BLKÖ:Liechtenstein, Johann Fürst

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 15 (1866), ab Seite: 148. (Quelle)
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Liechtenstein, Johann Fürst (k. k. Feldmarschall, Großkreuz des Maria Theresien-Ordens und Ritter des goldenen Vließes, geb. zu Wien 26. Juni 1760, gest. ebenda 20. April 1836). Der Fürst erscheint auch oft mit dem Doppelnamen Johann Joseph; er ist ein Sohn des Fürsten Franz Joseph aus dessen Ehe mit Leopoldine Gräfin Sternberg. Von Kindheit an große Liebe für den Soldatenstand zeigend, erhielt er auch nach dieser Richtung eine höchst sorgfältige Ausbildung. Das Wohlwollen, welches Kaiser Joseph der edlen Mutter des Prinzen bewies, ging auch auf ihn über, und der Feldmarschall Moriz Graf Lacy überwachte und leitete die militärische Ausbildung desselben. Im Alter von 22 Jahren trat der Fürst als Lieutenant in die kaiserliche Armee, und zwar in das Kürassier-Regiment Anspach, in welchem er im folgenden Jahre bereits Rittmeister wurde. Im [149] Jahre 1787 war der Fürst Major beim Dragoner-Regimente Harrach. 1788, im Türkenkriege, bei der Hauptarmee stehend, zeichnete er sich vor Belgrad unter den Augen des Kaisers durch mehrere kühne Reiterangriffe dergestalt aus, daß ihn der Kaiser zum Oberstlieutenant der alten Pappenheimer, damals Kinsky-Chevauxlegers, ernannte. Als die Türken gegen das Ende des Krieges das österreichische Belagerungscorps vor Czettin in einer stürmischen Nacht überfielen, um die Festung zu entsetzen, schwang sich der Fürst auf ein ungesatteltes Pferd, stellte sich, da der Oberst gerade abwesend war, an die Spitze des Regiments und warf sich mit solchem Ungestüm auf den mit Wuth angreifenden Feind, daß dieser in wilder Flucht seine Rettung suchte und keine weitere Störung der Belagerung unternahm. Bei der Erstürmung von Czettin, am 20. Juli 1790, erstiegen der Fürst Johann und Ignaz Graf Gyulay [Bd. VI, S. 77], die Ersten, die Mauer. Der Fürst wurde für sein ausgezeichnetes Verhalten in der 23. Promotion (vom 19. December 1790) zum Ritter des Maria Theresien-Ordens ernannt und bald darauf zum Obersten befördert. Nach beendetem türkischen Kriege kam der Fürst zur Armee in den Niederlanden. Hier folgte eine glänzende Waffenthat der andern, jene bei Avesnes le Sec am 12. September 1793, auch das Reitergefecht von Bouchain genannt, überstrahlt alle. Der Fürst stand mit seinem Dragoner-Regimente und mit 5 Compagnien des O’Donnell’schen Freicorps auf Vorposten, als der Feind in zwei Colonnen, 6000 Mann Infanterie, zwei Reiterregimenter und 22 Geschütze stark, aus den Festungen Bouchain und Cambray herankam. Erst brachte der Fürst durch rasches Vorrücken einiger Schwadronen die feindliche Cavallerie in Unordnung und endlich zur Flucht. Die von ihrer Cavallerie verlassene französische Infanterie formirte nun, von den Unseren gedrängt, ein großes und ein kleines Quarré. Der Fürst, zuerst seine Reiter, um einen ordentlichen Anlauf zu gewinnen, in’s Weite sprengend, stürzte, der Erste, von vorne in das Quarré der verblüfften Infanterie, während General Bellegarde in die Rechte und zwei Schwadronen Royal-Allemand in die linke Flanke einfielen. Das Quarré war gesprengt, und was im blutigen Kampfe entkam, wurde bis unter die Kanonen von Bouchain gejagt. Ueber 2000 Mann wurden gefangen, ebenso viel deckten das Schlachtfeld, und 5 Fahnen, 18 Kanonen, 2 Haubitzen, an 3000 Gewehre u. dgl. m. wurden erbeutet. Das Regiment, welches der Fürst zu dieser in der Kriegsgeschichte ohne Gleichen stehenden Waffenthat geführt, erhielt allein 24 Tapferkeits-Medaillen. Im folgenden Jahre vollführte er an der Spitze desselben Regiments einen Angriff auf das feindliche Lager bei Maubeuge, welcher so sehr die Bewunderung seiner Waffengefährten und