Die Abstammung des Menschen und die geschlechtliche Zuchtwahl II/Vierzehntes Capitel

Dreizehntes Capitel Die Abstammung des Menschen und die geschlechtliche Zuchtwahl, II. Band (1875)
von Charles Darwin
Fünfzehntes Capitel


[91]
Vierzehntes Capitel.
Vögel (Fortsetzung).
Wahl vom Weibchen ausgeübt. — Dauer der Bewerbung. — Nichtgepaarte Vögel. — Geistige Eigenschaften und Geschmack für das Schöne. — Vorliebe für, oder Antipathie gegen gewisse Männchen seitens der Weibchen. — Variabilität der Vögel. — Abänderungen zuweilen plötzlich auftretend. — Gesetze der Abänderung. — Bildung der Augenflecken. — Abstufungen der Charactere. — Pfauhahn, Argus-Fasan und Urosticte.

Wenn die Geschlechter in Bezug auf die Schönheit ihrer Erscheinung, auf ihr Gesangsvermögen oder auf das Vermögen das zu produciren, was ich Instrumentalmusik genannt habe, von einander abweichen, so ist es beinahe unveränderlich das Männchen, welches das Weibchen übertrifft. Wie wir soeben gesehen haben, sind diese Eigenschaften offenbar für das Männchen von höchster Bedeutung. Werden sie nur für einen Theil des Jahres erlangt, so geschieht dies immer kurz vor der Paarungszeit. Es ist das Männchen allein, welches mit Sorgfalt seine verschiedenartigen Anziehungsmittel entfaltet und oft fremdartige Geberden auf dem Boden oder in der Luft in Gegenwart des Weibchens ausführt. Jedes Männchen treibt alle seine Nebenbuhler fort oder tödtet dieselben, wenn es kann. Wir können daher folgern, dass es die Absicht des Männchens ist, das Weibchen dazu zu veranlassen, sich mit ihm zu paaren, und zu diesem Zwecke versucht es, dasselbe auf verschiedenen Wegen zu reizen und zu bezaubern; dies ist auch die Meinung aller Derer, welche die Lebensgewohnheiten der Vögel sorgfältig studirt haben. Es bleibt aber hier eine Frage übrig, welche eine äusserst bedeutungsvolle Tragweite in Bezug auf geschlechtliche Zuchtwahl hat, nämlich: reizt jedes Männchen einer und derselben Species gleichmässig das Weibchen und zieht jedes dasselbe gleichmässig an? oder übt das Letztere eine Wahl aus und zieht dieses gewisse Männchen vor? Diese Frage kann in Folge [92] zahlreicher directer und indirecter Belege bejahend beantwortet werden. Viel schwieriger ist es aber zu entscheiden, welche Eigenschaften die Wahl der Weibchen bestimmen. Doch haben wir auch hier wiederum einige directe und indirecte Beweise dafür, dass in grossem Maasse das Anziehende der äusseren Erscheinung des Männchens es ist, welches hier in's Spiel kommt, obschon ohne Zweifel seine Kraft, sein Muth und andere geistige Eigenschaften desselben auch in Betracht kommen. Wir wollen mit den indirecten Beweisen beginnen.

Dauer der Brautwerbung. — Die Dauer der meist längeren Periode, während welcher beide Geschlechter gewisser Vögel Tag für Tag sich auf einem bestimmten Platze treffen, hängt wahrscheinlich zum Theil davon ab, dass die Bewerbung eine sich in die Länge ziehende Angelegenheit ist, zum Theil von der Wiederholung des Paarungsactes. So dauert in Deutschland und Scandinavien das Balzen oder die Leks der Birkhähne von der Mitte des März durch den ganzen April bis in den Mai hinein. Bis vierzig oder fünfzig oder selbst noch mehr Vögel versammeln sich auf den Leks und ein und derselbe Platz wird häufig während aufeinanderfolgender Jahre besucht. Das Balzen des Auerhahns dauert von Ende März bis in die Mitte oder selbst das Ende des Monats Mai. In Nordamerica dauern „die Rebhuhntänze“ des Tetrao phasianellus „einen Monat oder noch länger“. Andere Arten von Waldhühnern sowohl in Nordamerica als im östlichen Sibirien[1] haben nahezu dieselben Gewohnheiten. Die Hühnerjäger entdecken die Hügel, wo die Kampfläufer sich versammeln, daran, dass das Gras niedergetreten ist, und dies weist darauf hin, dass derselbe Fleck lange Zeit frequentirt wird. Die Indianer von Guyana kennen die abgeräumten Kampfplätze sehr wohl, wo sie die schönen Waldhühner zu finden erwarten können, und die Eingeborenen von Neu-Guinea kennen die Bäume, wo sich zehn bis zwanzig in vollem Gefieder befindliche männliche Paradiesvögel versammeln. In diesem letzteren Falle ist nicht ausdrücklich angegeben, dass die Weibchen sich auf [93] denselben Bäumen einfinden, aber wenn die Jäger nicht speciell darnach gefragt werden, werden sie wahrscheinlich deren Anwesenheit nicht erwähnen, da ihre Bälge werthlos sind. Kleine Gesellschaften eines africanischen Webervogels (Ploceus) versammeln sich während der Paarungszeit und führen stundenlang ihre graciösen Evolutionen aus. Die grosse Bekassine (Scolopax major) versammelt sich während der Dämmerung in grossen Zahlen in einem Sumpfe, und ein und derselbe Ort wird zu demselben Zwecke während aufeinanderfolgender Jahre besucht. Hier kann man sie umherlaufen sehen, „wie so viele grosse Ratten“, mit ausgebreiteten Federn, ihre Flügel schlagend und die fremdartigsten Geschreie ausstossend.[2]

Einige der oben erwähnten Vögel, nämlich der Birkhahn, der Auerhahn, der Tetrao phasianellus, der Kampfläufer, die grosse Bekassine und vielleicht noch einige andere, leben, wie man annimmt, in Polygamie. Bei solchen Vögeln hätte man glauben können, dass die stärkeren Männchen einfach die schwächeren forttreiben und dann sofort sich in den Besitz so vieler Weibchen als möglich setzen würden. Wenn es aber für das Männchen unerlässlich ist, das Weibchen zu reizen oder demselben zu gefallen, so können wir den Grund der längeren Dauer der Bewerbung und der Versammlung so vieler Individuen beider Geschlechter an einem und demselben Orte wohl verstehen. Gewisse Species, welche in strenger Monogamie leben, halten gleichfalls Hochzeitszusammenkünfte. Dies scheint in Scandinavien mit einem der Schneehühner der Fall zu sein; und deren Leks dauern von Mitte März bis Mitte Mai. In Australien errichtet der Leyervogel (Menura superba) kleine runde Hügel und die M. Alberti scharrt sich flache Höhlen aus oder, wie sie von Eingeborenen genannt werden, Probirplätze, wo sich, wie man annimmt, beide Geschlechter versammeln. Die Versammlungen der Menura superba sind zuweilen sehr gross, und neuerdings hat ein Reisender eine Schilderung veröffentlicht,[3] wonach er in einem unter ihm befindlichen Thale, welches dicht mit Strauchwerk bedeckt war, ein „Klingen hörte, welches [94] ihn vollständig in Erstaunen versetzte“. Als er in die Nähe hinkroch, erblickte er zu seiner Verwunderung hundertundfünfzig der prachtvollen Leyervögel „in förmlicher Schlachtordnung aufgestellt und mit unbeschreiblicher Wuth kämpfend“. Die Lauben der Laubenvögel sind Zufluchtsorte beider Geschlechter während der Paarungszeit; und „hier treffen sich die Männchen und streiten mit einander um die Gunstbezeigungen der Weibchen, und hier versammeln sich die Letzteren und kokettiren mit den Männchen.“ Bei zweien der Gattungen wird dieselbe Laube während vieler Jahre besucht.[4]

Die gemeine Elster (Corvus pica L.) pflegt sich, wie mir Mr. Darwin Fox mitgetheilt hat, aus allen Theilen des Delamere-Waldes her zu versammeln, um „die grosse Elsternhochzeit“ zu feiern. Vor einigen Jahren waren diese Vögel in ausserordentlich grosser Anzahl vorhanden, so dass ein Wildwart an einem Morgen neunzehn Männchen und ein anderer mit einem einzigen Schusse sieben Vögel von einem Sitze zusammen schoss. Sie hatten damals die Gewohnheit, sich sehr zeitig im Frühjahre an besonderen Orten zu versammeln, wo man sie in Haufen sehen konnte, schwatzend, zuweilen mit einander kämpfend und geschäftig um die Bäume hin und her fliegend. Die ganze Angelegenheit wurde offenbar von den Vögeln als eine äusserst wichtige angesehen. Kurz nach der Versammlung trennten sie sich alle, und Mr. Fox beobachtete dann, ebenso wie Andere, dass sie sich nun für das ganze Jahr gepaart hatten. In einem Bezirke, in welchem eine Species nicht in grosser Anzahl existirt, können selbstverständlich keine grossen Versammlungen dieser Art abgehalten werden und eine und die nämliche Species mag auch in verschiedenen Ländern verschiedene Lebensweisen haben. So habe ich z. B. nur ein einzigesmal von regelmässigen Versammlungen der Birkhühner in Schottland gehört, von Mr. Wedderburn, trotzdem sind diese Versammlungen in Deutschland und Scandinavien so wohl bekannt, dass sie besondere Namen erhalten haben.

Nichtgepaarte Vögel. — Aus den hier mitgetheilten Thatsachen können wir schliessen, dass bei Vögeln, welche zu sehr verschiedenen Gruppen gehören, die Bewerbung oft eine sehr langdauernde, delicate und mühsame Angelegenheit ist. Es ist selbst Grund zu der [95] Vermuthung vorhanden, so unwahrscheinlich dies auf den ersten Blick erscheinen wird, dass immer einige Männchen und Weibchen der nämlichen Species, welche denselben Bezirk bewohnen, einander nicht gefallen und in Folge dessen sich auch nicht paaren. Viele Schilderungen sind veröffentlicht worden, wonach entweder das Männchen oder das Weibchen eines Paares geschossen und sehr schnell durch ein anderes ersetzt worden ist. Dies ist bei der Elster häufiger beobachtet worden als bei irgend einem anderen Vogel, vielleicht in Folge ihrer auffallenderen Erscheinung und ihres leichter sichtbaren Nestes. Der berühmte Jenner führt an, dass in Wiltshire ein Individuum eines Paares jeden Tag, und zwar nicht weniger als sieben Male hintereinander geschossen wurde, aber trotz alledem ohne Erfolg; denn die übrigbleibende Elster „fand sehr bald einen anderen Gefährten“, und das letzte Paar zog die Jungen auf. Allgemein wird ein neuer Gatte am folgenden Tage gefunden; aber Mr. Thompson führt einen Fall an, wo ein Gatte schon am Abend desselben Tages wieder ersetzt wurde. Selbst nachdem die Eier ausgebrütet sind, wird, wenn einer der alten Vögel getödtet wird, häufig ein neuer Gefährte gefunden. Dies geschah nach einem Verlaufe von zwei Tagen in einem vor Kurzem von einem von Sir J. Lubbock's Jägern beobachteten Falle.[5] Die erste und augenfälligste Vermuthung ist die, dass männliche Elstern bedeutend zahlreicher sein müssen als weibliche und dass in den oben erwähnten Fällen ebenso wie in noch vielen anderen, die noch angeführt werden könnten, allein die Männchen getödtet wurden. Dies gilt allem Anscheine nach für einige Beispiele. Denn die Wildwarte im Delamere-Forst versicherten Mr. Fox, dass die Elstern und Krähen, welche sie früher nach und nach in grosser Zahl in der Nähe ihrer Nester schossen, sämmtlich Männchen waren, und sie erklärten dies durch die Thatsache, dass die Männchen leicht getödtet werden, während sie den auf den Nestern sitzenden Weibchen Nahrung zubringen. Indessen führt Macgillivray nach der Autorität eines ausgezeichneten Beobachters ein Beispiel auf, wo drei auf einem und demselben Neste hintereinander geschossene Elstern sämmtlich Weibchen waren, und dann noch einen andern Fall, wo sechs Elstern hintereinander getödtet wurden, während sie auf denselben Eiern sassen, was es wahrscheinlich [96] erscheinen lässt, dass die meisten von ihnen Weibchen waren, obschon, wie ich von Mr. Fox höre, auch das Männchen auf den Eiern sitzt, wenn das Weibchen getödtet ist.

Sir J. Lubbock's Wildwart hat wiederholt, aber wie oft konnte er nicht sagen, eines von einem Paare von Eichelhähern (Garrulus glandarius) geschossen und kurze Zeit nachher das überlebende Individuum ausnahmslos wieder gepaart gefunden. Mr. W. D. Fox, Mr. F. Bond und Andere haben eine von einem Paare Krähen (Corvus corone) geschossen, aber bald darauf war das Nest wieder von einem Paare bewohnt. Diese Vögel sind im Allgemeinen häufig; aber der Wanderfalke (Falco peregrinus) ist selten, und doch führt Mr. Thompson an, dass in Irland, „wenn entweder ein altes Männchen oder ein Weibchen in der Paarungszeit getödtet wird, was kein ungewöhnlicher Umstand ist, binnen sehr wenigen Tagen ein neuer Gefährte gefunden wird, so dass ungeachtet solcher Zufälligkeiten die Horste doch mit Sicherheit die gehörige Zahl Junge ergeben.“ Mr. Jenner Weir hat in Erfahrung gebracht, dass dasselbe auch mit dem Wanderfalken in Beachy-Head eintritt. Derselbe Beobachter theilt mir mit, dass drei Thurmfalken (Falco tinnunculus), und zwar sämmtlich Männchen, einer nach dem andern geschossen wurden, während sie ein und dasselbe Nest besuchten. Zwei von diesen waren in erwachsenem Gefieder und der dritte im Gefieder des vorhergehenden Jahres. Selbst in Bezug auf den seltenen Goldadler (Aquila chrysaëtos) versicherte ein zuverlässiger Wildwart in Schottland dem Mr. Birkbeck, dass wenn einer getödtet werde, sich bald ein anderer finde. So ist auch in Bezug auf die Schleiereule (Strix flammea) beobachtet worden, dass der überlebende Vogel „sehr leicht wieder einen Gatten fand und also durch die Tödtung nichts erreicht war“.

White von Selborne, welcher den Fall von der Eule anführt, fügt hinzu, dass er einen Mann gekannt habe, welcher die männlichen Rebhühner schoss, weil er glaubte, dass die Pärchen durch die Kämpfe der Männchen gestört würden; und trotzdem er ein und dasselbe Weibchen mehrere Male zur Wittwe gemacht habe, so wäre es doch stets sehr bald mit einem neuen Gatten versehen gewesen. Derselbe Naturforscher liess die Sperlinge, welche die Hausschwalben ihrer Nester beraubten, schiessen; aber der Uebrigbleibende, „mochte es nun ein Männchen oder ein Weibchen sein, verschaffte sich sofort einen neuen Gatten und so mehrere Male hintereinander.“ Ich könnte [97] analoge Fälle in Bezug auf den Buchfinken, die Nachtigall und das Rothschwänzchen anführen. In Bezug auf den letzteren Vogel (Phoenicura ruticilla) bemerkt ein Schriftsteller, dass derselbe durchaus nicht häufig in seiner Gegend gewesen sei, und er drückt sein grosses Erstaunen darüber aus, wie das auf dem Neste sitzende Weibchen so bald mit Erfolg zu erkennen geben konnte, dass es verwittwet sei. Mr. Jenner Weir hat einen ganz ähnlichen Fall gegen mich erwähnt. In Blackheath sah er weder jemals den wilden Gimpel noch hörte er seinen Gesang und doch, wenn eines seiner in Käfigen gehaltenen Männchen gestorben war, kam im Verlaufe weniger Tage ein wildes Männchen herbei und liess sich in der Nähe des verwittweten Weibchens nieder, dessen Lockruf durchaus nicht laut ist. Ich will nur noch eine einzige weitere Thatsache nach der Autorität desselben Beobachters anführen. Einer von einem Staarpaare (Sturnus vulgaris) wurde am Morgen geschossen; am Mittag war ein neuer Gefährte gefunden; dieser wurde wiederum geschossen; aber noch vor Einbruch der Nacht war das Pärchen wiederum complet, so dass die untröstliche Wittwe oder der betreffende Wittwer während eines und desselben Tages sich dreimal zu trösten wusste. Mr. Engleheart theilt mir gleichfalls mit, dass er mehrere Jahre hindurch einen Vogel von einem Staarpärchen zu schiessen pflegte, welches in einer Höhle in einem Hause in Blackheath baute; aber der Verlust war immer sofort wieder ersetzt. Während des einen Jahres hielt er sich eine Liste und fand, dass er fünfunddreissig Vögel von einem und demselben Neste geschossen hatte. Unter diesen befanden sich sowohl Männchen als Weibchen, aber in welchem Verhältniss konnte er nicht sagen. Trotz aller dieser Zerstörung aber wurde doch eine Brut herangezogen.[6]

Diese Thatsachen verdienen wohl Beachtung. Woher kommt es, dass hinreichend viele Vögel vorhanden sind, bereit, sofort einen verlorenen Gatten zu ersetzen? Elstern, Eichelhäher, Krähen, Rebhühner und einige andere Vögel sieht man während des Frühjahrs stets in [98] Paaren, und diese bieten auf den ersten Blick den allerverwirrendsten Fall dar. Es leben aber auch Vögel eines und desselben Geschlechts, welche also selbstverständlich nicht eigentlich gepaart sind, zuweilen in Paaren oder in kleinen Gesellschaften, wie es bekanntlich mit Tauben, und Rebhühnern der Fall ist. Es leben auch Vögel zu Dreien, wie es bei den Staaren, Krähen, Papageien und Rebhühnern beobachtet worden ist. Von Rebhühnern ist bekannt geworden, dass zwei Weibchen mit einem Männchen und auch umgekehrt zwei Männchen mit einem Weibchen leben. In allen solchen Fällen ist wahrscheinlich die Verbindung sehr leicht zu lösen, und einer der drei Vögel wird sich leicht mit einem Wittwer oder einer Wittwe paaren. Die Männchen gewisser Vögel kann man gelegentlich ihren Liebesgesang anstimmen hören lange nachdem die eigentliche Zeit vorüber ist, was dafür spricht, dass sie entweder ihre Gattin verloren oder niemals eine solche erlangt haben. Der Tod eines von einem Paare, sei es durch Zufall oder in Folge von Krankheit, wird den anderen Vogel frei und ledig zurücklassen, und es ist Grund zu der Vermuthung vorhanden, dass weibliche Vögel während der Paarungszeit ganz besonders einem zeitigen Tode zu unterliegen neigen. Ferner werden Vögel, deren Nester zerstört wurden, oder unfruchtbare Paare oder verspätete Individuen leicht veranlasst werden sich neu zu paaren und werden wahrscheinlich froh sein, alle die Freuden und Pflichten des Aufziehens von Nachkommen auf sich zu nehmen, wenn auch diese nicht ihre eigenen sind.[7] Derartige Zufälligkeiten erklären wahrscheinlich die meisten der im Vorstehenden angeführten Fälle.[8] Nichtsdestoweniger ist es [99] eine befremdende Thatsache, dass innerhalb eines und desselben Bezirkes während der Höhe der Paarungszeit so viele Männchen und Weibchen immer in Bereitschaft sein sollten, den Verlust des gepaarten Vogels wieder zu ersetzen. Warum paaren sich solche einzeln gebliebene Vögel nicht sofort mit einander? Haben wir nicht einige Veranlassung, hier zu vermuthen (und auf diese Vermuthung ist auch Mr. Jenner Weir gekommen), dass ebenso wie der Act der Bewerbung bei vielen Vögeln eine sich in die Länge ziehende und langweilige Angelegenheit zu sein scheint, es auch gelegentlich eintritt, dass gewisse Männchen und Weibchen während der eigentlichen Zeit beim Anregen der Liebe zu einander keinen Erfolg haben und in Folge dessen sich auch nicht paaren? Diese Vermuthung wird etwas weniger unwahrscheinlich erscheinen, nachdem wir gesehen haben, welche starke Antipathien und Bevorzugungen weibliche Vögel gelegentlich in Bezug auf besondere Männchen äussern.

