Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Ein dem röm. Soldaten gewährtes außerordentliches Geldgeschenk
Band V,2 (1905) S. 15421545
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Donativum. Dieses nachweislich erst in er Kaiserzeit (Schwarz Ausg. des jüngeren Plin. 74) vorkommende, griechisch durch ἐπίδοσις (Herodian. I 5, 1. IV 5, 1. VII 6, 4) oder δωρεά (Appian. bell civ. IV 89. 101. Cass. Dio LVII 5, 3. Plut. Galb. 18. 23. Herod. I 9, 7. III 6, 8) wiedergegebene Wort, für das Cicero ad Att. XVI 8, 2 den auch später noch in dieser Bedeutung vereinzelt (z. B. Curt. Ruf. VI 2, 10. CIL VIII 2532 A a in der Allocutio Hadriani, vgl. Döhner Hadriani reliquiae I 6. 16. Hist. Aug. Ant. Pius 4, 9) sich findenden Ausdruck congiarium gebraucht, bezeichnet ein dem römischen Soldaten gewährtes ausserordentliches Geldgeschenk. Zu den D. rechnen Langen Die Heeresverpflegung d. Röm. im letzten Jhdt. d. Rep. III 11f. , wie Marquardt St.-V. II² 573f. in erster Linie die praedae nomine (Suet. Caes. 38), ex praeda (Liv. XXX 45, 3) oder ex manibiis (Mon. Ancyr. III 18) in der Regel anlässlich eines Triumphes an die Soldaten verteilten, von Mommsen St.-R. I³ 136 ,Siegesgeschenke‘ genannten Gelder. Nach Grotefends Ausführungen in Ersch und Gruber Encyclop. I. Sect. XVII 24 ist das freilich nicht ganz zutreffend, weil das Triumphalgeschenk (Näheres s. u. Praeda und Triumphus) dem siegreichen Heere als eine gerechte Forderung [1543] erschien, ein D. dagegen, ursprünglich wenigstens, ganz willkürlich zur Verteilung gelangte. Die Unsitte, die Treue und das Wohlwollen der Soldaten durch Geld zu erkaufen, kam in den Zeiten der Bürgerkriege der ausgehenden Republik auf. Sall. Cat. 11, 5. Plut. Sull. 12 zufolge machte Sulla zuerst von diesem höchst bedenklichen Mittel Gebrauch, vgl. damit Appian. bell. civ. I 104. Aber auch Caesar verschmähte es nicht, sich seiner Soldaten durch Zahlung eines D. zu versichern, Caes. bell. civ. I 39, 8. Plut. Caes. 29. Suet. Caes. 38. Das nämliche wird bell. Alex. 48, 3-5. 52, 1 von Caesars Legaten Q. Cassius Longinus berichtet. Wiederholt spendete in der Folgezeit Octavian D., vgl. Appian. bell. civ. III 40. 42. 46. 48. Cass. Dio XLV 12, 2. XLVI 46, 6, desgleichen seine Gegner Brutus und Cassius, Appian. bell. civ. IV 89. 100. 101. 118. Plut. Brut. 44. 46. Selbst Antonius, der an und für sich von Geldgeschenken nichts wissen wollte (Appian. bell. civ. III 43. 44. Cass. Dio XLV 13, 1-3), musste sich 36 v. Chr. zur Zahlung eines D. verstehen, Cass. Dio XLIX 81, 4. In der Kaiserzeit, in der das Verteilen von Geld eine besonders wichtige Rolle spielte, wurde vielfach gleichzeitig mit einem Congiarium an das Volk ein D. an das Heer gezahlt; beide Begriffe finden wir daher öfter einander gegenübergestellt, vgl. Tac. ann. XII 41. XIV 11. Suet. Ner. 7. Plin. paneg. 25, 2. Hist. Aug. Ant. Pius 8, 1; Pertin. 