Ueber die Dresdner Gemäldeausstellung vom Jahres 1781

Textdaten
Autor: Unbekannt
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Ueber die Dresdner Gemäldeausstellung vom Jahres 1781.
Untertitel:
aus: Neue Bibliothek der schönen Wissenschaften und der freyen Künste. Sechs und zwanzigsten Bandes erstes Stück
Herausgeber:
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1781
Verlag: Dyckische Buchhandlung
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Leipzig
Übersetzer: {{{ÜBERSETZER}}}
Originaltitel: {{{ORIGINALTITEL}}}
Originalsubtitel: {{{ORIGINALSUBTITEL}}}
Originalherkunft: {{{ORIGINALHERKUNFT}}}
Quelle: Commons
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
korrigiert
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
[[index:|Indexseite]]
[19]
Ueber die Dresdner Gemäldeausstellung vom Jahre 1781.

„Die Natur, sagte ich zu meinem Freunde, hat gegen keines ihrer Kinder ungerecht gehandelt. Zwar hat sie mit Rücksicht auf jenes allgemeine Band der menschlichen Geselschaft, welches am engsten durch gegenseitiges Bedürfniß und gegenseitige Befriedigung geknüpft werden konnte, ihre Güter nicht in gleichem Maaße vertheilet, aber Niemanden hat sie doch ganz enterben wollen. Ein Mensch ganz ohne Fähigkeit, ganz ohne Talent in irgend einer Gattung ist doch immer eine eben so seltne Erscheinung als ein Universalgenie.“ – Möchte doch jeder mit diesem Grundsatze ausgehen, der mit Kunstrichterauge auf Betrachtung menschlicher Versuche in irgend einem Fache ausgeht! Selbst da würde er vielleicht noch viel Gutes entdecken, wo er jetzt, durch ein schwarz gefärbtes Glas, nichts als Schlechtes zu sehen glaubt. Wie sehr würde er aber auch zuweilen, zur Unpartheylichkeit gewöhnt, sein Loblied herab stimmen, und nicht mit Adlersfluge sich zu einem Objekte empor schwingen wollen, welches zu erreichen die Flügel eines kleinern Vogels schon stark genug waren! Unbegränzte Tadelsucht ist Beweis, daß man die Schwierigkeiten nicht kennt, welche, zu einer immmerwährenden Erinnerung unser Eingeschränktheit, [20] mit jeder Bemühung mehr oder weniger verwebt wurden; aber Posaunenton, so gut er auch gemeynt ist, kann dem Fortgange jeder guten Sache nicht anders als schädlich seyn. „Unpartheylichkeit sey unser Studium!“ antwortete mir mein Freund. Kommen Sie, wir wollen bey Betrachtung der diesjährigen Gemäldeausstellung unsern Vorsatz gleich anwendbar zu machen suchen! –

Unfehlbar sind Sie neugierig, mein Theuerster, das Resultat einer Unterredung zu wissen, von der dieses der Eingang war. Ich bin Ihnen ohnedieß eine Beschreibung dieser Ausstellung schuldig, und ich ertheile sie Ihnen im Vertrauen auf Ihre Nachsicht mit Vergnügen. Liebe zu den Künsten war von jeher meine Lieblingsneigung, das wissen Sie; aber Sie wissen auch, daß ich sie höhern Pflichten unterordnen lernte. Eine Selbstverleugnung, bey der meine Unpartheylichkeit ganz gewiß gewonnen haben muß! –

Ben der heurigen Ausstellung schienen die gesamten Mitglieder der Akademie mehr auf innern Werth, als auf eine zahlreiche Menge der Gemälde, gemeinschaftliche Rücksicht genommen zu haben, und wenn es auch Leute gab, die sich über die Verbindung einer Ausstellung eigentlicher Kunstwerke mit jenen Produkten der Porcellanmanufaktur wunderten, so überlegten diese doch gewiß nicht, daß man keinen nähern Beweis von dem glücklichen Einflusse der Akademie auf die Manufakturen [21] sehen konnte, als eben diesen Aufsatz, der als ein Churfürstl. Geschenk für den Fürsten Repnin und zugleich als ein Denkmal der Kunst in einem Nebenzimmer aufgestellt war.

Ich behalte mir vor, Ihnen noch in diesem Briefe darüber einige Worte sagen zu dürfen. Wir sind Herrn Schenau, von dessen Zusammensetzung derselbe war, diese Gerechtigkeit schuldig. Zuerst aber zu dem, was unmittelbar aus dem Pinsel der Väter hiesiger Akademie geflossen war!

Von Herrn Casanova also, welcher für dieses Jahr die Unterdirektion führet, ein allegorisches Gemälde auf den Tod von Mengs. Die Büste des großen Mengs steht auf einem Piedestal, worauf sich der Genius des Todes stützt. Mit einer Hand hält er die umgekehrte Fackel, mit der andern deckt er den Aschenkrug auf. Zur rechten Seite sitzt auf einem Sphynx die Malerey, welche mit dem linken Arme das Bild der ephesischen Diana umfaßt, mit der rechten aber den Namen des verewigten Künstlers in ein kleines Gefäß legt, das ein weinender Genius ihr entgegen bringt. Oben brechen zween andere Genien Zweige von einem Palmenbaume, der dem Monumente zum Hintergrunde dient; und ein dritter fliegt mit der Schlange, dem Bilde der Ewigkeit, dahin. Im Vordergrunde sitzt der Tiberfluß, im Begriff sein schilfbekränztes Haar auszureissen, und weiter vor sind Romulus [22] und Remus mit der pflegenden Lupa angebracht. –

Die Wahl dieses Gegenstandes; das in der Geschichte der Malerey nicht nur jetzt, sondern auch für künftige Zeiten immer eine traurige Epoche machen wird, macht Herrn Casanova Ehre.

Als Direktor einer Akademie und als Schüleler des verewigten Mengs suchte er dadurch einen doppelten Beruf zu erfüllen; und wenn er ihn nicht ganz erfüllt hat, so ist die Ursache wohl am meisten in dem Manne selbst zu suchen, zu dessen würdiger Verewigung uns vielleicht die Nachkommenschaft erst einen Maler geben wird. Simplicität ist von jeher eine vorzügliche Schönheit sowohl des Plans, als der Ausführung einer Allegorie gewesen. Große Männer werden durch einen einzigen erhabenen Gedanken würdiger, als durch eine wortreiche Ausdehnung desselben gelobt; und es ließe sich von dieser Seite dem Herrn Casanova wohl der Einwurf machen, daß er seinen Plan mehr simplificiren, und z. E. den Umstand, daß Rom der Ort des Todes war, nicht dreymal, nämlich in der lateinischen Innschrift, dann durch die Vorstellung des traurenden Tiberflusses, und endlich noch durch die Lupa ausdrücken sollen. – Doch facile est remedium vbertatis, sterilia nullo labore vincuntur, fagt Quintilian. Nur weiß ich nicht, ob dann Quintilian unter Vbertas eine gewissermaßen wörtliche Wiederholung verstand? Uebrigens hat [23] dieses Bild in Absicht der Formen verschiedene gute Theile, und es ist einem Antikenkenner leicht, das Studium dieses Meisters auch in diesem Gemälde zu bemerken; in dem Genius des Todes die Form des Kastor und Pollux, und in den Füßen des Flußgottes die des Laokoon zu entdecken. Einige Liebhaber fanden das Gedränge auf diesem Gemälde ein wenig zu groß; glaubten daß der Sphynx nur das Attribut einer zu räthselhaften Allegorie seyn würde; und hätten den Flußgott lieber auf dem Monumente eines Admirals als eines Malers zu sehn gewünscht. Doch das waren nur Liebhaber und vielleicht nicht Kenner.

