ADB:Fabri, Johannes (Bischof von Wien)

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Artikel „Johannes Faber“ von Adalbert Horawitz in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 14 (1881), S. 435–441, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Fabri,_Johannes_(Bischof_von_Wien)&oldid=- (Version vom 3. Dezember 2024, 18:43 Uhr UTC)
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Johannes Faber (er schreibt sich auch Fabri, hieß aber eigentlich Heigerlin) wurde 1478 zu Leutkirch im Allgäu geboren, starb am 21. Mai 1541 zu Baden bei Wien. Sein Vater soll ein Schmied gewesen sein, J. F. spricht in seiner im erzbischöflichen Archive zu Wien verwahrten ungedruckten Autobiographie von seinen Eltern als von ehrbaren, wenn auch nicht vermöglichen Leuten. Mit 12 Jahren schon verließ er der Studien halber das väterliche Haus; weder von den Eltern, noch von Freunden erhielt er, wie er selbst schreibt, auch nur einen „teruntio“, sondern, wie so Viele, konnte auch er nur durch Almosen seinen Lebensunterhalt bestreiten. Er studirte sodann zu Tübingen und in Freiburg Theologie und Jura, an der letzteren Universität promovirte [436] er („non sine magno doctorum ac plebis applausu“, schreibt er selbstgefällig). Frühzeitig wurde der junge Dominicaner ein beliebtes Mitglied des schwäbischen Humanistenkreises, um 1510 begann er griechische Studien, wol um 1512 wurde er Prediger zu Lindau und daselbst der „fromme Herr Hans“ genannt. 1516 sendet ihm Erasmus, dessen Einfluß ihn zum Studium der Kirchenväter führt (vgl. Clericus, Bd. III. S. 436), durch Capito aus Antwerpen Grüsse, in demselben Jahre versichert Urbanus Rhegius dem J. F. „seinem Patrone“, den er für die Berufung des Erasmus nach Freiburg zu gewinnen strebt, daß Niemand den großen Gelehrten so leicht zu überzeugen im Stande sei, als J. F. Dieser war mittlerweile vom Bischofe von Basel, Christoph v. Uttenheim, als Official in diese Stadt berufen worden und scheint 1517 zu Rom gewesen zu sein, da er daselbst dem Caspar v. Siliale die Leichenrede hält. 1516 aber war er schon Generalvicar des Bischofs von Constanz, was er durch sechs Jahre verblieb. Auch fortan währte die Correspondenz mit Erasmus, der u. a. den Wunsch ausspricht, die Nachwelt möge ihre Freundschaft erfahren. Entschieden trat er auch für J. F. ein, in einem Briefe an J. Villinger rühmt er dessen ausgezeichnete Anlagen, seine seltene Unbescholtenheit und seine Gelehrsamkeit, sein scharfes Urtheil etc. und sucht ihm (1520) einen Weg zum Hofe zu bahnen. Nicht minder warm empfiehlt er ihn dem Bischof von Lüttich, erwähnt dabei, wie J. F. vom Kaiser Maximilian und anderen Fürsten ausgezeichnet worden sei und wie es ihm aber auch nicht an Feinden fehle. Und in dem Schreiben an Konrad Peutinger aus demselben Jahre kann er ebenfalls den Mann nicht genug loben, der eine so schöne Ausnahme von seinem Orden mache. – Wie Erasmus ehrten ihn auch andere Humanisten, mit M. Hummelberger, Urbanus Rhegius, dem er sich erst bei dessen Zusammenstoße mit Eck entfremdet, Beatus Rhenanus, Peutinger, Oekolampad, Philippus Engentinus, Brassicanus, Glarean, Vadian, Pirchheimer und vielen anderen stand er in Beziehungen. Urbanus Rhegius nennt ihn seinen Gönner, seine Schrift „De dignitate sacerdotum“, 1519, ist durch J. F. veranlaßt, Joh. v. Botzheim schwärmt für Johannes Faber’s Liebenswürdigkeit, der ihn zum Griechischen angeeifert habe.

