Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 47 (1883), ab Seite: 108. (Quelle)
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Treitz, Wenzel (Arzt, geb. zu Hostomic in Böhmen im Jahre 1819, gest. zu Prag am 27. August 1872). Wenzel, dessen Vater das Amt eines Justitiars auf den Herrschaften des Grafen Wratislaw versah, beendete das Gymnasium im Piaristencollegium zu Beneschau, die Humanitätsclassen zu Prag, wo er sich auch dem medicinischen Studium widmete und im Jahre 1846 daraus die Doctorwürde erlangte. In Prag arbeitete er nun auf anatomischem Gebiete einige Zeit unter dem berühmten Anatomen Hyrtl, ließ sich dann als externer Arzt im Krankenhause verwenden und wurde bald danach Assistent der Professoren Dlauhy und Engl. 1851 als selbständiger Prosector an die Universität Krakau berufen, stieg er daselbst 1852 zum ordentlichen Professor der pathologischen Anatomie auf. 1855 wurde er in gleicher Eigenschaft an die Prager Hochschule versetzt, an welcher er dann gleichzeitig auch als Vorstand des anatomischen Institutes und als Prosector des allgemeinen Krankenhauses bis kurz vor seinem Tode thätig blieb. Bei der anstrengenden Thätigkeit seines Berufes war es ihm nicht gegönnt, viel auf wissenschaftlichem Gebiete zu wirken, und so sind von ihm nur folgende deutsche Arbeiten durch den Druck veröffentlicht: „Hernia retroperitonaealis. Ein Beitrag zur Geschichte innerer Hernien“ (Prag 1857), ferner in der (Prager) Vierteljahrschrift für praktische Heilkunde die Abhandlungen: „Ueber einen neuen Muskel am duodenum des Menschen, über elastische Sehnen und einige andere anatomische Verhältnisse“ (Jahrg. 1853) und „Ueber urämische Darmaffectionen“ (64. Heft). Mehreres soll er in seiner Muttersprache, dem čechischen Idiom, geschrieben und auch in der Zeitschrift der čechischen Aerzte (Časopis lékářů českych) veröffentlicht haben. Treitz war ein gediegener [109] Anatom, und seine Vorträge der pathologischen Anatomie wurden selbst von Ausländern stark besucht. Einige Zeit stand er auch der medicinischen Facultät als Prodekan vor. Ueber seinen Tod wird Folgendes berichtet. In den letzten Sechziger-Jahren, in denen der nationale Zwiespalt unter seinen Hörern selbst während der Vorträge in unliebsamer Weise Ausdruck erhielt, bemächtigte sich seiner eine Melancholie, die durch eine chronische Pyämie gesteigert wurde, welche er sich bei einer Section durch eine leichte Verletzung zugezogen hatte. Diese Krankheit belästigte ihn derart, daß er nahe zwei Jahre nicht nur keine Section mehr vornahm, sondern es unterließ, frische Leichenpräparate zu berühren, weil er dann immer durch einige Zeit von Furunculose befallen wurde. Die Melancholie, an welcher er litt und die ihn beinahe unzugänglich machte, könnte man als Verfolgungsmanie bezeichnen, da er immer in der Furcht lebte, gerichtlich verfolgt zu werden. Eines Tages berief er seine Verwandten telegraphisch zu sich, und beim Eintritte derselben in sein Schlafzimmer, das gewaltsam geöffnet werden mußte, da es von innen verschlossen war, soll er ihnen noch zugerufen haben: „Und ich werde doch verfolgt“. Hierauf verschied er sogleich. Er hatte seinen Tod durch eine kleine Dosis Cyankali selbst herbeigeführt, und es wurde daher die sanitätspolizeiliche Section angeordnet. – Die Prager Hochschule verlor an Treitz eine bedeutende Lehrkraft, denn mit den Fortschritten seiner Wissenschaft stets gleichen Schritt haltend, verstand er es auch, dieselbe lehrreich vorzutragen.

Neues Fremden-Blatt (Wien, gr. 4°.) 1872, Nr. 237, unter den Tagesneuigkeiten: „Ueber den Tod des Professors Treitz“. – Presse (Wiener polit. Blatt) 1872, im Localanzeiger Nr. 238: „Professor Dr. Treitz in Prag“. – Časopis lékařů českých, d. i. Zeitschrift der čechischen Aerzte (Prag) XI. Jahrgang. Heft 37, 38, 39, mit ausführlichen Nachrichten über Treitz’ lehrämtliche und literarische Thätigkeit.