Geistige Eigenschaften der Vögel und ihr Geschmack für das Schöne. — Ehe wir die Frage weiter erörtern, ob die Weibchen die anziehenderen Männchen sich auswählen oder das erste beste annehmen, das ihnen zufällig begegnet, wird es gerathen sein, kurz die geistigen Kräfte der Vögel in Betracht zu ziehen. Ihr Verstand wird allgemein und vielleicht mit Recht als gering geschildert; doch liessen sich einige Thatsachen mittheilen,[9] welche zu dem entgegengesetzten Schlusse fuhren. Ein geringes Vermögen des Nachdenkens ist indess, wie wir es beim Menschen sehen, mit starken Affectionen, [100] scharfer Wahrnehmung und Geschmack für das Schöne ganz gut verträglich, und mit diesen letzteren Eigenschaften haben wir es gerade hier zu thun. Es ist oft gesagt worden, dass Papageien so innig an einander hängen, dass wenn der eine stirbt der andere eine lange Zeit hindurch sich grämt. Mr. Jenner Weir glaubt aber, dass in Bezug auf die meisten Vögel die Stärke ihrer Zuneigung bedeutend übertrieben worden ist. Nichtsdestoweniger hat man gehört, dass wenn einer von einem Paare im Zustande der Freiheit geschossen worden ist, der Ueberlebende tagelang nachher noch einen klagenden Ton ausgestossen hat, und Mr. St. John theilt verschiedene Thatsachen mit,[10] welche die Anhänglichkeit gepaarter Vögel an einander beweisen. Bennett erzählt,[11] dass in China eine Mandarin-Ente, nachdem ihr wunderschöner Enterich gestohlen worden war, ganz untröstlich blieb, obschon ihr andere Enteriche, die alle ihre Reize vor ihr entfalteten, eifrig den Hof machten. Nach Verlauf von drei Wochen wurde der gestohlene Enterich wieder gefunden, und sofort erkannte sich das Paar mit ungeheurer Freude wieder. Andererseits haben wir gesehen, dass Staare dreimal im Verlaufe eines und desselben Tages über den Verlust ihres Gatten getröstet werden können. Tauben haben ein so ausgezeichnetes Ortsgedächtniss, dass sie, wie man in Erfahrung gebracht hat, zu ihren früheren Heimstätten nach einem Verlaufe von neun Monaten wieder zurückgekehrt sind; und doch höre ich von Mr. Harrison Weir, dass, wenn ein Pärchen, welches seiner Natur nach zeitlebens verbunden geblieben sein würde, während des Winters für einige Wochen getrennt und mit anderen Vögeln gepaart wird, die Beiden, wenn sie wieder zusammengebracht werden, selten, wenn überhaupt je, sich einander wiedererkennen.

Vögel zeigen zuweilen wohlwollende Gefühle; sie füttern die verlassenen Jungen selbst verschiedener Arten. Dies könnte man aber vielleicht für einen Misgriff ihres Instincts halten. Sie füttern auch, wie in einem früheren Theile dieses Buches gezeigt wurde, erwachsene Vögel ihrer eigenen Species, welche blind geworden sind. Mr. Buxton gibt eine merkwürdige Schilderung eines Papageien, welcher die Sorge [101] um einen vom Frost getroffenen und verkrüppelten Vogel einer verschiedenen Species auf sich nahm, seine Federn reinigte und ihn gegen die Angriffe der anderen Papageien vertheidigte, welche zahlreich in seinem Garten herumschwärmten. Es ist eine noch merkwürdigere Thatsache, dass diese Vögel, wie es scheint, eine gewisse Sympathie mit den Freuden ihrer Genossen empfinden. Als ein Paar Cacadus ein Nest in einen Akazienbaum bauten, „war es förmlich lächerlich, das extravagante Interesse zu beobachten, welches die anderen Individuen derselben Species an diesem Geschäfte nahmen“. Diese Papageien zeigten auch eine unbändige Neugier und hatten offenbar „die Idee von Eigenthum und Besitz“.[12] Sie haben auch ein gutes Gedächtniss; denn im zoologischen Garten haben sie ganz deutlich ihre frühem Herren nach Verlauf mehrerer Monate wiedererkannt.

Vögel besitzen eine scharfe Beobachtungsgabe. Ein jeder gepaarte Vogel erkennt natürlich seinen Genossen. Audubon führt an, dass von den Spottdrosseln der Vereinigten Staaten (Mimus polyglottus) eine gewisse Zahl das ganze Jahr hindurch in Louisiana bleibt, während die andern nach den östlichen Staaten auswandern. Diese Letzteren werden bei ihrer Rückkehr sofort wieder erkannt und stets von ihren südlichen Brüdern angegriffen. Vögel in der Gefangenschaft erkennen verschiedene Personen, wie durch die starke und dauernde Antipathie oder Zuneigung, welche sie ohne irgend eine scheinbare Ursache gegen gewisse Individuen zeigen, bewiesen wird. Ich habe von zahlreichen Beispielen hierfür bei Eichelhähern, Rebhühnern, Canarienvögeln und ganz besonders bei Gimpeln gehört. Mr. Hussey hat beschrieben, in welcher ausserordentlicher Weise ein gezähmtes Rebhuhn Jedermann erkannte; und seine Zu- und Abneigung war sehr stark. Dieser Vogel schien „lebhafte Farben sehr gern zu haben und man konnte kein neues Kleid anziehen und keinen neuen Hut aufsetzen, ohne seine Aufmerksamkeit zu fesseln“.[13] Mr. Hewitt hat die Lebensweise einiger Enten (directe Nachkommen noch wilder Vögel) sorgfältig beschrieben, welche bei der Annäherung eines fremden Hundes oder einer Katze sich kopfüber in's Wasser stürzten und sich in Versuchen zu entfliehen erschöpften. Sie kannten aber Mr. Hewitt's eigene Hunde und Katzen so gut, dass sie sich dicht bei ihnen niederlegten und in [102] der Sonne wärmten. Sie zogen sich immer vor einem fremden Menschen zurück und thaten dasselbe auch vor der Dame, welche sie pflegte, so oft sie irgend eine bedeutende Veränderung in ihrem Anzuge vorgenommen hatte. Audubon berichtet, dass er einen wilden Truthahn aufzog und zähmte, welcher vor jedem fremden Hunde ausriss. Dieser Vogel entfloh in die Wälder; einige Tage später sah Audubon, wie er glaubte, einen wilden Truthahn und liess seinen Hund ihn jagen. Aber zu seinem Erstaunen lief der Vogel nicht weg und als der Hund an ihn herankam, griff er den Vogel nicht an, sondern sie erkannten sich beide als alte Freunde wieder.[14]

Mr. Jenner Weir ist überzeugt, dass Vögel den Farben anderer Vögel besondere Aufmerksamkeit zuwenden, zuweilen aus Eifersucht und zuweilen als Zeichen von Verwandtschaft. So that er einen Rohrsperling (Emberiza schoeniclus), welcher seinen schwarzen Kopf bekommen hatte, in seine Voliere, und der neue Ankömmling wurde von keinem Vogel weiter beachtet, ausgenommen von einem Gimpel, welcher gleichfalls einen schwarzen Kopf hat. Dieser Gimpel war ein sehr ruhiger Vogel und hatte sich noch nie zuvor mit einem seiner Kameraden gezankt, mit Einschluss eines andern Rohrsperlings, welcher aber seinen schwarzen Kopf noch nicht erhalten hatte. Aber der Rohrsperling mit dem schwarzen Kopfe wurde so unbarmherzig behandelt, dass er wieder entfernt werden musste. Spiza cyanea ist während der Paarungszeit von hellblauer Farbe; trotzdem der Vogel gewöhnlich friedfertig ist, griff er doch eine S. ciris, welche nur einen blauen Kopf hat, heftig an und scalpirte den unglücklichen Vogel vollständig. Mr. Weir war auch gezwungen, ein Rothkehlchen zu entfernen, da es alle Vögel, die nur irgend etwas Roth in ihrem Gefieder hatten, aber keine andern Arten, wüthend angriff. Es tödtete factisch einen rothbrüstigen Kreuzschnabel und tödtete beinahe einen Stieglitz. Auf der andern Seite hat er beobachtet, dass einige Vögel, als sie zuerst in seine Volière gebracht wurden, nach den Arten hinflogen, welche ihnen am meisten in der Farbe glichen, und sich ruhig an ihrer Seite niederliessen.

Da männliche Vögel mit so viel Sorgfalt ihr schönes Gefieder und andere Zierathen vor den Weibchen entfalten, so ist es offenbar [103] wahrscheinlich, dass diese die Schönheit ihrer Liebhaber würdigen. Es ist indessen schwierig, directe Belege ihrer Fähigkeit, Schönheit zu würdigen, zu erlangen. Wenn Vögel sich selbst in einem Spiegel anstarren, wofür viele Beweise angeführt worden sind, so sind wir nicht sicher, ob es nicht aus Eifersucht gegen einen vermeintlichen Nebenbuhler geschieht, obschon einige Beobachter dies nicht daraus folgern. In andern Fällen ist es schwierig, zwischen blosser Neugierde und Bewunderung zu unterscheiden. Es ist vielleicht das erstere Gefühl, welches, wie Lord Lilford anführt,[15] den Kampfläufer so mächtig zu jedem hellen Gegenstande hinzieht, so dass er auf den jonischen Inseln „auf ein hell gefärbtes Taschentuch herabfährt, ohne „Rücksicht auf wiederholt abgefeuerte Schüsse“. Die gemeine Lerche wird aus den Lüften herabgezogen und in grosser Anzahl gefangen durch einen kleinen Spiegel, den man in der Sonne bewegt und glitzern lässt. Ist es Bewunderung oder Neugierde, was die Elster, den Raben und einige andere Vögel veranlasst, glänzende Gegenstände, wie Silberzeug oder Juwelen, zu stehlen und zu verbergen?

Mr. Gould führt an, dass gewisse Colibri's die Aussenseite ihrer Nester „mit dem äussersten Geschmacke verzieren. Sie befestigen instinctiv schöne Stücke flacher Flechten daran, die grösseren Stücke in der Mitte und die kleineren an dem mit dem Zweige verbundenen Theile. Hier und da wird eine hübsche Feder hineingeschoben oder an die äusseren Seiten befestigt, wobei der Schaft immer so gestellt wird, dass die Feder frei von der Oberfläche hervorragt“. Den besten Beweis indessen für einen Geschmack für das Schöne bieten die drei Gattungen der bereits erwähnten australischen Laubenvögel dar. Ihre Lauben (s. Fig. 46, S. 63), wo sich die Geschlechter vereinen und ihre fremdartigen Geberden ausführen, werden verschieden gebaut; was uns aber hier am meisten angeht, ist, dass dieselben von den verschiedenen Species in einer abweichenden Art und Weise verziert werden. Der Atlasvogel sammelt munter gefärbte Gegenstände, solche wie die blauen Schwanzfedern von Papageien, gebleichte Knochen und Muschelschalen, welche er zwischen die Zweige steckt oder an dem Eingange in die Laube anordnet. Mr. Gould fand in der einen Laube einen sehr nett gearbeiteten steinernen Tomahawk und ein Stückchen blauen Cattuns, den sich die Vögel offenbar aus einem Lager der Eingeborenen [104] verschafft hatten. Diese Gegenstände werden beständig anders angeordnet und von den Vögeln in ihrem Spiele umhergeschleppt. Die Laube des gefleckten Laubenvogels „wird schön mit langen Grashalmen ausgefüttert, welche so angeordnet werden, dass die Spitzen sich nahezu treffen, und die Verzierungen sind ausserordentlich reich“. Runde Steine werden dazu benutzt, die Grasstengel an ihrem gehörigen Orte zu halten und verschiedene zu der Laube hinleitende Pfade zu bilden. Die Steine und Muscheln werden oft aus einer sehr grossen Entfernung herbeigebracht. Der Prinzenvogel verziert nach der Beschreibung des Mr. Ramsay seinen kurzen Laubengang mit gebleichten Landmuscheln, welche zu fünf oder sechs Species gehören, und „mit Beeren verschiedener Farben, Blau, Roth und Schwarz, welche der Laube, wenn sie frisch sind, ein sehr nettes Aussehen geben. Ausser diesen fanden sich mehrere frisch abgepflückte Blätter und junge Schösslinge von einer rosa Färbung daran, so dass das Ganze einen entschiedenen Geschmack für das Schöne bekundete.“ Mr. Gould dürfte mit vollem Rechte sagen, dass „diese in hohem Grade verzierten Versammlungshallen als die wunderbarsten Beispiele von Vogelarchitectur betrachtet werden müssen, die bis jetzt entdeckt sind“; und wie wir sehen, ist der Geschmack der verschiedenen Species gewiss verschieden.[16]

Die Weibchen ziehen besondere Männchen vor. — Nachdem ich diese vorläufigen Bemerkungen über das Unterscheidungsvermögen und den Geschmack der Vögel gemacht habe, will ich nun alle die mir bekannten Thatsachen mittheilen, welche sich auf den Vorzug beziehen, welchen nachweisbar das Weibchen bestimmten Männchen gibt. Es ist sicher, dass sich im Naturzustande gelegentlich verschiedene Species von Vögeln paaren und Bastarde erzeugen. Hierfür liessen sich viele Beispiele anführen. So erzählt Macgillivray, wie eine männliche Amsel und eine weibliche Drossel „sich in einander verliebten“ und Nachkommen erzeugten.[17] Bis vor mehreren Jahren wurden achtzehn Fälle beschrieben, in denen in Grossbritannien Bastarde zwischen dem Birkhuhn und dem Fasan vorgekommen waren.[18] Aber die meisten [105] dieser Fälle lassen sich vielleicht dadurch erklären, dass einzelnlebende Vögel keinen Genossen ihrer eigenen Art finden, um sich mit ihm zu paaren. Bei andern Vögeln glaubt Mr. Jenner Weir Grund zu der Vermuthung zu haben, dass Bastarde zuweilen das Resultat eines gelegentlichen Verkehrs von Vögeln sind, welche in dichter Nachbarschaft bauen. Aber diese Bemerkungen lassen sich nicht auf die vielen angeführten Beispiele von gezähmten oder domesticirten Vögeln anwenden, welche, trotzdem sie zu verschiedenen Species gehörten und mit Individuen ihrer eigenen Species lebten, absolut vernarrt in einander waren. So erzählt Waterton,[19] dass aus einer Heerde von dreiundzwanzig Canada-Gänsen sich ein Weibchen mit einem einzeln lebenden Bernikel-Gänserich paarte, trotzdem dieser in der äusseren Erscheinung und der Grösse so verschieden ist, und sie brachten wirklich hybride Nachkommen hervor. Man hat die Erfahrung gemacht, dass eine männliche Pfeifente (Mareca penelope), welche mit Weibchen ihrer eigenen Species lebte, sich mit einer Spiessente (Querquedula acuta) paarte. Lloyd beschreibt die merkwürdige Anhänglichkeit zwischen einer männlichen Brandente (Vulpanser tadorna) und einer gemeinen Ente. Viele weitere Beispiele könnten hier noch angeführt werden. Mr. E. S. Dixon bemerkt, dass „diejenigen, welche viele verschiedene Species zusammengehalten haben, sehr wohl wissen, welche unerklärliche Verbindungen dieselben häufig eingehen und dass sie völlig ebenso gern sich mit Individuen einer Rasse oder Species paaren und Junge erziehen, welche ihrer eigenen so fremdartig als möglich ist, als mit ihrer eigenen Stammform“.