aller, welche sie hörten, erregte, daß er überall, wo er sich zeigte, mit jauchzendem Zuruf begrüßt wurde. Am 12. Juni d. J. beförderte ihn der Monarch zum General-Major; der Fürst zählte damals 34 Jahre und hatte sich seine verschiedenen Beförderungen insgesammt durch Waffenthaten erkämpft. Ist auch aus dem Bisherigen die unvergleichliche Bravour des Fürsten ersichtlich, so ist doch noch folgender Handstreich bemerkenswerth. Im genannten Jahre ritt der Fürst eines Tages bei heranbrechender Dämmerung, von einer einzigen Ordonnanz begleitet, auf Recognoscirung. Plötzlich, wie er am Saume einer ziemlich ausgedehnten Waldung angelangt, [150] erblickt er ein feindliches Chasseur-Regiment vor sich. Die Gefahr gefangen zu werden, lag zu nahe. Aber noch war Rettung möglich. Der Fürst trug, der damaligen Sitte gemäß, einen blauen, golddurchwirkten Mantel. Sofort befahl er der Ordonnanz, ihren weißen Mantel wegzuwerfen. Da er, obwohl von den feindlichen Chasseurs gesehen, unbehelligt blieb, kam dem Fürsten der Gedanke, er werde für einen französischen General gehalten. Es galt nun sich zu retten, ehe er erkannt würde. Da gerieth er auf folgende kühne Idee. Er rief in französischer Sprache nach dem Obersten des Regiments. der auch sofort mit gesenktem Säbel zum vermeintlichen General heransprengte. Angesichts des Regiments entriß nun der Fürst dem Obersten den Säbel und mit den Worten: Sie sind mein Gefangener! die Zügel seines Pferdes auf der einen Seite ergreifend, während auf seinen Befehl die Ordonnanz sie auf der anderen erfaßte, jagte er mit seinem Gefangenen spornstreichs davon, ehe das zusehende Regiment genug Fassung gewonnen hatte, dem entführten Oberst zur Rettung nachzueilen. – Im Feldzuge des Jahres 1796 schimmerte der Name des Helden im alten Glanze an den Tagen von Heidenheim, Forchheim, Bamberg (24. bis 26. August) und am hellsten in der Schlacht bei Würzburg (1. bis 3. September), wo er mit seinen leichten Reitern die Franzosen überflügelte, mit der schweren Cavallerie ihre Massen durchbrach und eine solche Verwirrung im Heere des Feindes hervorbrachte, daß alle Zurufe Jourdan’s und Bonneau’s die Fliehenden nicht zum Stehen zu bringen vermochten. Auf offenem Schlachtfelde umarmte der Erzherzog Karl den Fürsten und überschickte ihm später durch seinen Vetter Moriz (außer Capitel, 26. September 1796) das Commandeurkreuz des Maria Theresien-Ordens. – Auch in dem kurzen und unglücklichen Feldzuge des Jahres 1797 flocht sich der Fürst in seinen Ruhmeskranz ein herrliches Blatt. Bei Rastatt richtete er ein französisches leichtes Cavallerie-Regiment gänzlich zu Grunde. (Einigen Nekrologisten, zum Beispiel jenem in der Frankfurter „Didaskalia“ 1836, in den ersten Tagen des Monats Mai, genügte dieß eine Regiment nicht, denn es heißt daselbst: „1797 richtete der Fürst mehrere französische Reiterregimenter zu Grunde!“) Auch diese Waffenthat des Fürsten fand in der Armee solche Anerkennung, daß die Officiere mehrerer Cavallerie-Regimenter und mehrere Generale ohne vorangegangene Verabredung, sondern aus eigenem Antriebe herbeieilten, dem Fürsten für seine glänzende That ihre Huldigung darzubringen. – Im Feldzuge des Jahres 1799, den Oesterreich im Bunde mit Rußland in Italien führte, stand das Waffenglück auf Seite des kaiserlichen Heeres, und auch der Fürst hat in demselben mehrere ruhmvolle Tage aufzuweisen. Kurze Zeit vor der blutigen Schlacht an der Trebia (17. bis 19. Juni) war der Fürst bei der Armee angelangt, war aber noch nirgends eingetheilt. Seine Bestimmung nicht erst abwartend, focht er als Freiwilliger. Am 18. Juni, dem zweiten Schlachttage, war das von der feindlichen Uebermacht hart bedrängte Corps des Generals Ott bereits in einige Unordnung gerathen, welche, da die Russen erst im Anmarsche begriffen