Auch mit Zwingli verkehrte er, theilte dessen Anschauungen über den Ablaßprediger B. Samson (1519), versichert ihn seiner Treue und Freundschaft, beglückwünscht ihn zu seiner Genesung und spricht ihm gegenüber mit Wärme von seinem Zeitalter, „tam felici imo aureo“. Mit den Juristen Claudius Cantiuncula, Brassicanus, Joh. Sichardus und U. Zasius bestanden dauernde Beziehungen. Für die Berufung des ersteren nach Wien bemühte er sich, wie ich aus ausführlichen Berichten des Doctor J. Pilhamer (erzbischöfliches Archiv in Wien) ersehen, noch um 1536, nachdem Cantiuncula schon 1524 mit ihm befreundet war. J. A. Brassicanus und Joh. Sichard, die er zu Freiburg kennen gelernt (erzbischöfliches Archiv: Brief Sichard’s vom 29. Juli 1536) scheinen sich an seine Großmuth gewandt zu haben. Nicht minder fand Zasius, der ja in seinen religiösen Anschauungen mit J. F. übereinstimmte, öfter Anlaß, die Intervention Johannes Faber’s am Hofe zu erbitten. 1525 hatte er ihn seiner Predigten wegen, die er in Freiburg gehalten, „der Unsterblichkeit werth“ erklärt, er nennt ihn seinen Patron, das Prachtgewand, das Zasius 1526 von König Ferdinand erhält, dürfte wol durch Joh. Fabers Einfluß gespendet worden zu sein (vgl. Horawitz, Briefe des U. Zasius, Wien 1879). Daß er ihn als Juristen lobt, ist begreiflich (vgl. Horawitz, Erasmiana, I. 33). Auch mit Peutinger wurde J. F. bekannt, was sich wol aus seiner Stellung am Hofe, wie aus Peutinger’s religiöser Haltung ergab.

[437] Doch alle diese Beziehungen vermochten J. F. nicht in dem Kreise der eigentlichen Gelehrsamkeit zu halten. Gleich Aleander suchte auch er in der Kirche Carriere zu machen. Wie seine Gegner sagten, war es finanzielle Bedrängniß, die ihn dahin trieb; mag dem sein wie ihm wolle, thatsächlich wiesen seine schriftstellerische Thätigkeit wie seine Stellung J. F. an, in dem Kampfe Luther’s mit der alten Kirche Partei zu nehmen. Mühsam nur hielten die Freunde, vor Allem Botzheim, den Kämpen zurück, es war aber vorauszusehen, daß dies nicht zu lange währen würde, das Beispiel Eck’s u. A. trieb auch ihn in die Arena, in der es Kampfpreise genug gab; Urbanus Rhegius wurde fallen gelassen; ein Jahr schon nach dem Erscheinen der Homilien gab J. F. das „Opus adversus noua quaedam dogmata Lutheri“ (1522), 1523 den übel berüchtigten „Malleus haereticorum“ heraus. Damit war er in die Sphäre der „ecclesia militans“ eingetreten; es folgte nun Schrift auf Schrift, aus dem Humanisten und juridischen Theoretiker wurde der theologische Polemiker und bald genug der Ketzerrichter. Schon um 1520 hatte Erasmus bemerkt, daß J. F. die lutherische Tragödie mit eiserner Strenge bekämpfen wolle, aber deren Erfolg bezweifle, stets suchte er ihn zu irenistischen Maßregeln zu bestimmen, doch J. F. war schon in den Kampf eingetreten. Kein Zweifel, J. F. war eine polemische Natur, es schien auch ihm wie so vielen Söhnen jenes kampffrohen Säculums der Streit das rechte Lebenselement zu sein. Weil es nun der katholischen Partei gar sehr an wissenschaftlichen Celebritäten gebrach, der mittlerweile zum Päpstlichen Protonotar ernannte J. F. aber, der 1521 mit Eck in Bonn gewesen sein[WS 1] soll, durch den Ernst und die Bedeutung seiner Predigten und seine Werke Aufsehen erregte, es ihm auch an bedeutenden Empfehlungen nicht fehlte, so wurde er von Ferdinand als dessen Rath berufen. Obwol er, wie er sagt, bis dahin dem Hofleben ferne gestanden, „et licet ad hanc functionem insufficientes nos ipsos iudicauerismus, attamen cum eo tempore perditissima Luteri et Lutheranorum secta praeualere coepisset plurimum unde zelo et amore relligionis ac Orthodoxae ecclesiae moti pinguiores redditus, domi et