Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 16 (1867), ab Seite: 136. (Quelle)
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Ludwig, Karl (Physiolog, geb. zu Witzenhausen in Churhessen 29. December 1816). Betrat die medicinische [137] Laufbahn und widmete sich nach beendeten Studien dem Lehrfache. Bis 1849 war er außerordentlicher Professor der Medicin an der Universität zu Marburg. dann o. ö. Professor der Anatomie und Physiologie an der Universität zu Zürich und im Jahre 1855 folgte er einem Rufe nach Wien als Professor der Physiologie und Zoologie am Josephinum. Nach zehnjähriger Thätigkeit daselbst nahm er zu Anfang des Jahres 1865 einen Ruf nach Leipzig an, wo er auch schon zu Ostern g. J. sein Lehramt antrat. Wien verlor an ihm einen Fachmann, der nicht nur zu den Zierden des Wiener ärztlichen Collegiums, sondern der Wissenschaft selbst zählt. L. ist seit Jahren in seiner Wissenschaft schriftstellerisch thätig und die von ihm allein wie in Verbindung mit anderen Fachgelehrten herausgegebenen Schriften (die mit einem * bezeichneten sind Sonderabdrücke aus den Schriften der mathem. naturwiss. Classe der kais. Akademie der Wissenschaften in Wien) sind in chronologischer Folge: „Beiträge zur Lehre vom Mechanismus der Harnsecretion“ (Marburg 1843, Elwert, gr. 8°.); – „Lehrbuch der Physiologie des Menschen. 1. Band: Physiologie der Atome, der Aggregatzustände der Nerven und Muskeln. 2. Band: Aufbau und Verfall der Säfte und Gewebe. Thierische Wärme“ (Heidelberg und Leipzig 1852 und 1856, C. F. Winter; zweite neu bearbeitete Auflage mit Holzschnitten im Texte, ebd. 1858–1861); – zusammen mit A. Spieß: „Vergleichung der Wärme des Unterkiefer-Drüsenspeichels und des gleichseitigen Carotidenblutes“ (Wien 1857, gr. 8°.); – zusammen mit J. Stefan: „Ueber den Druck, den das fliessende Wasser senkrecht zu seiner Stromrichtung ausübt“ (ebd. 1859, mit 3 lith. Tafeln); – „Ueber die athmosphärische Luft im menschlichen Körper. Ein populärer Vortrag“ (Wien 1860, Seidel, 8°.); – im Vereine mit Dr. W. Tomsa: „Die Lymphwege des Hodens und ihr Verhältniss zu den Blut- und den Samengefässen“ (Wien 1863, mit 2 Tafeln im Farbendruck); – „Einige neue Beziehungen zwischen dem Bau und der Function der Niere“ (ebd. 1864); – im Verein mit Dr. L. Thiry: „Ueber den Einfluss des Halsmarkes auf den Blutstrom“ (ebd. 1864, mit 1 Tafel); – im Verein mit Th. Zawarykin: „Zur Anatomie der Niere“ (ebd. 1864, mit drei Tafeln im Farbendruck); – „Die physiologischen Leistungen des Blutdrucks“ (Leipzig 1865, Hirzel, 8°.). Was L.’s Stellung in der medicinischen Wissenschaft betrifft, so hat er die Kluft, welche zwischen Physiologie und Pathologie durch die Verschiedenheit der Methoden lange Zeit bestand, vereiniget und damit einen gedeihlichen Fortschritt für die praktische Medicin angebahnt. Sein schaffender Genius hat auf dem Gebiete der Physiologie nach allen Richtungen wichtige Entdeckungen zu Tage gefördert. Sein Scheiden gab seinen Collegen in Wien Anlaß, ihrem tiefen Bedauern über den Abgang eines so ausgezeichneten Gelehrten Ausdruck zu geben und in der Adresse, welche der Präses der k. k. Gesellschaft der Aerzte, Hofrath Rokitansky zugleich mit den Doctoren Schroff und Wertheim dem Scheidenden überreichte, heißt es unter anderem: „die ärztliche Welt von Wien müßte die Richtung, die Schule verleugnen, zu der sie sich selbst bekennt, wäre sie unempfänglich für die edle Anregung, die die hochentwickelte Schwesterwissenschaft auf sie übt, der Sie hochgeehrter Mann Ihre schaffende Kraft zuwenden, und immerdar wird sie deshalb in Liebe und Verehrung des Mannes gedenken, der der Physiologie das hohe Ziel gesteckt hat: die Leistungen [138] des Thierleibes festzustellen und sie aus den elementaren Bedingungen desselben mit Nothwendigkeit abzuleiten“. Allgemein war aber die Ueberzeugung. daß es ein unbegreiflicher Vorgang war, daß nichts geschah, um den größten lebenden Physiologen dem Kaiserstaate zu erhalten.

Poggendorff (J. C.), Biographisch-literarisches Handwörterbuch zur Geschichte der exacten Wissenschaften (Leipzig 1858, J. A. Barth, gr. 8°.) Sp. 1514. – Deutsche allgemeine Zeitung (Leipzig, kl. Fol.) 1865, Nr. 46. – Porträt. Unterschrift: Facsimile des Namenszuges. Lithogr. von Rud. Hoffmann 1856. Nach einer Photographie von Ferd. von Küß in Wien (Druck von J. Haller in Wien, Halb-Fol.) [aus George Andr. Lenoir’s „Gallerie ausgezeichneter Naturforscher“].