waren, sich bald ausdehnen und in eine vollkommene Verwirrung ausarten konnte. Ein Theil der Geworfenen bewegte sich durch die Weingärten und gerade den unter Dombrowski hitzig verfolgenden Polen entgegen. Die Situation war eine mehr als bedenkliche; da [151] eilte der Fürst zu den Fliehenden, rief ihnen Muth zu, und nun wurden, die erst zu fliehen schienen, die Angreifer, die mit wachsendem Muthe vorwärts drängten, und so den Russen unter Souwarow Zeit verschafften, in die Schlachtlinie einzurücken und den Gegner über die Trebia zurück zu werfen. Als am dritten und letzten Schlachttage, am 19. Juni, Macdonald noch bei einbrechender Nacht einen verzweifelten Angriff versuchte, zu welchem er seine ganze Macht in Massen formirte, Cavallerie heransprengen und ihr die großen Infanteriemassen in vollem Laufe nachrücken ließ, da stellte sich Fürst Johann an die Spitze von Lobkowitz-Chevauxlegers, einigen Zügen Blankenstein-Huszaren und des Grenadier-Bataillons Wouvermans den Angreifern entgegen, warf sie und brachte ihnen, nachdem sie in vollste Unordnung gerathen waren, großen Verlust bei. Liechtenstein hatte in dieser blutigen Schlacht fünf Pferde unter dem Leibe, durch eine Kanonenkugel seinen rechten Rockschoß verloren, selbst aber war er wunderbarer Weise unverletzt geblieben. Wie bei Würzburg ihn der Erzherzog, so umarmte ihn hier Souwarow, der am Morgen dieses Bluttages, am Siege verzweifelnd, sich bereits unter einem Baume ein Grab hatte graben lassen, in welchem er lebendig begraben werden wollte, wenn seine Kosaken den Sieg nicht erringen würden. Diese Scene der Umarmung durch den russischen General, vom kleinen Kosakenpferde herab, im Hemde, mit herabhängenden Strümpfen, offener Halskrause und statt des Marschallstabes den Kantschu in der Hand, wäre würdig, durch den Pinsel verherrlicht zu werden. Wenige Wochen später bewies der Fürst neue Bravour in der Schlacht bei Novi (15. August 1799) und schloß mit der Einnahme von Coni (3. December) die Reihen seiner Heldenthaten in diesem Feldzuge. – Im unglücklichen Feldzuge des Jahres 1800 deckte der Fürst bei Hohenlinden (3. December 1800) den Rückzug und übernahm nach Kolowrat’s Abberufung das Commando der Reservearmee. Bei Salzburg schlug er am 14. December den General Lecourbe, der nur durch den herbeieilenden Moreau der gänzlichen Vernichtung entging. Den nun vereinigten französischen Generalen Lecourbe und Moreau leistete er durch mehrere Stunden den hartnäckigsten Widerstand und zog sich, nur der großen Uebermacht weichend, aber in größter Ordnung, nach Birkheim, wo er wieder in der Nacht vom 14. auf den 15. December Moreau’s Andringen aufhielt und es unserer Armee möglich machte, das Lager bei Neufahrn und Kösing zu beziehen. Als am 18. August 1801 die 66. Promotion des Maria Theresien-Ordens, und zwar die erste öffentliche, stattfand, wurde der Fürst mit dem Großkreuze ausgezeichnet. – Nachdem sein Bruder Alois Joseph am 24. März 1805 gestorben, folgte ihm Fürst Johann in der Regierung, ohne jedoch, nachdem er in schon 11 Feldzügen, in 80 Schlachten, Treffen und Gefechten seinen Heldenmuth erprobt, die Armee zu verlassen. Als die Katastrophe bei Ulm stattfand, lag der Fürst krank zu Feldsberg, und auf dem Krankenbette traf ihn das Schreiben des Kaisers, aus welchem ihm die Gefahr des Vaterlandes und der Residenz bekannt, und ihm der Befehl über ein Armeecorps gegeben wurde, das noch gar nicht bestand. Aus den Trümmern der geschlagenen Armee und aus den sechsten Bataillons sollte nun eine neue Armee erst geschaffen werden. Der [152] Fürst überwand sein Leiden, stellte die Armee in der kürzesten Zeit auf und kämpfte mit derselben am 2. December 1805 die Dreikaiserschlacht bei Austerlitz mit, nach welcher er in der heillosen Verwirrung den Rückzug