um einen vom Frost getroffenen und verkrüppelten Vogel einer verschiedenen Species auf sich nahm, seine Federn reinigte und ihn gegen die Angriffe der anderen Papageien vertheidigte, welche zahlreich in seinem Garten herumschwärmten. Es ist eine noch merkwürdigere Thatsache, dass diese Vögel, wie es scheint, eine gewisse Sympathie mit den Freuden ihrer Genossen empfinden. Als ein Paar Cacadus ein Nest in einen Akazienbaum bauten, „war es förmlich lächerlich, das extravagante Interesse zu beobachten, welches die anderen Individuen derselben Species an diesem Geschäfte nahmen“. Diese Papageien zeigten auch eine unbändige Neugier und hatten offenbar „die Idee von Eigenthum und Besitz“.[1] Sie haben auch ein gutes Gedächtniss; denn im zoologischen Garten haben sie ganz deutlich ihre frühem Herren nach Verlauf mehrerer Monate wiedererkannt.
Vögel besitzen eine scharfe Beobachtungsgabe. Ein jeder gepaarte Vogel erkennt natürlich seinen Genossen. Audubon führt an, dass von den Spottdrosseln der Vereinigten Staaten (Mimus polyglottus) eine gewisse Zahl das ganze Jahr hindurch in Louisiana bleibt, während die andern nach den östlichen Staaten auswandern. Diese Letzteren werden bei ihrer Rückkehr sofort wieder erkannt und stets von ihren südlichen Brüdern angegriffen. Vögel in der Gefangenschaft erkennen verschiedene Personen, wie durch die starke und dauernde Antipathie oder Zuneigung, welche sie ohne irgend eine scheinbare Ursache gegen gewisse Individuen zeigen, bewiesen wird. Ich habe von zahlreichen Beispielen hierfür bei Eichelhähern, Rebhühnern, Canarienvögeln und ganz besonders bei Gimpeln gehört. Mr. Hussey hat beschrieben, in welcher ausserordentlicher Weise ein gezähmtes Rebhuhn Jedermann erkannte; und seine Zu- und Abneigung war sehr stark. Dieser Vogel schien „lebhafte Farben sehr gern zu haben und man konnte kein neues Kleid anziehen und keinen neuen Hut aufsetzen, ohne seine Aufmerksamkeit zu fesseln“.[2] Mr. Hewitt hat die Lebensweise einiger Enten (directe Nachkommen noch wilder Vögel) sorgfältig beschrieben, welche bei der Annäherung eines fremden Hundes oder einer Katze sich kopfüber in's Wasser stürzten und sich in Versuchen zu entfliehen erschöpften. Sie kannten aber Mr. Hewitt's eigene Hunde und Katzen so gut, dass sie sich dicht bei ihnen niederlegten und in
Charles Darwin: Die Abstammung des Menschen und die geschlechtliche Zuchtwahl, II. Band. E. Schweizerbart'sche Verlagshandlung (E. Koch), Stuttgart 1875, Seite 101. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:DarwinAbstammungMensch2.djvu/115&oldid=- (Version vom 31.7.2018)