Mr. W. D. Fox theilt mir mit, dass er einmal gleichzeitig ein Paar chinesischer Gänse (Anser cygnoides) und einen gemeinen Gänserich mit drei Gänsen besass. Die beiden Gruppen lebten völlig getrennt von einander, bis der chinesische Gänserich eine der gemeinen Gänse verführte, mit ihm zu leben. Ausserdem waren von den aus den Eiern der gemeinen Gänse ausgebrüteten Jungen nur vier reinen Blutes. Die andern achtzehn erwiesen sich als Bastarde, so dass der [106] chinesische Gänserich ganz überwiegende Reize verglichen mit dem gemeinen Gänserich gehabt zu haben scheint. Ich will hier nur noch einen andern Fall anführen. Mr. Hewitt führt an, dass eine in der Gefangenschaft aufgezogene Wildente, „nachdem sie ein Paar Jahre mit ihrem eigenen Enterich gebrütet hatte, sich auf einmal desselben entledigte, nachdem Mr. Hewitt eine männliche Spiessente auf das Wasser gebracht hatte. Es war offenbar ein Fall von Verliebtwerden auf den ersten Blick. Denn das Weibchen schwamm um den Ankömmling liebkosend herum, trotzdem dieser offenbar beunruhigt und von ihren Liebeseröffnungen unangenehm berührt schien. Von dieser Stunde an vergass das Weibchen seinen alten Genossen. Der Winter zog vorüber und im nächsten Frühjahr schien die Spiessente von den Schmeicheleien des Weibchens umgestimmt worden zu sein. Denn sie nisteten zusammen und brachten sieben oder acht Junge hervor“.

Was in diesen verschiedenen Fällen den Zauber gebildet haben mag, ausser dem Reize der Neuheit, können wir nicht einmal vermuthen. Indess spielt zuweilen die Farbe doch wohl eine Rolle; denn um Bastarde vom Zeisig (Fringilla spinus) und dem Canarienvogel zu ziehen, ist es der Angabe von Bechstein zufolge am besten, Vögel ein und derselben Färbung zusammenzubringen. Mr. Jenner Weir brachte einen weiblichen Canarienvogel in seine Volière, wo sich männliche Hänflinge, Stieglitze, Zeisige, Grünfinken, Buchfinken und andere Vögel befanden, um zu sehen, welchen von diesen das Weibchen sich erwählen würde. Aber dasselbe zweifelte nicht einen Augenblick, und der Grünfinke gewann den Preis; sie paarten sich und producirten hybride Nachkommen.

Was die Individuen einer und derselben Species betrifft, so erregt wohl die Thatsache, dass das Weibchen es vorzieht, sich lieber mit dem einen Männchen als mit dem andern zu paaren, nicht so leicht die Aufmerksamkeit, als wenn dies, wie wir so eben gesehen haben, zwischen verschiedenen Species eintritt. Fälle der ersten Art können am besten bei domesticirten oder in Gefangenschaft gehaltenen Vögeln beobachtet werden. Dieselben sind aber oft durch zu reichliches Futter verwöhnt und zuweilen sind ihre Instincte bis zu einem ganz ausserordentlichen Grade verderbt. Von dieser letzteren Thatsache könnte ich hinreichende Belege von Tauben und besonders von Hühnern anführen, sie können aber hier nicht einzeln mitgetheilt werden. Verderbte Instincte können auch einige der Bastardverbindungen erklären, [107] welche vorhin erwähnt wurden. Aber in vielen derartigen Fällen war den Vögeln gestattet worden, sich frei auf grossen Teichen zu bewegen, und es liegt kein Grund zur Vermuthung vor, dass sie durch reichliches Futter unnatürlich erregt worden wären.

Was Vögel im Naturzustande betrifft, so ist die erste sich Jedermann aufdringende und am meisten in die Augen springende Vermuthung die, dass das Weibchen zur gehörigen Zeit das erste Männchen dem es zufällig begegnet annimmt. Dasselbe hat aber wenigstens Gelegenheit eine Wahl auszuüben, da es fast unabänderlich von vielen Männchen verfolgt wird. Audubon — und wir müssen uns erinnern, dass dieser Forscher ein langes Leben hindurch in den Wäldern der Vereinigten Staaten sich herumgetummelt und die Vögel beobachtet hat — zweifelt nicht daran, dass das Weibchen sich mit Ueberlegung seinen Gatten wählt. So spricht er von einem Spechte und erzählt, dass das Weibchen von einem halben Dutzend munterer Liebhaber verfolgt werde, welche beständig fremdartige Geberden ausführen, „bis dem einen in einer ausgesprochenen Weise der Vorzug gegeben wird“. Das Weibchen des rothgeflügelten Staars (Agelaeus phoeniceus) wird gleichfalls von mehreren Männchen verfolgt, „bis dasselbe ermüdet sich niederlässt, die Werbungen der Männchen entgegennimmt und bald darauf eine Wahl trifft“. Er beschreibt auch, wie mehrere männliche Ziegenmelker wiederholt mit erstaunlicher Schnelligkeit durch die Luft streifen, sich plötzlich herumdrehen und dabei ein eigenthümliches Geräusch hervorbringen. „Aber sobald das Weibchen seine Wahl getroffen hat, werden die andern Männchen fortgetrieben“. Bei einer der Geierarten der Vereinigten Staaten (Cathartes aura) versammeln sich Gesellschaften von acht oder zehn oder mehr Männchen und Weibchen auf umgestürzten Stämmen und „zeigen das stärkste Verlangen, sich gegenseitig zu gefallen“; und nach vielen Liebkosungen führt jedes der Männchen seine Gattin im Fluge hinweg. Audubon beobachtete auch sorgfältig die wilden Heerden der Canadagänse (Anser canadensis) und gibt eine lebendige Beschreibung ihrer Liebesgeberden. Er sagt, dass die Vögel, welche sich schon früher gepaart hatten, „ihre Bewerbung sehr zeitig und zwar schon im Monat Januar erneuerten, während die andern jeden Tag sich stundenlang stritten und coquettirten, bis alle sich mit der Wahl, welche sie getroffen hatten, befriedigt zeigten, wonach, trotzdem sie alle zusammenblieben, doch Jedermann leicht beobachten konnte, dass sie sehr ängstlich [108] waren, sich paarweise zusammenzuhalten. Ich habe auch beobachtet, dass, je älter die Vögel waren, desto kürzer die Präliminarien ihrer Brautwerbung waren; die Junggesellen und alten Jungfern traten, ob mit Betrübniss oder in der Absicht von der Unruhe nicht gestört zu werden, ruhig zur Seite und legten sich in einiger Entfernung von den übrigen nieder“.[20] Von demselben Beobachter liessen sich noch viele ähnliche Angaben in Bezug auf andere Vögel anführen.

Wenn wir uns nun zu den domesticirten und in Gefangenschaft gehaltenen Vögeln wenden, so will ich damit beginnen, das Wenige mitzutheilen, was ich in Bezug auf die Bewerbung der Hühner in Erfahrung gebracht habe. Ich habe lange Briefe über diesen Gegenstand von den Herren Hewitt und Tegetmeier und beinahe eine ganze Abhandlung von dem verstorbenen Mr. Brent erhalten. Jedermann wird zugeben, dass diese Herren, welche durch ihre veröffentlichten Werke so wohl bekannt sind, sorgfältige und erfahrene Beobachter sind. Sie glauben nicht, dass die Weibchen gewisse Männchen wegen der Schönheit ihres Gefieders vorziehen; aber man muss den künstlichen Zustand, in welchem sie lange Zeit gehalten worden sind, einigermaassen in Rechnung bringen. Mr. Tegetmeier ist überzeugt, dass ein Kampfhahn, trotzdem er durch das Abstumpfen und das Stutzen seiner Sichelfedern entstellt ist, ebensoleicht von den Weibchen angenommen wird als ein Männchen, welches alle seine natürlichen Ornamente noch besitzt. Mr. Brent indessen gibt zu, dass die Schönheit des Männchens wahrscheinlich dazu beiträgt, das Weibchen anzuregen; und die Zustimmung des Weibchens ist nöthig. Mr. Hewitt ist überzeugt, dass die Verbindung durchaus nicht einem blossen Zufalle überlassen ist, denn das Weibchen zieht beinahe ausnahmslos das kräftigste, stolzeste und zanksüchtigste Männchen vor. Es ist daher, wie er bemerkt, fast nutzlos, „ein reines Züchten zu versuchen, wenn ein Kampfhahn in guter Gesundheit und gutem Zustande an demselben Orte frei umherläuft; denn fast eine jede Henne wird nach dem Verlassen ihres Ruheplatzes sich dem Kampfhahne nähern, selbst wenn dieser Vogel nicht factisch das Männchen von der Varietät des Weibchens wegtreibt“. Unter gewöhnlichen Umständen scheinen die Männchen und Weibchen des Huhns vermittelst gewisser Geberden zu einem gegenseitigen Einverständnisse zu gelangen, welche mir Mr. Brent [109] beschrieben hat. Hennen vermeiden aber häufig die ostensiblen Aufmerksamkeiten jüngerer Männchen. Alte Hennen von einem kampfsüchtigen Temperament haben, wie derselbe Schriftsteller mir mittheilt, fremde Männchen nicht gern und geben denselben nicht eher nach, als bis sie gehörig zum Gehorsam geschlagen werden. Indessen beschreibt Mr. Ferguson, wie eine kampfsüchtige Henne sofort durch die sanften Bewerbungen eines Shanghai-Hahnes gezähmt wurde.[21]

Wir haben Grund anzunehmen, dass Tauben beiderlei Geschlechts eine Paarung mit Vögeln derselben Rasse vorziehen; und Haustauben hassen alle die hochveredelten Rassen.[22] Mr. Harrison Weir hat vor Kurzem von einem glaubwürdigen Beobachter, welcher blaue Tauben hielt, gehört, dass diese alle anders gefärbten Varietäten, wie weisse, rothe und gelbe wegtreiben, und von einem andern Beobachter, dass eine weibliche graubraune Botentaube nach wiederholten Versuchen nicht mit einem schwarzen Männchen gepaart werden konnte, aber sich unmittelbar darauf mit einem graubraunen paarte. Ferner hatte Mr. Tegetmeier ein weibliches blaues Mövchen, welches hartnäckig verweigerte, sich mit zwei Männchen derselben Rasse zu paaren, die hinter einander Wochen lang mit ihm eingeschlossen wurden; als es herausgelassen wurde, hätte es sofort den ersten blauen Botentauber angenommen, der ihm Offerten machte. Da es ein werthvoller Vogel war, wurde es viele Wochen lang mit einem Silbermännchen (d. h. sehr blass blau) eingeschlossen und paarte sich endlich mit ihm. Nichtsdestoweniger scheint im Allgemeinen die Farbe nur wenig Einfluss auf das Paaren der Tauben zu haben. Mr. Tegetmeier färbte auf meine Bitte einige seiner Vögel mit Magenta-Roth, aber sie wurden von den übrigen nicht sehr beachtet.

Weibliche Tauben empfinden gelegentlich eine starke Antipathie gegen gewisse Männchen und zwar ohne irgend eine nachweisbare Ursache. So geben Boitard und Corbié, deren Erfahrungen sich über einen Zeitraum von fünfundvierzig Jahren erstrecken, an: „Quand une femelle éprouve de l'antipathie pour un mâle avec lequel on veut l'accoupler, malgré tous les feux de l'amour, malgré l'alpiste et le chènevis dont on la nourrit pour augmenter son ardeur, malgré un emprisonnement de six mois et même d'un an, elle refuse constamment ses caresses: [110] les avances empressées, les agaceries, les tournoiemens, les tendres roucoulemens, rien ne peut lui plaire, ni l'émouvoir; gonflée, boudeuse, blottie dans un coin de la prison, elle n'en sort que pour boire et manger, ou pour repousser avec une espèce de rage des caresses devenues trop pressantes“.[23] Auf der andern Seite hat Mr. Harrison Weir selbst beobachtet und von mehreren Züchtern gehört, dass eine weibliche Taube gelegentlich eine starke Liebhaberei für ein besonderes Männchen erhielt und ihren eigenen Gatten seinetwegen verliess. Einige Weibchen sind der Angabe eines anderen erfahrenen Beobachters, Riedel, zufolge[24] von einer liederlichen Disposition und ziehen fast jedes fremde Männchen ihrem eigenen Gatten vor. Manche verliebte Männchen, welche unsere englischen Züchter „heitere Vögel“ nennen, sind in ihren Galanterien so erfolgreich, dass sie, wie mir Mr. Harrison Weir mittheilt, getrennt gehalten werden müssen, wegen des Nachtheils, den sie verursachen.

Audubon zufolge „richten in den Vereinigten Staaten zuweilen wilde Truthähne ihre Bewerbungen an domesticirte Weibchen und werden meist von diesen mit grossem Vergnügen angenommen“. Hiernach scheint es, als ob diese Weibchen den wilden Männchen vor ihren eigenen den Vorzug gäben.[25]

Das Folgende ist ein noch merkwürdigerer Fall. Sir R. Heron hielt viele Jahre hindurch ein Tagebuch über die Gewohnheiten der Pfauen, welche er in grösserer Anzahl züchtete. Er führt an, dass »die Hennen häufig eine grosse Vorliebe für einen besonderen Pfauhahn haben. Sie waren sämmtlich einem alten gefleckten Pfauhahne so gut, dass, als derselbe in dem einen Jahre eingesperrt wurde, aber immer noch von den Weibchen gesehen werden konnte, sich dieselben beständig dicht um das Lattenwerk seines Gefängnisses versammelten und nicht litten, dass ein schwarzschultriger Pfauhahn sie anrührte. Als er im Herbst freigelassen wurde, machte ihm die älteste von den Hennen den Hof und war in ihrer Bewerbung erfolgreich. Im nächsten Jahre wurde er in einem Stalle gehalten und nun coquettirten [111] alle die Hennen mit seinem Nebenbuhler“.[26] Dieser Nebenbuhler war ein schwarzschultriger oder lackirter Pfauhahn, welcher für unsere Augen ein schönerer Vogel ist als die gewöhnliche Art.

Lichtenstein, welcher ein guter Beobachter war und ausgezeichnete Gelegenheit zur Beobachtung am Cap der guten Hoffnung hatte, versicherte Rudolphi, dass der weibliche Wittwenvogel (Chera progne) das Männchen verlasse, wenn dasselbe der langen Schwanzfedern beraubt wird, mit welchen es während der Paarungszeit verziert ist; ich möchte vermuthen, dass diese Beobachtung an Vögeln im Zustande der Gefangenschaft gemacht sein muss.[27] Das Folgende ist ein analoges Beispiel: Dr. Jäger,[28] früher Director des zoologischen Gartens in Wien, führt an, dass ein männlicher Silberfasan, welcher über die anderen Männchen gesiegt hatte und der angenommene Liebhaber der Weibchen war, sein ornamentales Gefieder verletzt hatte. Er wurde darauf sofort von einem Rivalen verdrängt, welcher die Oberhand erhielt und später den Trupp anführte.

Es ist eine merkwürdige Thatsache, da sie zeigt, wie bedeutungsvoll die Farbe bei der Werbung der Vögel ist, dass Mr. Boardman, ein bekannter Sammler und Beobachter von Vögeln seit vielen Jahren in den nördlichen Vereinigten Staaten, trotz seiner grossen Erfahrung niemals gesehen hat, dass sich ein Albino mit einem andern Vogel gepaart hätte; und doch hat er Gelegenheit gehabt, viele zu verschiedenen Species gehörige Albinos zu beobachten.[29] Es kann kaum behauptet werden, dass Albinos im Naturzustande unfähig sind, sich fortzupflanzen, da sie in der Gefangenschaft mit der grössten Leichtigkeit gezogen werden können. Es scheint daher, als müsse man die Thatsache, dass sie sich nicht paaren, dem Umstande zuschreiben, dass sie von ihren normal gefärbten Genossen verworfen werden.

Weibliche Vögel üben nicht bloss eine Wahl aus, sondern umwerben in einigen wenigen Fällen das Männchen oder kämpfen sogar [112] um dessen Besitz. Sir R. Heron führt an, dass bei den Pfauen die ersten Annäherungen stets vom Weibchen ausgehen. Etwas derselben Art findet auch Audubon zufolge bei den älteren Weibchen des wilden Truthuhns statt. Beim Auerhuhn coquettiren die Weibchen um das Männchen herum, während es auf einem der Versammlungsplätze herumstolzirt, und suchen dessen Aufmerksamkeit zu fesseln.[30] Wir haben gesehen, dass eine zahme Wildente nach einer langen Umwerbung einen anfangs unwilligen Spiessenterich verführte. Mr. Bartlett glaubt, dass der Lophophorus wie viele andere hühnerartige Vögel von Natur polygam ist; man kann aber nicht zwei Weibchen mit einem Männchen in einen und denselben Käfig thun, weil sie so heftig mit einander kämpfen. Das folgende Beispiel von Rivalität ist noch überraschender, da es sich auf Gimpel bezieht, welche sich gewöhnlich für die Zeit ihres Lebens paaren. Mr. Jenner Weir brachte ein dunkel gefärbtes und hässliches Weibchen in seine Voliere und unmittelbar darauf griff dieses ein anderes, gepaartes Weibchen so erbarmungslos an, dass das letztere getrennt werden musste. Das neu hinzugekommene Weibchen verrichtete alle Dienste der Bewerbung und war zuletzt erfolgreich, denn es paarte sich mit dem Männchen. Aber nach einer gewissen Zeit erhielt es seinen gerechten Lohn; denn nachdem es aufgehört hatte kampfsüchtig zu sein, wurde das alte Weibchen wieder hinzugebracht, und nun verliess das Männchen seine neue und kehrte zu seiner alten Liebe zurück.