in patria etiam amicissimos quosque amicos relinquimus ac in tot magnis et multis persecutionibus adflictionibusque tam pium religiosum ac Catholicum principem dificillimis legationibus sequuti sunt“. – J. F. wurde u. A. 1524 nach Regensburg zum Convent, 1526 zur Badener Disputation geschickt, 1528 wurde er auf Ambassaden in England und Spanien verwandt, lebte eine Zeitlang während der Kriegsgefahr in Ofen und wurde in demselben Jahre zum Coadjutor des Bisthums Neustadt gemacht, was er bis 1538 blieb. Seine Verdienste während der Türkenbelagerung Wiens veranlaßten 1530 Ferdinand, ihn der auch die Reichstage zu Speier und Augsburg mitgemacht, zum Bischof dieser Stadt zu ernennen (Ordinationsurkunde Papst Clemens VII. vom 11. Decbr. 1533 im erzbischöflichen Archive zu Wien). Nun häufen sich die Ehren, 1530 wird er Domdechant zu Breslau, 1539 Dompropst zu Basel, 1532 kann er die Propstei Ellenberg seinem Neffen Dr. Murgel abtreten, 1530 wird ihm durch eine päpstliche Bulle das Recht zugestanden, neben seinem Bisthum auch andere Beneficien zu genießen, 1534 erhält er die päpstliche Erlaubniß, außer der festgesetzten Zeit die Ordination spenden zu können. Dabei scheint es Ferdinand nicht an Geschenken habe fehlen lassen, denn nach Johann Faber’s eigener Aussage in seinem Stiftungsbrief für sein Alumnat von St. Nicolaus, sowie nach den beträchtlichen Stipendien für Leutkirchner und Wiener Studenten, endlich nach den Legaten in seinem Testamente können wir J. F. wol als vermöglichen Mann betrachten. Als Bischof von Wien that er Alles, um diese durch die Verwüstungen der Türken und ihre Folgen arg herabgekommene Diöcese wieder emporzubringen. Er zählt unter seine Verdienste den Wiederaufbau seines Schlosses in St. Veit, verschiedene [438] Bodenmeliorationen, Berufung von Geistlichen aus Schwaben, Bezahlung von Pfarrern aus eigener Tasche. Vor Allem scheint ihm aber sein Alumnat werth gewesen zu sein, durch das er eine Pflanzschule für gebildete und tüchtige Seelsorger gegründet wissen wollte. Die Rechtssphäre seines Bisthums vertheidigte er mit aller Entschiedenheit, wie er denn auch zahlreiche Streitigkeiten u. A. 1534 mit den Franciscanern, 1535 mit der Universität, 1540 mit der Stadt Wien gehabt, bei deren Schlichtung ihm das intime Verhältniß zu König Ferdinand genützt haben mag. Denn er war bei Hof eine einflußreiche Persönlichkeit, deren Protection auch Männer wie Erasmus und Claudius Cantiuncula nicht gering anschlugen. Dies wurde er vornehmlich durch seine allerdings „herkulischen“ Anstrengungen um das Wiener Bisthum und den entschiedenen Kampf gegen Luther und dessen Anhänger. Daß die Bemühungen Johann Faber’s wahrlich nicht klein waren, zeigt schon ein Blick auf das Itinerar, wie es sich aus der nicht unbedeutenden Anzahl seiner Briefe ergiebt. Basel, Speier, Graz, Augsburg, Köln, Coblenz, Innsbruck, Prag, Breslau, Olmütz, Gent sind nur einige Stationen, die der oft sehr leidende Bischof, dem das Hofleben nicht immer leicht war, berührte, mannigfach scheint er Sehnsucht nach Wien und St. Veit empfunden zu haben. Dazu welche Streitigkeiten mit allen auf ihre Competenz eifersüchtigen Corporationen, den widerhaarigen Mönchen und den von der Kirche Abgefallenen! Dazu endlich die steten Finanzkrisen des Bisthums, die so arg waren, daß J. F. gar häufig aus eigenen Mitteln nachhelfen mußte! Unverwüstlich war sein Eifer gegen die „Ketzer“, er ruhte nicht, bis er Schwenkfeld aus Liegnitz vertrieben hatte, seinen ehemaligen Freund B. Hubmaier suchte er im Kerker zu bekehren, nachdem er die Schrift: „Adversus Doctorem Balthasar Pacimontanum othodoxae fidei catholicae defensio“, Lipsiae 1528 gegen ihn