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Artikel „Dathe, Johann August“ von Carl Gustav Adolf Siegfried in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 4 (1876), S. 764–766, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Dathe,_Johann_August&oldid=- (Version vom 25. November 2024, 15:57 Uhr UTC)
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Dathe: Johann August D. ward 4. Juli 1731 zu Weißenfels geb., wo sein Vater herzogl. Rath und Amtmann war. Vorgebildet auf dem Domgymnasium zu Naumburg, bezog er 1751 die Universität Wittenberg, wo er Theologie und unter Sperbach’s Anleitung auch Orientalia studirte. Nach dreijährigem Studium ging er 1754 nach Leipzig, um Philologie bei Ernesti und morgenländische Sprachen bei Reiske und Hebenstreit zu hören. 1756 auf Grund der Dissertation „De Origine interpretationis librorum s. grammaticae autore“ zum Magister promovirt, begab er, dem günstige äußere Verhältnisse zu Statten kamen, sich noch auf ein Jahr nach Göttingen, um J. D. Michaelis, Walch und Geßner kennen zu lernen. Eine Reise zu mehreren norddeutschen Universitäten und Bibliotheken bildete den Abschluß seiner Lehrjahre. Er kehrte 1757 nach Leipzig zurück, um nach Veröffentlichung seiner Habilitationsschrift „De [765] reliquiis Aquilae in interpretatione Hoseae“ dort Vorlesungsen zu halten. 1762 ward er außerordentlicher Professor der morgenländischen Sprachen daselbst, bei welcher Gelegenheit er eine Abhandlung „De Anaxarcho philosopho eudaimonico“ schrieb. Bald darauf ward er ordentl. Professor der hebräischen Sprache und ließ eine Schrift „De difficultate rei criticae in V. T. caute dijudicanda“ erscheinen (vgl. über dieselbe Rosenmüller, Handb. für die Litt. der bibl. Kritik II, 69. Meyer, Gesch. der Schrifterkl. V, 466). Als Universitätslehrer zog er durch Vorträge an, in welchen gründlicher Gehalt mit klarer und einfacher Form verbunden war. Eine milde und fromme Gesinnung durchwehte wie ein sanfter belebender Hauch das Ganze. – Sein allzu angestrengter Fleiß zog ihm Unterleibsleiden zu, deren Beseitigung er zu Karlsbad vergeblich suchte. Er starb an einer Unterleibsentzündung 17. März 1791. Biographisches über ihn findet man in Ernesti, Elogium Dathii, Lips. 1792. Schlichtegroll, Nekrolog 1791. Bd. I. S. 175–183.

