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Artikel „Regel, Eduard August“ von Ernst Wunschmann in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 53 (1907), S. 258–260, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Regel,_Eduard_August&oldid=- (Version vom 8. Oktober 2024, 23:40 Uhr UTC)
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Regel: Eduard August R., Gartendirector und Botaniker, geboren am 13. August 1815 zu Gotha, † am 27. April 1892 zu St. Petersburg. Schon früh zeigte sich in R., als Erbtheil seines Vaters, des Gymnasialprofessors und Garnisonpredigers Ludwig R., die Liebe zur Pflanzenwelt, die sich zunächst in der Besorgung der Blumenbeete und Obstbäume des väterlichen Gartens bethätigte. Mit 15 Jahren verließ R. die Secunda des Gymnasiums seiner Vaterstadt und trat als Gärtnerlehrling in den herzoglichen Orangengarten ein, wo er bis 1833 lernte, während er gleichzeitig durch den Besuch der Handlungsschule und durch Privatunterricht seine wissenschaftliche Ausbildung zu vervollkommnen suchte. Mit den Anfangsgründen der Botanik machte er sich noch als Schüler unter Anleitung des Oberförsters Kellner vertraut, den er auch auf seinen botanischen Excursionen begleitete. So besaß er bereits eine gute Kenntniß der Flora Thüringens, als er im Frühjahr 1833 nach Göttingen übersiedelte, wo er zuerst als Volontär, dann als Gehülfe am botanischen Garten beschäftigt wurde. Schrader und Bartling waren hier seine Lehrer in der Botanik. Vier Jahre später ging R. in gleicher Eigenschaft nach Bonn. Er schloß Freundschaft mit den Botanikern Wichura, Seubert und J. Schmitz, schrieb auch in Gemeinschaft mit Letzterem als erste litterarische Arbeit eine „Flora Bonnensis“, die 1841 erschien und in welcher R. die Gattungen und Arten fast ausschließlich bearbeitete. Den letzten Theil seiner Lehrzeit von 1839–42 verlebte R. in Berlin als Gehülfe am Botanischen Garten. Neben seiner gärtnerischen Thätigkeit bearbeitete er unter Mithülfe des ihm befreundeten Custos Klotzsch die Erica–Arten der Gärten, worüber er in den „Verhandlungen des Vereins zur Beförderung des Gartenbaues“ (1842) eine größere Arbeit veröffentlichte. Schon vorher hatte er seine durch die Praxis erworbenen Erfahrungen in einer Schrift: „Die Hauptmomente der Gärtnerei, durch Physiologie begründet“ in Otto und Dietrich’s Allgem. Gartenzeitung (VIII, 1840) niedergelegt. Diese Arbeiten veranlaßten Regel’s Berufung als Obergärtner an den Botanischen Garten in Zürich, wo er bis 1855 blieb und während dieser Zeit durch seine wissenschaftliche, vor allem aber durch äußerst fleißige und erfolgreiche praktische Thätigkeit im Gebiete der Gartenkunde seinen Ruf begründete. Es gelang ihm vermöge seines stark entwickelten kaufmännischen Talents, die aus dem Garten durch Verkauf von Doubletten erzielten Einnahmen wesentlich zu erhöhen und durch deren praktische Verwendung das bis dahin nur unbedeutende Institut zu einem der besseren botanischen Gärten zu erheben; auch verstand er es in hohem Grade, junge intelligente Männer zu tüchtigen Gärtnern heranzubilden. Um Verständniß und Liebe zur Gartenpflege auch in weitere Kreise zu tragen, [259] gründete er gemeinsam mit Oswald Heer 1843 die „Schweizerische Zeitschrift für Land- und Gartenbau“, die er von 1847 an als alleiniger Redacteur herausgab, auch nachdem sie sich in zwei getrennte Zeitschriften, die eine für Landwirthschaft, die andere für Gartenbau gesondert hatte. Später behielt er nur die Redaction der Gartenzeitung bei, die von 1852 an den Titel „Gartenflora“ führte. Ferner gründete R. im Verein mit Heer und Nägeli den Schweizerischen Land- und Gartenbau-Verein, in dessen Auftrage er eine Abhandlung über den Hopfenbau, sowie über den Obstbau des Kantons Zürich verfaßte. In wissenschaftlicher Beziehung veröffentlichte er in der „Flora“ mehrere Arbeiten über die Gesneraceen und in der „Linnaea“ (XVII, 1841) eine über den Ursprung und die Bedeutung der Nebenblätter, behandelte auch wiederholt in Artikeln der Schweiz. Zeitschr. f. Gartenbau (1847, 48, 50, 53) die Frage der Bastardbildung im Pflanzenreich. Mit der Universität Zürich trat R. in Verbindung dadurch, daß er sich als Privatdocent habilitirte, als welcher er öffentliche Vorlesungen über Botanik hielt. Noch vor Abschluß seiner Züricher Wirksamkeit erschien der erste Band seines Werkes: „Allgemeines Gartenbuch. Ein Lehr- und Handbuch für Gärtner und Gartenfreunde“.