geschrieben. Mit rücksichtsloser Energie drängte J. F. schon damals die Wiener Universität zu Schritten gegen die Häresie, die er ohne Erbarmen bekämpfte; besonders die Wiedertäufer, die auch in Oesterreich in den letzten zwanziger Jahren zahlreich wurden, waren ihm verhaßt. Doch bei der bloßen factischen Bekämpfung der „Häretiker“, so bedeutend diese auch war, bleibt J. F. nicht stehen, er war auch litterarisch thätig, namentlich gegen Luther richtete er mit Vorliebe seine Geschosse. Dieser freilich verachtete ihn gründlich und ließ ihm nur durch Andere, z. B. durch Jonas in dessen Schrift Defensio pro conjugio sacercotali adversus J. Fabrum scortationis patronum antworten. J. F. aber wurde dadurch nicht irre, sondern sendete aufs Neue Schriften gegen den Verhaßten, z. B. „Antiologiarum Martini Lutheri liber unus“, 1530, in welchem er in 52 Capiteln sich bemüht, Luther’s Widersprüche nachzuweisen. 1535 läßt er „J. F. ep. Vienn. liber de sacrificio missae et sacerdotio novae legis. In M. Lutheri Cacodaemonem“ erscheinen. In seiner Disputation gegen B. Hubmaier wimmelt es von Ausfällen gegen Luther, der „gangraena“, dem er ein förmliches Sündenregister vorhält, nicht blos 1500 Irrthümer habe er verbrochen und das neue Testament verderbt, sondern auch aufrührerische Schriften gegen Karl V., Ferdinand, die Fürsten und die Bauern geschrieben und sei für die Türken eingetreten. Papst Paul III. gegenüber nennt er Luther einen erneuerten Wicleff. Auch gegen Ritius hat er gekämpft. An der Abfassung der Confutatio war er in hervorragender Weise thätig, in seinem Verkehr mit Melanchthon, der gerade diese Arbeit scharf charakterisirte und über Johann Faber’s Härte gegen die Evangelischen natürlich nicht erfreut war, schien J. F. wie so Manche die Ueberzeugung gewonnen zu haben, Melanchthon lasse sich auf die katholische Seite herüberziehen, eine Anschauung, die sogar zu directer Aufforderung führte. (vgl. Melanchthon’s Brief an Camerarius, Corp. I. 998). Johann Faber’s Ansicht von der kirchlichen Reform war theilweise erasmisch, doch mischt sich [439] überall etwas Zelotisches und Gewaltthätiges bei; auch er hoffte endlich Alles von einem allgemeinen Concil, für das er an Papst Paul III. (4. Juli 1536) – der Erste unter den deutschen Bischöfen – eine ausführliche Denkschrift schrieb. Das Concil nennt er in einem Schreiben an Paul III. das einzige Pflaster und Heilmittel für alle Runzeln, Wunden und Narben der Kirche, auch gegen die muhamedanischen Wölfe. Er giebt darin zu, daß die Häresie immer weiter greife – was er auch von einer Reise in Schlesien seinem Freunde Nausea schreibt – Paul ließ dieses Gutachten in Rom nochmals drucken und überallhin verbreiten (Cod. Pal. Vind. 9047). Auch in ihm wie in so vielen seiner Schriften tritt der Gegensatz gegen die scholastisch gebildeten Theologen schroff hervor. An ihm wie an der – freilich in den theologischen Schriften weitaus schlechter werdenden Latinität erkennt man den Humanisten, nicht minder an dem steten Gegensatze gegen die Mönche. Wol der letztere, den er z. B. in seinem Streite mit den Wiener „Parfotten“ erwies, war die Ursache, daß dem eifrigen Verfechter des Katholicismus mehrmals nachgesagt wurde, er sei heimlicher Lutheraner; sogar bei Hof erzählte man sich davon; es hieß, J. F. lasse nur solche Männer zum Predigtamte, die lutherisch gesinnt wären. Freilich scharf genug sprach sich auch J. F. über die Mißbräuche im Clerus aus, selbst über Eck hat er einmal (1539) ein abfälliges Wort hören lassen. Doch der Hof ließ ihn nicht sinken, sein Einfluß daselbst war allmächtig, sogar einen ihm unzuverlässig erscheinenden Beichtvater wußte er daselbst zu beseitigen. Vor