In allen gewöhnlichen Fällen ist das Männchen so gierig, dass es jedes Weibchen annimmt und, so weit wir es beurtheilen können, nicht das eine einem andern vorzieht. Aber Ausnahmen von dieser Regel kommen, wie wir später sehen werden, allem Anscheine nach in einigen wenigen Gruppen vor. Unter den domesticirten Vögeln habe ich nur von einem einzigen Falle gehört, in welchem die Männchen irgend eine Vorliebe für besondere Weibchen zeigten, nämlich vom Haushahn, welcher der hohen Autorität des Mr. Hewitt zufolge die jüngeren Hennen den älteren vorzieht. Auf der anderen Seite ist Mr. Hewitt in Folge seiner Erfahrung bei der Ausführung hybrider Verbindungen zwischen den männlichen Fasanen und gemeinen Hennen [113] überzeugt, dass der Fasan ohne Ausnahme die älteren Vögel vorzieht. Er scheint nicht im Mindesten von ihrer Farbe beeinflusst zu werden, ist aber „in seinen Neigungen äusserst launisch“.[31] In Folge irgend einer unerklärbaren Ursache zeigt er die allerentschiedenste Aversion gegen gewisse Hennen, welche keine Sorgfalt von Seiten des Züchters überwinden kann. Manche Hennen sind, wie Mr. Hewitt mir mittheilt, völlig ohne irgendwelche Anziehung selbst für Männchen ihrer eigenen Species, so dass sie mit mehreren Hähnen ein ganzes Jahr hindurch gehalten werden können, und nicht ein Ei unter vierzig oder fünfzig erweist sich als fruchtbar. Auf der anderen Seite ist bei der langschwänzigen Eisente (Harelda glacialis), wie Ekström sagt, „beobachtet worden, dass gewisse Weibchen mehr umworben werden als die übrigen. In der That sieht man häufig ein Individuum von sechs oder acht verliebten Männchen umgeben“. Ob diese Angabe glaubhaft ist, weiss ich nicht. Aber die Jäger des Landes schiessen diese Weibchen, um sie als Lockvögel auszustopfen.[32]

In Bezug auf den Umstand, dass weibliche Vögel eine gewisse Vorliebe für gewisse Männchen fühlen, müssen wir im Auge behalten, dass wir darüber, ob eine Wahl ausgeübt wird, nur nach Analogie urtheilen können. Wenn ein Bewohner eines anderen Planeten eine Anzahl junger Landleute auf einem Jahrmarkte erblickte, wie sie mit einem hübschen Mädchen schön thäten und sich um dasselbe zankten, wie Vögel auf einem ihrer Versammlungsplätze, so würde er aus dem Eifer der Bewerber, ihm zu gefallen und ihren Staat vor ihm zu entfalten, den Schluss ziehen, dass das Mädchen das Vermögen der Wahl habe. Nun liegt bei den Vögeln der Beweisapparat gerade so: sie haben scharfes Beobachtungsvermögen und scheinen einen gewissen Geschmack für das Schöne sowohl in Bezug auf die Farbe als auf Töne zu besitzen. Es ist sicher, dass Weibchen gelegentlich aus unbekannten Ursachen die stärkste Antipathie und stärkste Vorliebe für gewisse Männchen zeigen. Wenn die Geschlechter in der Farbe und gewissen Verzierungen von einander abweichen, so sind mit seltenen Ausnahmen die Männchen die am meisten verzierten, und zwar entweder für immer oder nur zeitweise während der Zeit der Paarung. In der Gegenwart der Weibchen entfalten sie eifrig ihre verschiedenen [114] Zierathen, strengen ihre Stimme an und führen fremdartige Geberden aus. Selbst gut bewaffnete Männchen, von denen man hätte glauben mögen, dass sie in Bezug auf ihren Erfolg nur von dem Gesetze des Kampfes abhiengen, sind in den meisten Fällen im hohen Grade verziert, und ihre Zierathen sind auf Kosten eines gewissen Betrages an Kraft erlangt worden. In anderen Fällen sind Zierathen um den Preis einer vergrösserten Gefahr vor Raubthieren oder Raubvögeln erlangt worden. Bei verschiedenen Species versammeln sich viele Individuen beider Geschlechter an demselben Orte und ihre Brautwerbung ist eine sich in die Länge ziehende Angelegenheit. Wir haben selbst Grund zu vermuthen, dass die Weibchen und Männchen innerhalb eines und desselben Districts nicht immer den Erfolg haben, einander zu gefallen und sich zu paaren.

Welche Folgerung haben wir denn nun aus diesen Thatsachen und Betrachtungen zu ziehen? Entwickelt das Männchen seine Reize mit so viel Pracht und Eifersucht zu gar keinem Zwecke? Sind wir nicht berechtigt anzunehmen, dass das Weibchen eine Wahl ausübt und dass dasselbe die Liebeserklärungen desjenigen Männchens annimmt, welches ihm am meisten gefällt? Es ist nicht wahrscheinlich, dass sich das Weibchen die Sache lange mit Bewusstsein überlegt; es wird aber von dem schönsten oder dem melodischsten oder dem tapfersten Männchen am meisten gereizt oder angezogen. Man darf dabei nicht vermuthen, dass das Weibchen jeden Streifen oder jeden farbigen Fleck studirt, dass z. B. die Pfauhenne jedes Detail in dem prachtvollen Behänge des Pfauhahns bewundert: — es wird wahrscheinlich nur durch die allgemeine Wirkung frappirt. Wenn wir aber gehört haben, wie sorgfältig der männliche Argus-Fasan seine eleganten Schwungfedern erster Ordnung entfaltet und seine mit Augenflecken versehenen Schmuckfedern in der richtigen Stellung, um die volle Wirkung hervorzubringen, aufrichtet, oder ferner wie der männliche Stieglitz abwechselnd seine goldig flitternden Flügel entfaltet, so dürfen wir nichtsdestoweniger uns nicht etwa zu sehr bei der Meinung beruhigen, dass das Weibchen nicht einem jeden Detail eines schönen Gefieders seine Aufmerksamkeit zuwendet. Wir können, wie bereits bemerkt wurde, über eine etwa ausgeübte Wahl nur nach Analogie urtheilen; und die geistigen Fähigkeiten der Vögel weichen nicht fundamental von den unsern ab. Nach diesen verschiedenen Betrachtungen können wir schliessen, dass das Paaren der Vögel nicht dem Zufalle [115] überlassen ist, sondern dass diejenigen Männchen, welche in Folge ihrer verschiedenen Reize am besten im Stande sind, den Weibchen zu gefallen oder dieselben zu reizen, unter gewöhnlichen Umständen von letzteren angenommen werden. Wenn dies zugegeben wird, so ist es auch nicht schwierig zu verstehen, auf welche Weise männliche Vögel nach und nach ihre ornamentalen Charactere erlangt haben. Alle Thiere bieten individuelle Verschiedenheiten dar, und da der Mensch seine domesticirten Vögel dadurch modificiren kann, dass er die Individuen auswählt, welche ihm am schönsten erscheinen, so wird auch die gewöhnlich oder selbst nur gelegentlich eintretende Vorliebe des Weibchens für die anziehenderen Männchen beinahe mit Sicherheit zu der Modification der Männchen führen; und derartige Modificationen können dann im Verlaufe der Zeit beinahe in jeder Ausdehnung vermehrt werden, so lange sie nur mit der Existenz der Species verträglich sind.

Variabilität der Vögel und besonders ihrer secundären Sexualcharactere. — Variabilität und Vererbung sind die Grundlagen für die Wirksamkeit der Zuchtwahl. Dass domesticirte Vögel bedeutend variirt und dass ihre Abänderungen sich vererbt haben, ist sicher. Dass ferner Vögel im Naturzustande zur Bildung distincter Rassen modificirt worden sind, wird jetzt allgemein zugegeben.[33] Die Abänderungen können in zwei Classen eingetheilt werden: in solche, welche uns in unsrer Unwissenheit spontan aufzutreten scheinen, und in solche, welche direct zu den umgebenden Bedingungen in Bezug stehen, so dass alle oder beinahe alle Individuen einer und der nämlichen Species in ähnlicher Weise modificirt werden. Fälle der letztern Art sind neuerdings sorgfältig von Mr. J. A. Allen beobachtet worden,[34] [116] welcher zeigt, dass in den Vereinigten Staaten viele Species von Vögeln, je weiter nach Süden sie leben, um so stärker, und je weiter nach Westen, nach den dürren Ebenen des Innern hin sie leben, um so heller gefärbt sind. Allgemein scheinen beide Geschlechter in einer gleichen Art und Weise afficirt zu werden, zuweilen aber ein Geschlecht mehr als das andere. Dies Resultat ist mit der Annahme nicht unverträglich, dass die Färbungen der Vögel hauptsächlich Folge der Anhäufung successiver Abänderungen durch geschlechtliche Zuchtwahl sind; denn selbst wenn beide Geschlechter sehr verschieden von einander geworden sind, kann das Clima eine gleiche Wirkung auf beide Geschlechter ausüben oder, in Folge irgend einer constitutionellen Verschiedenheit, auf das eine Geschlecht eine grössere Wirkung als auf das andere.

Jedermann gibt zu, dass individuelle Verschiedenheiten zwischen den Gliedern einer und der nämlichen Species im Naturzustande vorkommen. Plötzliche und stark markirte Abänderungen sind selten; auch ist es zweifelhaft, ob sie, wenn sie wohlthätig sind, durch Zuchtwahl häufig erhalten und auf spätere Generationen überliefert werden.[35] Nichtsdestoweniger dürfte es der Mühe werth sein, die wenigen [117] Fälle, welche ich zu sammeln im Stande gewesen bin und welche sich hauptsächlich auf Farbe beziehen, jedoch mit Ausschluss des einfachen Albinismus und Melanismus, hier mitzutheilen. Mr. Gould gibt bekanntlich das Vorhandensein von Varietäten nur selten zu; denn er hält selbst unbedeutende Verschiedenheiten für specifisch. Doch führt er an,[36] dass in der Nähe von Bogota gewisse Colibri's, welche zu der Gattung Cynanthus gehören, in zwei oder drei Rassen oder Varietäten sich schieden, welche von einander in der Färbung des Schwanzes abwichen: „Bei einigen sind sämmtliche Federn blau, während bei anderen die acht centralen Federn mit einem schönen Grün an der Spitze gefleckt sind“. Wie es scheint, sind in diesem und in den folgenden Fällen intermediäre Abstufungen nicht beobachtet worden. Nur bei den Männchen eines australischen Papageien sind „die Oberschenkel bei manchen scharlachroth, bei andern grasgrün“. Bei einem andern Papagei desselben Landes haben „einige Individuen das quer über die Flügeldeckfedern sich ziehende Band hellgelb, während bei anderen derselbe Theil mit Roth gefärbt ist“.[37] In den Vereinigten Staaten haben einige wenige Männchen des scharlachenen Tanager (Tanagra rubra) „eine schöne Querbinde von Feuerroth auf den kleineren Flügeldeckfedern“.[38] Es scheint aber diese Abänderung etwas selten zu sein, so dass ihre Erhaltung durch geschlechtliche Zuchtwahl nur unter ungewöhnlich günstigen Umständen erfolgen würde. In Bengalen hat der Honigbussard (Pernis cristatus) entweder einen kleinen rudimentären Federstutz auf seinem Kopfe oder durchaus keinen. Es würde indessen eine so unbedeutende Verschiedenheit kaum werth gewesen sein erwähnt zu werden, besässe nicht diese nämliche Species im südlichen Indien „einen gut entwickelten Occipitalkamm, welcher aus mehreren abgestuften Federn gebildet wird“.[39]

Der folgende Fall ist in manchen Hinsichten noch interessanter. Eine gefleckte Varietät des Raben, bei welcher der Kopf, die Brust, [118] das Abdomen und Theile der Flügel und der Schwanzfedern weiss sind, ist auf die Färöer beschränkt. Sie ist dort nicht sehr selten, denn Graba sah während seines Besuches acht bis zehn lebende Exemplare. Obschon die Charactere dieser Varietät nicht völlig constant sind, so ist dieselbe doch von mehreren hervorragenden Ornithologen als eine verschiedene Species aufgeführt und benannt worden. Die Thatsache, dass die gefleckten Vögel von den andern Raben der Inseln mit viel Geschrei verfolgt und angegriffen werden, war die hauptsächlichste Veranlassung, welche Brünnich zu dem Schlusse leitete, dass sie specifisch verschieden seien; man weiss indess jetzt, dass dies ein Irrthum ist.[40] Dieser Fall scheint dem vor Kurzem angeführten analog zu sein, dass Albino-Vögel sich nicht paaren, weil sie von ihren Genossen zurückgewiesen werden.

In verschiedenen Theilen der nördlichen Meere wird eine merkwürdige Varietät der gemeinen Lumme (Uria troile) gefunden, und auf den Färöern gehört unter je fünf Vögeln nach Graba's Schätzung stets einer dieser Varietät an. Dieselbe wird durch einen rein weissen Ring rund um das Auge, mit einer gebogenen schmalen anderthalb Zoll langen weissen Linie, welche sich von dem Ringe aus nach hinten erstreckt, characterisirt.[41] Dieser auffallende Character ist die Veranlassung gewesen, dass der Vogel von mehreren Ornithologen für eine besondere Species gehalten wurde, welche den Namen Uria lacrymans erhielt. Man weiss aber jetzt, dass es bloss eine Varietät ist. Sie paart sich oft mit der gemeinen Art, doch sind intermediäre Uebergangsformen noch nie gesehen worden; auch ist dies nicht überraschend, denn Abänderungen, welche plötzlich erscheinen, werden, wie ich an einem anderen Orte gezeigt habe,[42] entweder unverändert oder gar nicht überliefert. Wir sehen hieraus, dass zwei verschiedene Formen einer und der nämlichen Species an derselben Oertlichkeit zusammen existiren können, und wir dürfen nicht zweifeln, dass wenn die eine irgend einen bedeutenden Vortheil über die andere besessen hätte, sie sich bis zur Unterdrückung der Letzteren vervielfältigt haben würde. Wenn z. B. die männlichen gefleckten Raben statt verfolgt und von ihren Kameraden fortgetrieben zu werden, in ähnlicher Weise wie der früher [119] erwähnte gefleckte Pfauhahn eine bedeutende Anziehungskraft auf gewöhnliche schwarze Raben-Weibchen geäussert hätten, so würde sich ihre Zahl mit Schnelligkeit vermehrt haben und dies würde ein Fall von geschlechtlicher Zuchtwahl gewesen sein.

In Bezug auf unbedeutende individuelle Verschiedenheiten, welche in einem grösseren oder geringeren Grade allen Gliedern einer und der nämlichen Species gemein sind, haben wir allen Grund zu glauben, dass sie, was die Wirksamkeit der Zuchtwahl betrifft, die bei weitem wichtigste Rolle spielen. Secundäre Sexualcharactere sind einer Abänderung ausserordentlich unterworfen, sowohl bei Thieren im Naturzustande als bei solchen im Zustande der Domestication.[43] Wie wir in unserem achten Capitel gesehen haben, ist auch Grund vorhanden anzunehmen, dass Abänderungen mehr im männlichen als im weiblichen Geschlechte aufzutreten geneigt sind. Alle diese Zufälligkeiten in Verbindung sind für geschlechtliche Zuchtwahl äusserst günstig. Ob in dieser Weise erlangte Charactere auf ein Geschlecht oder auf beide Geschlechter überliefert werden, hängt, wie ich in dem folgenden Capitel zu zeigen hoffe, in den meisten Fällen ausschliesslich von der Form der Vererbung ab, welche bei der in Rede stehenden Gruppe vorherrscht.