Eine weit redendere Allegorie, zumal neben diesem Bilde, schien uns das Stillschweigen des Herrn Oeser zu seyn, für dessen philosophischen Geist die Erfindung eines Gemäldes über diesen Gegenstand ganz gewiß eine angemeßne Aufgabe gewesen wäre. Traurend gingen wir bey dem Platze vorbey, der ihm gebühret hätte, und nahmen uns vor, ihn des nächsten in seiner Bildhauerwerkstadt zu besuchen.

Aber sagen Sie mir doch, fragte mich mein Freund, der das große Gemälde von Casanova immer noch nicht vergessen konnte, „wie vereinigen Sie das Kolorit dieses Meisters, der von Kolorit, wie von allen Theilen der Kunst, mit so bezaubernder Beredsamkeit spricht, wie vereigen Sie das in seiner Ausübung mit seiner Theorie? Mich deucht sein Gemälde ist für ein so [24] ernstes Subject immer vielfärbig genug, und die Farben scheinen in den Schattenpartien gar nicht gebrochen, wie zum Beyspiele das Schilf auf dem Kopfe des Flußgottes ganz aus der fast unvermischten Lokalfarbe gemalt zu seyn?“ – „Facile est remedium vbertatis!“ rief ich ihm zu; doch ehe ich noch zu der andern Hälfte meines Quintilianischen Denkspruches kommen konnte, stand ich vor drey Gemälden von Schenau. „Sehen Sie, das meynte ich,“ sprach mein Begleiter. „Glänzendes Kolorit und doch Harmonie!“

Das Hauptgemälde von Schenau, war für dieses Jahr ein Gegenbild zu seinem vor zwey Jahren ausgestellten Daphnis. Der Inhalt eine Idylle von Meißner. – In einem heiligen Eichenhain, in welchem Rosen neben Cypressen – ein Bild des menschlichen Lebens – entsprossen, nähern zwey Neuvermählte sich dem Altare der Freundschaft, der durch Kastor und Pollux, in einem Basrelief, bezeichnet ist. Eben wollen sie, deren auf gegenseitige Hochachtung gegründete Freundschaft nach und nach zur Liebe aufgestiegen war, dieser Göttin, der sie so viel zu danken hatten, das erste Opfer nach ihrer neuen Verbindung bringen. Aber der Lieblingsvogel des Mädchens ist gestorben. Wie leicht konnte das, nach den Begriffen der Schäfer, eine üble Vorbedeutung ihrer Ehe seyn! Weinend bringt sie den kleinen Leichnam ihrem Geliebten dar, welcher dann mit weniger Aberglauben ihre Thränen trocknet. Er [25] selbst lehnt sich an die Bildsäule des Hymen, der, einem Schmetterling mit treuer Fackel die Flügel verbrennend, gebildet ist. In der Ferne steigen auf einem sanften Morgenduft die Huldgöttinnen, welche den Amor im Triumph tragen, herab. Zur Seite sind Felsen und ein murmelnder Wasserfall, und im Vorgrunde quillt ein klares Wasser, in dem die Figuren wiederscheinen. – Der todte Vogel in der Hand des Mädchens gab bey dem ersten Anblicke zu einigem Misverständnisse Anlaß. Man glaubte der Meister habe jener treflichen Episode aus Geßners Tode Abels sich erinnert.

Doch dieser Vermuthung schienen weder die schöne Bekleidung der Hauptfiguren, noch die Grazien im Hintergrunde zu entsprechen. – Die übrigen Misverständnisse, wenn es ja noch welche gab, hätte der Dichter zu vertreten, und das würde er, ein Mann von seinen Fähigkeiten und schriftstellerischen Verdiensten, gewiß. –

Der Ausdruck in den Köpfen dieses Gemäldes ist edel und angemessen; das ganze Bild dichterisch und voll malerischen Geistes angelegt, das Kolorit duftend, die Gewänder gut geworfen, und die Abweichung des Lichtes gegen den Schatten sanft und gleichwohl von großer Wirkung. –

Mit diesem Erfolg von einer fast entgegengesetzten Gattung der Malerey zur andern übergehn, wie Schenau seit einigen Jahren that, möchte schwerlich Vielen in gleichem Grade gelingen, und setzt ganz gewiß nur seine seltnen Fähigkeiten mit [26] großen präparatorischen Kenntnissen verbunden voraus. Auf jene nur, die ohne genugsame Prüfung ihrer Kräfte ihm nachahmen wollten, aber wahrhaftig nicht auf ihn, läßt sich jene bekannte Stelle anwenden: „Tel peintre démeure confondu dans la foule, qui seroit au rang des peintres illustres, s’il ne se fût laissé entrainer par une émulation aveugle, qui lui a fait entreprendre de se rendre habile dans les genres de peinture, pour lesquels il’ n’ étoit point né, & qui lui a fait négliger ceux, auxquels il étoit propre.“ – Jenes Bild hing zwischen dem Brustbilde eines schlauen Mädchens, das einer tückischen Katze schmeichelt, um ihren Vogel desto sicherer zu verbergen; und zwischen dem eines Knaben, der mit großem kindischen Ernste, eine sogenannte Gänseblume blätterweise zerreißt, um dadurch das Schicksal seiner Liebe bey dem kleinen Lottchen zu erforschen. – Das Publikum, immer noch der unschuldigen, mit so viel Reiz ausgeführten Ideen, durch welche Schenau ehedem bey uns mit so einzigem Beyfalle auftrat, eingedenk, blieb vorzüglich bey Betrachtung dieses letztern stehen. –

Auf einer andern Wand war des Meisters eigner Kopf mit einem Feuer in Pastell gemalt, daß ich, wenn ich hätte wählen dürfen, (wie denn auch Liebhaber zuweilen ihre Caprisen haben mögen) nächst jenem Knaben, auch nach diesem Kopfe lieblingsweise gegriffen hätte.

[27] Den Schenauischen Gemälden zur Rechten und linken waren vier Porträte von der Hand des Herrn Graff aufgestellt. Sie kennen die Wahrheit seines Pinsels, das Edle und Richtige seines Ausdrucks, und seine kräftige Farbengebung. Die ausgestellten Bildnisse waren die, der jungen Gräfin Markolini, des Kammerherrn Grafen von Bose, des Kammerrath Frege, und sein eignes. Unter den Arbeiten eines Mannes, dessen Verdienst die Wahl schwer macht, stimmte ich doch ohne Bedenken mit der allgemeinen Meynung des Publikums für das letztere.

Herr Professor Canale hatte einen Kopf in Pastell zur Ausstellung gegeben, von dem ich mich aber durch die Menge, welche um das Casanovische Gemälde versammelt stund, wegdrängen ließ.

