BLKÖ:Tomsa, Franz Bohumil

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 46 (1882), ab Seite: 117. (Quelle)
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Tomsa, Franz Bohumil (Schriftsteller, geb. zu Čerwena nächst Kaderavec bei Turnau am 2. Juli 1793, gest. am 20., n. A. 26. Februar 1857). [118] Er schrieb sich auch nach dem seinem Geburtsorte nahe gelegenen Kadeřavec hie und da Kadeřavský. Der Sohn eines Landmannes, erhielt er den ersten Unterricht in der heimischen Dorfschule und kam nach Beendigung der vorgeschriebenen Schuljahre zu einem Schneider in die Lehre, aber der Turnauer Caplan P. Arnold, welcher das Talent des Knaben erkannt hatte, ruhte nicht eher, bis der Vater einwilligte, daß der Sohn sich dem Studium widme. Nun wurde Tomsa nach Prag geschickt, wo er unter der Aufsicht seines Oheims Franz Johann [siehe den Folgenden], eines bekannten Schriftstellers und Verwalters des Schulbücherverlags, mit großem Eifer studirte. Neben seinen Schulgegenständen gab er sich mit Vorliebe der Lectüre čechischer Bücher hin, suchte auch Verkehr mit gleichgestimmten jungen Leuten und Schriftstellern, wie Wenzel Hanka [Bd. VII, S. 308], W. R. Kramerius [Bd. XIII, S. 124], Linda [Bd. XV, S. 195], hörte Hanka’s Vorträge über die čechische Literatur und čechoslavische Sprache und begann selbst čechische Lieder zu dichten, deren er etliche in den von Hybl redigirten „Rozmanitosti“, d. i. Miscellen, veröffentlichte, schrieb Novellen, Erzählungen u. dgl., welche in den „Pražské noviny“, im „Čechoslav“ und anderen Blättern erschienen. Mittlerweile, im Jahre 1820, hatte er die philosophischen Studien beendet und auf die juridischen sich verlegt, bald jedoch gab er die letzteren wieder auf, um bei der k. k. Staatsbuchhaltung in den öffentlichen Dienst zu treten, in welchem er stufenweise zum Ingrossisten und zuletzt zum Official vorrückte. Alle Muße, welche ihm sein amtlicher Beruf übrig ließ, widmete Tomsa seinen schriftstellerischen Arbeiten in čechischer Sprache, welche in eigenen Werken nach verschiedenen Richtungen, vorherrschend aber in Uebersetzungen aus dem Deutschen und Französischen bestanden. Dabei pflog er mit den meisten zeitgenössischen Schriftstellern 1818 bis 1850 persönlichen oder schriftlichen Verkehr, gleich ihnen bestrebt, die nationale Literatur nach besten Kräften zu fördern. Gemeinschaftlich mit Kramerius begann er 1822 die Herausgabe der Zeitschrift: „Dopisovatel pro Čechy“, d. i. Der Correspondent für Böhmen, der bis 1825, und zwar in letzterem Jahre von Tomsa allein redigirt, erschien; auch verband er sich bereits 1820 mit Kramerius zur Herausgabe des „Čechoslav“ und blieb an der Redaction, mit einer kurzen Unterbrechung im Jahre 1823, bis zum Aufhören des Blattes 18253 betheiligt. 1826 gründete er den „Poutník Slovansky“, d. i. Der slovenische Wanderer, ein schöngeistiges Blatt gemischten Inhalts, wovon während der Jahre 1826 und 1827, obwohl er für dasselbe die besten damaligen Schriftsteller: Čelakovsky [Bd. II, S. 315], Kamaryt [Bd. X, S. 414], Marek [Bd. XVI, S. 425], Sychra [Bd. XXXIV, S. 211], Novotny [Bd. XX, S. 414], Rettig [Bd. XXV, S. 340], Patrcka [Bd. XXI, S. 351], Koun [Bd. XIII, S. 62], Ludvik [Bd. XVI, S. 135] u. A. zu gewinnen gewußt, doch nicht mehr denn sieben Hefte herauskamen. Außerdem arbeitete er an des Kramerius: „Večerní Vyražení“, d. i. Abendunterhaltungen (1831–1832), an den „Květy“, d. i. Blüten (1835), an der „Včela“, d. i. Die Biene (1836) und am „Vlastimil“, d. i. Der Vaterlandsfreund (1840), mit. Nach Norbert Vaňek’s Hinscheiden 1835 übernahm er die Stelle des čechischen [198] Translators beim Gubernium in Prag und blieb es bis zu seinem im Alter von 61 Jahren erfolgten Tode. Es mögen wohl über 200 Druckschriften aus Tomsa’s Feder hervorgegangen sein, von denen jedoch der bei weitem größte Theil aus Uebersetzungen besteht. Unter diesen letzteren richtete sich sein Hauptaugenmerk auf die zwei deutschen Jugendschriftsteller Fr. Hoffmann und Nieritz, und er bereicherte mit deren besten Werken die čechische Literatur. Die Titel der selbständigen Schriften Tomsa’s sind: „Jaré fialky aneb příběhove a povídky z dávných i nynějších věků“, d. i. Frische Veilchen oder Begebenheiten und Erzählungen aus alten und neuen Zeiten (Königgrätz 1823, 12°.); – „Romantické povídky z minulých i nyněisich časů“, d. i. Romantische Erzählungen aus vergangenen und gegenwärtigen Zeiten (ebd. 1825, mit Abbildungen); – „Alfonso a Alménon a Karangho a Lelanga. Dva příběhové dávnověkosti“, d. i. Alphons und Almenon, Karango und Lelanga. Zwei Begebenheiten aus alter Zeit (ebd. 1825); – „Kratochvilnik pro dospělou mládež, t. j. sbírka rozmanitých povídek, novel, pověsti a báchor ze všech věků“, d. i. Zeitvertreib für die reifere Jugend oder Sammlung romantischer Geschichten, Novellen, Erzählungen und Märchen aus allen Zeiten (Prag 1830); – „Svatava a Vojmil aneb panenské vězení na Hrubé Skale. Starožitná vlastenská povést“, d. i. Svatava und Vojmil oder der Frauenthurm zu Hrubá Skala. Eine alte vaterländische Geschichte (ebd. 1831, 8°.); – „Viz Keř, dcero má a doufei! anebo Anna Mládějovská a Bohuslav Turovic. Povudně dle starobylé pověsti slovútným Turavanům, milým krajanům svym“, d. i. Anna Mladejovská und Bohuslav Turovic. Einer alten Ueberlieferung nacherzählt u. s. w. (Prag 1832, Neuhaus 1853); – „Malý gratulant. Věneček uvitý z kvítkův lásky a vděčnosti srdečne...“, d. i. Der kleine Gratulant. Kranz gewunden aus Blüten der Liebe und herzlicher Dankbarkeit u. s. w. (Prag 1835, 2. verm. Aufl. 1854; 3. Aufl. 1862, 16°.); – „Umění zalíbiti se manželům a jejich lásky i vážnosti sobě získati a zachovati. Dárek nevěstám a mladým manželům“, d. i. Die Kunst den Männern zu gefallen, ihre Liebe und Achtung zu erwerben und zu erhalten. Geschenk für Bräute und junge Frauen (ebd. 1854); – „Pravá síla křestanské duše: modlitby v duchu ložím“, d. i. Die wahre Stärke der christlichen Seele: Gebete im Geiste des Herrn... (ebd. 1856, 2. Aufl. 1861, mit Titelblatt und eingedruckten Holzschnitten, 12°.); – „Cesta do nebeské vlasti, t. j. kniha modliteb, zpěvu, žalmu etc.“, d. i. Weg ins himmlische Vaterland, d. i. Buch der Gebete, Gesänge, Psalmen u. s. w. (Neuhaus 18.., Landfras), es ist dies eine Auswahl aus fremden Andachtsbüchern in čechischer Sprache bearbeitet; – „Úplna křestánská katolická modlitební kniha“, d. i. Vollständiges christlich-katholisches Gebetbuch (ebd. 18..). Seine übrigen Arbeiten umfassen Uebersetzungen aus dem Deutschen und Französischen, und zwar über 35 Jugendschriften von Nieritz, 12 von Fr. Hoffmann, die Dramen „Hedwig“, „Niclas Zriny“ von Theodor Körner und dessen Schwank „Der Nachtwächter“, die Parabeln von Krumacher, mehrere der zu jener Zeit vielbeliebten Erzählungen von Clauren, in zehn Heften, darunter „Die Gräfin Cherubin“, „Der blutige Schatz“, dann [120] „Der hinkende Teufel“ von Le Sage, die Romane „Der Graf von Bragelona“, „Die drei Musketiere“ und „Nach