der Unseren deckte. Der Fürst hatte in dieser denkwürdigen Schlacht wie bisher immer seine todesverachtende Kaltblütigkeit bewiesen, und als wäre er gefeit gewesen, blieb er, obgleich ihm Hut und Kleider von Kugeln durchlöchert, mehrere Pferde unter ihm getödtet und verwundet wurden, doch abermals unverletzt. In der Nacht dieser Schlacht erhielt er für die durchbrochenen, abgeschnittenen, in völliger Auflösung flüchtigen Russen einen Waffenstillstand, leitete die erste Unterredung zwischen beiden Kaisern, Franz und Napoleon, bei der Czeitschermühle ein, und schloß einige Wochen später, am 26. December, mit Talleyrand den Preßburger Frieden. Den Neujahrstag 1806 feierte der Fürst durch die Auswechslung der Friedensratificationen. Wie Zeitberichte melden, wurden er oder seine Adjutanten, die Grafen Chotek und Starhemberg, wenn sie auf der Straße erschienen, von dem Jubel des Volkes begrüßt, und die Aufregung der Wiener in ihrem unbedingten Vertrauen auf den Fürsten steigerte sich dermaßen, daß er – der bald darauf zum commandirenden General ob und unter der Enns und Commandanten von Wien ernannt wurde – am 11. Jänner einen Aufruf an die Wiener, zur Mäßigung und Ruhe, erlassen mußte. In Anerkennung der von dem Fürsten in den unglücklichen Tagen ruhmvoll erprobten Selbstverleugnung und Heldenkraft, verlieh ihm der Kaiser am 12. Februar d. J, das goldene Vließ. – An den großartigen Vorbereitungen zu dem Kampfe des Jahres 1809 – in welchem der große Kaiserstaat eben als ein zusammengehöriges Ganzes wie nie vorher und leider auch nicht wieder in solcher Art nachher erscheint – entwickelte der Fürst eine großartige Thätigkeit. Unter seinen Befehl wurden das Grenadier- und Cavallerie-Reservecorps gestellt. Die Regierung seines Fürstenthums, das von dem französischen Machthaber ohne des Fürsten Wissen dem Rheinbunde war einverleibt worden, übertrug er seinem Sohne und er selbst zog in’s Feld und begann mit Regensburg, dessen französische Besatzung er am 20. April zur Capitulation zwang, den neuen Reigen glänzender Waffenthaten. Durch den Fall Regensburgs wurde der durchbrochenen, in der Flanke und im Rücken bedrohten und gegen die Donau gedrängten österreichischen Hauptarmee der Rückzug auf die linke Seite des Flusses ermöglicht. Bei dem bedenklichen Donauübergange am 23. April war es vornehmlich der Fürst, der den Muth der österreichischen Reiterei aufrecht hielt und sich zu wiederholten Malen mit wenigen Zügen Kürassieren, einmal sogar im heftigsten Platzregen, ohne Hut, auf dem ersten besten fremden Rosse und mit fremdem Pallasch auf den heftig andrängenden Feind warf. „Wie bei Aspern“, schreibt sein Biograph, „sein Allen wohlbekannter, krumm gebogener Federbusch, recht mitten im Gedränge, als eine Warte der Zuversicht geweht“, spricht die erst in neuester Zeit wieder (bei Enthüllung des Erzherzog Karl-Denkmals) und mit Recht aufgefrischte Relation über diese Schlacht. Die Nacht vom 21. zum 22. Mai brachte der Fürst einen Pistolenschuß weit von dem französischen Vorposten, in einen gemeinen Reitermantel gehüllt, auf der bloßen Erde zu. Ein Stückchen Zucker und ein Trunk schlechten Wassers, von dem Oberst [153] Rousseles dargereicht, war seine einzige Labung nach dem übermenschlichen Kampfe. Wie Hormayr treffend bemerkt: „ein noch herrlicheres Denkmal als jenes des Fürsten Wenzel von Erz im Wiener Zeughause, ist die Stelle des Armeebefehls des Erzherzogs Generalissimus vom 24. Mai, der unter den sämmtlichen, der öffentlichen Dankbarkeit würdigen Soldaten von Aspern, die daselbst „die ersten Soldaten der Welt“ heißen, den Fürsten ganz allein vorzugsweise nennt und von ihm schreibt: „Der-Herr General der Cavallerie Fürst Johann von Liechtenstein hat seinen Namen verewigt. Dieses Gefühl und meine warme Anhänglichkeit