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Artikel „Murmellius, Johann“ von Adalbert Horawitz in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 23 (1886), S. 65–66, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Murmellius,_Johannes&oldid=- (Version vom 3. November 2024, 22:18 Uhr UTC)
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Murmellius: Johann M., Philolog, Dichter und Schulmann, ward zu Roermond (Herzogthum Geldern) im J. 1480 geboren, studirte in der Schule des Alexander Hegius zu Deventer, bezog seit 1496 die Universität Köln; 1500 erscheint er in Münster, von wo er, um Magister zu werden, 1504 nach Köln zurückkehrte. In Münster war er an der Domschule als Lehrer für die Verdrängung der mittelalterlichen Lehrbücher und die Strebungen des Humanismus thätig, jedoch in dem Sinne, daß er das Anstößige des Humanismus als geborener Schulmann zu beseitigen bemüht war und daß er für Religion und Sittlichkeit mit aller Kraft eintrat. Er schuf selbst Unterrichtsbücher, die sich durch Kürze, Einfachheit und Klarheit auszeichnen, sie erhielten sich denn auch lange, manche bis an das Ende des vergangenen Jahrhunderts. Sein Erstlingswerk war das „Opus de verborum compositione“ (1502?, 1504), dem eine Reihe kleinerer Schriften, eine Chrestomathie aus Tibull, Properz und Ovid, Commentar zu Cicero’s „Cato major“, ein „Enchiridion scholasticorum“ u. a. folgten. Als seine bedeutendste poetische Schöpfung müssen die moralischen Elegien („Elegiarum moralium libri quattuor“) betrachtet werden. Zwistigkeiten mit seinem Rector T. Kemner hatten mittlerweile M. veranlaßt sein Amt niederzulegen (1508) und als Rector an die Ludgerischule in derselben Stadt sich zu begeben; begreiflich, daß die litterarische Fehde mit Kemner ihren Fortgang nahm. Wichtiger war es, daß er sich für die Einführung der griechischen Sprache in Münster energisch einsetzte und daß sein Ruf und Ansehen unter den Gelehrten stets mehr wuchsen. Hutten, Bugenhagen, Hermann v. d. Busche, Spalatin u. a. gehörten zu seinen Verehrern. In Münster freilich war seines Bleibens nicht, 1513 übersiedelte er als Rector an die Schule zu Alkmar, nachdem er auch in den Jahren 1508–1513 eine reiche litterarische Thätigkeit entfaltet hatte (Epigrammatum liber, Panegyricus, Alcimi Aviti libri sex recogniti, Ciceronis epistolae quaedam selectae, Juvenalis tres satirae, Versificatoriae artis rudimenta), aus deren Resultaten vornehmlich die weitverbreitete „Pappa puerorum“ (Köln 1513), – ein Uebungsbuch für den ersten lateinischen Unterricht zu nennen ist, das in wenigstens 30,000 Exemplaren über Deutschland, Holland und die Schweiz verbreitet war. Es enthält in vier Capiteln ein Vocabularium (das später in Polen sehr beliebt wurde), Gespräche, Sitten- und Anstandsregeln und Sprichwörter (mit deutschen Uebersetzungen). M. erwies sich als Rector von Alkmar als sehr nutzbringend für diese Schule, seine litterarische Thätigkeit ruhte auch hier nicht, es erschienen: „Boethii de consolatione philosophiae libri V“, der Persius-Commentar, sein sehr wichtiger „Scoparius in barbariei propugnatores et osores Humanitatis“, in dem er ganz und voll für den Humanismus eintritt, wie er sich denn auch im Reuchlin’schen Streit für den berühmten Philologen [66] erklärte. Die Plünderung von Alkmar (1517) trieb M. aus dem Städtchen, nach kurzer Zeit aber erscheint er als Lehrer zu Deventer, wo er am 2. October 1517 eines plötzlichen Todes gestorben ist. Sein Sohn Johannes M. wurde in Lüttich zum Priester geweiht, trat zum Protestantismus über, war Generalsuperintendent zu Oehringen in der Grafschaft Hohenlohe; mit ihm starb das Geschlecht wol aus.

De Joannis Murmellii vita et scriptis commentatio literaria scripsit Dr. Theodoricus Reichling, Monasterii 1870. – Johannes Murmellius, sein Leben u. seine Werke, von Dr. D. Reichling, Freiburg i. Br., Herder 1880, eine sehr ausführliche Biographie, woselbst von S. 131–166 ein in jeder Hinsicht völlig genügendes bibliographisches Verzeichniß gegeben wird. – Ausgewählte Gedichte von Joh. Murmellius, Urtext und metrische Uebersetzung herausgegeben und mit Anmerkungen versehen von Dr. D. Reichling, 1881, Freiburg i. Br., Herder.