BLKÖ:Malý, Jacob Joseph

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Maly, Joseph Karl
Band: 16 (1867), ab Seite: 346. (Quelle)
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Malý, Jacob Joseph (čechischer Schriftsteller, geb. zu Prag 4. August 1811). Der Sohn eines Prager Bürgers, der den ersten Unterricht im elterlichen Hause erhielt, dann die h. Geist-, später die Teinschule und als er in’s Gymnasium ging, zuerst jenes in der Alt-, dann aber das in der Neustadt besuchte. Eine gut gewählte Lectüre zu Hause, vornehmlich aber Hajek’s Chronik trugen nicht wenig dazu bei, das jugendliche Gemüth anzuregen und die Liebe für Geschichte und Literatur in demselben zu wecken. Nach beendeten philosophischen Studien begann M. jenes der Rechte. In diesen Jahren befreundete er sich mit den besten Trägern der neueren čechischen Literatur, mit Franta (Šumavsky) [Bd. IV, S. 340], Tomiček, Jaroslaw Langer [Bd. XIV, S. 111], Hansgirg [Bd. VII, S. 332][WS 1], Tyl, Storch, später mit Mácha [S. 193 d. Bds.], Pichl, Stulc, Strobach u. A. und veröffentlichte die Erstlinge seiner schöpferischen Muse unter dem Pseudonym Budislaw in den damaligen Zeitschriften: „Čechoslav“ und „Jindy a Nyní“, d. i. Einst und Jetzt. Zu gleicher Zeit betrieb er mit großem Eifer das Studium der Sprachen. In seinen geistigen Bestrebungen förderten ihn wesentlich Männer wie Čelakowský [Bd. II, S. 315], Hanka [Bd. VII, S. 301], Chmelenský, Palacký, Vinařický, Šáfařík, welche schon damals eine hervorragende Stellung in der čechisch-nationalen Literatur einnahmen und sich talentvollen Jünglingen, welche eine Zukunft versprachen, wie dieß bei Malý der Fall war, mit Theilnahme zuwandten. Nun begann M. für die von Čelakowský redigirte „Včela“, d. i. die Biene, für Tyl’s „Květy“, d. i. Blüthen, für Šáfařík’s „Světozor“ und für die Musealzeitschrift, den „Časopis“, zu schreiben. Um diese Zeit schritt Jungmann [Bd. X, S. 319] an die Herausgabe des längst und in der Gelehrtenwelt mit Sehnsucht erwarteten čechischen Wörterbuches, fühlte aber bei der gewaltigen Arbeit, daß er eines Hilfsarbeiters bedürfe. Die Wahl fiel auf M., den eine tüchtige Kenntniß der vaterländischen Sprache und Literatur, aber auch jene anderer Sprachen und Literaturen am meisten geeignet herausstellte. Wie M. hier einerseits den berühmten Gelehrten in seiner großen Arbeit wesentlich förderte, so mehrten sich auch andererseits in belangreicher Weise seine eigenen sprachlichen Kenntnisse, welche er bei später herausgegebenen Schriften, namentlich bei seinen tüchtigen Uebersetzungen der classischen Werke fremder Literaturen ganz gut verwerthen konnte. Nach beendeten Rechtsstudien beschloß M. sich ausschließlich der Pflege der vaterländischen Literatur zu widmen, zu deren [347] tüchtigsten Vertretern in mannigfaltiger Richtung er auch seit etwa drei Jahrzehenden zählt. Die čechische Literatur verdankt ihm gediegene Uebersetzungen aus dem Englischen, wie Byron’s „Vampyr“, Irwing’s „Alhambra“, die Romane von Bulwer u. A., aus dem Französischen mehrere Werke von George Sand und Chateaubriand, außerdem aus dem Italienischen, Deutschen, Magyarischen, Russischen u. dgl. m. Durch diese Uebersetzungen wurde nicht nur die čechische Literatur mit fremden Meisterwerken bereichert, sondern auch der Styl und die čechische Prosa überhaupt gehoben und veredelt. Neben