allem scheint ihn sein seelsorgerlicher Eifer empfohlen zu haben, regelmäßig predigte er an Sonn- und Festtagen bei St. Stephan und St. Michael, überaus groß ist die Anzahl seiner Predigten. Frühzeitig schon suchte er den seichten Witzeleien mancher Prediger gegenüber in seinen lateinischen Vorträgen über das Elend des Menschenlebens (1520) einer ernsteren Richtung Bahn zu brechen. Während der Türkenbelagerung hielt er an die Einwohner wie an die Besatzung 37 Predigten, in denen es an Bibelstellen und Citaten aller Art nicht fehlt, die Anlage ist zweckentsprechend und gut, er eifert gegen die Trunkenheit, die Juden, gegen das allzu große Vertrauen auf die Menge der Streiter. 1533 hielt er die 44 Predigten „De patientia“. In der allgemeinen Zerstörung, die den Türkeninvasionen folgte, bei der herrschenden Pest und Theuerung, hielt es J. F. für seine Pflicht, als Hirt seiner Gemeinde ihnen Stillung für ihren geistigen Hunger zu geben und erzählte ihnen in diesen Predigten die Geschichte Job’s. Diese Predigten haben einfache und geschickte Einleitungen, später werden sie furchtbar breit und wimmeln von Citaten, sie handeln vom Lob des Ehestandes, über den Glauben und die guten Werke, über Reichthum, die Versuchungen des Teufels, das Beweinen der Todten, die Ursachen der verschiedenen Krankheiten, die er aus der Bibel nachweisen will, über Almosen und Mitleid (der letztere Abschnitt ist ziemlich trocken); recht gut spricht er über den Stolz und die Heuchelei, Citate aus Ovid, Varro und Pindar finden sich da vor, es fehlt auch nicht an Polemik, z. B. 36, ja sogar von grammatischen Hülfsmitteln weiß er zu sagen. Am Schlusse bittet er in einem Nachwort um Entschuldigung, wenn er irgendwo von der katholischen Lehre abgewichen sein sollte und erbietet sich solche Irrthümer zurückzuziehen. Gegen die Anabaptisten in Mähren ließ er die Predigten – dem Stanislaus Turzo gewidmet – gleich lateinisch drucken, weil ein großer Theil in Mähren nicht deutsch verstünde. Diese wie viele andere hier nicht zu besprechende Predigten fanden viel Lob, nicht bloß von Ursinus Velius, der J. F. durch Epigramme feierte, sondern auch von Ortwinus Gratius (1537 vor der Ausgabe der Bücher Job) und Cochläus, der einige Werke Johann Faber’s bei Nic. Wolrab 1537 in Leipzig herausgiebt.

[440] Noch eine Seite Johann Faber’s muß besprochen werden, seine Thätigkeit für sein Alumnat und die Armen Wiens. Wie das Collegium trilingue zu Löwen sollte auch das Collegium zu S. Nicolo trilingues heranbilden, Griechisch soll viel gelehrt werden, sogar Pindar und Aristophanes sollen die Vorgeschrittneren lesen. Deutsch zu sprechen ist verboten, ciceronianische Latinität wird gewünscht, Musik soll getrieben werden, allen Wissenschaften darf man sich widmen, nur den nikromantischen und chiromantischen nicht. Vor Allem soll in dieser Pflanzschule für Moral Sorge getragen werden, deßhalb ist auch allen Frauen der Eingang untersagt. Mit großem Eifer sorgt J. F. für Anlage einer Bibliothek, in die er auch seine Werke spendet, um damit Zeugniß zu geben für den Geist seiner Studien „ut et nostri ex nostris libris discant a lubricis illis anguillis astutis dolosisque vulpeculis et dolosis crocodilis ac hienis lupisque rapacibus gregem domini in uescimentis ouium continue ac incessanter turbantibus sibi cauere et perpetuo memores sint. –

Weniger Glück hatte J. F. mit seiner guten Absicht, der Wiener Armenpflege eine so hochnöthige Organisation nach dem Muster der Nürnberger zu geben (1539); die Eifersucht des Wiener Stadtrathes und Geldmangel hinderten die Realisirung des Projectes, wie denn Wien auch heute noch keine musterhafte Armenpflege besitzt.

