Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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der personifizierte Widerhall
Band V,2 (1905) S. 19261930
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Echo (Ἠχώ, ὄῦς, ἡ. dor. Ἀχώ, vgl. ἠχή), vgl. Wieseler Die Nymphe E., Gött. 1854 (veraltet). 1) Der Widerhall personifiziert. Über die Erscheinung des E. Lucr. IV 574ff. Plut. de def. orac. 8. Lukian. de domo 3. Hesych. Suid.; E. ungünstig für Bienenzucht, Varro r. r. III 16, 12. Verg. Georg. IV 50. Columella de r. r. IX 5, 6. Plin. n. h. XI 65. Pall. de r. r. I 37, 5 (s. o. Bd. III S. 453). E.-Hallen (Ἠχοῦς στοαί) zu Olympia und Hermione. Zu Hermione gehörte zum Heiligtum der Demeter (Χθονία) auf dem Berg Pron eine Säulenhalle, von den Einheimischen als Halle der E. bezeichnet, weil hier mindestens dreifaches E., Paus. II 35,10. Zu Olympia führte die nach ihren Gemälden so genannte ,bunte Halle’ (an der Ostseite der Altis) auch den Namen Stoa der E. wegen ihres sieben- und noch mehrfachen Widerhalls, Paus. V 21, 17 und Hitzig-Blümner z. St.; ebendeshalb war ein dritter Namen für die Halle ἑπτάφονος, Plin. XXXVI 100. Plut. de garrul. 1. Lukian. de morte Peregr. 40. Heiligtum (?) der E. zu Athen an der heiligen Straße, IG II 470 (p. 266) μέχρι τῆς Ἠχοῦς; ein eigentlicher Kult der E. ist fraglich, Wieseler 6f. Welcker Griech. Götterl. III 74f. Bei Pindar (Ol. XIV 18f.) spielt Ἀχώ dieselbe Rolle einer Botin wie Angelia, des Hermes Tochter, Ol. VIII 82. Euripides ist der erste Schriftsteller, bei dem sich mit Sicherheit E. als Nymphe nachweisen läßt, und zwar speziell als ,Antriade’. Eurip. frg. 114ff. N. klagt Andromeda der E., ,der einzigen Gesellschafterin am öden Gestade’, ihr Leid. Man denkt an einen Wechselgesang der Andromeda mit der Nymphe E., auch an einen Prolog der E.. vgl. Welcker Griech. Trag. 647f. 653f. Robert Arch. Ztg. XXXVI 1878, 18 (s. o. Bd. I S. 2156). Aus des Euripides Andromeda (frg. 118 N.) hat die E. entlehnt Aristophanes in seinen Thesmophoriazusen 1056ff., wo Euripides selbst als E. eingeführt wird. Wiederum hat Ptolemaios IV. Philopator Euripides nachgeahmt in seiner Tragödie Adonis, wo E. wohl die bekannte Klage: ,Tot ist der schöne Adonis!'nachhallte, Schol. Aristoph. Thesmoph. 1059. Nauck FTG p. 641. Welcker Griech. Trag. 1269f. E. Komödie des Eubulos, eines Dichters der mittleren Komödie, aus Athen. VII 300 b frg. 35 (139) Kock (II 176. 212). Als Nymphe ist E. in erster Linie Oreiade, vgl. Eurip. Hekabe 1110f. πέτρας ὀρείας παῖς ... ἠχώ. An den Bergen bricht sich der Schall, lebt der Widerhall’ (Wieseler 3). E. heißt ὀρέσσαυλος, Anth. Plan. IV 233; ὀρεσίδρομος (ὀριδρόμος) [1927] δρόμος), Nonn. Dionys. VI 306 (II 119); ἄστατος (ἀσταθής), Anth. Plan. IV 225, 3. Nonn. Dionys. XVI 210 (φοιταλέην δὲ δίωκε δι’ οὔρεος ἄστατον Ἠχώ). XXXII 279 (XLII 256). XLIII 494; πετρήεσσα, Anth. Plan. IV 154. Nonn. Dionys. VI 313, vgl. Moschos Idyll, III 30 (Ἀχὼ δ’ ἐν πέτρῃσιν). E. wohnt in Grotten, Eurip. frg. 118 N. und Aristoph. Thesmoph. 