Unter seinen Arbeiten verdient zunächst Beachtung eine lateinische Uebersetzung des ganzen alten Testaments mit daneben hergehenden Anmerkungen. Sie war das Resultat einer wiederholten Durcharbeitung desselben bei seinen Vorlesungen und erfuhr in neuen Auflagen stets fortgehende Verbesserung. Es erschienen „Pentateuchus ex recensione textus hebraici et versionum antiquarum lat. vesus notisque philol. et crit. illustr.“, Halae 1781. ed. II. 1791. „Libri hist. V. T.“ „Jobus, proverbia Salomonis Ecclesiastes et canticum cantic.“, 1789. „Psalmi“, 1787. ed. II. 1794. „Prophetae majores“, 1779. ed. II. 1785. „Prophetae minores“, 1773. ed. III. 1790. Von der Uebersetzung urtheilt Baur (in Ersch und Gruber, Encykl. I, 23. S. 178), er habe sich darin bemüht, den Sinn der Originale deutlich und richtig darzustellen ohne sich jedoch zu bestreben, die Schönheiten derselben im Lateinischen nachzubilden, richtiger aber wol Diestel (Geschichte des Alten Testaments S. 646): „D. zwingt die alten Propheten ciceronisch zu reden, und opfert nicht selten die Treue dem falschen und erfolglosen Streben nach Eleganz.“ Die Noten zeigen genaue Kenntniß des morgenländischen Alterthums und bewegen sich meist auf dem sprachlichen und antiquarischen Gebiet. In der Kritik des Textes ist er sehr vorsichtig, namentlich im Gegensatz zu Tychsen’s vielfach abenteuernden Vermuthungen und Grundsätzen (vgl. besonders Prophetae minores ed. I. praef. p. 19–86 gegen T.’s Tentamen codicum). In den Anmerkungen beengte ihn häufig die Anhänglichkeit an das kirchliche System und führte ihn zu unhaltbaren Vermittlungen. So wollte er Psalm 22. 40. 69. 72 von David und vom Messias zugleich erklären. Ebenso sollte der Knecht Gottes im Jesaja theils Jesaja selbst theils Christus sein. Und bei Jesaja 7, 14 kommt er um die typische Weissagung zu retten zu der ungeheuerlichen Annahme, es habe bereits zur Zeit des Propheten das vorbildliche Wunder einer Jungfraugeburt stattgefunden. – Doch finden sich daneben überraschend freie Erklärungen, wie bei der Geschichte vom Sündenfall die Annahme eines historischen Mythus (vgl. die ausführlichen Anzeigen der Prophetae minores in J. D. Michaelis’ Orient. Bibl. V, 126 ff. 2. Ausgabe ebd. XV, 49 ff., der Prophet maj. ebendas. XV., 62 ff. Ueber das ganze Werk vgl. auch Rosenmüller a. a. O. IV, 244 ff., Meyer a. a. O. V, 600 ff.). Sodann ist zu erwähnen die 1768 erschienene Ausgabe des „Psalterium Syriacum“ mit der hie und da verbesserten lateinischen Uebersetzung des Erpenius und hinzugefügten kritischen und philologischen Noten. In der gründlich gelehrten Vorrede widerlegt der Verfasser zunächst die unhaltbare Annahme Semler’s, nach welcher die Uebersetzer der Peschita aus dem hebräischen Text der Hexapla mit Berücksichtigung noch anderer Uebersetzungen gearbeitet hätten(p. X XXII). Die von D. (p. XXIV) vorgetragene Ansicht, der Verfasser der Peschita sei ein Proselyt gewesen, [766] fand zwar bei Eichhorn (Einleitung in das Alte Testament II, 135) lebhaften Widerspruch, sie ist aber von Noeldeke, Die alttestamentliche Litteratur, S. 262, mit einigen Modificationen erneuert worden. Und in der That hat sie manches für sich, da die Kenntniß des hebräischen Grundtextes einen Juden voraussetzt, andererseits aber Stellen von entschieden christlicher Auffassung sich in der Peschita finden. – Beachtenswerth sind auch die praef. p. XXVII und in den Anmerkungen zu Psalm 56. 73 und 109 geführten Untersuchungen über liturgische Einschiebsel, durch welche sich die Differenz zwischen dem masorethischen Text und der Peschita erklären läßt. — Im Psalter selbst ist der Text durchgehend vocalisirt. In den Anmerkungen sind die Abweichungen der Handschriften Usher’s und Pococke’s vom Texte des Erpenius angegeben; außerdem sind in denselben die etwaigen von D. vorgenommenen Aenderungen der Erpenius’schen Uebersetzung begründet und ist hie und da das Verhältniß des syrischen Textes zum hebräischen besprochen, wobei auch die andern Versionen bisweilen berücksichtigt werden. An einigen Stellen finden sich auch Bemerkungen über den hebräischen Text, welcher den LXX vorlag. Ferner ist zu nennen Dathe’s Umarbeitung eines Theils der „Philologia sacra“ von Glassius. Es erschien dieselbe 1776 und umfaßte Grammatik und Rhetorik. Die sprachlichen Forschungen der Folgezeit waren darin nachgetragen. (Ausführlicheres s. b. Rosenmüller a. a. O. IV, 52 ff. Meyer a. a. O. V, 162 ff.)

Nach seinem Tode gab Rosenmüller von ihm „Opuscula ad crisin et interpretationem V. T. spectantia“, 1796 heraus. Dieselben enthalten zuerst die Disputatio in Aquilae reliquias interpretationis Hoseae, in welcher der hohe textkritische und philologische Werth des Aquila ins Licht gesetzt, sowie seine Bedeutung auch für die Erklärung des Neuen Testamentes hervorgehoben wird. An einer Anzahl von Stellen wird Aquila’s Verhältniß zum masorethischen Texte und zu den übrigen Versionen klar gemacht. Alsdann folgte die oben erwähnte „Prolusio de difficultate rei criticae etc.“, hierauf „De ratione consensus versionis chaldaicae et syriacae proverbiorum Salomonis“, in welcher Abhandlung er auf scharfsinnige Weise die nahe Verwandtschaft des Targum’s der Sprüchwörter mit der syrischen Uebersetzung nachweist, welche sich bisweilen sogar in den Worten und der Wortstellung zeigt (vgl. besonders das anerkennende Urtheil in de Lagarde’s Anmerkungen zur griechischen Uebersetzung der Proverbien S. 56). – Die vierte Abhandlung „De ordine pericoparum biblicarum non mutando“ widerlegt besonders die Hypothese Harenberg’s von einer stattgehabten Verwechslung der Blätter in den biblischen Handschriften des Alten Testaments. — Den Schluß bildet eine „Dissertatio in canticum Mosis Deut. 32“, Uebersetzung, Textkritik und Exegese enthaltend. Zur Würdigung des Einzelnen vgl. Knobel, Deuteronom. S. 326 ff.

Vollständiges Schriftenverzeichniß s. b. Meusel, Lex.