Als Mäcenas wird J. F. von zahlreichen Humanisten gepriesen, nicht blos Camers rühmt ihn in dieser Hinsicht, sondern gar Viele hatten ihm Verwendung und Unterstützung zu danken, das Bedeutendste für Oesterreichs Geistesleben hätte J. F. wol dadurch gethan, wenn sein Plan, Erasmus nach Wien zu ziehen (1528) zur Ausführung gekommen wäre (Erasmiana II, 589). Niemand wol aber hatte J. F. so aus voller Seele zu danken als Friedrich Nausea, für den er sich – dies zeigt der stattliche Briefwechsel mit ihm – viele Jahre hindurch bei König Ferdinand und zahlreichen Kirchenfürsten verwendete, bis er dem Gelehrten, für den er zärtlichst besorgt ist, von Stufe zu Stufe emporgeholfen; endlich kann er ihm (1538), durch seine Ernennung zum Coadjutor die Wege zur bischöflichen Würde bahnen, die dieser auch nach Johann Faber’s Tode erhielt. Schon die herzlichen und warmen Freundesbriefe an Nausea zeigen, daß der so gefürchtete Inquisitor und oft sehr trockene Bischof auch inniger Neigung zugänglich war, es fehlt auch sonst nicht an gemüthlichen Zügen, die uns sein Bild, welches die Grausamkeit bei den Verfolgungen der Evangelischen verunziert, näher rücken und anziehender machen. – Nach Christoph von Scheurl’s Angabe war J. F. „beleibt, er hatte etwas triefende Augen, sein damastenes Kleid war nicht nur etwas zerrissen, sondern nach der Ingolstädter Theologen Sitte schmierig“.

Johann Faber’s Tod wurde von der katholischen Partei als ein harter Schlag empfunden, Albrecht von Mainz spendet ihm einen sehr ehrenden Nachruf und preist seine herkulischen Arbeiten (Nausea, Briefwechsel 315), nicht minder gerührt spricht Johannes Bischof von Meißen von den „divini labores“ des Geschiedenen; kurz beklagt Christ. von Stadion den Hingang des uir pius. humanus, doctus (ibid. 317, 318). Cochläus aber seufzt: Von Tag zu Tag werden wir weniger!

Leider konnte die Correspondenz Johann Faber’s mit Vergerio, welche sich in Venedig befindet und die Floß herausgeben wollte (Aschbach, Kirchenlexikon) nicht benützt werden. Auf des S. Lemnius’ Angaben ist natürlich nichts zu geben.

J. F. darf nicht, wie es bei de Clerc geschieht, mit Joh. Faber, dem Dominicanerprovincial zu Augsburg (Bd. VI, S. 493) verwechselt werden, der 1515 zu Bologna disputirt, von Erasmus so scharf mitgenommen wird und schon 1531 starb, auch nicht mit dem Juristen Joh. Faber Runcinus. Seine [441] wichtigsten Werke sind enthalten in den in Köln bei Quentell 1539–1541 erschienenen drei Folianten „Opera“ betitelt und in den bei Wolrab in Leipzig edirten einem Bande der Opuscula 1538, Fol. Vgl. außerdem Echard, Bibl. Dominic. T. I. p. 111 ff. und Zedler, Universallexikon (Faber).

Das Vorliegende, das zu einer Monographie erweitert werden wird, gründet sich hauptsächlich auf die Handschriften der Wiener Hofbibliothek 4007, 9047, 9735, 9737g. und die Archivalien des erzbischöflichen Archivs, sowie auf die bisher zerstreut gedruckten Briefe Johann Faber’s. Gute Angaben finden sich auch in einem allzuwenig gekannten, sehr reichhaltigen Werke über Reformation und Gegenreformation im Lande u. d. Enns von Dr. Theodor Wiedemann, Prag, Tempsky 1879. 1880. 2 Bde. Die alte Dissertation von Kettner, De Joannis Fabri vita et scriptis, Lips. 1737, konnte ich nicht erhalten.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: sein / sein (Doppelung bei Zeilenwechsel)