1019 (σὲ τὰν ἐν ἄντροις). Nonn. Dionys. VI 278 (σπέος, ὑπωροφίης δόμον Ἠχοῦς). Sen. Troades 111 (habitans cavis montibus E.), vgl. auch Lukian. de domo 3; in Waldtälern, Anth. Plan. IV 94, 6 (ἐρημαίης ἐνναέτειρα νάπης); E. liebt auch das Landleben, Nonn. Dionys. VIII 15 (φιλάγραυλος), vgl. Auson. p. 288, 67 ed. Peiper (pastorum nemoralibus abdita lucis Ε.) usw. Diese Oreiade E., namentlich als Personifikation des in den arkadischen Bergen so häufigen Widerhalls (sie heißt Ἀρκαδικὰ θεός, Anth. Plan. IV 156, 1, vgl. ἢ θεὸς ἠὲ γυνή, Anth. Pal. IX 382), liebt Pan (er heißt φιλεύηχος CIG 4538 und E. Πανιάς, Nonn. Dionys. XVI 289. XXXIX 130) mit aller Inbrunst; aber für gewöhnlich entzieht sich ihm das neckische Weib. Im homerischen Hymnos auf Pan geschieht seiner Leidenschaft für E. noch keine Erwähnung, wohl aber im orphischen durch den Anruf Ἠχοῦς φίλε (XI 9), und namentlich gedenken ihrer Dichter der Anthologie und Nonnos. Der älteste bekannte Gewährsmann ist Moschos: Pan liebt E., E. aber den Satyr (Idyll. VI); vgl. ferner Lukian. d. deor. 22, 4; bis acc. 12. Polyain. I 2, wozu auch Anon. de incred. 11 (Westermann Μυθογρ. p. 324, 1). Philostr. imag. II 11. usw. Die Selbstbefriedigung erscheint als Erfindung des der E. erfolglos nachstellenden Pan, Dion Chrysost. or. VI 204 R. Bei Nonnos findet Pan nie Erhörung seiner Wünsche: E. heißt παρθένος, Dionys. VI 260. XV 388. XVI 288. XLVIII642; φιλοπάρθενος XLVIII 804 (leider ist sie nicht δυσπάρθενος XVI 324); φυγόδεμνος XVI 361, vgl. auch νύμφα ἀπειρρόγαμος, Eubulos bei Athen. VII 300 b. Die Notiz, die Liebe zur E. sei Pan von Aphrodite auferlegt worden als Strafe dafür, daß er im Schönheitswettstreit zwischen Achill, Sohn des Zeus und der Lamia (!), und Adonis sich für den ersteren entschieden (Ptol. Heph. VI p. 37 ed. Roulez), gehört ins Gebiet der mythologischen Fabel. Bei Longos (III 23) ist E. die Tochter einer der Nymphen, aber selbst eine Sterbliche von sterblichem Vater. Pan zürnt dem Mädchen, dessen Fertigkeit in Spiel und Gesang seinen Neid erregt, dessen Schönheit ihm nicht zu gute gekommen, und flößt den Schäfern und den Ziegenhirten Raserei ein; die aber, wie Hunde oder Wölfe, zerreißen sie und werfen über die ganze Erde hin ihre Glieder, die weiter singen und im Widerhall forttönen. E. auch Longos II 7. Nicht immer indes bleibt Pan ohne Erfolg, vgl. Anth. Plan. IV 156. Apul. met. V 25 (Kallistr. ἐκφρ. I); ein Gespräch zwischen Pan und E., Anth. Plan. IV 152; E. heißt Πανὸς ἑταίρη, Anth. Plan. IV 154, er aber geradezu ὀρεσσαύλου πόσις Ἀχοῦς, Anth. Plan. IV 233, vgl. Anth. Pal. VI 79, 6. Es werden auch zwei Töchter des Pan und der E. genannt: Iambe und Iynx (s. d.). Für Iambe vgl. Schol. Eurip. Or. 964. Etym. M. (p. 463, 24) und Gud. (p. 269, 14) s. v. ,Die lärmende Freude bei ländlichen Festen konnte wohl allerdings die Vorstellung wachrufen, daß [1928] das Tosen des Festlärms (Iambe) ein Kind des ländlichen Gottes Pan und des Widerhalls sei' (Weizsäcker bei Roscher Myth. Lex. II 13). Die Iynx, den als Liebeszauber dienenden Wendehals, nannte Kallimachos eine Tochter der E., frg. 100 c, 8 Sch. (Schol. Theokr. II 17); nach den einen war E., nach andern Peitho die Mutter, Schol. Pind. Nem. IV 56. Phot. Lex. und Suid. s. Ἴυγξ; ebenso ist Iynx θυγάτηρ Πειθοῦς ἢ Ἠχοῦς καὶ Πανός, Tzetz. Lyk. 310. Offenbar einem alexandrinischen Dichter folgend bringt Ovid. in den Metamorphosen III 356-401 (vgl. auch 493-501. 