Von dem braven Professor Camerata eine für sein hohes Alter mit unbegreiflichem Fleiß verfertigte Miniatur nach dem bekannten Joseph und Potiphara von Carlo Cignani.

Sie werden mir verzeihen, mein theuerster Freund, wenn ich bey meiner Beschreibung eben an keine Rangordnung mich binde; wenn ich Professoren, Mitglieder, Maler, Kupferstecher und Zeichner zuweilen neben einander setzen werde; ein Fehler, den Sie allenfalls aus dem Staatskalender berichtigen können, und zu welchem diese Herren mich größtentheils selbst veranlaßten. Denn hier hatten Kupferstecher Malereyen und Zeichnungen, und Maler, - vermuthlich Kupferstiche? [28] aufgestellt: doch nein, in diesem Hauptzimmer war außer einem Versuche des alten ehrwürdigen Boetius, der Kopf des Herrn Casanova, von einem Kupferstiche nicht das Geringste zu sehen. Daß Herr Zingg seines Orts darzu triftige Ursachen haben mußte, das können Sie von seinem patriotischen Eifer für die Kunst nicht anders erwarten; wir aber sind dieser Zurückhaltung wegen doch darum nicht weniger zu beklagen. Dieses Jahr reizte er unsern Geschmack und jenen Wunsch aufs neue durch vier trefliche Zeichnungen, von denen zwo nach der Natur, die andern Erfindungen waren. Die bunte lavirte Zeichnung von der Ansicht des Bergschlosses Stolpen, welches wie Sie wissen, auf gewachsenen Säulen von Basalt gegründet ist; und eine andere, eine schwarz getuschte Gegend von Königstein schienen mir von vorzüglichem Effekt zu seyn. Doch was sage ich vorzüglichem? Eine jede hatte ihre eigenthümliche Schönheiten und erregte um so lebhafter den Wunsch, sie doch ehestens und zwar von Herrn Zinggs eigner Hand gestochen zu sehen.

„Durch Irrthum lernt man die Wahrheit finden,“ riefen wir Beyde zu gleicher Zeit aus, da wir zu Herrn Klengels Gemälden und Zeichnungen kamen. „Warum ist dieser Mann, der in Dietrichs Schule so viel Praktik lernte, und dem die Natur für das Fach der Landschaft gewiß vorzügliche Talente verliehen, von seiner ehemaligen Manier abgegangen? Schien ihm diese Manier zu sehr die Weise seines Meisters zu [29] seyn?“ – Dann führt freylich der Weg, den er geht, Studium der Natur, zu Erlangung einer eigenthümlichen Manier, (welche aber eigentlich die allgemeine seyn sollte) am sichersten. Doch wünschte ich diesem Manne, der auch außer vielen Fähigkeiten für die Kunst auch noch einen sehr guten Charakter besitzen soll, daß er nun bald in seinem Fache zu dem Schooße der rechtgläubigen Gemeinde zurückkehren, Studium der Natur mit Kenntniß des Edeln, mit Aufopferung einzeler zerstreuender Theile für die Hauptwirkung, mit Befolgung jener, seit ewigen Zeiten festgesetzten Regeln der Schönheit und Vollkommenheit vereinigen, und so der Mann werden möge, den er uns bey seiner ersten Erscheinung versprach. Weit mehr als seine ausgestellten Gemälde bestätigte diese Hofnung eine mit ausgesparten Lichtern getuschte Zeichnung, die einen finstern, heiligen Schauer erweckenden Wald, und in dessen Mitte einen ehrwürdigen Tempel darstellte.

Seydelmann, auch ein Schüler von Mengs – der aber, wie Ihnen bekannt ist, die für einen jungen Mann seltene Resignation besitzt, sich vorzüglich auf Ein Fach, auf das Fach der Zeichnung in seiner eignen treflichen Manier einschränken zu wollen – ein gewisser Weg in einer Sphäre einzig und groß zu werden! – hatte uns vier herrliche Zeichnungen geliefert, und ich sollte kaum glauben, daß es möglich wäre, mit mehrerm Geiste in den Geist des Malers, den er kopirt, einzudringen. Die Zeichnung nach der berühmten [30] Madonna von Raphael, bis Winkelmann unter Oesers freundschaftlicher Leitung, einst auf unsrer Gallerie so begeisterte, ist, wie man erzählte, für den Stich bestimmt. Die übrigen Zeichnungen von diesem Meister bestanden in der untern Gruppe von Kindern aus meinem Lieblingscorreggio, dem Heil. Georg, einem Ecce Homo nach Guido, das man ohne Erhebung zu gottesfürchtiger Andacht nicht ansehn konnte, und dann aus einer Erfindung, welche Herrn Seydelmanns Studium der Antiken entdeckt, eine schlafende Nymphe vom Pan überrascht.

Neben diesem Mann ist es billig, daß ich seinem Freunde, Herrn Mechau, einen Platz gebe, ungeachtet ihm derselbe in diesem Zimmer, welches nur für die Dresdner Professoren und Mitglieder bestimmt ist, nicht gegeben werden konnte. Dieser junge Mann, eigentlich Rodens Schüler, hat sich zu Rom, wo er gegen vier Jahre sich aufhielt, vorzüglich zu der heroischen Landschaft gebildet. Sein eingesandtes Oelgemälde stellet die Gegend um einem Tempel des Friedens vor. Merkur und Argus haben sich hier niedergelassen. Eine niedrig stehende Sonne vergoldet die Gegenstände nebst der Landschaft umher, und über einem See steigen Zephyrs empor, welche sich darinnen spiegeln. Die Ferne ist umwölktes Gebirge. – Die Anordnung des Gemäldes ist glücklich, und selbst die Fehler darinn sind nicht eines gemeinen Malers Fehler. Mehrere Zwischentöne, [31] die hier und da zu ermangeln schienen, wird er mit wenig Mühe künftig seinen Gemälden leicht geben können; aber mit allen möglichen Zwischentönen allein würde er nie ein gutes Bild liefern können, wenn ihm die Natur das versagt hätte, was sie ihm doch gewiß gab, Geist und Gefühl. – Die verschiedenen Urtheile, die ich über dieses Bild hörte, umschwebten selbiges nach meinen Gedanken, wie die bösen Schatten das Grab eines gutartigen Jünglings, den sie nicht verführen konnten, vielleicht umschweben mögen. Auch hier hätte ich manchen großen und kleinen Sünder lieber Verzeihung für seine eigne Missethaten suchen sehen.

In dem Leipziger Zimmer allein entdeckten wir noch Spuren, daß die Kupferstecherkunst ein wichtiger Zweig der Akademie sey. Die Herrn Bause und Geyser, ersterer durch das zum frommen Ideal erhobene Bildniß Jerusalems nach Oeser, letzterer durch vielfache Arbeiten nach Oeser, Schenau und Chodowiecki, hatten für die Ehre unser Ausstellung in diesem Fache gesorgt; zugleich aber waren auch verschiedene Blätter von Thönert, von Endner und dem fleißigen Liebe vorhanden.