Es ist zuweilen schwierig, sich darüber eine Meinung zu bilden, ob gewisse unbedeutende Verschiedenheiten zwischen den Geschlechtern bei den Vögeln einfach das Resultat einer Variabilität mit geschlechtlich beschränkter Vererbung ohne die Hülfe geschlechtlicher Zuchtwahl, oder ob sie durch diesen letzteren Process gehäuft worden sind. Ich beziehe mich hier nicht auf die zahllosen Beispiele, in denen das Männchen prachtvolle Farben oder andere Verzierungen entfaltet, an welchen das Weibchen nur in einem unbedeutenden Grade Theil hat; denn diese Fälle sind beinahe sicher eine Folge davon, dass ursprünglich von dem Männchen erlangte Merkmale in einem grösseren oder geringeren Grade auch aufs Weibchen vererbt worden sind. Was haben wir nun aber aus solchen Fällen zu schliessen, in welchen, wie bei gewissen Vögeln, z. B. die Augen der beiden Geschlechter unbedeutend in der Farbe von einander abweichen?[44] In manchen Fällen [120] sind die Augen auffallend verschieden. So sind unter den Störchen in der Gattung Xenorhynchus die des Männchens schwärzlich nussbraun, während die der Weibchen bräunlichgelb sind. Bei vielen Hornvögeln (Buceros) haben, wie ich von Mr. Blyth höre,[45] die Männchen intensiv carmoisinrothe und die Weibchen weisse Augen. Bei Buceros bicornis ist der hintere Rand des Helms und ein Streifen auf dem Schnabelkamm beim Männchen schwarz, aber nicht so beim Weibchen. Haben wir anzunehmen, dass diese schwarzen Zeichnungen und die carmoisinrothe Farbe der Augen bei den Männchen durch geschlechtliche Zuchtwahl erhalten oder verstärkt worden sind? Dies ist sehr zweifelhaft; denn Mr. Bartlett zeigte mir im zoologischen Garten, dass die innere Seite des Mundes dieses Buceros beim Männchen schwarz und beim Weibchen fleischfarbig ist, und ihre äussere Erscheinung oder Schönheit wird hierdurch gar nicht berührt. Ich beobachtete in Chile,[46] dass die Iris beim Condor, wenn er ungefähr ein Jahr alt ist, dunkelbraun ist, dass sie sich aber im Alter der Reife beim Männchen in Gelblichbraun und beim Weibchen in Hellroth verändert. Auch hat das Männchen einen kleinen longitudinalen, bleifarbigen, fleischigen Kamm. Bei vielen hühnerartigen Vögeln ist der Kamm eine bedeutende Verzierung und nimmt während des Actes der Brautwerbung lebendige Farben an. Was sollen wir aber von dem trüb gefärbten Kamme beim Condor uns denken, welcher uns nicht im allergeringsten ornamental erscheint? Dieselbe Frage könnte man in Bezug auf andere Merkmale aufwerfen, so in Bezug auf den Höcker an der Basis des Schnabels bei der chinesischen Gans (Anser cygnoides), welcher beim Männchen viel grösser ist als beim Weibchen. Auf diese Frage kann keine bestimmte Antwort gegeben werden; wir sollten aber vorsichtig mit der Annahme sein, dass solche Höcker und fleischige Anhänge für's Weibchen nicht anziehend sein könnten, wenn wir uns daran erinnern, dass bei wilden Menschenrassen verschiedene hässliche Entstellungen sämmtlich als ornamental bewundert werden: z. B. tiefe Narben auf dem Gesicht, aus denen das Fleisch in Protuberanzen sich erhebt, ferner die Nasenscheidewand mit Stäben oder Knochen durchbohrt, Löcher in den Ohren und weit offen gezerrte Lippen.

Mögen nun Verschiedenheiten ohne weitere Bedeutung zwischen den Geschlechtern, wie die eben einzeln angeführten, durch geschlechtliche [121] Zuchtwahl erhalten worden sein oder nicht, so müssen diese Verschiedenheiten ebensogut wie alle übrigen doch ursprünglich von den Gesetzen der Abänderung abhängen. Nach dem Principe der correlativen Entwickelung variirt das Gefieder oft an verschiedenen Theilen des Körpers oder über den ganzen Körper in einer und derselben Art und Weise. Wir sehen dies bei gewissen Hühnerrassen sehr deutlich ausgeprägt. Bei allen Rassen sind die Federn am Halse und den Weichen im männlichen Geschlechte verlängert und werden Sichelfedern genannt. Wenn nun beide Geschlechter einen Federstutz erhalten, welches in dieser Gattung ein neues Merkmal ist, so werden die Federn auf dem Kopfe des Männchens sichelfederförmig, offenbar nach dem Principe der Correlation, während diejenigen auf dem Kopfe des Weibchens von der gewöhnlichen Form sind. Auch steht die Farbe der den Federstutz bildenden Sichelfedern bei den Männchen oft mit der der Sichelfedern am Halse und an den Weichen in Correlation, wie sich bei einer Vergleichung dieser Federn bei den gold- und silbergeflitterten polnischen Hühnern, den Houdans- und den Crève-coeur-Rassen ergibt. Bei einigen natürlichen Species können wir dieselbe Correlation in den Farben derselben Federn beobachten, so z. B. bei den Männchen der prachtvollen Gold- und Amherst-Fasanen.

Die Structur jeder individuellen Feder ist im Allgemeinen die Ursache, dass jede Veränderung in ihrer Färbung symmetrisch wird. Wir sehen dies in den verschiedenen betressten, geflitterten und gestrichelten Rassen des Huhns, und nach dem Principe der Correlation sind häufig die Federn über den ganzen Körper in einer und derselben Weise modificirt. Wir werden hierdurch in den Stand gesetzt, ohne viele Mühe Rassen zu züchten, deren Gefieder fast ebenso symmetrisch wie das natürlicher Species gezeichnet ist. Bei betressten und geflitterten Hühnern sind die gefärbten Ränder der Federn abrupt begrenzt, aber bei einer Mischlingsform, welche ich von einem schwarzen spanischen Hahne, der einen grünlichen Sammetglanz hatte, und einer weissen Kampfhenne erzog, waren alle Federn grünlich-schwarz, ausgenommen nach ihrer Spitze zu, welche gelblich-weiss war. Aber zwischen den weissen Spitzen und den schwarzen Grundtheilen fand sich an jeder Feder eine symmetrische, gebogene Zone von Dunkelbraun. In manchen Fällen bestimmt der Schaft der Federn die Vertheilung der Farben. So war bei den Körperfedern eines Mischlings von demselben schwarzen spanischen Hahne und einer silbergeflitterten polnischen [122] Henne der Schaft und ausserdem ein schmaler Streif an jeder Seite grünlich-schwarz, und dieser letztere wurde von einer regelmässigen bräunlich-weiss geränderten Zone von Dunkelbraun umgeben. In diesen Fällen sehen wir Federn symmetrisch schattirt werden, ähnlich denen, welche dem Gefieder vieler natürlicher Species eine so grosse Eleganz verleihen. Ich habe auch eine Varietät der gemeinen Taube beobachtet, bei welcher die Flügelbalken symmetrisch mit drei hellen Schattirungen eingefasst waren, statt einfach schwarz auf einem schieferblauen Grunde zu sein, wie es bei der elterlichen Species sich findet.

In vielen Gruppen von Vögeln beobachtet man, dass das Gefieder in den verschiedenen Species verschieden gefärbt ist, dass aber gewisse Flecke, Zeichnungen oder Streifen von allen Species beibehalten werden. Analoge Fälle kommen bei den Rassen der Tauben vor, welche gewöhnlich die beiden Flügelbalken beibehalten, obschon dieselben roth, gelb, weiss, schwarz oder blau gefärbt sein können, während das übrige Gefieder von irgend einer völlig verschiedenen Färbung ist. Das Folgende ist ein noch merkwürdigerer Fall, in welchem gewisse Zeichnungen zwar beibehalten, aber doch in einer fast genau umgekehrten Weise gefärbt sind, als im Naturzustande. Die ursprüngliche Felstaube hat einen blauen Schwanz und die Spitzenhälfte der äusseren Fahnen der beiden äusseren Schwanzfedern weiss; nun gibt es eine Untervarietät, welche statt eines blauen einen weissen Schwanz hat und bei welcher derselbe kleine Theil seiner Federn schwarz ist, welcher bei der elterlichen Species weiss gefärbt ist.[47]

Bildung und Variabilität der Ocellen oder Augenflecken auf dem Gefieder der Vögel. — Da keine Verzierungen schöner sind als die Augenflecken auf den Federn verschiedener Vögel, auf dem Haarkleide mancher Säugethiere, auf den Schuppen von Reptilien und Fischen, auf der Haut von Amphibien, auf den Flügeln vieler Schmetterlinge und anderer Insecten, so verdienen sie wohl besonders hervorgehoben zu werden. Ein solcher Augenflecken oder Ocellus besteht aus einem Flecke innerhalb eines anders gefärbten Ringes, ähnlich der Pupille innerhalb der Iris, aber der centrale Flecken wird oft von noch weiter hinzutretenden concentrischen Zonen umgeben. Die Augenflecken [123] auf den Schwanzdeckfedern des Pfauhahns bieten ein allbekanntes Beispiel dar, ebenso diejenigen auf den Flügeln des Pfauenaugen-Schmetterlings (Vanessa). Mr. Trimen hat mir eine Beschreibung einer südafricanischen Motte (Gynanisa isis) gegeben, welche unserem kleinen Nachtpfauenauge verwandt ist und bei welcher ein prachtvoller Augenfleck nahezu die ganze Oberfläche jedes Hinterflügels einnimmt. Er besteht aus einem schwarzen Mittelfelde, welches eine durchscheinende halbmondförmige Zeichnung enthält und von aufeinanderfolgenden ockergelben, schwarzen, ockergelben, rosa, weissen, rosa, braunen und weisslichen Zonen umgeben wird. Obschon wir nun die Schritte nicht kennen, auf welchen diese wunderbar schönen und complicirten Verzierungen entwickelt worden sind, so ist doch, mindestens bei Insecten, der Process wahrscheinlich ein einfacher gewesen; denn wie mir Mr. Trimen schreibt, sind „bei den Lepidoptern keine anderen Charactere blosser Zeichnung oder Färbung so unbeständig wie die Augenflecken, sowohl der Zahl als der Grösse nach“. Mr. Wallace, welcher zuerst meine Aufmerksamkeit auf diesen Gegenstand lenkte, zeigte mir eine Reihe von Exemplaren unseres gemeinen gelben Sandauges (Hipparchia Janira), welche zahlreiche Abstufungen von einem einfachen äusserst kleinen schwarzen Flecken bis zu einem elegant geformten Augenflecken darboten. Bei einem südafricanischen Schmetterlinge (Cyllo leda L.), welcher zu derselben Familie gehört, sind die Augenflecken selbst noch variabler. In manchen Exemplaren (A, Fig. 53) sind grosse Stellen auf der oberen Fläche der Flügel schwarz gefärbt und enthalten unregelmässige weisse Zeichnungen, und von diesem Zustande aus lässt sich eine vollständige Stufenreihe verfolgen bis zu einem ziemlich vollkommenen Ocellus (A1); dieser ist das Resultat einer Zusammenziehung der unregelmässigen Farbenflecke. In einer andern Reihe von Exemplaren lässt sich eine Abstufung verfolgen von äusserst kleinen weissen Flecken, welche von einer kaum sichtbaren schwarzen Linie umgeben werden (B), zu vollkommen symmetrischen und grossen Augenflecken (B1).[48] In Fällen wie den vorstehenden erfordert die Entwicklung eines vollkommenen Ocellus keinen langen Verlauf von Abänderungen und Zuchtwahl.

[124] Bei Vögeln und vielen anderen Thieren scheint es nach der Vergleichung verwandter Species, als seien die kreisförmigen Flecken dadurch entstanden, dass Streifen unterbrochen und contrahirt wurden. Bei dem Tragopan-Fasan repräsentiren beim Weibchen weisse Linien die schönen weissen Flecken des Männchens;[49] und etwas derselben Art lässt sich in den beiden Geschlechtern des Argusfasans beobachten. Wie sich dies auch verhalten mag, so gibt es doch Erscheinungen, welche die Annahme sehr stark begünstigen, dass auf der einen Seite ein dunkler Flecken oft dadurch gebildet wird, dass der färbende Stoff nach einem Mittelpunkte hin von einer umgebenden Zone aus gezogen

Fig. 53. Cyllo leda L., nach einer Zeichnung von Mr. Trimen, die außerordentliche Weite der Abänderungen in den Ocellen darstellend.
A Exemplar von Mauritius, obere Fläche des Vorderflügels,
A1 Exemplar von Natal, ebenso;
B Exemplar von Java, obere Fläche des Hinterflügels,
B1 Exemplar von Mauritius, ebenso.

wird, welche hierdurch heller gemacht wird, und auf der anderen Seite, dass ein weisser Flecken oft dadurch gebildet wird, dass die Farbe von einem central gelegenen Punkte entfernt wird, so dass sie sich in einer umgebenden dunklen Zone anhäuft. In beiden Fällen ist ein Augenflecken das Resultat. Der färbende Stoff scheint in einer nahezu constanten Menge vorhanden zu sein, wird aber verschiedentlich vertheilt und zwar entweder centripetal oder centrifugal. Die Federn des gemeinen Perlhuhns bieten ein gutes Beispiel weisser Flecken dar, welche von dunkeln Zonen umgeben werden; und wo nur immer die weissen Flecken grösser sind und nahe bei einander stehen, da [125] fliessen die umgebenden dunkeln Zonen zusammen. Bei einer und derselben Schwungfeder des Argusfasans kann man dunkle Flecken sehen, welche von einer blassen Zone umgeben sind, und weisse Flecken innerhalb einer dunklen Zone. Es erscheint hiernach die Bildung eines Augenfleckens in seinem einfachsten Zustande eine einfache Angelegenheit zu sein. Auf welche weitere Weisen aber die complicirteren Augenflecken, welche von vielen aufeinanderfolgenden farbigen Zonen umgeben sind, sich gebildet haben, will ich nicht zu sagen wagen. Die gebänderten Federn der Mischlingsnachkommen von verschieden gefärbten Hühnern und die ausserordentliche Variabilität der Augenflecken bei vielen Schmetterlingen führen uns aber zu dem Schlusse, dass die Bildung dieser schönen Ornamente kein complicirter Process ist, sondern von irgend einer unbedeutenden und sich abstufenden Veränderung in der Natur der benachbarten Gewebe abhängt.

Abstufung secundärer Sexualcharactere. — Fälle von Abstufung sind von Wichtigkeit, da sie uns zeigen, dass sehr bedeutend complicirte Verzierungen durch kleine aufeinanderfolgende Stufen erhalten werden können. Um die wirklichen Stufen zu entdecken, auf welchen das Männchen irgend eines jetzt existirenden Vogels seine prachtvollen Farben oder anderen Verzierungen erhalten hat, müssten wir die lange Reihe seiner alten und ausgestorbenen Urerzeuger betrachten. Dies ist aber offenbar unmöglich. Wir können indessen allgemein einen Schlüssel zum Verständniss durch eine Vergleichung aller Species einer und derselben Gruppe, wenn dieselbe eine grosse ist, erhalten; denn einige von ihnen werden wahrscheinlich mindestens in einer partiellen Art und Weise Spuren ihrer früheren Merkmale beibehalten haben. Statt auf langweilige Einzelnheiten in Bezug auf verschiedene Gruppen einzugehen, aus welchen auffallende Beispiele solcher Abstufungen angeführt werden könnten, scheint es am Besten zu sein, ein oder zwei scharf characterisirte Fälle zu nehmen, z. B. den Pfauhahn, und zu untersuchen, ob auf diese Weise irgend welches Licht auf die Schritte geworfen werden kann, durch welche dieser Vogel so prachtvoll decorirt worden ist. Der Pfauhahn ist hauptsächlich merkwürdig wegen der ausserordentlichen Länge seiner Schwanzdeckfedern, wogegen der Schwanz selbst nicht bedeutend verlängert ist. Die Federfahnen sind fast der ganzen Länge dieser Federn entlang getrennt oder sind aufgelöst. Doch ist dies bei Federn vieler [126] Species der Fall und auch bei einigen Varietäten des Haushuhns und der Taube. Die einzelnen Fahnenäste treten nach der Spitze des Schaftes zu zusammen, um die ovale Scheibe oder den Augenflecken zu bilden, welcher sicherlich eines der schönsten Objecte der Welt ist. Ein solcher besteht aus einem iridescirenden intensiv blauen zahnförmig eingeschnittenen Mittelpunkte, umgeben von einer sattgrünen Zone. Diese wiederum wird von einer breiten kupferbraunen Zone und diese endlich von fünf anderen schmalen Zonen von unbedeutend verschieden

Fig. 54. Feder des Pfauhahns, ungefähr zwei Drittel der natürlichen Grösse, von Mr. Ford gezeichnet. Die durchscheinende Zone ist durch die äusserste weisse Zone dargestellt, welche auf das obere Ende der Scheibe beschränkt ist.

gefärbten iridescirenden Schattirungen umgeben. Vielleicht verdient ein unbedeutender Character in der Scheibe Beachtung. Den Fahnenästen fehlen, eine Strecke lang einer der concentrischen Zonen entsprechend, in höherem oder geringerem Grade die seitlichen Aestchen, so dass ein Theil der Scheibe von einer fast durchscheinenden Zone umgeben wird, welche derselben einen äusserst eleganten Anstrich gibt. Ich habe aber an einer anderen Stelle eine genau analoge Abänderung der Sichelfedern einer Untervarietät des Kampfhahns gegeben,[50] [127] bei welcher die Spitzen, welche einen metallischen Anstrich haben, „von dem unteren Theile der Feder durch eine symmetrisch geformte durchscheinende Zone getrennt werden, welche aus den nackten Theilen der Fahnenäste gebildet wird“. Der untere Rand oder die Basis des dunkelblauen Mittelpunktes des Augenfleckens ist in der Richtung des Schaftes mit einem tiefen zahnförmigen Einschnitte versehen. Die umgebenden Zonen zeigen, wie man in der Abbildung (Fig. 54) sehen kann, gleichfalls Spuren derartiger Einschnitte oder vielmehr Unterbrechungen. Diese zahnförmigen Einschnitte kommen dem indischen und javanischen Pfauhahne (Pavo cristatus und P. muticus) gemeinsam zu und sie schienen mir besondere Aufmerksamkeit zu verdienen, da sie wahrscheinlich mit der Entwickelung des Augenfleckens in Verbindung stehen; aber eine Zeit lang konnte ich ihre Bedeutung auch nicht einmal vermuthen.

