ADB:Klotzsch, Johann Friedrich

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Artikel „Klotzsch, Johann Friedrich“ von Ernst Wunschmann in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 16 (1882), S. 233–235, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Klotzsch,_Johann_Friedrich&oldid=- (Version vom 8. Oktober 2024, 02:27 Uhr UTC)
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Klotzsch: Johann Friedrich K., Botaniker, geb. den 9. Juni 1805 in Wittenberg, † am 5. November 1860 zu Berlin, erhielt seine Schulbildung in einer Privatlehranstalt seiner Vaterstadt, die er, 14 Jahre alt, verließ, um in eine Apotheke zu Düben, einer kleinen Stadt der preußischen Provinz Sachsen, als Lehrling einzutreten. Nach beendigter Lehrzeit und nachdem er in einigen Städten als Gehilfe conditionirt, ging K. zur Fortsetzung seiner pharmazeutischen und botanischen Studien nach Berlin. Während der Jahre 1830–1832 lebte er in England und Schottland. Hier wurde er von William Jackson Hooker mit der Aufsicht über das große Herbarium dieses Botanikers betraut und machte so unter dessen Leitung eine vortreffliche Schule durch, die in ihm den Grund für seinen späteren Beruf legte. Nach Berlin zurückgekehrt, trieb K. zunächst medicinische Studien. Es scheint, als habe er, trotz seiner beschränkten Mittel, die Absicht gehabt, sich ganz dem ärztlichen Berufe zu widmen, wenigstens kehrte er, nachdem er im Sommer 1833 ausschließlich naturwissenschaftliche Vorlesungen gehört, bald darauf zur Medicin zurück. Da erfolgte im J. 1834 seine Berufung an das Berliner königliche Herbarium als erster Assistent v. Chamisso’s, des damaligen Leiters dieses Instituts, nachdem er bereits im J. 1833 als Hilfsarbeiter daselbst beschäftigt worden war. Hier machte es sich K. zunächst zur Aufgabe, die Bestimmung und Ordnung der Kryptogamen, besonderes der Pilze, durchzuführen, für die er schon als Apothekergehülfe eine Vorliebe gefaßt hatte. K. war einer der ersten, der es unternahm unter dem Titel: „Herbarium vivum mycologicum, sistens Fungorum per totam Germaniam crescentium collectionem perfectam“, Berol. 1832, eine Sammlung von Pilzen, auch der fleischigen, zusammenzustellen, die später von Rabenhorst fortgesetzt, noch gegenwärtig unter des Begründers Namen florirt. Im J. 1834 machte K. mit Dr. med. Opatowski eine Reise durch Sachsen, Böhmen und Oesterreich bis nach Steiermark und, wie es scheint, auch nach Ungarn hinein, wenigstens brachte er eine Anzahl jetzt im Berliner Herbarium befindlicher ungarischer Pflanzen von dieser Reise mit. Chamisso schätzte K. sehr hoch und bewirkte, daß Letzterer schon im J. 1836 den Titel eines zweiten Custos erhielt. Auch in dieser Stellung blieb K. nicht lange. Nachdem er bereits während Chamisso’s mehrjähriger Kränklichkeit denselben in allen seinen amtlichen Functionen vertreten hatte, erfolgte nach des Letzteren Tode im J. 1838 seine definitive Anstellung als erster Custos und Leiter des Herbariums. In dieser Stellung verblieb K. bis zu seinem Tode; sie gab ihm die Richtung für seine wissenschaftliche Thätigkeit, und was K. für die Botanik geleistet, ist eng verflochten mit seiner Wirksamkeit als Beamter dieses großen botanischen Institutes. Der Zeitpunkt, an dem K. zum Dr. phil. et med. promovirt worden, ist nicht sicher zu ermitteln, da die bezüglichen Diplome unter seinem Nachlasse fehlten; doch muß es vor dem Jahre 1836 geschehen sein, noch vor seiner zweiten Reise nach England und Schottland, die er behufs Besuchs der in Edinburgh tagenden Naturforscherversammlung mit Link zusammen unternahm. Im J. 1851 wurde K. ordentliches Mitglied der Berliner Akademie der Wissenschaften und wenige Wochen vor seinem Tode, am 13. September 1860, Titularprofessor. Sein Tod erfolgte nach schweren Leiden.