dieser literarischen Beschäftigung ertheilte M. auch Stunden in fremden Sprachen und in einigen Adelshäusern aus dem Čechischen. Hier folgen Malý’s schriftstellerische Arbeiten, und zwar die Originalschriften in ihrer chronologischen Folge und dann die Uebersetzungen aus fremden Sprachen. Die Originalarbeiten sind: „Národní báchorky a pověsti“, d. i. Volkssagen und Erzählungen (Prag o. J., Pospišíl, 8°., 3. Aufl. 1865); nun folgten: „Nádrodní české pohdádky a pověsti“, d. i. Čechische Volkssagen und Erzählungen (Prag 1838, gr. 8°.); – „Spravedlivá kronika ceská. Sedm svazků“, d. i. Wahrhafte böhmische Chronik, sieben Hefte (Prag 1844 und 1843, mit Abbildungen und Karten, 12°.), hat auch den Titel: „Prostonárodní dějepis české země“, d. i. Ursprüngliche Geschichte des Böhmerlandes (Prag 1844, 8°.); – „Worte eines Čechen, veranlasst durch die Graf Jos. M. von Thun’sche Broschüre: Der Slavismus in Böhmen“ (Leipzig 1845, 8°.); – „Krátká mluvnice pro Čechy“, d. i. Kurze Sprachlehre für die Čechen (Prag 1846. 8°.), zunächst im Hinblick auf die studirende Jugend geschrieben; – „Napoleon Bonaparte, císař Francouzský. Díl první a druhý“, d. i. Napoleon Bonaparte, französischer Kaiser. 1. u. 2. Theil (Prag 1848 und 1849, 8°.); – „Soustavní nástin slovesnosti zvláště ku prospěchu tlastenské mládeže“, d. i. Systematischer Grundriß der schönen Redekunst, mit besonderem Hinblick auf die vaterländische Jugend (Prag 1848, 8°.); – „Dějiny národů českého. Pro školy“, d. i. Begebenheiten des čechischen Volkes. Für Schulen geschrieben (Prag 1849, 8°.); – „Thiers o majetnosti. Podal a vlastními příspěvky rozmnožil“, d. i. Thiers über das Eigenthum. Mit eigenen Zusätzen vermehrt (Prag 1850, gr. 8°.); – „Vymožení Rudolfova majestátu od starů českých l. 1609“, d. i. Der Rudolphische Majestätsbrief im Jahre 1609 (Prag 1850, zweite Auflage Leitomyšl und Prag 1862, gr. 8°.), welche Schrift anfänglich confiscirt wurde; – „Svět a jeho divy“, d. i. Die Welt und ihre Wunder (Prag 1851, 12°.); – „Praktische böhmische Sprachlehre für Deutsche“ (Prag 1851, gr. 8°.); – „Frant. Lad. Čelakovský, životopisný nástin“, d. i. Franz Ladislaus Čelakowsky, biographische Skizze (Prag 1853, 8°.); – „Jan Keppler, životopisný nástin“, d. i. Johann Keppler, biographische Skizze (Prag 1857, 8°.); – „Uvahy Čecha o novém zřízem Rakouska“, d. i. Bemerkungen eines Čechen über die neue Organisirung Oesterreichs (Prag 1861, gr. 8°.); – „Politické zlomky“, d. i. Politische Fragmente (Leitomyšl und Prag 1862, gr. 8°.); – „Mezi vzkříšením 1848–1860 Kronika dvanáctiletá Rakouska“, d. i. Die Männer der Bewegung 1848–1860, zwölfjährige Chronik Oesterreichs (Prag 1862 bis 1863), unter dem Pseudonym Václav Pravda; – „Dějepis národu českého pro čtenáře každého stavu“, d. i. Geschichte [348] des čechischen Volkes. Für Leser jeden Standes (Prag 1863). Zum Theil Uebersetzung, zum Theil Original ist sein „Amerika od času svého odkrytí až do nejnovější doby. Šest dilů“, d. i. Amerika von der Zeit seiner Entdeckung bis auf die neuesten Zeiten. 