an seine Person verbürgt ihm die Dankbarkeit unseres Monarchen. Ich kann ihn nur mit dem öffentlichen Ausdrucke meiner Achtung lohnen“. In der That waren es aber auch der Fürst Johann und sein General-Quartiermeister Radetzky, welche den blutig erfochtenen Sieg als solchen retteten. Man hatte ja schon wegen Massena’s heroischer Gegenwehr sich angeschickt, die Disposition zur Retraite der Oesterreicher gegen den Bisamberg zu entwerfen, als Fürst Johann wüthend herbeisprengte und seinen lumpigen Hut in die Augen drückend, aufschrie: „Was? retiriren? – Warum nicht gar! – Die Schlacht ist ja gewonnen, sie räumen ja das Schlachtfeld und gehen hinüber!“ Auf diese Nachricht kamen erst die Glückwünsche und nahmen gar kein Ende mehr, so, daß an eine Benützung des Sieges gar nicht gedacht wurde. In der Schlacht bei Wagram führte er am ersten Schlachttage, 5. Juli, die von ihm befehligte Cavallerie unter dem heftigsten Kugelregen so kaltblütig wie am Exercierplatze. Eine Kanonenkugel riß das in gestrecktem Galopp ausholende Pferd des Fürsten zusammen; indeß der Fürst unter dem getödteten Pferde dahin gestreckt lag, blieb er mitten unter dem verheerenden Kartätschenfeuer des Feindes unverletzt; schwang sich, nachdem er sich unter der Pferdelast emporgerafft, auf das nächste Dragonerpferd und ging wieder in den Kampf. Bisher unverwundet aus so vielen Kämpfen hervorgegangen, erhielt er in diesem letzten, den er noch mitgefochten, am 6. Juli, von einer auf kurze Entfernung abgegebenen feindlichen Decharge eine leichte Contusion und sein Pferd wurde verwundet. Nachdem Erzherzog Karl am 31. Juli bei Littau den Oberbefehl des Heeres niedergelegt, erhielt Fürst Johann denselben. Noch wurde ihm das schwere Opfer, am 14. October d. J., am Jahrestage des westphälischen Friedens, den Wiener Frieden zu unterzeichnen, mit Champagny, dem Herzog von Cadore. Für die von schweren Summen abhängige frühere Räumung Wiens, bot der Fürst den dortigen Wechselhäusern seine sämmtlichen Besitzungen zum Unterpfande an: ein wahrhaft fürstlicher Zug, wie Hormayr schreibt, dagegen ein zweiter nie vorkommen wird, und das souveräne fürstliche Haus Liechtenstein als das erste Haus der Bürger Wiens für ewige Zeiten sich darstellt. Von dieser Zeit trat der Fürst vom Kriegsschauplatze und lebte für sich und seine Familie, sorgte unermüdet für das Wohl seiner Unterthanen und widmete sich mit Vorliebe der Pflege der Künste und Wissenschaften. Für die Kunst that er unendlich viel. „Er vollendete“, wie sein Biograph schrieb, „was hierin jener Fürst Liechtenstein, von den Wienern „der reiche Hanns Adam“ oder „der Crösus Oesterreichs“ genannt, der Gründer der [154] Wiener Vorstädte Lichtenthal und Roßau, des majestätischen Majoratshauses in der Schenkenstraße, des Wiener Stadtbanco, der herrlichen Liechtenstein’schen Gemälde-Gallerie, begonnen hatte“. Ebenso vermehrte der Fürst die übrigen Sammlungen, vornehmlich die früher schon reiche und mit bibliographischen Schätzen mannigfaltiger Art ausgestattete Bibliothek. In der Veredlung der Viehzucht, des Gestüt-, Jagd- und vorzüglich des Forstwesens, durch die Anpflanzung von Millionen schnellwachsender amerikanischer Forsthölzer, worin er dem Beispiele seines viele Jahre vor ihm gestorbenen Bruders, des Fürsten Alois Joseph [s. d. S. 139] gefolgt; durch den Anbau der ergiebigsten exotischen Getreidearten, durch die Verbreitung edler Obstgattungen im Großen und Freien, durch die Acclimatisirung rheinischer, französischer und spanischer Reben, durch die Cultur von Fabrik- und Farbepflanzen u. dgl. m. gewann der Fürst unläugbar eine edle Priorität in der Förderung aller materiellen Interessen. Die schönen Bauten zu Eisgrub und Feldsberg, zu Laa, Losdorf, Neuschloß, Adamsthal, Greifenstein, Hadersfeld, Schwarzkosteletz, Aurzinowes