Vorzüglich aber wurden wir durch zwo mit kühnem Pinsel und im guten Ton gemalte Landschaften von dem ältern Sohne Oesers überrascht. Dieser junge Mann, der sich jetzt hier in Dresden aufhält und die Grundsätze seines Vaters mit dem Studium unserer hiesigen schönen Natur [32] und unserer Kunstwerke zu vereinigen sucht, hatte durch diese Gemälde im Ruisdaelischen Geschmack gezeigt, daß der Name, den er führt, ihm jetzo Aufmunterung, und künftig verdiente Belohnung seyn werde. –

Von den beiden dortigen Unterlehrern hatte Herr Stein den Kopf Mosis in Lebensgröße, mit den Gesetztafeln in der Hand, eine sehr gute Originalzeichnung in schwarzer Kreide, Herr Wiese aber einen wohlgelungenen Versuch in Miniatur nach Oesers ehemals ausgestellter Zeichnung eines Christuskopfes nach Guido, und Herr Gottlob das recht brav gemalte Porträt des Halberstadter Domdechant, Freyh. von Spiegel, eingesendet.

Unter den Zeichnungen aber lud Herrn Reinharts buntlavierte sehr edel gezeichnete Kopie, nach einem Originale des Giuglio Romano, aus dem Winklerischen Kabinette, uns zu näherer Betrachtung ein. Dieser junge Mann wird den Vortheil, den ihm Oeser gewährt, ihm nicht nur Lehrer, sondern auch Vater, zu seyn, nicht ungenützt lassen. Möchte er uns einst das in seiner Gattung werden, was Bach, dieser jedem, der ihn kannte, unvergeßliche Bach, in der seinigen war! Das Lob, welches ich Herrn Reinharts Zeichnung gebe, ist um so unverdächtiger, jemehr selbige die Probe der Nachbarschaft aushielt, in der sie sich mit einer meisterhaft getuschten landschaft, Roußeaus Aufenthalt, von der [33] Hand einer Tochter Oesers, nach Dunker, befand.

In freundschaftlicher Nachbarschaft war hier auch der sechste Pastellversuch einer künftigen Künstlerin aufgestellt: das Bildniß der Demoiselle Stock, von ihrer ältern Schwester gemalt. Wenn dieser Versuch Anfrage an das Publikum seyn sollte: so darf sie wohl keine andere, als eine aufmunternde Antwort erwarten.

Herrn Schlegels nach einer bekannten Gemme profilirte Köpfe des Herkules und der Omphale, waren so getreu als fleißig ausgeführt, und erinnerten uns an jene Arbeiten, die Oeser, seit mehrern Jahren, aus Patriotismus, für Kunst und für Vaterland, in unserm sächsischen Marmor unternimmt. Um so weniger schien es uns erklärbar, warum Herr Schlegel, zu seinem größern minder guten Basrelief, kein besser Stück Marmor, das er doch so leicht hätte haben können, gewählt hatte[1].

[34] Das Meißner Zimmer zeigte für die dortige Porcellanmanufaktur zweckmäßige Bemühungen. [35] – In dem anstoßenden aber, welches denen Produkten der Unterlehrer, Pensionärs und Dilettanten eingeräumt ist, zog vor allen eine große Landschaft des jüngern Klaß unsere Aufmerksamkeit auf sich, ein Thal aus der Blankensteiner Gegend mit Tannen und Buchen besetzt. Ein Bach durchfließt dieses Thal, und macht, indem er über ein Wehr stürzt, einen schäumenden Wasserfall. Die Luft hat Herr Klaß im Geschmack des Salvator Rosa gehalten. Die wenigen Figuren, welche diese Landschaft beleben, sind gut gezeichnet und die, durch gut gewählte Schatten und Licht bewirkte glückliche Auseinandersetzung der Bäume, in diesem dichten Gehölze ist ein redender Beweis, welche vorzügliche Talente dieser junge Mann zum Landschafter hat. Noch war von ihm in einem andern Zimmer, ein gut gemalter Mondschein, und eine dritte Landschaft zu sehen. – Diese führen mich zu dem Gemälde seines ältern Bruders, des bekannten Zeichners. – In diesem Jahre hatte er uns ein Kniestück, die Malerey unter dem Schutze der Weisheit gegeben. Zweydeutig war es, ob die Weisheit segnete oder warnte. – Die Auflösung dieses Räthsels hatte mich in der That zu einem so tiefen Nachdenken gebracht, daß ich fast vor einem nicht übel gemalten Bilde des ältern Friedrichs; vor vier gewiß nicht ohne Verdienst komponirten Erfindungen von Mietsch, einer Geburt, einer Verbannung aus dem Paradieß, einer Verkündigung und einer [36] Opferung Isaaks vorbey geeilt wäre. Die Freuden des kommenden Frühlings und die Hofnungen des Herbstes erweckten mich endlich vor zwey, mit unglaublichem Fleiß und täuschender Nachahmung ausgeführten Gemälden der Mademoiselle Friedrich. „Welche Vortheile hat diese Gattung von Malerey, ob sie schon, im Grunde, eine der niedrigern ist, vor vielen andern!“ sagte mein Begleiter. „Sie läßt Jedermann an ihren Freuden Antheil nehmen, Kenner und Nichtkenner, Vornehme und Geringe. Wer ißt nicht gern mit dem Maler seine Früchte? Wer bewundert nicht gern seine schönen Bluhmen?“

In dem Zimmer der Zöglinge hiesiger Akademie, das wenigstens eine reiche Aussaat zeigte. – ob Aernte? lehre die Zukunft! – hatten vorzüglich Schaufuß, Schubert und Hübner sich hervorgethan. Ersterer eine mit Empfindung und Feuer verfertigte große Zeichnung der Danae nach Van Dyk; eine Kopie in Oel nach Solimena, und ein Porträt nach Mengs in Pastell; der zweete durch eine schöne Kopie nach Wouwermann, verschiedene Erfindungen, deren eine in Oel ausgeführt war, und durch zwo in Wasserfarbe gemalte Landschaften nach der Natur; der dritte aber durch die meisterhafte Kopie eines Konversationsgemäldes nach Vercoli, und eine treflich gezeichnete Hagar nach Van der Werf. Der Mittlere aus diesen drey jungen Männern ist ein Schüler des [37] jungern Klaß. Die beyden andern Zöglinge von Schenau. – Herr Schubert erlaube mir ein Wort über seinen erfundnen nächtlichen Ueberfall mit ihm zu sprechen! — Aufrichtig wünsche ich ihm zu dem Talent, das er für das Fach der Schlachten empfangen zu haben scheint, Glück; er hat Feuer, Gefühle, Ideen, und zeichnet ganz artig Pferde. Wird er diese Gaben, mit Studium zu verbinden fortfahren, sich vor Selbstliebe, die so oft das Gift der Fähigkeiten zu seyn pflegt, hüten; auf die Natur ferner sorgfältig Acht geben, militarisches Kostume und Anatomie der Thiere studiren, und seine Kenntnisse durch Lektüre zu bereichern suchen; so kann er einst in seinem Fache Original werden. Alleine nec invenisse eum, qui non judicauit, glaube ich mit Quintilian, und rufe es warnend dem jungen Künstler, bey seiner ausgestellten größern Erfindung zu. – Ein Kommando Reuterey wagt unter dem Schutze der Nacht einen Ausfall auf die Belagerer, stößt aber im Finstern auf eine verdeckte Batterie, welche die Feinde listig still schweigen und nicht eher als in dem Augenblicke feuern lassen, da die Ueberfallenden ganz heran sind. In der Entfernung brennt die belagerte Stadt. – Der Gedanke ist auffallend, neu, aber eben vielleicht seiner großen Kühnheit wegen schwerlich noch je gewagt. Diese schreckliche Verwirrung, das unvermuthete Abfeuern des Geschützes, das in dieser Nähe die herankommenden Reuter vielleicht ganz zerschmettern würde, alles, das Werk fast weniger [38] als eines Augenblicks, soll der ruhigen Betrachtung von Stunden ausgesetzt seyn! Eine Art von wohlverstandner Ruhe muß selbst in dieser Art von Gemälden herrschen. – Uebrigens ist viel Karakter, viel Einbildungskraft, viel Effekt in diesem Versuche. –