Wenn wir das Princip der allmählichen Entwickelung für richtig halten, so müssen wir annehmen, dass früher viele Species existirt haben, welche jeden der einzelnen aufeinanderfolgenden Zustände zwischen den wunderbar verlängerten Schwanzdeckfedern des Pfauhahns und den kurzen Schwanzdeckfedern aller gewöhnlichen Vögel darboten; ferner ebenso Zwischenstufen zwischen den prachtvollen Augenflecken der ersteren und den einfachen Ocellen oder den einfach gefärbten Flecken anderer Vögel; und dasselbe gilt auch für alle übrigen Merkmale des Pfauhahns. Sehen wir uns unter den verwandten hühnerartigen Vögeln nach irgend welchen gegenwärtig noch bestehenden Abstufungen um. Die Species und Subspecies von Polyplectron bewohnen Länder, welche an das Heimathland des Pfauhahns grenzen, und sind diesem Vogel insoweit ähnlich, dass sie zuweilen Pfauenfasanen genannt werden. Mir hat auch Mr. Bartlett mitgetheilt, dass sie dem Pfauhahne in ihrer Stimme und in einigen Zügen ihrer Lebensweise ähnlich sind. Während des Frühjahrs stolziren, wie früher beschrieben wurde, die Männchen vor den vergleichsweise einfach gefärbten Weibchen einher, breiten ihren Schwanz und ihre Schwungfedern aus und richten sie auf, welche beide mit zahlreichen Augenflecken verziert sind. Ich ersuche den Leser, seinen Blick zurück auf die Zeichnung eines Polyplectron zu werfen (Fig. 51, S. 81). Bei P. Napoleonis sind die Augenflecken auf den Schwanz beschränkt und [128] der Rücken ist von einem reichen metallischen Blau, in welchen Beziehungen diese Species sich dem javanischen Pfauhahne nähert. P. Hardwickii besitzt einen eigenthümlichen Federstutz, in einer gewissen Weise dem derselben Pfauenart ähnlich. Die Augenflecken auf den Flügeln und dem Schwanze sämmtlicher Species von Polyplectron sind entweder kreisförmig oder oval und bestehen aus einer schönen iridescirenden grünlich-blauen oder grünlich-purpurnen Scheibe mit einem schwarzen Rande. Dieser Rand schattirt sich bei P. chinquis in braun ab, welches wieder mit blass-rosa umrändert ist, so dass der Augenflecken hier von verschiedenen, wenn auch nicht glänzend schattirten concentrischen Farbenzonen umgeben ist. Die ungewöhnliche Länge der Schwanzdeckfedern ist ein anderer äusserst merkwürdiger Character bei Polyplectron. Denn in einigen Species sind sie halb so lang und in anderen zwei Drittel so lang als die echten Schwanzfedern. Die Schwanzdeckfedern sind mit Augenflecken versehen, wie beim Pfauhahne. Es bilden hierdurch die verschiedenen Species von Polyplectron offenbar eine allmähliche Annäherung an den Pfauhahn und zwar in der Länge ihrer Schwanzdeckfedern, in den Zonen ihrer Augenflecken und in einigen anderen Characteren.

Fig. 55. Theil einer Schwanzdeckfeder von Polyplectron chinquis mit den beiden Ocellen, in natürlicher Grösse.
Trotz dieser Annäherung veranlasste mich beinahe doch die erste Species von Polyplectron, welche ich durch Zufall zur Untersuchung unter die Hände bekam, die ganze Prüfung aufzugeben; denn ich fand nicht nur, dass die wirklichen Schwanzfedern, welche beim Pfauhahne völlig gleich gefärbt sind, mit Augenflecken verziert waren, sondern auch dass die Augenflecke auf allen Federn fundamental von denen beim Pfauhahne verschieden waren und zwar dadurch, dass sich an einer und derselben Feder zwei solcher Flecken fanden (Fig. 55), einer auf jeder Seite des Schaftes. Ich kam hierdurch zu der Folgerung, dass die frühen Urerzeuger des Pfauhahns einem Polyplectron in gar keinem Grade ähnlich gewesen sein könnten.

Als ich aber meine Untersuchung fortsetzte, beobachtete ich, dass in einigen der Species die beiden Augenflecken einander sehr nahe [129] standen, dass bei den Schwanzfedern von P. Hardwickii sie sich einander berührten und endlich dass sie bei den Schwanzdeckfedern dieser letzteren Species ebenso wie bei P. malaccense (Fig. 56) factisch zusammenflossen.

Fig. 56. Theil einer Schwanzdeckfeder von Polyplectron malaccense mit den beiden Ocellen, welche theilweise zusammenfliessen; natürliche Grösse.
Da nur der centrale Theil Beider ineinander fliesst, so bleibt am oberen und unteren Ende ein zahnförmiger Einschnitt übrig, wie auch die umgebenden gefärbten Zonen gleichfalls eingezahnt sind. Hierdurch wird auf jeder Schwanzdeckfeder ein einfacher Augenflecken gebildet, wenngleich er noch deutlich seine Entstehung aus dem doppelten Flecken verräth. Diese zusammenfliessenden Augenflecken weichen von den einfachen Ocellen des Pfauhahns dadurch ab, dass sie einen zahnförmigen Einschnitt an beiden Enden besitzen, statt dass sie nur am unteren oder basalen Ende einen solchen hatten. Die Erklärung dieser Verschiedenheit ist indessen nicht schwierig. In einigen Arten von Polyplectron stehen die beiden ovalen Augenflecken auf einer und derselben Feder einander parallel, bei anderen Species (so bei P. chinquis) convergiren sie nach einem Ende hin. Es wird nun das theilweise Zusammenfliessen zweier convergirender Augenflecken offenbar einen viel tieferen Einschnitt an dem divergirenden Ende bestehen lassen, als an dem convergirenden Ende. Es ist auch ganz offenbar, dass wenn die Convergenz stark ausgesprochen und das Zusammenfliessen vollständig ist, die Indentation an dem convergirenden Ende völlig obliterirt zu werden strebt.

Die Schwanzfedern bei beiden Species des Pfauhahns sind völlig ohne Augenflecken, und dies steht offenbar in Beziehung zu dem Umstande, dass sie von den langen Schwanzdeckfedern verdeckt und verborgen werden. In dieser Beziehung weichen sie merkwürdig von den Schwanzfedern von Polyplectron ab, welche in den meisten Species mit grösseren Ocellen verziert sind, als diejenigen auf den Schwanzdeckfedern sind. Ich wurde hierdurch veranlasst, sorgfältig die Schwanzfedern der verschiedenen Species von Polyplectron zu untersuchen, um nachzusehen, ob die Augenflecken bei irgend einer derselben eine Neigung zum Verschwinden zeigten, und zu meiner Genugthuung hatte ich hierbei Erfolg. Die centralen Schwanzfedern von P. Napoleonis [130] haben beide Augenflecken auf jeder Seite des Schaftes vollständig entwickelt, aber der innere Augenflecken wird bei den mehr nach aussen gelegenen Schwanzfedern immer weniger und weniger deutlich, bis an der inneren Seite der äussersten Feder ein blosser Schatten oder eine rudimentäre Spur eines Fleckens übrig bleibt. Ferner sind, wie wir gesehen haben, bei P. malaccense die Augenflecken an den Schwanzdeckfedern zusammenfliessend, und diese Federn selbst sind von einer ungewöhnlichen Länge, indem sie zwei Drittel der Länge der Schwanzfedern betragen, so dass in diesen beiden Beziehungen sie den Schwanzdeckfedern des Pfauhahns ähnlich sind. Bei dieser Species nun sind nur die beiden centralen Schwanzfedern und zwar jede mit zwei hell gefärbten Ocellen verziert, während der innere Augenflecken von allen übrigen Schwanzfedern völlig verschwunden ist. Es bilden folglich die Schwanzdeckfedern und die Schwanzfedern dieser Species von Polyplectron eine bedeutende Annäherung in der Structur und Verzierung an die entsprechenden Federn des Pfauhahns dar.

So weit denn nun das Princip der Abstufung irgend welches Licht auf die Schritte wirft, durch welche das prachtvolle Gehänge des Pfauhahns erlangt worden ist, braucht kaum noch irgend etwas weiter nachgewiesen zu werden. Wenn wir uns im Geiste einen Urerzeuger des Pfauhahns in einem beinahe genau intermediären Zustande zwischen dem jetzt existirenden Pfauhahne mit seinen enorm verlängerten Schwanzdeckfedern, die mit einfachen Augenflecken verziert sind, und einem gewöhnlichen hühnerartigen Vogel mit kurzen Schwanzdeckfedern, die bloss mit etwas Farbe gefleckt sind, vormalen, so erhalten wir das Bild eines mit Polyplectron verwandten Vogels; d. h. eines Vogels, welcher der Aufrichtung und Entfaltung fähige, mit zwei zum Theil zusammenfliessenden Augenflecken verzierte und fast bis zum Verbergen der eigentlichen Schwanzfedern verlängerte Schwanzdeckfedern besitzt, während die letzteren bereits ihre Augenflecken zum Theil verloren haben. Der zahnförmige Einschnitt der centralen Scheibe und der umgebenden Ringe der Augenflecken in beiden Species von Pfauen scheint mir deutlich zu Gunsten dieser Ansicht zu sprechen, und es wäre diese Structur auch sonst unerklärlich. Die Männchen von Polyplectron sind ohne Zweifel sehr schöne Vögel; es kann aber ihre Schönheit, wenn sie aus einer geringeren Entfernung betrachtet werden, mit der des Pfauhahns nicht verglichen werden. Viele weibliche Vorfahren des Pfauen müssen während einer langen Descendenzreihe [131] diese Superiorität gewürdigt haben; denn sie haben unbewusst durch das fortgesetzte Vorziehen der schönsten Männchen den Pfauhahn zum glänzendsten aller lebenden Vögel gemacht.

Argusfasan. — Einen anderen ausgezeichneten Fall zur Untersuchung bieten die Augenflecken auf den Schwungfedern des Argusfasans dar, welche in einer so wundervollen Weise schattirt sind, dass sie innerhalb Sockeln liegenden Kugeln gleichen, und welche daher von den gewöhnlichen Augenflecken verschieden sind. Ich glaube, es wird wohl Niemand diese Schattirung, welche die Bewunderung vieler erfahrener Künstler erregt hat, dem Zufall zuschreiben, — dem zufälligen Zusammentritte von Atomen gefärbter Substanzen. Dass diese Ornamente sich durch eine behufs der Paarung ausgeübte Auswahl vieler aufeinanderfolgender Abänderungen gebildet haben sollten, von denen nicht eine einzige ursprünglich bestimmt war, diese Wirkung einer Kugel im Sockel hervorzubringen, scheint so unglaublich, als dass sich eine von Raphael's Madonnen durch die Wahl zufällig von einer langen Reihe jüngerer Künstler hingekleckster Schmierereien gebildet hätte, von denen nicht eine einzige ursprünglich bestimmt war, die menschliche Figur wiederzugeben. Um zu entdecken, in welcher Weise sich die Augenflecken bestimmt entwickelt haben, können wir auf keine lange Reihe von Urerzeugern blicken, auch nicht auf verschiedene nahe verwandte Formen, denn solche existiren nicht; aber glücklicher Weise geben uns die verschiedenen Federn am Flügel einen Schlüssel zur Lösung des Problems und sie beweisen demonstrativ, dass eine Abstufung von einem einfachen Flecken bis zu einem vollendeten Kugel- und Sockel-Ocellus wenigstens möglich ist.

Die die Augenflecken tragenden Schwungfedern sind mit dunklen Streifen (Fig. 57) oder Reihen dunkler Punkte (Fig. 59) bedeckt, wobei jeder Streifen oder jede Reihe schräg an der äusseren Seite des Schaftes nach einem Augenflecke hinläuft. Die dunklen Punkte sind meist in querer Richtung in Bezug auf die Reihe, in welcher sie stehen, verlängert. Sie werden oft zusammenfliessend entweder in der Richtung der Reihe — und dann bilden sie einen longitudinalen Streifen — oder quer, d. h. mit den Flecken in den benachbarten Reihen, und dann bilden sie quere Streifen. Zuweilen löst sich ein Flecken in kleine Flecken auf, welche noch immer an ihren betreffenden Plätzen stehen.

[132]
Fig. 57. Theil einer Schwungfeder zweiter Ordnung vom Argusfasan, welcher zwei vollständige Augenflecken (a und b) zeigt. A, B, C dunkle Streifen, welche schräg nach abwärts laufen, ein jeder zu einem Ocellus.
(Von der Fahne ist auf beiden Seiten, besonders links vom Schafte, ein grosses Stück abgeschnitten werden).
Es dürfte angemessen sein, zuerst einen vollkommenen Kugel- und Sockel-Augenflecken zu beschreiben. Ein solcher besteht aus einem intensiv schwarzen, kreisförmigen Ringe, welcher einen Raum umgibt, der genau so abschattirt ist, dass er einer Kugel ähnlich wird. Die hier mitgetheilte Abbildung ist von Mr. Ford wunderbar genau gezeichnet und in Holz geschnitten worden. Es kann aber ein Holzschnitt die ausgezeichnete Schattirung des Originals nicht wiedergeben. Der Ring ist beinahe immer an einem in der oberen Hälfte liegenden Punkte etwas nach rechts und nach oben von dem weissen Lichte der eingeschlossenen Kugel unbedeutend unterbrochen (s. Fig. 57), zuweilen ist er auch nach der Basis zu an der rechten Seite unterbrochen. Diese kleinen Unterbrechungen haben eine wichtige Bedeutung. Der Ring ist nach dem linken oberen Winkel, wenn man die Feder aufrecht hält, in welcher Stellung sie hier gezeichnet ist, immer sehr verdickt, wobei die Ränder sehr undeutlich umschrieben sind. Unter diesem verdickten Theile findet sich auf der Oberfläche der Kugel eine schräge, beinahe rein weisse Zeichnung, welche nach abwärts in einen blassbleifarbigen Ton abschattirt ist, und diese geht wieder in gelbliche und braune Färbungen über, welche nach dem unteren Theile der Kugel unmerklich dunkler und dunkler werden. Es ist gerade diese Schattirung, welche in einer so wunderbaren Weise die Wirkung hervorbringt, als scheine Licht auf eine convexe Oberfläche. Untersucht man eine dieser Kugeln, so wird man finden, dass der untere Theil von einer braunen Färbung und undeutlich durch eine gekrümmte schräge Linie von dem oberen Theile geschieden ist, welcher gelber und mehr bleiern aussieht.

Diese gekrümmte schräge [133] Linie läuft in rechtem Winkel auf die längere Achse des weissen Lichtflecks und in der That aller Schattirungen. Aber diese Verschiedenheit in den Tinten, welche natürlich im Holzschnitt nicht wiedergegeben werden kann, stört nicht im allermindesten die vollkommene Schattirung der Kugel. Man muss noch besonders beachten, dass jeder Augenflecken in offenbarem Zusammenhange entweder mit einem dunklen Streifen oder mit einer Reihe dunkler Flecken steht, denn beide kommen ganz indifferent an einer und derselben Feder vor. So läuft in Figur 57 der Streifen A zu dem Augenflecken a, der Streifen B läuft zu dem Flecken b, der Streifen C ist in dem oberen Theile unterbrochen und läuft abwärts zu dem nächstfolgenden Augenflecken, welcher im Holzschnitte nicht mehr dargestellt ist, D zu dem nächsten unteren; dasselbe gilt für die Streifen E und F. Endlich werden die verschiedenen Augenflecken durch eine blasse Fläche, welche unregelmässige schwarze Zeichnungen trägt, von einander getrennt.

Fig. 58. Basaler Theil der Schwungfeder zweiter Ordnung, zunächst dem Körper.
Ich will nun zunächst das andere Extrem der Reihe beschreiben, nämlich die erste Spur eines Augenflecken. Die kurze Schwinge zweiter Ordnung (Fig. 58) zunächst dem Körper ist wie die übrigen Federn mit schrägen longitudinalen im Ganzen unregelmässigen Reihen von Flecken gezeichnet. Der unterste Flecken, oder der am nächsten dem Schafte, ist in den fünf unteren Reihen (mit Ausnahme der basalen Reihe) um ein Weniges grösser als die anderen Flecken in derselben Reihe und ein wenig mehr in einer queren Richtung verlängert. Er weicht auch von anderen Flecken dadurch ab, dass er an seiner oberen Seite mit einigen mattgelben Schattirungen gerändert ist. Es ist aber dieser Flecken in keiner Weise merkwürdiger, als die am Gefieder vieler Vögel auftretenden, und kann leicht völlig übersehen werden. Der nächst höhere Flecken in jeder Reihe weicht durchaus nicht von den oberen in derselben Reihe ab, obschon er, wie wir sehen werden, in den folgenden Reihen bedeutend modificirt wird.

Die grösseren Flecken [134] nehmen genau dieselbe relative Stellung an dieser Feder ein, wie die vollkommenen Augenflecken an den längeren Schwungfedern.