7, 5; Alex. Sev.1 26, 1. Herodian. VII 6, 4. Vor allem suchte sich der neue Herrscher durch ein D. in Gunst zu setzen. Aus dem Erbe des Augustus beschenkte Tiberius bei seinem Regierungsantritte jeden Praetorianer mit 250, jeden Soldaten der städtischen Cohorten mit 125, jeden Legionar mit 75 Denaren, Tac. ann. I 8. Suet. Aug. 101. Cass. Dio LVI 82, 2. Den gleichen Betrag verausgabte Caligula nach Tiberius Tode, nur verdoppelte er das D. der Praetorianer, Cass. Dio LIX 2, 1. 3, die überhaupt immer in erster Linie und meist höhere Summen als die übrigen Truppen zu erhalten pflegten, vgl. Madvig D. Verf. u. Verw. d. röm. Staates II 554. Um den Preis von 3750 – Joseph. ant. Iud. XIX 247 giebt 5000 an – Denaren erkaufte Claudius von den Praetorianern erstmalig die Kaiserwürde, Suet. Claud. 10. Dasselbe that Nero, Tac. ann. XII 69. Cass. Dio LXI 3, 1. Galba wurde gestürzt, weil er das in seinem Namen verheissene D. verweigerte, vgl. Tac. hist. I 5. 25. 37. 41. Suet. Galb. 16. 17. 20. Cass. Dio LXIV 8, 3. Plut. Galb. 18. 23. Obwohl Vespasian mit Geldspenden zurückhielt, Tac. hist. II 82, konnte er doch ein D. von 25 Denaren nicht umgehen, Cass. Dio LXV 22, 2. Nach seinem Vorgange gab auch Traian ein bescheideneres Geschenk, Plin. paneg. 25, 2. Viel spendete wiederum Hadrian (Hist. Ang. Hadr. 5, 7). Zufolge Hist. Aug. Ant. philos. 7, 9 schenkten Marc Aurel und Verus jedem Praetorianer die Unsumme von 5000 Denaren, nach Cass. Dio LXXIII 8, 4 ersterer blos 3000. Pertinax versprach ein D. von 8000 Denaren, Cass. Dio LXXIII 1, 2. 8, 4. Hist. Aug. Pertin. 4, 6; doch mussten die Mittel dafür erst flüssig gemacht werden, Cass. Dio LXXIII 5, 4. Hist. Aug. Pertin. 7, 11. Am schlimmsten verfuhr Didius Iulianus, Cass. Dio LXXIII 11, 4. 5. Herod. II 6, 8. Zonar. [1544] XII 7, der seinen Gegner Sulpicianus, welcher für die Kaiserwürde 5000 Denare geboten, um 1250 Denare überbot (nach Hist. Aug. Did. Iul. 3, 2 war der Betrag noch höher). Ein leidlich niedriges D. – 250 Denare – zahlte erst Septimius Severus wieder, Cass. Dio XLVI 46, 7. Aber schon Caracalla (Herod. IV 4, 7. 7, 4) und später Gordian (ebd. VII 6, 4) steigerten die Beträge von neuem gewaltig. Das D. wurde damals förmlich als stipendsum bezeichnet, vgl. Hist. Aug. Caracall. 2, 8; Max. duo 18, 4; Max. et Balb. 12, 8. Einzelne Kaiser feierten den Tag der Wiederkehr ihrer Thronbesteigung noch besonders durch Verteilung eines D., so Claudius den Jahrestag, Cass. Dio LX 12, 4, Septimius Severus die Decennalia , ebd. LXXVI 1, 1, Macrinus die quinquennalia imperii seines Sohnes Diadumenus, Hist. Ang. Diad. 2, 1. Ebenso liess man wichtige, das kaiserliche Haus betreffende Ereignisse selten ohne Zahlung eines D. vorübergehen. Dahin gehörte der dies tirocinii des Thronfolgers. Als C. Caesar 8 v. Chr. in das Heer eintrat, bewilligte Augustus ihm zu Ehren ein D. (Cass. Dio LV 6, 4), desgleichen Claudius, als Nero die Toga virilis nahm (Tac. ann. XII 41. Suet. Nero 7). Wurde ein kaiserlicher Prinz Mitregent oder erhielt den Caesartitel, beziehentlich einen anderen ehrenden Beinamen, so gab es ebenfalls ein D., vgl. Hist. Aug. Sept. Sev. 16, 5; Clod. Alb. 2, 2. 4; Diadum. 2, 1. Cass. Dio LXXVIII 19, 1. 2. 84, 2. Auch eine Adoption (vgl. Hist. Aug. Hadr. 23, 12. 