K. war ein sehr fleißiger und fruchtbarer Arbeiter auf dem Gebiete der beschreibenden Botanik. Zahlreiche Aufsätze, monographische Bearbeitungen verschiedener [234] Pflanzen und Pflanzenfamilien, lieferte er für die Monatsberichte der Berliner Akademie, für die botanische Zeitung, die Linnaea und ähnliche Zeitschriften, und wenn in manchen derselben auch diejenige Exactheit der Beobachtung und die Weite des Gesichtskreises vermißt wird, welche heutzutage mit Recht von ähnlichen Arbeiten gefordert werden muß, so verdient doch andererseits der Fleiß Anerkennung, mit dem eine Sichtung und Ordnung des von allen Seiten reichlich zusammengetragenen Materials versucht wurde. Es seien in dieser Beziehung besonders folgende, in den Acten der Akademie veröffentlichte Arbeiten erwähnt: „Ueber Pistia“, 1852; „Ueber Begoniaceen-Gattungen und -Arten“, 1854; „Pflanzen-Bastarde und Mischlinge, sowie deren Nutzanwendung“, 1854; „Philipp Schönlein’s botanischer Nachlaß auf Cap Palmas“, 1856; „Die Aristolochiaceen des Berliner Herbariums“, 1859; „Linné’s natürliche Pflanzenklasse Tricoccae des Berliner Herbariums im Allgemeinen und die Euphorbiaceae insbesondere“, 1859. – Auch den Ausbau der Botanik nach ihrer praktischen Seite hin, die sogenannte angewandte Botanik, hat K. wie wenige gefördert. Den Beweis hierfür liefern nicht allein zahlreiche Recensionen von Büchern landwirthschaftlichen Inhalts, publicirt in der Schneitler’schen landwirthschaftlichen Zeitung, sondern auch die Herausgabe, beziehungsweise Fortsetzung oder Unterstützung selbständiger größerer Werke dieser Richtung, die sich K. während seines ganzen Lebens angelegen sein ließ. In dieser Hinsicht seien hier genannt: „Pflanzen-Abbildungen- und Beschreibungen zur Erkenntniß offizineller Gewächse“, Berlin 1838, herausgegeben von Friedr. Guimpel, wozu K. den Text schrieb; ferner Fr. Gottl. Hayne’s „Getreue Darstellung und Beschreibung der in der Arzneikunde gebräuchlichen Gewächse, wie auch solcher, welche mit ihnen verwechselt werden können“; des 14. Bandes 1. und 2. Heft, jedes mit 12 colorirten Abbildungen versehen, ist von K. als Fortsetzung herausgegeben und zu Berlin 1843 und 1846 erschienen. Ebenso hat K. den bei weitem größten Theil der Abbildungen von Gartenpflanzen in „Link, Otto und Klotzsch, Icones plant. rar. mit 156 Tafeln“ (Berlin 1820–1844) bearbeitet, wie auch die Ausbildung des allen Botanikern rühmlichst bekannten Künstlers C. F. Schmidt zum Pflanzenlithographen wesentlich mit ein Verdienst von K. ist. Schließlich sei noch erwähnt die Mithülfe Klotzsch’s bei der Bearbeitung der botanischen Ergebnisse, welche die vom Prinzen Waldemar von Preußen in den Jahren 1845 und 1846 in Begleitung W. Hoffmeister’s nach Ceylon, dem Himalaya und nach Tibet unternommene Reise geliefert hat. Allerdings hat K. die Vollendung dieser Bearbeitung nicht überlebt und sein Nachfolger, August Garcke, mußte manches Irrthümliche erst daraus entfernen, ehe er das Werk der Oeffentlichkeit übergeben konnte. Die von K. unternommene Bearbeitung der von Wilh. Peters in Mozambique gesammelten Pflanzen ist unvollendet geblieben. Wenden wir uns zuletzt zu der amtlichen Thätigkeit, welche K. 26 Jahre hindurch als Custos des Berliner Herbariums ausgeübt, so geschieht dies keineswegs darum, als ob dieselbe gering zu schätzen sei. Im Gegentheil hat K. nicht am wenigsten hierdurch gerechten Anspruch sich erworben, daß sein Name in der botanischen Wissenschaft unvergessen bleibe. Unermüdlich war er, wenn es galt, Pflanzenschätze für das Institut zu erwerben; uneigennützig überließ er sämmtliche botanischen Werke und Pflanzen, die ihm von Freunden geschenkt waren, dem Herbarium und dessen Bibliothek, da er dergleichen Zuwendungen nicht als an seine Person, sondern an seine Stellung gerichtet ansah. Während er nun das so erheblich angeschwollene Material mit emsigen Fleiße übersichtlich zu ordnen und für die Bearbeitung seitens der Monographen vorzubereiten suchte, war er andererseits eifrig bestrebt, die Sammlungen des Herbariums, die bis dahin ausschließlich und nur von wenigen Personen im Gebäude selhst benutzt wurden, auch weiteren [235] Kreisen zugänglich und in ausgedehnterem Maße der Wissenschaft nutzbringend zu machen. So erhielt denn das Herbarium im In- und Auslande eine ganze Reihe von Mitarbeitern, welche unentgeltlich und mit Freuden die Bestimmungen vornahmen und ihm dadurch eine große Zahl von Originalexemplaren verschafften. Waren die ausgeliehenen Pflanzen zurückgekommen, so wurden die Doubletten vertheilt, welche zu einem lebhaften Tauschverkehr mit den größten derartigen Instituten Europa’s, besonders mit London, Petersburg und Paris benutzt wurden. Neben seinen verdienten Directoren Link und Alexander Braun hat K. nicht unerheblich dazu beigetragen, daß das Berliner Herbarium sich zu einem der größten derartigen Institute Europa’s aufschwang. (Bonplandia, 1860 und Pritzel, Thes. lit. bot.)