Unter den Schülern des Herrn Zingg verdienen Günther, Laurin und Troll vorzügliches Lob. Die Zeichnung zumal, welche der Erstere nach der Natur verfertiget hatte, zeigen von seiner wahren Empfindung des Schönen, und fodern für Herrn Zingg, der diese jungen Männer uns zu Kupferstechern ziehet, unsern doppelten Dank.

Von dem jungen Krüger waren verschiedene recht gut gestochene Blätter nach Schenau und Andern; zugleich aber auch einige schöne Zeichnungen von seiner Hand nach der Natur und nach Gemälden ausgestellt.

Wenn ich mein Kapitel von den Zöglingen hiesiger Akademie beschließe, so lassen Sie es wenigstens mit dem Namen des ungezweifelt vorzüglichsten Genies unter ihnen, des jungen Vogels, endigen. – Seit einem Jahre ist er auf dem Schlosse des, durch Kunstkenntnisse und Großmuth gleich ausgezeichneten Grafen Friedrich Magnus zu Solms Wildenfels. Er ist dort mit unabläßlichen Studium der schönen Natur und Kunst, zugleich aber mit Arbeiten für den Herrn Grafen beschäftiget, die ich selbst jüngst zu sehen den Vortheil hatte, und in denen ich merkliche Fortschritte [39] jenes jungen Genies zu bemerken glaubte. Diese Abwesenheit hatte ihn verhindert ein eignes Stück für die Ausstellung zu verfertigen. Ein hiesiger Eigenthümer eines seiner Gemälde aber hatte für den Tag, da Sr. Churfürstl. Durchl. die Akademie besuchten, sowohl jenes Gemälde als eine Zeichnung von ihm, zur Ausstellung gegeben. Ich eile zu dem Besitzer, um es Ihnen, wo möglich, wenigstens in einem meiner nächsten Briefe zu beschreiben.

Ist Ihre Geduld ermüdet, mein Theuerster? Ich glaube es gern, wenigstens durch meine Beschreibung. Aber auch Sie, mein Freund, sind, wie ich von Ihrer Bescheidenheit hoffe, sich einiger Sünden bewußt, und für diese will ich Sie heute, kraft meines Amts, ganz büßen lassen. – Zur Architektur also! Herr Hofbaumeister Hölzer hat als Mitglied der Akademie einen Plan und geometrischen Aufzug eines Landhauses, mit einem Saal im Mittel, welcher rings um von Zimmern umgeben wird, ausgestellt. – Der Plan zu diesem ansehnlichen Gebäude ist in der That neu. – Die Vorderseite nach dessen Eingange besteht aus einer langen offenen Gallerie, mit gekuppelten Säulen, und auf deren beiden Seiten ist ein Pavillon angebracht. Durch diese Säulen erblicken Sie fünf Arkaden, von welchen die mittlere in ein für dieses große Gebäude sehr kleines Vorzimmer führt. Herr Hölzer war aber selbiges so klein zu machen darum genöthiget, weil er auf dieser Seite einen – uns Deutschen so [40] werthen – Thurm anbringen wollte, welcher auf denen, das Vestibule einschließenden Mauern ruhen mußte. Dem Vestibule zu beiden Seiten erhalten zwey schöne Zimmer durch zwo Arkaden ihr Licht. Gerade vor ist die Eingangsthüre zu dem mittlern großen Saal. Dieser verhält sich ungefähr wie Eins zu Zwey, und geht durch zwey Stock durch. Wir wollen gerade vor uns fortgehen, und kommen also der ersten Eingangsthüre gegen über in eine Gallerie mit fünf Arkadenfenstern, welche so lang als der ganze große Saal ist, die beiden Pavillons abgerechnet, zwischen welche wie der eine offne Gallerie von gekuppelten Säulen, wie bey dem Eintritte, sich befindet. Aus dieser Gallerie wollen wir uns wieder unter freyen Himmel begeben, gehen längst der offnen Gallerie fort, bey denen Eckpavillons vorbey, und treffen neben selbigen ein mit Gewalt einwärts gehendes Stück Zirkel an, das sich an einen, im Mittel der schmalen Seite jenes großen Saals aufgeführten Pavillon anschließt. Dieses Nämliche findet sich auf der entgegengesetzten Seite, so daß diese Seitenfaçade nicht breiter als der Pavillon seyn kann, man müßte denn jene Segmenta circuli darzu rechnen, welches aber wohl nur eine Operation des Verstandes und nicht des Auges seyn dürfte. – Aus diesem Plan entsteht natürlicher Weise eine große Unregelmäßigkeit bey denjenigen Zimmern, die an der Seite dieser Flügel, oder wie man diese Rundungen sonst nennen will, liegen. Alle Art von Enfilade, die doch jedes Apartement ansehnlich [41] und angenehm machen muß, ist hierdurch auf einmal abgeschnitten, und diese Zimmer drehen sich also rücklings um den Saal herum. Ihre eignen Bestimmungen sind so wenig angegeben, als die Bestimmung des ganzen Gebäudes, aus der Anlage, sich zu erklären scheint. Die Façade ist ohngefähr im Geschmack des Giuvarra. Die Gallerie auf beiden Hauptseiten von Ionischer Ordnung mit dem Eckpavillon machte in der That eine nicht unangenehme Wirkung; man müßte denn wider die gekuppelten Säulen Einwendung machen wollen. Diese Gallerie ist mit einer mit Statuen besetzten Balüstrade bekrönt, welche an beiden Seiten an der über die Eckpavillons gestellten hohen Zocke anläuft. Zu allem Ueberfluß hat Herr Hölzer vor diesen Zocken noch ein Gesimms in Gestalt eines Frontons angebracht, das freylich weder Herkommen noch Nutzen zu haben scheint. Ueber diesen Zocken steigt das Dach stufenweise über den Pavillon hinaus, auf den Stufen aber steht ein Altar worauf wieder ein mit Leyer Bogen und Köcher angeputzter Palmbaum sich erhebt. Es sind deren, nach der Anzahl der Pavillons, in allen viere; über denen an beiden Enden des ganzen Gebäudes befindlichen Pavillons aber stehen zwischen jenen eng zusammenlaufenden Zirkeln majestätisch zween Obelisken. Die einwärts gehenden runden Mauern darneben, sind glatt und ohne weitere Zierarten als die Fenster. Im Mittel befindet sich obbemeldeter großer Saal rings um mit römischen Pilastern verziert, zwischen welchen [42] zu Erleuchtung des Saals Bogenfenster angebracht sind; er selbst aber wird wieder von einer andern Balüstrade bekrönt. Die Kämpfer und Archivolten an denen Arkaden so wohl im untern als obern Geschoß scheinen zu der römischen und ionischen Ordnung so wenig als der Schlußstein über jedem Mittel passend zu seyn. Vorn über. dem Eingange stehet gedachtermaßen ein recht netter Thurm, der keine Ordnung in den über dem Saal sich erhebenden Geschossen, sondern an deren Stelle bloße Verkröpfungen hat, und sich endlich mittelst einer sehr wohl proportionirten Birne im Aether verliert. –