14; Helius 6, 1) oder eine Heirat (vgl. Hist. Aug. Ant. Pius 10, 1) bot Anlass zum Spenden. Mit einem D. belohnten die Kaiser häufig auch die ihnen in Zeiten der Gefahr bewiesene Ergebenheit, z. B. Tiberius (Suet. Tib. 48) und Nero (Tac. ann. XV 72. Cass. Dio LXII 27, 4), oder aber sie suchten damit die Anhänger ihrer Feinde für sich zu gewinnen, z. B. Septimius Severus, Herodian III 6, 8. 8, 4, und Maximinus, Hist. Aug. Maxim. duo 18, 4. Andererseits war das D. ein letztes Mittel, aufrührerische Truppen zum Gehorsam zurückzubringen, vgl. Cass. Dio LVII 5, 3. 6, 4. Tac. hist. IV 36. 58, oder das Heer vom Plündern abzuhalten, Cass. Dio LXXIX 1, 1. Um eine Verschwendung der oft überreichen Donativgelder zu verhüten und gleichzeitig die Soldaten an die Fahne zu fesseln, wurde nach Veget. II D 20 der halbe Betrag eines jeden D. für dieselben in der Sparkasse ihres Truppenteils niedergelegt, vgl. Schiller in Iw. Müllers Handb. IV² 2, 266. Madvig a. a. O. II 567. Wer kriegsgefangen war, sollte auf die in seiner Abwesenheit gewährten D. keinen Anspruch haben, Cod. Iust. XII 36, 1, ebensowenig jemand, gegen den ein Verfahren wegen Desertion schwebte, Dig. XLIX 16, 10. Übrigens erhielt sich das D. bis in die späte Kaiserzeit, vgl. Ammian. Marc. XVII 9, 6. XXVIII 6, 19. An bestimmten Terminen, und zwar am 1. Januar, am Geburtstage des Kaisers und an den Gründungstagen von Rom und Byzanz, gelangte es unter Iulian zur Auszahlung, vgl. Cassiod. hist. tripart. VI 30. Sozom. hist. eccl. V 17. Durch Iustinian wurde die Bestimmung, auf Grund deren alle Truppen des Reiches alle fünf Jahre fünf Goldstateren erhielten, abgeschafft, vgl. Procop. hist. arc. XXIV, Bonner [1545] Ausg. S. 137. Von den Römern übernahmen schliesslich die Ostgothen das D., das bei ihnen den jährlichen Sold, das δῶρον ἐπέτειον, Procop. bell. Goth. I 12, vertritt und in Theodorichs Briefen sehr häufig - z. B. Cassiod. var. IV 14. V 16, 26. 27. 36. VΙI 42 - erwähnt wird, vgl. Mommsen Neues Archiv d. Gesellsch. f. ältere deutsche Geschichtskunde XIV 498. Hartmann Gesch. Italiens im Mittelalter I 95. 128. Bildlich dargestellt ist nach Thédenat in Daremberg-Saglio Dict. des ant. II 386 (vgl. fig. 2549) die Verteilung eines D. auf Bild 44 der Traianssäule (Fröhner La colonne Trajane pl. 70 = Cichorius D. Reliefs der Traianssäule Taf. 34). Doch handelt es sich dort nach Cichorius (Textband II 216) um eine verdienten Auxiliaren vom Kaiser gewährte Getreidezulage. Eher dürfte Thédenat (a. a. O. II 387) recht haben, wenn er die auf einem Genfer Clipeus bei Montfaucon L’antiquité expl. IV Suppl. tab. 28 mit der Aufschrift Largitas d. n. Valentiniani Aug. (Mommsen Inscr. Helv. 343, 1) abgebildete Scene (vgl. Daremberg fig. 2550) mit der Spende eines D. erklärt.

Litteratur: Langen Die Heeresverpflegung d. Römer im letzten Jhdt. d. Republik III 21f. (für die Zeit der Republik). Grotefend in Ersch und Grubers Encyclop. I. Sect. XXVII 24-26. Madvig Die Verfassung und Verwaltung d. röm. Staates II 570f. Teuffel bei Pauly IV 784. Thédenat in Daremberg-Saglio Dict. des ant. II 385-387. Marquardt St.-V. II² 136. 140. 141.