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Artikel „Engelbrecht, Philipp“ von Adalbert Horawitz in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 6 (1877), S. 134–136, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Engentinus,_Philipp&oldid=- (Version vom 13. Oktober 2024, 19:37 Uhr UTC)
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Engelbrecht: Philipp E. (Engentinus), Humanist und Dichter, geb. zu Engen im Badischen, kam um 1508 nach Wittenberg, dann als Magister der freien Künste nach Freiburg, an dessen Universität er am letzten October 1514 immatriculirt wurde. Bald schwang er sich durch seine u. A. von Zasius gerühmte poetische Begabung, durch die er die Universität ehrte, zum Vertreter Baldung’s an der Freiburger Hochschule empor. Leider hinderten ihn aber Kränklichkeit und finanzielle Nöthe, sowie gewisse pedantische Anfechtungen des Universitätssenates, der an seiner kriegerischen Tracht und seinem Barte Anstoß nahm, zu rechter Entfaltung seines unleugbaren Talentes zu gelangen. Dazu kam noch die in seine Zeit fallende Parteinahme für Luther. Unter dessen Rectorate war er in Wittenberg immatriculirt worden, als Gegner der Dunkelmänner wurde [135] er der „Magister Schlauraff“[1] genannt, stand mit Hutten in genauerem Freundschaftsverhältnisse, nicht minder mit dem ihm schon in Wittenberg bekannt gewordenen Thomas Blaurer, es war deshalb natürlich, daß er ein Gegner Faber’s, Eck’s, kurz der strengkatholischen Richtung ward. Wie Crotus, Enricius Cordus[2] u. A. rühmte er Luther in den Collegien, die er als „Poetices lector ordinarius“ las, ja am 5. September 1521 ließ er sogar zu dessen Gunsten öffentlich den Vers anschlagen: Lutherum ut redimas, Hembd, Schuch, Buch, omnia vendas!“ Da nahmen denn auch Zasius, wie die Universität Anlaß, ihre Mißbilligung auszudrücken, so sehr ihn z. B. der große Jurist in früherer Zeit gepriesen. E. war mit vielen bedeutenden Männern befreundet, vor allem mit Erasmus – (cf. dessen Briefe L. A. p. 1540 u. 1579), Spalatin, B. Rhenanus, Hummelberger, Brassicanus, Spiegel, Vadian und vielen Anderen (cf. Hutteni Opera ed. Böcking II. 52), u. a. wurde er auch um 1524 mit J. Camerarius bekannt, als dieser Erasmus zu Basel aufsuchte. Die letzten Jahre seines Lebens brachte er unter großen Schmerzen zu, gegen die ihm auch der Besuch von Bädern nichts half. Im Sommer 1528 starb er zu Straßburg bei einer Operation, die seine Krankheit nöthig machte (Gesner freilich schreibt: floruit 1530). Von seinen Verwandten wurde ein Bruder Anton Weihbischof zu Speier, von einem anderen, Wilhelm, der als „clericus Constantiensis“ um 1488 in die Freiburger Matrikel geschrieben wird, ist mir nichts weiter bekannt. E. war eine eifrige, bewegliche und kriegerische Natur, wie Hutten, Celtis, Locher voll Sehnsucht danach, daß in Deutschland die Barbarei ausgetrieben werde, voll lebendigem Unmuth gegen die Anhänger der mittelalterlichen Unterrichtsmethode, so kriegerisch, daß er vor Ausbruch des Krieges (um 1519) in einem bisher unedirten Briefe an Mich. Hummelberger (Cod. lat. Monac. 