Im J. 1855 folgte R. einem ehrenvollen Rufe nach St. Petersburg als Director des Kaiserlichen botanischen Gartens und fand hiermit den Boden, auf dem sein Organisationstalent zur höchsten Entfaltung kommen sollte. Zwar hatte er innerhalb der ersten zwölf Jahre nur die wissenschaftliche Leitung, während die Verwaltungsgeschäfte in anderen Händen lagen; nachdem diese aber 1868 auf seinen Freund v. Trautvetter übergegangen waren, namentlich aber seitdem ihm allein 1875 die Gesammtleitung übertragen wurde, konnte er seine Ideen unumschränkt ausführen. So wurde er denn in der That der Reformator, man kann sagen der gesammten russischen Gartenbaukunst. Der von ihm gegründete Russische Gartenbau-Verein bildete das Centrum, von dem aus die Anregung zur Gründung von Zweigvereinen über das weite russische Reich ausgingen, während andererseits aus dem Innern des Landes reiche Pflanzenschätze nach Petersburg strömten, in dessen botanischem Garten die Florengebiethe Sibiriens, Turkestans und des Kaukasus in gleicher Weise vertreten waren. Siebenunddreißig Jahre angestrengter und erfolgreicher Thätigkeit auf russischem Boden haben Regel’s Weltruf als Gartenkünstler begründet. Aeußere Anerkennung ist ihm denn auch reichlich zu Theil geworden. Neben vielen Ordensauszeichnungen seitens der Herrscher verschiedener europäischer Staaten rückte er, der einfache Gärtnerlehrling, in der russischen Beamtenhierarchie schließlich bis zum Wirklichen Staatsrath mit dem Prädicat Excellenz auf. Zahlreiche Vereine ernannten ihn zum Ehren- und correspondirenden Mitgliede. So wurde denn auch die Feier seines siebzigsten Geburtstages zu einer großartigen Kundgebung in den botanischen Kreisen fast der ganzen Welt. Doch nur sieben Jahre überlebte R. diesen Tag. Nachdem ihn im Anfange des Winters 1890 ein Schlaganfall getroffen, erlahmten seine Kräfte immer mehr. Er mußte 1885 die Redaction der „Gartenflora“, die er bis zum 33. Jahrgang geleitet hatte, niederlegen; trotzdem aber ruhte seine litterarische Thätigkeit für dieselbe nicht, bis ihm endlich im 77. Lebensjahre der Tod die Feder aus der Hand nahm.

Die Zahl der Publikationen Regel’s ist außerordentlich groß. Ein Verzeichniß derselben bringt die unten angegebene Schrift v. Herder’s. Naturgemäß beziehen sich die meisten auf gärtnerische Fragen; indessen sind auch nicht wenige rein wissenschaftliche darunter. Zu erwähnen sind mehrere Monographien, wie über Betulaceen in den Memoiren der Moskauers naturforsch. [260] Gesellschaft (1860 u. 61) und im XVI. Bande von De Candolle’s Prodromus, über Rosengewächse (als selbständiges Buch erschienen) und über Cycadeen in der „Gartenflora“ von 1878; ferner floristische Schriften: „Tentamen florae ussuriensis“ (Mem. ac. Pet. vol. IV, 1861) und: „Nachträge zur Flora der Gebiete östlich vom Altai bis Kamtschatka und Sitka“, Bd. I, 1861, sowie die Bearbeitung der Polypetalen in dem von G. Radde herausgegebenen Werke: „Reisen in den Süden von Ostsibirien“, 1862–64. Außerdem beschäftigte sich R. wiederholt mit dem Problem der Parthenogenesis im Pflanzenreich in mehreren Aufsätzen in der Bonplandia (1857), der Botan. Zeitung (1858), den Memoiren der Petersburger Akademie (1859), Gartenflora (1861) und an anderen Orten. In russischer Sprache sind von größeren Arbeiten eine zweibändige „Pomologie“ und eine „Dendrologie“ (1871–82) herausgekommen.

L. Wittmack, E. A. Regel, in „Gartenflora“, 41. Jahrgang 1892, S. 261 – 269. – F. G. v. Herder, E. Regel. Eine biographische Skizze, im „Botan. Centralblatt“, Bd. LI, XIII. Jahrgang 1892, Nr. 37–39.