Würde von dem Architekt ausdrücklich schöne Zeichnung verlangt, so möchte vielleicht auch von dieser Seite gegen dieses Produkt einiger Zweifel entstehen. Daß Herr Hölzer Recensionen lese und löblicher Weise zu nutzen suche, habe ich zwar auch in dieser Zeichnung bemerkt. Daß er aber in der Erklärung einer in der Beschreibung der architektonischen Ausstellung vom Jahre 1772 gemachten Bemerkung[2], vermöge welcher bey architektonischen Rissen auch zu Figuren und Bäumen saubere Federumrisse erfodert werden, so weit gegangen, daß er denen Contours der Säulen auf der Schattenseite sogar mit der vollen Reißfeder breite Ansichten gegeben, schien uns eine aus Eifer übelverstandene Auslegung zu seyn.

[43] Vom Lehrer der Architektur, Herrn Habersang in Leipzig, sollen, wie man mich versichert, dem Churfürsten, am Tage, da er die Akademie besuchte, fleißige Risse eines projektirten Gebäudes zu meteorologischen Observationen vorgelegt worden seyn: welche ich aber, da sie weder vor die Augen des Publikums noch vor die meinigen gekommen, nicht beurtheilen kann.

Voll Erwartung eilten wir zu dem Baumeister der Löhrischen Villa in Leipzig. – Er, von dem wir sonst so vorzügliche Stücken zu sehen gewohnt sind, war dieses Jahr vermuthlich durch wichtige Baue verhindert worden, uns eine Zeichnung von größerm Inhalt, als den Entwurf einer kleinen Stadtkirche einzuschicken. Gewiß war ihm auch hierbey der Plan und der Aufwand, den man darzu bestimmt hatte, vorgeschrieben, und dann ist freylich die Architektur in einer eingeschränktern Lage, als die andern schönen Künste, wenn sie bald auf den Geschmack, bald auf den geheimen Plan des Erbauers Rücksicht nehmen muß. Theils hielt uns die Zurückerinnerung von Herrn Dauthens vorigen Ausstellungen, theils aber die Hofnung künftiger größern Werke von ihm schadlos.

Aus gleichen Ursachen mußte Herr Schuricht, der mit Herr Dauthen gewiß in Rücksicht seiner Fähigkeiten und Kenntnisse verbrüdert ist, sich für dieses Jahr ebenfalls in Absicht auf Ausstellung einer nur kleinern Zeichnung mit ihm verbrüdern.

[44] Der Pavillon, den er mit dem ihn umgebenden Hain, für eine englische Gartenpartie anwendbar, diesmal ausstellte, verrieth, wie alles, was aus seiner Hand kommt, Talent und war besonders sehr malerisch gezeichnet.

Unter den Zöglingen der Akademie fanden wir in Herr Siegels Idee eines Gartenhauses viel Gutes. Sie schien uns noch vor seinem kostbaren Landhause den Vorzug zu behaupten. In diesem schlägt die große Kolonade, wodurch selbiges auf der Vorderseite eingeschlossen wird, ein wenig zu sehr nieder, und es herrscht sowohl in dem ganz viereckigten Plan, als vornemlich in den immer gleich fortlaufenden Dächern eine Monotonie, die bey seinem Gartenhause nicht anzutreffen war.

Herr Verlohren, ein sonst sehr schätzbarer junger Mann, schien diesmal seinen Geschmack ein wenig zu sehr nach dem Plane des Dresdner Landhauses geformt zu haben: und von Herrn Böhmens ovalen protestantischen Kirche, deren Entwurf wirklich viele Verdienste zu haben schien, hätten wir nur gewünscht, daß sie niedriger gehangen hätte, um sie genauer beurtheilen zu Können.

Auch der junge Schwarze, ein Jüngling von vierzehn Jahren, verdient seines ausgestellten Triumphbogens halber, Aufmunterung.

Vor andern aber hatte Herr Stiglitz auch in diesem Jahre seine immer mehr wachsenden Kenntnisse in der perspektivischen Zeichnung eines zuweilen horizontal, zuweilen perpendikular durchschnittenen [45] Aufzuges von einem Gasthofe vor Augen gelegt. Sein Plan darzu ist mit so vieler Ueberlegung und Rücksicht auf alle Bedürfnisse eines dergleichen Gebäudes entworfen, als seine Zeichnung sich durch Fleiß und Reinlichkeit unterscheidet.

Endlich vergönnen Sie mir noch, mein Theuerster, der Ausstellung eines Mannes zu erwähnen, den Sie vor zehen Jahren in Rom kannten, und von dem Sie mehrmals gegen mich klagten, daß er durch die Verwaltung des ihm übertragenen Kassenamts für die Baukunst, in welcher er doch so entscheidende gelehrte und praktische Verdienste besitzt, fast ganz verloren scheint. Eben dieser Wink vielleicht war es, der Herrn Oberbauamtszahlmeister Weinlich seit ungefähr zwey Jahren vermochte uns zu zeigen, das unter Zahlen und Rechnungen seine Liebe für sein Studium doch nicht erkaltet sey. Von seinem Entwurfe den er: Maison de plaisance arrangée de manière, qu’elle puisse servir de Museum pour un grand Seigneur, betittelt, (warum konnte ein deutscher Künstler dies nicht deutsch sagen?) hatte er einen Plan, eine lange Außenseite nach dem Garten, und eine Seitenfaçade ausgestellt. – Der Plan macht ungefähr die Figur eines römischen großen H. Die beiden perpendikularen Striche desselben sind Flügel, welche den Wohnzimmern auf beiden Seiten gewidmet sind, die Horizontallinie aber enthält ein ansehnliches Corps de logis zu Parade- und Societätszimmern [46] bestimmt, und im Mittel steht eine kleine Rotonda. – An beiden Enden dieses mittlern Apartements befinden sich zwey Kabinetter, deren Plan ein halber Zirkel ist, dessen Diameter sich nach der Außenseite kehrt. Diese solchergestalt gerade Seite ist völlig offen bis auf zwo Säulen, die zur Befestigung der Glasthüre und zu Unterstützung des quer laufenden Hauptgesimmses aufgestellt werden mußten. Diese letzten Kabinetter sind sowohl dem Societätszimmer, als den auf beyden Flügeln angebrachten Wohnzimmern einverleibt. Jedes dieser drey Apartements besteht, jene zwo Kabinetter mit eingerechnet, aus fünf Pieçen. Die Rotonda im Mittel ist hier zu einem Odeum oder Musiksaal bestimmt; beide zur Seite gelegenen Säle zu Bibliotheken der alten und neuen Litteratur, und die an jedem Saal anstoßenden Kabinetter zu Behältnissen griechischer und römischer Alterthümer.