507) E. in Zusammenhang mit Narkissos (s. d.) und erzählt in anmutigster Weise folgendes. Da die Nymphe oft, wenn Iuno ihren Gemahl bei andern Nymphen überraschen konnte, die Göttin hinhielt mit langem Gespräch, hat diese bewirkt, daß E. weder selbst zuerst zu reden vermag, noch aber, wenn ein anderer redet, zu schweigen. So entbrannte sie nun in Liebe zu dem schönen Jäger Narkissos, ohne Gegenliebe zu finden. Verschmäht zieht sie sich in Wälder und einsame Grotten zurück und verschmachtet zur körperlosen Stimme. ,Narkissos ist ein Bild der eitlen Frühlingsblume am Bach, welche sich in diesem spiegelnd nach kurzer Blüte verwelkt, daher E., das schmachtende Bild der Stimme (vocis imago, Ovid. met. III 385. Verg. Georg. IV 50; verbi, clamoris imago, Lucr. IV 575. Sil. Ital. XIV 365; bloß imago, Hor. carm. I 12, 4. 20, 8 [iocosa]. Val. Flacc. III 597 [vaga], vgl. auch Varro r. r. III 16, 12. Cic. Tusc. III 3), und dieses Spiegelbild der Blüte des Frühlings wohl zusammenpaßten’ (Preller-Robert Griech. Myth. I 723). Durch Ovids Darstellung bestimmt ist das Epigramm des Ausonius p. 349 ed. Peiper, von Ovid abhängig sind Lactant. narr. fab. III 5. 6 und ad Stat. Theb. VII 340. Myth. Vat. I 185. II 180. Bei diesen späten Mythographen ist die Rede von der Häßlichkeit der E., derentwegen sie sich in den Bergen verborgen hielt, und von der Verwandlung ihrer körperlichen Reste zu Stein, sie wird hier direkt zur Tochter der Iuno, Lactant. narr. fab. III 5. Myth. Vat. I 185. II 180. Ansprechend nennt Ausonius die E. filia aëris et linguae und andererseits mater inanis iudicii (p. 323 ed. Peiper). Noch einer Verwandlungssage sei gedacht: in ein E. läßt der Metamorphosendichter Nikandros den Knaben Hylas von den Nymphen verwandelt werden; beim Opfer aber ruft der Priester dreimal des Hylas Namen, und dreimal antwortet ihm das E., Ant. Lib. XXVI. Das Wesen des Widerhalls charakterisieren bezeichnende Epitheta der Nymphe, namentlich bei Nonnos und Ovid: ἀθυρόστομος, Soph. Phil. 189; (λόγων ἀντὡδὸς) ἐπικοκκάστρια (? ἐπικοκκύστρια, die Nachkuckuckende), Aristoph. Thesmoph. 1059; λάλος, Lukian. d. mar. 2. 4. Anth. Pal. IX 27, 1 (vgl. Anth. Plan. IV 154, 3). Nonn. Dionys. XLV 187; λαλοῦσα, Lukian. de domo 3; dazu garrula, Ovid. met. III 360; der Bezeichnung θεὸς αὐδήεσσα (Anth. Pal. IX 382, 4) entspricht etwa vocalis nymphe, Ovid. met. III 357; ferner δευτερόφωνος, Nonn. Dionys. II 119; ὑστερόφωνος Nonn. Dionys. XVI 289. XXII 229. XXXIX 130. XLVII 177. XLVIII 494. vgl. auch XLII 257. XLV 186 und Anth. Plan. IV 153; ferner σύνθροος, Nonn. Dionys. VIII 25. [1929] XVI 335. XLV 187; ὁμόθροος Nonn. Dionys. XXVII 224; ἱσόθροος, Nonn. Dionys. XXXVI 473; ἀλλόθροος, Nonn. Dionys. IX 270; ἀντίθροος Koluthos rapt. Hel. 116; δύσθροος, Nonn. Dionys. XXXII 131; λιπόθροος, Nonn. Dionys. IV 327 ; ferner μιμηλή, Nonn. Dionys. XXII 231, vgl. III 178, dazu μιμολόγος, Anth. Plan. IV 155; resonabilis, Ovid. met. III 358. Auson. p. 349, 1 ed. Peiper, bei Ausonius auch gemitum resecuta querellis (p. 349, 3) und resecuta loquellas (p. 288, 68); vgl. für E. auch Claudian XXV 49. XXVIII 33. 