Betrachtet man die nächsten zwei oder drei folgenden Schwingen zweiter Ordnung, so lässt sich eine absolut unmerkbare Abstufung von einem der eben beschriebenen unteren Flecken in Verbindung mit den nächst höheren in derselben Reihe bis zu einer merkwürdigen Verzierung verfolgen, welche nicht ein Augenflecken genannt werden kann und welche ich aus Mangel eines besseren Ausdrucks ein „elliptisches Ornament“ nennen will. Diese werden in der nebenstehenden Figur erläutert (Fig. 59). Wir sehen hier mehrere schräge Reihen von Flecken des gewöhnlichen Characters A, B, C, D, (s. die mit Buchstaben versehene Umrisszeichnung). Jede Reihe von Flecken läuft abwärts nach einem der elliptischen Ornamente hin und steht mit ihm in Verbindung, in genau derselben Weise wie jeder Streifen in Figur 57 abwärts zu einem der Kugel- und Sockel-Augenflecken läuft und mit diesem in Verbindung steht. Fasst man irgend eine Reihe in das Auge, z. B. B, so ist der unterste Flecken oder die unterste Zeichnung (b) dicker und beträchtlich länger als die oberen Flecken und sein linkes Ende ist zugespitzt und nach oben gekrümmt. Die schwarze Zeichnung wird an ihrer oberen Seite direct von einem ziemlich breiten Raume reich schattirter Färbungen eingefasst, welche mit einer schmalen braunen Zone beginnen, die wieder in eine orangene und diese in eine blasse bleifarbige Färbung übergeht, wobei das Ende nach dem Schafte hin blässer ist. Die abschattirten Färbungen füllen zusammen den ganzen inneren Raum des elliptischen Ornaments aus. Die Zeichnung (b) entspricht in jeder Beziehung dem basalen schattirten Flecken der einfachen Feder, welcher in dem letzten Absatze (Fig. 58) beschrieben wurde, ist aber viel weiter entwickelt und viel heller gefärbt. Nach oberhalb und rechts von diesem Flecken (b, Fig. 59) mit seiner hellen Schattirung findet sich eine lange schmale schwarze Zeichnung (c), welche zu derselben Reihe gehört und welche ein wenig nach abwärts gekrümmt ist, so dass sie b gegenübersteht. Diese Zeichnung ist zuweilen in zwei Partien getheilt. Sie wird auch an der unteren Seite von einer gelblichen Färbung schmal gerändert. Nach links und oben von c findet sich in derselben schrägen Richtung, aber immer mehr oder weniger abgesetzt von ihr, eine andere schwarze Zeichnung (d). Diese Zeichnung ist allgemein subtriangulär und in der Form unregelmässig, aber die in der Umrisszeichnung mit [135] dem Buchstaben versehene ist ungewöhnlich verlängert und regelmässig. Sie besteht dem Anscheine nach aus einer seitlichen und unterbrochenen Verlängerung der Zeichnung c, und ist wohl auch mit einem abgelösten und verlängerten Theil des zunächst folgenden obern Flecken zusammengeflossen; doch bin ich hierüber nicht sicher. Diese drei Zeichnungen b, c und d, mit den dazwischen tretenden helleren Schattirungen bilden zusammen das sogenannte elliptische Ornament. Diese Ornamente stehen in einer dem Schafte parallelen Reihe und

Fig. 59. Abschnitt einer der Schwungfedern zweiter Ordnung nahe am Körper, die sogenannten elliptischen Ornamente zeigend. Die Figur rechts ist nur als schematischer Umriss beigegeben worden wegen der Buchstabenzeichnung.
A, B, C, D u. s. f. Reihen von Flecken, welche nach abwärts zu den elliptischen Ornamenten laufen und diese bilden.
b Unterster Flecken oder Zeichnung in der Reihe B.
c der nächst folgende Flecken oder die nächste Zeichnung in derselben Reihe.
d Allem Anscheine nach eine unterbrochene Verlängerung des Fleckens c in der Reihe B.

entsprechen offenbar ihrer Lage nach den Kugel- und Sockel-Augenflecken. Ihre ausserordentlich elegante Erscheinung kann nach der Zeichnung nicht gewürdigt werden, da die orangenen und bleifarbigen Färbungen, die so schön mit den schwarzen Färbungen contrastiren, nicht dargestellt werden können.

Zwischen einem der elliptischen Ornamente und einem vollkommenen Kugel- und Sockel-Augenflecken ist die Abstufung so vollkommen, dass es kaum möglich zu entscheiden ist, wenn der letztere Ausdruck in Gebrauch treten soll. Der Uebergang von dem einen in [136] das andere wird durch die Verlängerung und grössere Krümmung in entgegengesetzten Richtungen der unteren schwarzen Zeichnung (b, Fig. 59) und besonders noch der obern (c) in Verbindung mit einem Zusammenziehen der unregelmässigen subtriangulären oder schmalen Zeichnung (d) bewirkt, so dass endlich diese drei Zeichnungen zusammenfliessend werden und einen regelmässigen elliptischen Ring bilden. Dieser Ring wird allmählich mehr und mehr kreisförmig und regelmässig, während er in derselben Zeit an Durchmesser zunimmt. Ich habe hier eine Zeichnung eines noch nicht ganz vollkommenen Augenfleckens in natürlicher Grösse gegeben (Fig. 60). Der untere Theil des schwarzen Ringes ist viel stärker gekrümmt als die untere Zeichnung im elliptischen Ornament (b, Fig. 59). Der obere Theil des Ringes besteht aus zwei oder drei getrennten Partien; von der Verdickung des Theils, welcher die schwarze Zeichnung oberhalb der weissen Schattirung bildet, findet sich nur eine Spur. Dieser weisse Ton selbst ist noch nicht sehr concentrirt; unter ihm ist die Oberfläche heller gefärbt als in einem vollkommenen Kugel- und Sockel-Augenflecken. Spuren der Verbindung der drei oder vier verlängerten schwarzen Flecken oder Zeichnungen, aus denen der Ring gebildet wurde, können noch selbst in den vollkommensten Augenflecken beobachtet werden. Die unregelmässige subtrianguläre oder schmale Zeichnung (d, Fig. 59) bildet offenbar durch ihre Zusammenziehung und Ausgleichung die verdickte Partie des Ringes oberhalb der weissen Zeichnung eines vollkommenen Kugel- und Sockel-Augenfleckens. Der untere Theil des Ringes ist ausnahmslos ein wenig dicker als die anderen Theile (s. Fig. 57), und dies folgt daraus, dass die untere schwarze Zeichnung des elliptischen Ornaments (b, Fig. 59) ursprünglich dicker war als die obere Zeichnung (c). In dem Processe des Zusammenfliessens und der Modification kann jeder einzelne Schritt verfolgt werden, und der schwarze Ring, welcher die Kugel des Ocellus umgibt, wird ohne Frage durch die Verbindung und Modification der drei schwarzen Zeichnungen b, c, d, des elliptischen Ornamentes gebildet. Die unregelmässigen schwarzen Zickzackzeichnungen zwischen den aufeinanderfolgenden Augenflecken (s. wiederum Fig. 57) sind offenbar Folge davon, dass die etwas regelmässigeren, aber ähnlichen Zeichnungen zwischen den elliptischen Ornamenten unterbrochen werden.

Die aufeinanderfolgenden Abstufungen in der Schattirung der Kugel- und Sockel-Augenflecken können mit gleicher Deutlichkeit verfolgt [137] werden.

Fig. 60. Die Augenflecken in einem intermediären Zustand zwischen dem elliptischen Ornament und dem vollkommenen Kugel- u. Sockel-Augenflecken.
Es lässt sich beobachten, wie die braunen, orangenen und blass-bleifarbenen schmalen Zonen, welche die untere schwarze Zeichnung des elliptischen Ornaments begrenzen, sich allmählich immer mehr und mehr ausgleichen und in einander abschattiren, wobei der obere hellere Theil nach dem Winkel linker Hand immer heller wird, so dass er fast weiss erscheint und gleichzeitig zusammengezogen wird. Aber selbst in dem vollkommensten Kugel- und Sockel-Ocellus lässt sich eine unbedeutende Verschiedenheit in der Färbung, wenn auch nicht in der Schattirung, zwischen den oberen und unteren Theilen der Kugel beobachten (wie vorher ausdrücklich erwähnt wurde). Denn die Trennungslinie verläuft schräg in derselben Richtung mit den hell gefärbten Lichtern des elliptischen Ornamentes. Es lässt sich in dieser Weise zeigen, dass fast jedes minutiöse Detail in der Form und Färbung der Kugel- und Sockel-Augenflecken aus allmählichen Veränderungen an den elliptischen Ornamenten hervorgeht; und die Entwickelung der letzteren kann durch in gleicher Weise unbedeutende Schritte aus der Vereinigung zweier beinahe einfacher Flecken verfolgt werden, von denen der untere (Figur 58) an seiner oberen Seite eine kleine, mattgelbliche Schattirung zeigt.

Die Enden der längeren Schwungfedern zweiter Ordnung, welche die vollkommenen Kugel- und Sockel-Augenflecken tragen, sind in eigenthümlicher Weise verziert (Fig. 61). Die schrägen longitudinalen Streifen hören nach oben hin plötzlich auf und werden unregelmässig, und oberhalb dieser Grenze ist das ganze obere Ende der Feder (a) mit weissen, von kleinen schwarzen Ringen umgebenen Flecken bedeckt, welche auf einem dunkeln Grunde stehen. Selbst der schräge Streifen, welcher zu dem obersten Augenflecken gehört (b), wird nur durch eine sehr kurze, unregelmässige schwarze Zeichnung mit der gewöhnlichen gekrümmten queren Basis dargestellt. Da dieser Streifen hiermit nach oben plötzlich abgeschnitten wird, so können wir nach dem, was vorausgegangen ist, vielleicht verstehen, wie es kommt, [138] dass der obere verdickte Theil des Ringes bei dem obersten Augenflecken fehlt; denn wie früher angegeben wurde, wird dieser verdickte Theil allem Anscheine nach durch eine unterbrochene Verlängerung des nächst höheren Fleckens in derselben Reihe gebildet. Wegen der Abwesenheit des oberen und verdickten Theiles des Ringes erscheint der oberste Augenflecken, trotzdem er in allen übrigen Beziehungen vollkommen ist, so, als wenn sein oberes Ende schräg abgeschnitten wäre. Ich glaube, es würde Jedermann, welcher glaubt, dass das Gefieder des Argusfasans so wie wir es jetzt sehen erschaffen sei, in Verlegenheit bringen, sollte er den unvollkommenen Zustand der obersten Augenflecken erklären. Ich will noch hinzufügen, dass bei den vom Körper entferntesten Schwungfedern zweiter Ordnung alle Augenflecken kleiner und weniger vollkommen sind als an den übrigen Federn und dass bei ihnen der obere Theil des Rings fehlt, wie in dem eben erwähnten Falle. Hier scheint die Unvollkommenheit mit der Thatsache in Verbindung zu stehen, dass die Flecken an dieser Feder weniger als gewöhnlich die Neigung zeigen, zu Streifen zusammenzufliessen; sie werden im Gegentheile oft in kleinere Flecken aufgelöst, so dass zwei oder drei nach abwärts zu jedem Augenflecken laufen.

Noch ein anderer, sehr merkwürdiger Punkt, den Mr. T. W. Wood zuerst bemerkt hat,[51] verdient unsre Aufmerksamkeit. Auf einer mir von Mr. Ward gegebenen Photographie eines ausgestopften Exemplars im Acte der Entfaltung kann man an den senkrecht gehaltenen Federn sehen, dass die weissen Zeichnungen an den Augenflecken, welche das von einer convexen Oberfläche reflectirte Licht darstellen, an dem obern oder ferneren Ende liegen, d. h. dass sie aufwärts gerichtet sind; und natürlich wird der Vogel, wenn er auf der Erde stehend seine Reize entfaltet, von oben beleuchtet werden. Nun kommt der merkwürdige Punkt: die äusseren Federn werden fast horizontal gehalten, und da deren Augenflecke gleichfalls als von oben beleuchtet erscheinen sollten, so müssten die weissen Zeichnungen an der obern Seite der Augenflecken angebracht sein. So wunderbar die Thatsache auch ist: sie finden sich factisch dort angebracht! Obgleich daher die Augenflecken auf den einzelnen Federn sehr verschiedene Stellungen in Bezug auf das Licht einnehmen, so erscheinen sie doch alle als von oben beleuchtet, genau so wie ein Maler sie schattirt haben würde. [139] Trotzdem sind sie aber nicht ganz genau von demselben Punkte aus beleuchtet, wie es der Fall sein sollte; denn die weissen Zeichnungen der Federn, welche beinahe horizontal gehalten werden, sind etwas zu weit nach dem ferneren Ende hin gestellt, d. h. sie stehen nicht hinreichend seitlich. Wir haben indessen kein Recht, absolute Vollkommenheit in einem durch geschlechtliche Zuchtwahl ornamental gemachten Theile zu erwarten, ebensowenig wie wir eine solche in einem durch natürliche Zuchtwahl zu einem realen Zwecke modificirten Theile erwarten dürfen, z. B. in jenem wunderbaren Organe, dem menschlichen Auge. Wir wissen ja, was Helmholtz, die höchste Autorität in Europa über diesen Gegenstand, über das menschliche Auge gesagt hat, nämlich, dass er, wenn ihm ein Optiker ein so nachlässig gearbeitetes Instrument verkaufte, sich vollständig berechtigt halten würde, es ihm zurückzugeben.[52]

Fig. 61. Stück einer der Schwungfedern zweiter Ordnung nahe der Spitze, vollkommene Kugel- und Sockel-Augenflecke tragend.
a. Verzierter oberer Theil.
b. Oberster, unvollkommener Kugel- und Sockel-Augenfleck (die Schattirung oberhalb der weissen Zeichnung auf der Spitze des Ocellus ist hier ein wenig zu dunkel).
c. Vollkommener Augenfleck.

Wir haben nun gesehen, dass eine vollkommene Reihe von einfachen Flecken bis zu den wundervollen Kugel- und Sockelverzierungen sich verfolgen lässt. Mr. Gould, welcher mir einige dieser Federn freundlichst überliess, stimmt durchaus mit mir in Bezug auf die Vollständigkeit der Abstufung überein. Offenbar zeigen uns die von den Federn eines und des nämlichen Vogels dargebotenen Entwickelungsstufen durchaus nicht nothwendig die Schritte an, durch welche die ausgestorbenen Urerzeuger der Species hindurchgegangen sind; sie geben uns aber wahrscheinlich den Schlüssel für das Verständniss der wirklichen Schritte und beweisen mindestens bis zur Demonstration, dass eine Abstufung möglich ist. Vergegenwärtigen wir uns, wie sorgfältig der männliche Argusfasan seine Schmuckfedern vor dem Weibchen entfaltet, ebenso [140] wie die vielen anderen Thatsachen, welche es wahrscheinlich machen, dass weibliche Vögel die anziehenderen Männchen vorziehen, so wird Niemand, der die Wirksamkeit geschlechtlicher Zuchtwahl zugibt, läugnen können, dass ein einfacher dunkler Flecken mit einer mattgelblichen Schattirung durch die Annäherung und Modification zweier benachbarter Flecken in Verbindung mit einer unbedeutenden Verstärkung der Färbung in eines der sogenannten elliptischen Ornamente umgewandelt werden kann. Diese letzteren Verzierungen sind vielen Personen gezeigt worden und alle haben zugegeben, dass sie schön sind. Einige halten sie sogar für schöner als die Kugel- und Sockel-Augenflecken. In der Weise wie die Schwungfedern zweiter Ordnung durch geschlechtliche Zuchtwahl verlängert wurden und die elliptischen Ornamente im Durchmesser zunahmen, wurden ihre Farben dem Anscheine nach weniger hell; und es musste nun die Verzierung der Schmuckfedern durch Verbesserungen der Zeichnung und Schattirung erreicht werden. Dieser Vorgang ist nun eingetreten bis zur endlichen Entwickelung der wundervollen Kugel- und Sockel-Augenflecken. In dieser Weise — und wie mir scheint in keiner anderen — können wir den jetzigen Zustand und den Ursprung der Verzierungen auf den Schwungfedern des Argusfasans verstehen.

In Folge des Lichtes, welches das Princip der Abstufung uns gibt, — nach dem, was wir von den Gesetzen der Abänderung wissen, — nach den Veränderungen, welche in vielen unserer domesticirten Vögel stattgefunden haben, — und endlich (wie wir später noch deutlicher sehen werden) nach dem Character des Jugendgefieders jüngerer Vögel können wir zuweilen mit einem gewissen Grade von Vertrauen die wahrscheinlichen Schritte andeuten, durch welche die Männchen ihr brillantes Gefieder und ihre verschiedenen Verzierungen erlangt haben. Doch sind wir in vielen Fällen in völlige Dunkelheit gehüllt. Vor mehreren Jahren machte mich Mr. Gould auf einen Colibri aufmerksam, die Urosticte Benjamini, welcher wegen der eigenthümlichen Verschiedenheit, die die beiden Geschlechter darbieten, merkwürdig ist. Das Männchen hat ausser einer glänzenden Kehle grünlichschwarze Schwanzfedern, von denen die vier centralen mit Weiss gespitzt sind. Bei dem Weibchen sind, wie bei den meisten der verwandten Species, die drei äusseren Schwanzfedern auf jeder Seite mit Weiss an der Spitze versehen, so dass das Männchen die vier centralen, das Weibchen dagegen die sechs äusseren Federn mit weissen Spitzen verziert besitzt. [141] Was den Fall so eigenthümlich macht, ist, dass, obgleich die Färbung des Schwanzes in beiden Geschlechtern vieler Arten von Colibri's verschieden ist, Mr. Gould doch nicht eine einzige Species ausser der Urosticte kennt, bei welcher das Männchen die vier centralen Federn mit weisser Spitze versehen hätte.

