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Artikel „Cantiuncula, Claudius“ von Alphonse Rivier in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 3 (1876), S. 767–768, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Cantiuncula,_Claudius&oldid=- (Version vom 18. April 2024, 18:58 Uhr UTC)
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Cantiuncula: Claudius C. (Chansonnette), geb. im letzten Decennium des 15. Jahrhunderts zu Metz, wo sein Vater apostolischer Notar war, gestorben in vorgerücktem Alter, nicht nach 1565. Er studirte in Leipzig, dann kurze Zeit in Löwen, wo er zu Martin Dorp in näherer Beziehung stand, und promovirte in Basel, wo er 1517 ankam, bald auch lehrte und 1519 als ordentlicher Professor das Rectorat bekleidete. Sofort nach seiner Niederlassung in Basel knüpfte er ein vertrautes Verhältniß mit Zasius in Freiburg an, desgleichen später mit Erasmus. Auch mit Bonifacius Amerbach und Cornelius Agrippa war er eng befreundet. Der Metzer Magistrat wollte ihn 1519 in Metz anstellen, er lehnte aber ab und blieb bis 1524 in Basel. Von nun an trifft man ihn, in Justiz- und Staatsgeschäften für seine Vaterstadt und für das Reich thätig, an verschiedenen Orten und in verschiedenen Beamtungen, 1526 zu Nanzig, 1527–29 theilweise in Spanien, 1528–31 zu Vic, 1530 zu Augsburg; zu Speier, zu Coblenz, zu Worms, 1534, 1535, 1545. 1535 wird er als Lehrer des canonischen Rechts nach Wien berufen. 1536 erscheint er zu Innsbruck als Rath des Königs Ferdinand; dieselbe Würde bekleidete er noch 1540. Bald darauf, spätestens 1542, stand er der Ensisheimer Kanzlei für Elsaß und Vorderösterreich vor, in welcher Stellung er wahrscheinlich bis zu seinem Ende verblieb. C. gehört zu den besten Rechtsgelehrten des 16. Jahrhunderts. Auch als Schriftsteller steht er auf dem ersten Rang. Schon seinen ersten Versuchen zollten Zasius und Alciat unbedingten Beifall. Spiegel nennt ihn eine Zierde des königl. Raths. Erasmus rühmt seinen lateinischen Stil. In religiöser Hinsicht huldigte er, wenn auch etwas kühl, der Erasmischen Richtung; obschon er den ersten Schritten Luther’s mit Interesse gefolgt war, blieb er doch, wie Zasius und Spiegel, dem katholischen Glauben treu. Seine Schriften sind: „Topica“, Basel 1520. „Liber aureolus et paullo minus utrisque labris exosculandus, liber auro pendendus“, sagt Zasius, dem C. das Manuscript zur Durchsicht vorgelegt hatte. – Zwei Werkchen christlicher Rechtsgelehrtheit: „Oratio apologetica in patrocinium juris civilis contra eos qui Leges cum Evangelio parum convenire affirmant“ und „Paraenesis de ratione studii legalis“, Basel 1522, Köln 1607. – „Paraphrasis in tres priores Institutionum libros“, Hagenau 1533, Löwen 1549, 1602 (mit Zusätzen von Crudäus), Lyon 1570. – „De officio judicis“, Basel 1543. Auch im Tractatus Tractatuum III, 1.„De potestate papae, imperatoris et concilii“. Vgl. Jugler IV, 116. – „De perfecto juris consulto“, Lyon 1566 (zweifelhaft). – „Consilia s. Responsa juris“, Köln 1571. – Auf dem Nürnberger Stadtarchiv liegt von C. ein handschriftliches „Bedenken zu Pessrung und Emendation der Nürnbergschen Reformation“, auf 31 Folioseiten. Es sind Bemerkungen, meist romanistischen Inhalts, zu einzelnen Stellen der Nürnberger Reformation von 1522 nebst deren Zusätzen, verfaßt 1544–46 auf Ersuchen des Nürnberger Raths. – Verschiedene Briefe von C., an ihn, und über ihn sind gedruckt in der Sammlung der Briefe des Cornelius Agrippa: erste Ausgabe, Lugd. apud Beringos, Band II, Theil II, Lib. II, 12–16, 26, 32–34, 37, 40–42, 58; III, 15(?), 17, 20, 23, 35, 43, 45, 46, 52, 69, 70, 71(?), 73; VII, 35. – Hundert und zwei Briefe und Briefchen von C. an Amerbach sind enthalten im Bande Variorum Epist. ad Amorbachium, HS. der Basler Bibliothek; das erste datirte [768] Schreiben ist datirt Basel, pridie Nonas Julii 1521, das letzte Ensisheim, 17. Mai 1549. – Ein (wahrscheinlich conventionelles) Bild von C., nach einem Medaillon, ist im Metzer Rathhause zu sehen. Mehr oder minder gangbare Irrthümer sind: daß man C. Liedel nennt, daß man ihn für einen Protestanten hält, daß man ihn (nach Fichard) schon 1539 sterben läßt, endlich daß man ihn als Reformator des Nürnberger Stadtrechts bezeichnet (s. dagegen Stobbe, S. 304).

Die Litteratur über C. ist wenig ergiebig und wenig zuverlässig. Adam ist von den Späteren meistens nur abgeschrieben. Will I und V. Rink I. Schneidt, Thesaurus juris franconici I, 1. Jugler IV. Bégin in der Biographie de la Moselle I, 281–237 (1822–29). Aug. Prost in den Mémoires de l’Académie de Metz XLIX, 1, 215–239 (1869). Handschriftliche Aufzeichnungen (Observationes séculaires) des Pfarrers Paul Ferry; (1661) (mir bekannt durch gütige Mittheilung des H. Karl Rahlenbeck in Metz). – Ch. Weiß in der Biographie universelle von Michaud. Vischer, Geschichte der Universität Basel, 246–247. Stobbe, Geschichte der d. Rechtsquellen, §§. 61, 77. Stintzing, Ulrich Zasius, S. 202 ff.[1]

[Zusätze und Berichtigungen]

  1. S. 767–68 zu Cantiuncula vgl. A. Rivier in den Mémoires publ. par l’Acad. roy. de Belgique tom. XXIX. (1878). [Bd. 10, S. 767]