Jeder Seitenflügel besteht aus einem Schlafzimmer, einem ansehnlichen Kabinette vor demselben, dem Mittelkabinet en hemicicle und aus noch zwey Zimmern, welche hier als Bildersäle für die verschiedenen Schulen ihre Bestimmung erhalten. Außer diesen Zimmern, die eine trefliche Enfilade machen, finden Sie beym Eintritte ein ansehnliches Vestibule, welches gerade nach der Rotonda, zu beyden Seiten aber in zwey große Vorzimmer führt, welche letztere durch Garderobben mit den Schlafzimmern zusammenhängen. Die Souterrains sind für die Officen bestimmt. [47] – Dies schien uns ein einfacher und bequemer Plan zu seyn. – Das Gebäude selbst ruhet auf einem rings umhergehenden Soubassement, worauf im Mittel der langen Seite mehr gedachte Rotonda mit einem Portico von vier Dorischen Säulen, dieser zur Seite aber zween Flügel aufgeführt sind, deren jeder mit einem Pavillon sich endiget. Auf der schmalen Seite hingegen erhebt sich im Mittel über den Hauptsimms hinaus eine große Arkade, an welche sich der, in Form einer Nische in die Höhe hinauslaufende Plafond der runden Kabinetter inwendig endiget; zu beyden Seiten aber befinden sich zween, an ersterwähnten Eckpavillons anstoßende Flügel. Im Mittel dieser Seitenfaçade sind über jenen halbrunden Kabinettern Terrassen mit Balüstraden angebracht, und auf dem Schlußsteine des darunter befindlichen offenen Bogens sitzt ein Adler mit ausgebreiteten Flügeln. Dieser und die großen Festonen, welche vom Schlußsteine bis an das mittlere in die Höhe steigende Corps de logis bogenweise fortgehen, sind die einzigen zufälligen Auszierungen derer Façaden, die übrigen sind der Dorischen Ordnung nothwendig, deren Simms auch das ganze Gebäude bekrönt.

Wenn uns etwas an dieser Façade tadelhaft schien; so waren es die über den Fenstern durchgehends angebrachten Frontons, welche, über den Fenstern der Eckpavillons zwischen den Säulen, als Regendächer theils entbehrlich, theils auch für das Auge nicht die glückliche Wirkung als außer [48] denselben thun. Da dieses Gebäude so ganz ohne alle entlehnte Verzierungen, und blos durch die eigenthümlichen Schönheiten und Proportionen der Architektur geschmückt ist, so schienen mir die Festonen, welche bogenweise neben dem im Mittel der Seitenfaçade sitzenden Adler aufgehangen sind, ein mit dem übrigen nicht ganz zusammenstimmender Zierrath, wenigstens möchte es mit der Würde eines Vogels des Jupiter, der der Träger des Donnerkeils ist, nicht ganz zu vereinbaren seyn, wenn er den Blitz nur darum zu führen schiene, um einige übrigens sehr schön gearbeitete Gehänge von Früchten und Bluhmen zu schützen. Das Kapitel der Verzierungen, wohin ich auch die Arabesken rechne, ist überhaupt eine sehr delikate Materie. – Mein Freund schwieg, und da wir nach Hause kamen, legte er mir, statt aller Widerlegung, das Kupfer von der Trajanischen Säule vor, wo an jeder der vier Eden ein Adler sitzt, und die umhergehende Fruchtfestone mit feyerlichem Anstande trägt. „Was die Arabesken anlangt,“ sagte er, „dächte ich, könnten die Logen Raphaels ihre Zweifel heben.“

Im Anfange meines Briefes habe ich Ihnen eine kurze Beschreibung des zugleich aufgestellten Porzellanaufsatzes versprochen. Hier ist sie! – In der Mitte eine Hauptgruppe und drey Nebengruppen auf jeder Seite. –

Die Hauptgruppe. – Auf einem hohen Felsen thront Minerva, die Göttin der Weisheit. Holdes Wohlgefallen in ihrem Blicke, deckt sie [49] das Bild der russischen Beherrscherin mit ihrem mächtigen Schilde; in der andern Hand hält sie eine geographische Karte, worauf die vor einigen Jahren in Streit verwickelten Länder vorzüglich bezeichnet sind. Mars hält das Schwert zu ihrem Schutze bereit und den Kranz der Sieger in den Händen. Am Fuße des Felsen hat Apollo jene Gottheiten versammelt, deren Eintracht dem Wohl der Staaten so nothwendig ist. Hier hat sich Ceres zur Rechten, zur Linken Cybele gelagert, vor ihnen sitzt der gefällige aber eigensinnige Merkur horchend auf die Befehle der Göttinnen. Apollo entzückt singt unter Attributen verschwisterter Künste ihr Lob. Aus dem rauhen Felsen umher sprossen Bluhmen und Kräuter.

In der zwoten Gruppe rechts steht unter einem Palmbaume, auf welchem vier Sternenkränze befestigt sind, die Geschichte, und gräbt in eine eherne Tafel die merkwürdige Epoche des neuen Friedens. Ruhig sitzt hinter ihr, mit heiterer, innern Edelmuths bewußter Miene, der Genius Sachsens, den Oelzweig in der Hand. Vier erwachsnere Genien aber mit Flammen auf den Häuptern sind um einen Globus terrestris versammelt. Zween von ihnen scheinen in einer sehr warmen Unterredung, die beiden andern mehr Beobachter und Mittelspersonen zu seyn. Zirkel Winkelmaas und dergleichen um sie her, sind Attribute ihrer Liebe zur Gerechtigkeit.

In der zwoten Gruppe links sitzt Themis auf einem erhabnen Postamente. In einer Hand [50] hält sie das Schwert, in der andern die Waage, in deren Schaalen der Oelzweig über die Siegesgöttin das Uebergewicht behält. Der Ruhm guter Fürsten, in der Liebe zur öffentlichen Ruhe gegründet, hebt ein unschuldiges Kind, das einen Kranz von Granatenbluhmen darreicht, empor, und neben der Figur des Ruhms steht ein Bienenkorb, das Bild innerlicher Eintracht und Glückseligkeit, auf Ordnung und Industrie gebauet. Im Vorgrunde ruhet wachsam auf sein Schild gelehnt, ein edelgezeichneter Krieger, ein Anderer den russischen Adler nach Art der römischen Paniere haltend, glaubt schon den Befehl zum Aufbruch zu vernehmen.

Die dritte Gruppe auf der rechten Seite stellt das Glück und die Beschäftigungen des Landmanns im Frieden vor. Hier erblicken Sie an einem schwer mit Früchten beladenen Baume ein herrlich Gemälde, Triptolem und Ceres, wie sie ihr Volk in dem Ackerbaue unterrichten. Die Umherstehenden glauben in ihnen die Züge Catharinens und des Großfürsten zu entdecken. Dieser Anblick begeistert sie zum Fleiß. Hier wird Holz zum Schiffsbaue und andern Bedürfnissen gehauen; ein ermüdeter Landmann sammelt neue Kräfte zum mühsamen Baue seines väterlichen Feldes; und ein Jüngling bricht die Früchte eines von ihm selbst gepflegten Baumes. Um sie her liegen zerstreut Attribute des Ackerbaues und der Gartenkunst.