zwanzig Jahren“, sämmtlich von Alex. Dumas, Schimmer’s „Maria Theresia“, Dr. Rittler’s [Band XXVI, S. 200] „Der Lerchenfelder Robinson oder Wunderbare Erlebnisse und Begebenheiten des Sebastian Ganthöfer, eines geborenen Wieners, auf seinen Reisen zu Wasser und zu Lande“, und noch vieles Andere. Tomsa war nicht sehr wählig in seinen Stoffen, er schrieb gleich seinem Oheim auch Gebetbücher und unter dem Pseudonym Kadeřavský das Kochbuch „Kuchařka Pražská“, d. i. Die Prager Köchin, das 1823 bei Enders in Prag erschienen ist. In den Jahren 1831, 1836–1839 redigirte er auch den „Všeobecný domácí a hospodářský kalendář“, d. i. Universal-Haus- und Landwirthschaftskalender, der bei Spurny in Prag herauskam. – Franz Bohumil Tomsa’s Sohn Wladimir (geb. in Prag um das Jahr 1830) beendete an der Prager Hochschule die medicinischen Studien. Nach erlangtem Doctorgrade wurde er Assistent für beschreibende Anatomie bei Professor Bohdalek, darauf für pathologische Anatomie bei Professor Treitze. Im Jahre 1859 trat er in Italien als Oberarzt bei der kaiserlichen Armee ein und wurde nach beendetem Feldzuge Assistent für Physiologie am Josephinum in Wien, welche Lehrkanzel er nach dem Abgange des Professors Ludwig supplirte. Als dann dieses Lehramt ein Ausländer, Dr. Heryng erhielt, sah sich Tomsa alsbald nach einer anderen Stelle um und wurde auch in kurzer Zeit von der russischen Regierung nach Kiew als Professor der Physiologie berufen, wo er noch zur Stunde thätig ist. Von Wladimir Tomsa’s wissenschaftlichen Arbeiten sind dem Herausgeber bekannt außer einer Recension über Hyrtl’s „Handbuch der topographischen Anatomie“ in der von der medicinischen Facultät in Prag herausgegebenen Vierteljahrschrift für die praktische Heilkunde [1856, L. A., S. 18] nachfolgende Abhandlungen in den Sitzungsberichten naturwissenschaftlich-medicinischer Classe der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften in Wien: „Beiträge zur Anatomie des Lymphgefäßursprunges“ [1863]; – „Beiträge zur Lymphbildung“ [1862]; – „Die Lymphwege der Milz“, mit einer lithographirten Tafel [1864] und „Ueber den peripherischen Verlauf und Endigung des Axenfadens in der Haut der glans penis“, mit einer Steintafel [1865]; – „Die Lymphwege des Hodens und ihr Verhältniß zu den Blut- und Samengefäßen“, mit zwei Tafeln in Farbendruck (1866), gemeinschaftlich mit C. Ludwig. Auch redigirte er im Jahre 1868 gemeinschaftlich mit Dr. W. Stanek und Dr. J. Ceyp von Peclinovec den „Časopis lékařův českych“, d. i. Die Zeitschrift der čechischen Aerzte.

Jungmann (Jos.). Historie literatury české, d. i. Geschichte der čechischen Literatur (Prag 1849, Říwnáč, 4°.). Zweite, von W. W. Tomek besorgte Ausgabe, S. 642. – Lichard (Daniel). Časnik, d. i. Jahrbuch (Wien, 8°.) 1858, S. 195. – Květy, d. i. Blüten (Prager illustr. Blatt, kl. Fol.) 1870, Nr. 50, S. 397 [nach diesen gest. 26. Februar 1857]. – Šembera (Alois Vojtěch). Dějiny řeči a literatury česko-slovenské. Věk novější, d. i. Geschichte der čechoslavischen Sprache und Literatur. Neuere Zeit (Wien 1869, gr. 8°.) S. 299. – Slovenské Noviny, d. i. Slovenische Zeitung. 1857, Nr. 32. – Slovník naučný. Redaktoři Dr. Frant. Lad. Rieger a J. Malý, d. i. Conversations-Lexikon. Redigirt von Dr. Franz Ladisl. Rieger und J. Malý (Prag 1872, I. L. Kober, Lex.-8°.) Bd. IX, S. 307 u. f.
[121] Porträt. Unterschrift: „Fr. Boh. Tomsa“. Kreslil K. Maixner, d. i. Gezeichnet von K. Maixner. Holzschnitt in den „Květy“, 1870, Nr. 50.