6 Theile (Prag 1853–1855, 8°., mit Karten), wovon die ersten zwei Theile eine Uebersetzung des Lebens des Christoph Columbus und seiner Entdeckung der Neuen Welt von Washington Irwing; der dritte und vierte Theil die Geschichte Mexikos und Perus, zumeist nach Prescott; der fünfte und sechste die Geschichte der Colonisation und Emancipation Amerika’s aber Originalarbeit Malý’s sind. Von seinen Uebersetzungsarbeiten ist der größte Theil in der „Biblioteka zábavného čtení“ (Prag, 8°.), wovon in den Jahren 1835 bis 1844 22 Hefte, und in „Kvítí z cizích luhú“, d. i. in den Blüthen aus fremden Gefilden, wovon in den Jahren 1852 und 1853 sechs Hefte erschienen sind, enthalten. Es sind Arbeiten von Bulwer, Washington Irwing, Lord Byron, George Sand u. A. und außer Malý, der jedoch die meisten Uebersetzungen geliefert, wirkten Filipek, Pospišil, Hansgirg, Stulc, Veselsky, Ondrak und Kuleš an dem zeitgemäßen Unternehmen mit. Von Shakespeare’s Stücken hat er übersetzt: „König Johann VI.“, „Othello, der Mohr von Venedig“, „Die lustigen Weiber von Windsor“, welche auch im Drucke erschienen sind, während zwei andere: „Ende gut, Alles gut’ und „Viel Lärmen um Nichts“, noch in Handschrift sich befinden. Ferner übersetzte er in’s Čechische des Grafen Leo Thun Schrift: „Ueber den gegenwärtigen Zustand der böhmischen Literatur und ihre Bedeutung“; Mignet’s „Geschichte der französischen Revolution“; Oerstedt’s „Geist in der Natur“; „Die Sagen der Polen und Ruthenen“; Lessing’s „Nathan der Weise“, der erst jüngst im 50. Hefte des „Biblioteka divadelni“ gedruckt erschien, und aus dem Čechischen in’s Deutsche Tomek’s in der böhmischen Museums-Zeitschrift erschienene größere Abhandlung: „Die Grünberger Handschrift. Zeugnisse über die Auffindung des Libušin soud“ (Prag 1859)[WS 2], einige Erzählungen von Nieritz u. dgl. m. Nicht gering ist seine Betheiligung an der periodischen Presse, theilweise als Redacteur und Herausgeber von Journalen; so gab er heraus in den Jahren 1840 und 1841 die „Dennice. Spis zábavný a poučny“, d. i. Der Morgenstern. Eine unterhaltende und belehrende Zeitschrift; den Jahrgang 1847 auf 1848 der „Květy“, d. i. Die Blüthen, hat wesentlichen Antheil an der Bearbeitung des bei Gottlieb Haase in Prag erscheinenden „Nový Pražský Kalendář“, d. i. Neuer Prager Kalender, der seit dem Jahre 1848 zu erscheinen begann und ist vom 2. Bande an Mit- oder richtiger Hauptredacteur des von Dr. Franz Ladislaus Rieger herausgegebenen bei Kober in Prag verlegten „Slovník naučný“; andererseits arbeitet er seit Jahren an den besten deutschen und čechischen Journalen in Böhmen mit, so sind seine Aufsätze in dem „Constitutionellen Blatt in Böhmen“, das seiner Zeit eines der besten Blätter gewesen, mit m bezeichnet; ebenso schrieb er für die in Wien herausgegebenen Slavischen Blätter und für viele andere Journale. M. ist ein ungemein fruchtbarer Schriftsteller, hat für die Veredlung und Verbreitung der čechischen Literatur unbestritten große Verdienste, ist aber mehr ein reproducirendes als schöpferisches [349] Talent, ist mehr Kritiker als eigentlicher Schöngeist.

Jordan, Slavische Jahrbücher (Leipzig, gr. 8°.) Jahrg. 1845, S. 331. – Oesterreich im Jahre 1840. Staat und Staatsverwaltung, Verfassung und Cultur. Von einem österreichischen Staatsmanne (Leipzig 1840, Otto Wigand, 8°.) Bd. II, S. 329. – Slovník naučný. Redakt. Dr. Frant. Lad. Rieger, d. i. Conversations-Lexikon. Redigirt von Dr. Franz Ladislaus Rieger (Prag 1859, Kober, Lex. 8°.) Bd. V, S. 76, Nr. 4.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: [Bd. VII, S. 232].
  2. Vergleiche dazu Grünberger Handschrift (Wikipedia).