617 usw. und Wieseler 14f. Carter Epith. deor. quae ap. poetas Lat. leguntur 34. Nach der literarischen Überlieferung waren im Altertum Darstellungen der E. durch die Kunst nicht gar selten. Auf ἀγάλματα der E. gehen die Epigramme Anth. Plan. IV 153–156, vielleicht auch Anth. Pal. IX 27, ferner auf ein Gemälde (in E. pictam) das Epigramm des Ausonius p. 323 ed. Peiper. Der ältere Philostratos erwähnt in der Beschreibung eines Gemäldes, das Dodona darstellte (imag. II 33), eine eherne E. ἐπιβάλλουσαν τὴν χεῖρα τῷ στόματι: die für E. etwas seltsame Gebärde (vgl. ἀθυρόστομος ἀχώ, Soph. Phil. 189) hatte ihre örtliche Begründung. Und Kallistratos (ἐκφρ. I) beschreibt eine Marmorgruppe: neben einem flötenden Satyr Pan, der sich freut ob des Flötenspiels und die E. in den Arm genommen hat (zu ἐνηγκαλισμένος τὴν Ἠ. vgl. complexus E. montanam deam, Apul. met. V 25); vgl. für E. auch Kallistr. (ἐκφρ. IX. Endlich hören wir von zwei E.-Statuen als Weihgaben im Πανεῖον zu Caesarea Philippi (Panias), CIG 4538. 4539. Le Bas Syrie nr. 1892. 1894; vgl. auch IG XIV 1126. Für den Nachweis von E.-Darstellungen innerhalb der erhaltenen Denkmäler fehlt jede inschriftliche Gewähr, vgl. Wieseler 23ff., wo vieles, was nicht hergehört, ferner Furtwängler Ann. d. Inst. 1877, 187f. Allgemein ist die Annahme, Pan und E. seien dargestellt im Relief einer aus Athen nach Berlin gelangten Tonlampe, Baumeister Denkmäler I 466 Abb. 514. Roscher Myth. Lex. I 1213f. Pan, auf einem Felsblock sitzend, mit erhobenem Pedum in der Rechten und mit Syrinx in der Linken, wendet sich nach einem Baumstamm um, in dessen Ästen ein weibliches Brustbild seine zur unsichtbaren Nymphe neckischen Schalles verwandelte Geliebte darstellen dürfte; wie Pan, scheint auch seine Ziege, die am Stamm emporspringt, vom Widerhall getroffen. Verschiedentlich ist wohl die jugendliche Nymphe E. dargestellt auf pompeianischen Wandgemälden mit Narkissos, in des Narkissos Umgebung, vgl. Helbig Wandgem. nr. 1358ff., speziell 1358 (1359). 1360–1362 (1364). 1366; auf nr. 1364 ist wahrscheinlich die Nymphe des Quells, nicht E., zu sehen, vgl. auch Trendelenburg Arch. Ztg. XXXIV 1876, 8, 11. E. dürfte dargestellt sein im Ärmelchiton und reichen Obergewand auf einem Felsblock sitzend, mit der Linken ein großes τύμπανον haltend, das sie mit der Rechten schlägt, auf einer rf. πελίκη aus der besten Zeit griechischer Vasenmalerei, 1858 gefunden in der Gegend des alten Pantikapaion (heute Kertsch), jetzt zu Petersburg in der Ermitage, mit Darstellung eleusinischer Szenen: Aussendung des Triptolemos einerseits, andererseits Rückkehr der Kore und [1930] Palingenesie des Iakchos. Die Frauengestalt mit Tympanon wird auf Iambe, Iakche, Rhea gedeutet, vielleicht ist es E., ,die im Auftrag des Zeus und der Demeter durch den dumpfen Ton dieses Instruments Kore und Iakchos beim ersten Beginn des Frühlings auf die Oberwelt emporruft und zugleich durch die reinigende Kraft dieses Tons jede Verunreinigung fernhält, welche sonst der Verkehr mit der Unterwelt nach sich zieht', Stephani Arch. Anz. XVIII 1860, 27*. S. Reinach Répertoire des vases 1. Svoronos Journ. internat. d’arch. numism. IV 1901, 311ff., wo weitere Literatur, z. πιν. ΙΔ Α nr. 4.

[Waser. ]