Der Herzog von Argyll bespricht diesen Fall,[53] übergeht die geschlechtliche Zuchtwahl und frägt, „welche Erklärung gibt das Gesetz der natürlichen Zuchtwahl für solche specifische Varietäten, wie diese?“ Er antwortet: „durchaus keine“, und ich stimme mit ihm vollkommen überein. Kann dies aber mit gleicher Zuversicht von der geschlechtlichen Zuchtwahl gesagt werden? Wenn man sieht, in wie vielfacher Weise die Schwanzfedern der Colibri's verschieden sind, warum könnten nicht die vier centralen Federn allein in dieser einzigen Species so variirt haben, dass sie weisse Spitzen erlangten? Die Abänderungen können allmählich, oder auch etwas plötzlich eingetreten sein, wie in dem neuerdings mitgetheilten Falle der Colibri's in der Nähe von Bogota, an denen nur bei gewissen Individuen „die centralen Schwanzfedern wunderschöne grüne Spitzen haben“. Bei den Weibchen der Urosticte bemerkte ich äusserst kleine oder rudimentäre weisse Spitzen an den zwei äusseren der vier centralen schwarzen Schwanzfedern, so dass wir hier eine Andeutung einer Veränderung irgend welcher Art in dem Gefieder dieser Species vor uns sehen. Geben wir die Möglichkeit zu, dass die centralen Schwanzfedern des Männchens in ihrem Weisswerden variiren, so liegt darin nichts Fremdartiges, dass derartige Variationen von der geschlechtlichen Wahl berücksichtigt worden sind. Die weissen Spitzen tragen in Verbindung mit den kleinen weissen Ohrbüscheln, wie der Herzog von Argyll zugibt, sicherlich zur Schönheit des Männchens bei, und die weisse Farbe wird allem Anscheine nach von allen anderen Vögeln gewürdigt, wie sich aus derartigen Fällen schliessen lässt, wie das schneeweisse Männchen des Glockenvogels einen solchen darbietet. Die von Sir R. Heron gemachte Angabe sollte nicht in Vergessenheit kommen, dass nämlich seine Pfauhennen, als sie vom Zutritte zu dem gefleckten Pfauhahne abgeschnitten waren, mit keinem anderen Männchen sich verbinden wollten und während dieses Jahres keine Nachkommen producirten. Es ist auch nicht befremdend, dass Abänderungen an den [142] Schwanzfedern der Urosticte speciell des Ornamentes wegen ausgewählt sein sollten. Denn das nächstfolgende Genus in der Familie erhält seinen Namen Metallura von dem Glanze dieser Federn. Ueberdies haben wir gute Belege dafür, dass Colibri's sich besondre Mühe geben, ihre Schwanzfeder sehen zu lassen. Mr. Belt schildert die Schönheit der Florisuga mellivora[54] und fährt dann fort: „Ich habe ein Weibchen auf einem Zweige sitzen und zwei Männchen ihre Reize vor ihm entfalten sehen. Das eine schiesst auf wie eine Rackete, breitet dann plötzlich seinen schneeweissen Schwanz wie einen umgestülpten Fallschirm aus und senkt sich langsam vor ihm nieder, sich allmählich herumdrehend, um sich von vorn und von hinten zu zeigen.... Der ausgebreitete weisse Schwanz nahm mehr Raum ein als der ganze übrige Vogel und bildete offenbar den hervorstechendsten Zug in der ganzen Vorstellung. Während das eine Männchen sich herabliess, schoss das andre in die Höhe und kam dann ausgebreitet langsam herab. Dies Spiel endet dann in einem Kampfe zwischen den beiden Darstellern; ob aber der schönste oder der kampfsüchtigste der angenommene Liebhaber war, weiss ich nicht“. Nachdem Mr. Gould das eigenthümliche Gefieder der Urosticte beschrieben hat, fügt er hinzu: „dass Verzierung und Abwechselung der einzige Zweck hierbei ist, darüber besteht bei mir nur wenig Zweifel“.[55] Wird dies zugegeben, so können wir einsehen, dass die Männchen, welche in der elegantesten und neuesten Art und Weise gekleidet waren, einen Vortheil erlangten, und zwar nicht im gewöhnlichen Kampfe um's Dasein, sondern in dem Rivalisiren mit anderen Männchen, und dass sie folglich eine grössere Zahl von Nachkommen hinterliessen, um ihre neu erlangte Schönheit zu vererben.


  1. Nordmann beschreibt (Bullet. Soc. Imp. des Natur. de Moscou, 1861. Tom. XXXIV, p. 264) das Balzen des Tetrao urogalloides in dem Amur-Lande. Er schätzt die Zahl der sich versammelnden Männchen auf über ein Hundert, ohne die Weibchen, welche in den umgebenden Sträuchen verborgen liegen, mitzuzählen. Die dabei ausgestossenen Geräusche weichen von denen des T. urogallus, des Auerhahns, ab.
  2. In Bezug auf die Versammlungen der oben erwähnten Waldhühner s. Brehm, Thierleben, Bd. 4, S. 350; auch L. Lloyd, Game Birds of Sweden, 1867, p. 19, 78. Richardson, Fauna Bor. Americana, Birds, p. 362. Belegstellen in Bezug auf die Versammlungen anderer Vögel sind früher angeführt worden. Ueber Paradisea s. Wallace, in: Annals and Magaz. of Natur. Hist., 2. Ser. Vol. XX, 1857, p. 412. Ueber die Bekassinen: Lloyd, a. a. O. p. 221.
  3. citirt von T. W. Wood, in: „Student“, April 1870, p. 125.
  4. Gould, Handbook to the Birds of Australia, Vol. I, p. 300, 308, 448, 451. Ueber das Schneehuhn, was oben erwähnt wurde, s. Lloyd, a. a. O., p. 129.
  5. Ueber Elstern s. Jenner, in: Philosoph. Transact., 1824, p. 21. Macgillivray, History of British Birds, Vol. I, p. 570. Thompson, in: Annals and Magaz. of Natur. Hist., Vol. III, 1842, p. 494.
  6. Ueber den Wanderfalken s. Thompson, Natur. History of Ireland: Birds, Vol. I, 1849, p. 39. Ueber Eulen, Sperlinge und Rebhühner s. White, Natur. History of Selborne. Ausgabe von 1825, Vol. I, p. 139. Ueber die Phoenicura s. London's Magaz. of Natur. Hist., Vol. VII, 1834, p. 245. Brehm (Thierleben, Bd. 4, S. 991) erwähnt gleichfalls mehrerer Fälle, wo sich Vögel während eines und desselben Tages dreimal von neuem paarten.
  7. s. White (Natur. History of Selborne, 1825. Vol. I, p. 140), über das Vorkommen kleiner Bruten männlicher Rebhühner zeitig im Jahre; von welcher Thatsache ich noch andere Beispiele habe anführen hören, s. Jenner, über den zurückgebliebenen Zustand der Generationsorgane bei gewissen Vögeln, in: Philosoph. Transact., 1824. In Bezug auf Vögel, welche zu Dreien leben, verdanke ich Mr. Jenner Weir die Mittheilung der Fälle vom Staare und den Papageien, und Mr. Fox den von den Rebhühnern. Ueber Krähen s. „The Field,“ 1868, p. 415. Ueber das Singen verschiedener Vögel noch nach der eigentlichen Zeit s. L. Jenyns, Observations in Natural History. 1846, p. 87.
  8. Nach der Autorität des Honor. O. W. Forester hat Mr. J. O. Morris den folgenden Fall mitgetheilt (The Times, Aug. 6., 1868). Der Wildwart hier „fand in diesem Jahre ein Habichtsnest mit fünf Jungen darin. Er nahm vier davon und tödtete sie, liess aber einen mit gekappten Flügeln übrig um als Lockvogel beim Zerstören der Alten zu dienen. Diese wurden beide am nächsten Tage geschossen, als sie damit beschäftigt waren, den jungen zu füttern; und der Wärter glaubte, die Sache sei abgemacht. Den nächsten Tag kam er wieder und fand zwei andere mitleidige Habichte, welche mit Adoptivgefühlen herbeigekommen waren, dem Waisenkinde zu helfen. Diese beiden wurden wieder geschossen und das Nest verlassen. Als er später wiederkehrte, fand er zwei weitere mitleidige Individuen bei demselben Wohlthätigkeitsgeschäft thätig. Einen von diesen tödtete er; den andern schoss er gleichfalls, konnte ihn aber nicht finden. Nun kam keiner wieder zu diesem unfruchtbaren Werke“.
  9. Ich verdanke Prof. Newton die folgende Stelle aus Adam's Travels of a Naturalist, 1870, p. 278. Wo er von Japanesischen Spechtmeisen in der Gefangenschaft spricht, sagt er: „Anstatt der nachgiebigeren Frucht der Eibe, welche die gewöhnliche Nahrung der Spechtmeise von Japan bildet, gab ich ihr einmal harte Haselnüsse. Da der Vogel nicht im Stande war, sie zu knacken, legte er sie eine nach der andern in sein Wasserglas, offenbar in der Idee, dass sie mit der Zeit weicher werden würden, — ein interessanter Beleg für die Intelligenz dieser Vögel.“
  10. A Tour in Sutherlandshire, Vol. I, 1849, p. 185. Dr. Buller erzählt (Birds of New Zealand, 1872, p. 56), „dass einst ein männlicher Königs-Lory getödtet wurde; das Weibchen härmte und sehnte sich, verweigerte die Nahrung und starb an gebrochenem Herzen.“
  11. Wanderings in New South Wales, Vol. II, 1834, p. 62.
  12. C. Buxton, Acclimatization of Parrots, in: Annals and Magaz. of Natur. Hist., Nov. 1868, p. 381.
  13. The Zoologist, 1847—1848, p. 1602.
  14. Hewitt, über wilde Enten, in: Journal of Horticulture, Jan. 13, 1863, p. 89. Audubon, über den wilden Truthahn, in: Ornitholog. Biography, Vol. I, p. 14, über die Spottdrossel, ebenda. Vol. I, p. 110.
  15. The Ibis. Vol. II. 1860, p. 344.
  16. Ueber die verzierten Nester der Colibri's s. Gould, Introduction to the Trochilidae. 1861, p. 19. Ueber die Laubenvögel: Gould, Handbook to the Birds of Australia. 1865. Vol. I, p. 444—461. Mr. Ramsay in: The Ibis. 1867, p. 456.
  17. History of British Birds. Vol. II, p. 92.
  18. The Zoologist. 1853-54, p. 3946.
  19. Waterton, Essays on Natural History. 2. Series, p. 42. 117. Was die folgenden Angaben betrifft, so ist zu vergleichen: über die Pfeifente, Loudon's Magaz. of Natur. Hist. Vol. XI, p. 616. L. Lloyd, Scandinavian Adventures. Vol. I. 1854, p. 452. Dixon, Ornamental and Domestic Poultry, p. 137. Hewitt, in: Journal of Horticulture, Jan. 13., 1863, p. 40. Bechstein, Stubenvögel. 1840, S. 230. Mr. J. Jenner Weir hat mir neuerdings einen analogen Fall von Enten zweier verschiedener Arten mitgetheilt.
  20. Audubon, Ornitholog. Biography. Vol. I, p. 191, 349. Vol. II, p. 42, 275. Vol. III, p. 2.
  21. Rare and Prize Poultry. 1854, p. 27.
  22. Das Variiren der Thiere und Pflanzen im Zustande der Domestication. 2. Aufl. Bd. 2, S. 119.
  23. Boitard et Corbié, Les Pigeons etc. 1824, p. 12. Prosper Lucas (Traité de l'Hérédité naturelle. Tom. II, 1850, p. 296) hat selbst sehr ähnliche Fälle bei Tauben beobachtet.
  24. Die Taubenzucht. 1824, S. 86.
  25. Ornithological Biography. Vol. I, p. 13. s. Bemerkungen in demselben Sinne von Dr. Bryant in: Allen, Mammals and Birds of Florida, p. 344.
  26. Proceed. Zoolog. Soc. 1835, p. 54. Der schwarzschultrige Pfau wird von Mr. Sclater für eine besondere Species gehalten, welche Pavo nigripennis benannt ist; die Thatsachen scheinen mir aber dafür zu sprechen, dass es nur eine Varietät ist.
  27. Rudolphi, Beiträge zur Anthropologie. 1812, S. 184.
  28. Die Darwinsche Theorie und ihre Stellung zu Moral und Religion. 1869, S. 59.
  29. Diese Angabe macht A. Leith Adams in seinen „Field and Forest Rambles“, 1873, p. 76; sie stimmt mit seinen eigenen Erfahrungen überein.
  30. In Bezug auf Pfauen s. Sir R. Heron, in: Proceed. Zoolog. Soc. 1835, p. 54, und E. S. Dixon, Ornamental Poultry, 1848, p. 8. Wegen des Truthuhns s. Audubon, a. a. O. p. 4. Wegen des Auerhuhns: Lloyd, Game Birds of Sweden, 1867, p. 23.
  31. Mr. Hewitt, citirt in Tegetmeier's Poultry Book. 1866, p. 165.
  32. Citirt in Lloyd's Game Birds of Sweden, p. 345
  33. Nach Dr. Blasius (The Ibis, Vol. II. 1860, p. 297) gibt es 425 unzweifelhafte Species von Vögeln, welche in Europa brüten, ausser 60 Formen, welche häufig für distincte Species gehalten werden. Von den letzteren meint Dr. Blasius, dass nur zehn wirklich zweifelhaft sind und dass die übrigen fünfzig mit ihren nächsten Verwandten vereinigt werden sollten; dies zeigt aber, dass bei einigen unserer europäischen Vögel ein beträchtlicher Grad von Abänderung bestehen muss. Es ist auch ein fernerer von den Naturforschern noch nicht festgestellter Punkt, ob mehrere nordamericanische Vögel als von den europäischen Arten specifisch verschieden classificirt werden müssen. Ferner werden viele nordamericanische Formen, welche bis vor Kurzem noch als distincte Species aufgeführt wurden, jetzt für locale Rassen angesehen.
  34. Mammals and Birds of East Florida; ferner: „An Ornithological Reconnaisance of Kansas“ etc. Trotz des Einflusses des Climas auf die Farben der Vögel ist es doch schwierig, die trüben oder dunklen Färbungen beinahe aller Arten zu erklären, welche gewisse Länder bewohnen, z. B. die Galapagos-Inseln unter dem Aequator, die weiten temperirten Ebenen von Patagonien und, allem Anscheine nach, auch Aegypten (s. Hartshorne, in: American Naturalist, 1873, p. 747). Diese Länder sind offen und bieten den Vögeln wenig Schutzorte dar; es ist aber zweifelhaft, ob das Fehlen glänzend gefärbter Arten nach dem Principe des Schutzes erklärt werden kann; denn in den Pampas, welche ebenso offen, wenn schon mit grünem Grase bedeckt sind, und wo die Vögel der Gefahr ebenso ausgesetzt sind, sind viele brillant und auffällig gefärbte Arten häufig. Ich habe zuweilen gedacht, ob nicht die vorherrschenden trüben Färbungen in der Scenerie der oben genannten Länder die Werthschätzung heller Farben seitens der dieselben bewohnenden Vögel beeinflusst haben könnte.
  35. Entstehung der Arten, 5. Aufl. S. 104. Ich hatte beständig beobachtet, dass seltene und scharf markirte Structurabweichungen, welche Monstrositäten genannt zu werden verdienen, nur selten durch natürliche Zuchtwahl erhalten werden können und dass die Erhaltung selbst äusserst wohlthätiger Abänderungen in einer gewissen Ausdehnung vom Zufalle abhängt. Ich hatte auch vollkommen die Bedeutung blosser individueller Verschiedenheiten gewürdigt, und dies bewog mich, so stark jene unbewusste Form von Zuchtwahl seitens des Menschen zu betonen, welche eine Folge der Erhaltung der am meisten geschätzten Individuen jeder Rasse ist, ohne dass er beabsichtigte, den Character der Rasse zu modificiren. Ehe ich aber einen vortrefflichen Artikel in „The North British Review“ (March 1867, p. 289 und flgde.) gelesen hatte, welcher von grösserem Nutzen für mich gewesen ist, als irgend eine andere Kritik, sah ich nicht, wie gross die Wahrscheinlichkeit gegen die Erhaltung von Abänderungen ist, welche, mögen sie nun schwach oder stark ausgesprochen sein, nur in einzelnen Individuen auftreten.
  36. Introduction to the Trochilidae, p. 102.
  37. Gould, Handbook to the Birds of Australia. Vol. II, p. 32 und 68.
  38. Audubon, Ornithological Biography, 1838. Vol. IV, p. 389.
  39. Jerdon, Birds of India. Vol. I, p. 108; und Mr. Blyth, in: Land and Water, 1868, p. 381.
  40. Graba, Tagebuch einer Reise nach Färö. 1830, S. 51—54. Macgillivray, History of British Birds. Vol. III, p. 745. Ibis, Vol. V. 1863, p. 469.
  41. Graba, a. a. O. S. 54. Macgillivray, a. a. O. Vol. V, p. 327.
  42. Das Variiren der Thiere und Pflanzen im Zustande der Domestication. 2. Aufl. Bd. 2, S. 106.
  43. Ueber diese Punkte s. auch das Variiren der Thiere und Pflanzen im Zustande der Domestication. 2. Aufl. Bd. 1, S. 281; Bd. 2, S. 84, 86.
  44. s. z. B. über die Iris einer Podica und eines Gallicrex in: „The Ibis. Vol. II. 1860, p. 206, und Vol. V. 1863, p. 426.
  45. s. auch Jerdon, Birds of India. Vol. I, p. 243—245.
  46. Zoology of the Voyage of H. M. S. Beagle. 1841, p. 6.
  47. Bechstein, Naturgeschichte Deutschlands, Bd. 4, 1795, S. 31, über eine Unter-Varietät der Mönch-Taube.
  48. Dieser Holzschnitt ist nach einer schönen Zeichnung angefertigt worden, welche Mr. Trimen für mich zu machen die Güte hatte; s. auch seine Beschreibung des wunderbaren Betrags von Abänderung in der Färbung und der Form des Flügels dieses Schmetterlings in seinen: Rhopalocera Africae australis, p. 186.
  49. Jerdon, Birds of India, Vol. III, p. 517.
  50. Das Variiren der Thiere und Pflanzen im Zustande der Domestication. 2. Aufl. Bd. 1, S. 283.
  51. The Field, 28 May, 1870.
  52. Populäre wissenschaftliche Vorträge.
  53. The Reign of Law, 1867, p. 247.
  54. The Naturalist in Nicaragua, 1874, p. 112.
  55. Introduction to the Trochilidae. 1861, p. 110.
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