[51] Die dritte Gruppe linker Hand zeigt Ihnen einen Term, der unter einer Epheukrone, gleich dem, mit zwey Gesichtern gebildeten Janus, nach jedem der vier Welttheile blickt. Dieser Term trägt zugleich das Bildniß jenes unsterblichen Geistes, dem die Umschaffung Rußlands vorbehalten war, und der nun, da er ihm lange entrissen ist, verbunden mit der zwoten Schöpferin Catharina durch Jahrhunderte noch auf seine Nation fortwirken wird.

Um den Term selbst sind allegorische Figuren, welche die blühende Handlung zu Wasser und zu Lande bezeichnen.

Die beiden vierten Gruppen auf beiden Seiten haben nähere Beziehung auf den Fürsten Repnin selbst. In der einen ist die Erkenntlichkeit und neben ihr der Genius der wahren Ehre gebildet. Sie umkränzt den Namen des Fürsten, der in eine Säule gegraben ist, mit Bluhmen. An dem Fuße der Säule lehnen zu beiden Seiten zwey Gemälde: Sachsen, auf das Steuerruder innern Wohlstands gestützt, nimmt den Frieden in seinen Schoos auf: und in dem andern Bilde: Repnin in der Mitte eines blutigen Schlachtfeldes. Der Sieg selbst scheint, des Blutvergiessens müde, ihn in seinem muthigen Lauf zurück halten zu wollen.

Die Gegengruppe aber enthält die Fama aus Wolken hervortretend. Um eine Säule windet sich, nach Art der Trajanischen, die Vorstellung des Zuges von Schevanitz zu jener berühmten [52] Unterhandlung mit Abdul Kerim. An der Base lehnen ebenfalls zwey Gemälde: die Audienz Repnins bey dem Sultan, und das andere den Staatsbesuch bey dem Großvezier vorstellend.

Sechszig Dessertteller, welche zu jenem Servis gehören, viele Fruchtkörbe, Schaalen, und die zu deren Auszierung gewählten Prospekte, Schlachten, Studien nach Wouvermann und Berghem, Gemmen und Gemälde anderer Gattung, waren deutliche Beweise, wie sehr auch der Geschmack der sächsischen Porcellanmanufaktur in näherer Verbindung mit der Akademie der Künste gewonnen habe. Dieser Aufsatz war ein Beweis von unsers Schenau Reichthum in Zusammensetzungen, und die Ausführung war für die bey der Manufaktur angestellten Künstler rühmlich ausgefallen. – Bedarf nun noch, mein Theuerster, mein Eifer, Ihnen das alles zu erzählen, einige Rechtfertigung? Ich denke so wenig, als die Sache selbst einige Apologie nöthig hat. Ein Land wie Sachsen, dessen Stärke auf seiner innern Industrie beruht, das so trefliche Manufakturen und Fabriken hat, in dem der Handel zu so einer blühenden Größe aufgewachsen ist, kann der Künste des Geschmacks unmöglich entbehren. Bearbeitung der Erde und ihrer Produkte, mit den Künsten verbunden, sind die Grundsäulen des innern Wohlstands polizirter Staaten, und seit Europa Manufakturen und Künste in seinem Schooße aufzunehmen, zu nähren und durch sie sein Haupt über andere Welttheile zu erheben angefangen hat, [53] scheint selbst das Herz der Bewohner eine andere Wendung bekommen zu haben. Industrie kann zur Mutter verschiedener Laster werden, aber sie verbannt doch den Müßiggang, der auf alle Fälle gefährlicher ist, als jene schreckliche Folgen des Luxus. – Doch ich schweife zu einer Deduktion aus, der Sie, mein Freund, in der Beschreibung einer Gemäldeausstellung gewiß nicht entgegen gesehen haben würden. Weit passender wird das Bild eines wahren Künstlers seyn, das aus der Feder eines großen Meisters floß, und welches man unsern akademischen Zöglingen zur Warnung nicht oft genug vor Augen stellen kann. „Les „Artistes superficiels & qu’on peut apeller les vrais fléaux de l’art font obligés d’avoir recours à la protection & à l’importunité. A celà ils joignent de la souplesse, de l’adresse: vrais Protées ils prennent toutes les formes, ne doutent de rien, rien ne les embarasse. Le veritable Artiste au contraire est simple, modeste. L’étude & l’experience lui aprennent à se tenir en garde contre l’amour propre. Il fait douter, il prend du tems pour delibérer, ne se vante de rien, et craint toûjours de trop promettre. L’air de liberté, qu’il respire dans le commerce des livres, lui inspire une aversion insurmontable contre la contrainte qui regne ordinairement dans le Commerce du grand monde. Après [54] l’avoir parcouru, la retraite devient son élément: il s’y plait, il ne brigue point les faveurs & plaint tout bas le jeune au dacieux qui se fait couronner avec impudence: trop heureux alors de jouir de cette noble independance, qu’on peut appeller le foyer des vrais talens.“ – Leben Sie wohl mein theuerster Freund! Unpartheilichkeit bleibe unser Studium.

  1. Unter den Werken der Dilettanten, deren Verschiedene auf den Beyfall der Kenner Anspruch hatten, hier aber, der Absicht des Verfassers gemäß, unerwähnt geblieben sind, zeichneten sich des berühmten J. R. Forsters zwey in Oel gemalte Thiere aus, die mit den Arbeiten der Leipziger Akademie eingesandt worden waren. Eins derselben, mit großer Mähne, langem Barte und Haare auf der Stirn, am Unterleibe und zwischen den Vorderfüßen, war vom Vorgebirge der guten Hoffnung, eine kleine Art wilder Ochsen, welche die Hottentoten Gnuh heißen. Das andere mit bunten breiten Ohren, größer als jenes, ein Mittelding zwischen Antelope und Ochse, kömmt von Indostan und heißt auf Persisch Nil-Ghan. Herr Forster wünschte seine nützlichen Versuche in dieser Art, vorzüglich dem Urtheile eines Fürsten zu unterwerfen, der selbst so sehr Kenner der Naturgeschichte ist, und der gnädigste Befehl, diese Gemälde in der Akademie unter den Werken der Kunst mit auszustellen, enthielt, außer dem Merkmale von Achtung für den Gelehrten, zugleich eine Erinnerung an den ganzen Umfang der Endzwecke einer Akademie. Auch hier ist Glänzen wohl weniger die Absicht als Nützen. Hier sollen die ausgestellten Kunstwerke, von Männern entschiedenen Werths denen nur zum Maaßstabe dienen, die ihres schwankenden Ruhmes einst gewiß zu werden wünschen; hier sollen die Uebenden ihre Versuche zusammen bringen, gegen einander vergleichen und nach dem Urtheile unpartheyischer Kenner und dem Ausspruche weiser Lehrer bescheiden prüfen. Weiter verbreitet sich der Einfluß dieses Instituts, wann jeder Stand nach seinen Verhältnissen daran Antheil nimmt, wann selbst der Gelehrte, wo ihm zu vollständiger Entwickelung seiner Begriffe die Sprache nicht zulänglich scheint, sich durch hier erlangte deutlichere Erklärungsmittel verständlich zu machen weiß.
  2. S. die N. Bibliothek der sch. Wissenschaften XXI. B. 48 und 49. Seite.