4007 fol. 114 s.) seinen Entschluß ausspricht, in den Krieg zu ziehen (Habeo autem fidos commilitones, qui ut literarum olim mecum stipendiis meruerunt, ita in praesentiarum una belli aleam tractabunt). Von seinen Werken sind neben einem „Epithalamium in nuptias Joan. Duc. Saxoniae et Margarethae princ. de Anhalt“ Witebergae 1514, besonders die „Friburgica florentissimae urbis Friburgi apud Brisgoicos descriptionem complectens“ bekannt. Die letzteren, 1515 bei Joh. Schott in Straßburg erschienen (auch in der 1519 edirten Vita D. Lamberti) enthalten eine Epistel an Johann Hußer von Bludenz (Antiquitatum studiosissimum), ein Einleitungscarmen von Joh. Zwick aus Constanz, ein Widmungsschreiben an Rector und Senat der Freiburger Universität, und sind jenem Localpatriotismus entsprossen, dem auch ähnliche Verse des R. Gaguinus, B. Rhenanus und Celtis ihren Ursprung danken. Der Inhalt ist oft noch ziemlich mittelalterlich, die Form und Sprache erinnert an Ovid. 1519 edirte E. seine „Vita Divi Lamberti Episcopi Traiectensis“ in Basel bei Froben mit einer Dedication an den Rath von Freiburg. Das 48 Seiten starke Büchlein, mit einer Invocatio u. dgl. versehen, enthält eine versificirte Geschichte des Heiligen mit vielen Wunderhistorien. In seiner Schrift „Ad Illustrissimum principem Philippum Comitem Palatinum Rheni. … carmen paraeneticum“ (wol 1517) legt er diesem die Begünstigung der Wissenschaften ans Herz, ihm, der sein Schüler bei der Lectüre der römischen Classiker gewesen. Er schrieb das Büchlein, wie er selbst sagt, um dem Fürsten Freigebigkeit gegen die Gelehrten zu empfehlen, spricht darin auch von Melanchthon und prophezeit dessen einstige Größe (tam Graecae atque Latinae linguae peritissimum adolescentem, olim totius Germaniae ornamentum futurum). Als das Höchste erscheinen ihm die griechischen und lateinischen Classiker, sie seien auch die Quellen für alle Lebensweisheit. Den Anhang bildet ein Elegiacon des „Barptolomeus (!) Orlunensis in gloriam Philippi Palatini“. Endlich wäre noch ein Commentar zu den Satiren des A. Fl. Persius zu erwähnen, von dem die [136] Ausgabe von 1578 vorliegt, welche den Titel trägt: „In Auli Flacci Persii Satyras VI quatuor praestantium Virorum commentarii – Valentini, Volsi[3], Engentini, Foquelini – labore et studio Joan. Thom. Freigii Basileae[4]. Pet. Perna“ mit Gedichten des Joh. Murmellius u. A. Der Commentar des E. wurde von Freigius nach den Collegienheften herausgegeben, die sein Vater nach den Vorträgen des „Poetae festivissimi“ niederschrieb, er ist sehr reich und eingehend, berücksichtigt namentlich die Alterthümer, gibt überall genaue Citate, auch griechische und Vieles aus neueren Werken. Dabei fehlt es freilich auch nicht an komischen Etymologien z. B. cachinno ein spotvogel, speykatz à καγχάξω hio! Fr. Spach in seinem werthvollen Nomenclator nennt noch (p. 169) eine Basler Ausgabe des Persius von 1582 in 4., und es ist wol dieselbe, welche mit Frischlin’s „Paraphrasis“ erschien; andere Ausgaben: 1608, 1609, Basel 1759, 4. (Catal. Bibl. Bünov.). Aber sowol diese Editionen, als die von „Valerius Flaccus Argonauticon recogn, a Ph. E.“ welche Spach (a. a. O. p. 171) als Pariser Druck vom J. 1518 (Ascensius) angibt, konnte ich nicht erhalten.

Ueber Ph. E. geben Einiges: Schreiber, Gesch. d. Freiburger Universität, 84 ff., Böcking in der Hutten-Ausgabe Bd. VII. 361; 2 Briefe habe ich edirt in den Sitzungsberichten der k. k. Akademie der Wissenschaften zu Wien.[5]

[Zusätze und Berichtigungen]

  1. S. 135. Z. 1 v. o. l.: von „Magister Schlauraff“. [Bd. 6, S. 795]
  2. Z. 4. v. o. l.: Euricius Cordus. [Bd. 6, S. 795]
  3. S. 136. Z. 2 v. o. l.: Volsci. [Bd. 6, S. 795]
  4. Z. 3 v. o. l.: Freigii, Basileae. [Bd. 6, S. 795]
  5. Z. 18 v. o. l.: „2 Briefe habe ich edirt in d. Sitz.-Ber. der k. k. Akad. d. Wiss. zu Wien 1877“. [Bd. 6, S. 795]