publicationen Heer’s, mit bibliogr. Notizen über Recensionen, und ein Verzeichniß aller in den Werken Heer’s abgebildeten Fossilien mit Angabe des Ortes, wo sie abgebildet sind. Scudder, Bibliography of fossil insects published by O. Heer. Harvard University Bulletin. June 1881.
Schröter.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Carl Schröter (1855–1939), Pflanzengeograph; Professor für Botanik in Zürich; siehe NDB. Wohl auch der Autor dieses Beitrags.