und in Aussee, wie auf den herrlichsten Puncten um Wien, zeugen von des Fürsten pittoreskem und historischem Scharfblick. Insbesondere im Hinblick auf die letzteren muß hier einem noch herrschenden irrigen Glauben entgegen getreten werden, den die Reiseerinnerungen der Miß Trollope veranlaßt haben. Nach dieser Dame sei Fürst Johann durch den Heldentod von vier Huszaren in der Schlacht bei Wagram aus der Gefahr der Gefangenschaft entrissen worden und habe in Folge dessen den Gebeinen derselben den sogenannten Huszarentempel in der Brühl nächst Wien gewidmet. Dem ist nicht so, das Monument wurde nur zu dem Zwecke errichtet, allen in den Schlachten von Aspern und Wagram gefallenen österreichischen Kriegern ein Denkmal zu setzen; es enthält aber bloß sieben Leichname von Kriegern, die in jenen Schlachten gefallen, und zwar von sechs Infanterie-Regimentern, worunter den Oberst Baron Dollée von Erzherzog Rainer und einen Uhlanen von Schwarzenberg, folglich ist auch der dem Volksmunde so geläufig gewordene Name „Huszarentempel“ ganz unrichtig. Wenn man das thatenreiche Leben dieses edlen Fürsten überblickt, so erhebt uns ein mächtiges Gefühl der Verehrung für diesen „Ritter Oesterreichs ohne Furcht und Tadel“. Seit dem in der Lützener Schlacht gefallenen Pappenheim, seit dem bei Mollwitz umgekommenen Römer hatte die altberühmte österreichische Cavallerie keinen kühneren Magister equitum, als den „Fürsten Johannes“, wie man ihn zu nennen pflegte, dessen wildverwegenes Reiten und markdurchdringendes helles und dünnes Commandowort jedem unvergeßlich waren, der jenes und dieses einmal gesehen und gehört. Er hat für immer seinen Platz neben Ziethen und Seidlitz und neben dem nur durch eine noch größere Schaubühne seiner Thaten, nicht aber durch größeren Muth, nicht durch größere Geistesgaben unvergeßlichen Huszarengreise Blücher, dem „Marschall Vorwärts“. In hundertzweiunddreißig Schlachten und Gefechten, in dreizehn Feldzügen – 1788, 1789 und 1790, 1792, 1793, 1794, 1795, 1796 und 1797, 1799 und 1800, 1805 und 1809 – verlor der Fürst, der stets von Lust und Hitze in’s wildeste Gemetzel hineingezogen, vierundzwanzig Pferde unter dem Leibe, ohne ein einziges Mal [155] verwundet – die Contusion bei Wagram ausgenommen – oder je gefangen worden zu sein. Als Cavalier und Fürst ist er ein noch mächtigerer Begründer seines Hauses, als jener Johann [s. d. S. 126, Nr. 29], den das Ausland „den gewaltigen Hofmeister“ nannte, und als die beiden ersten Fürsten Karl und Gundaker gewesen. Als Mensch war er die Anspruchslosigkeit, ja Demuth selbst. Er wurde leicht gelangweilt und verdrießlich, wenn man von seinen Thaten sprach; „er habe eben nur gethan, was er nicht lassen konnte“. Man mußte seiner besonderen Achtung gewürdigt sein, um in jenes Zimmer seines Wohnpalastes in der Herrengasse geführt zu werden, in welchem einzelne Momente aus seinem Kriegsleben, „mit nicht durchgehends correcten“ Unterschriften, aber von hoher, soldatischer und rein menschlicher Weihe abgebildet waren. Des Fürsten Bildung fiel in den Culminationspunct der Knopf- und Kamaschenapotheose. Aber er schätzte gelehrte Soldaten ungemein, wenn sie nur zugleich den Ruf persönlicher Bravour hatten. Die Charakteristik seines Familienlebens entzieht sich diesem, wie überhaupt jedem Werke, genügt ja doch für die Ueberzeugung von dessem Glücke der herrliche Kindersegen, der ihm in sieben Söhnen, von denen alle in seine Fußstapfen traten, und in sechs Töchtern erblühte. Im Liede hat ihn und mit ihm zugleich seinen Bruder Alois [s. d. S. 109] – der ein wahres Gegenstück zu dem immer unverwundet gebliebenen Fürsten Johann ist – und seinen berühmten Ahnherrn Christoph [S. 120, Nr. 7] der österreichische Dichter Freiherr von Zedlitz in den „Romanzen vom unbekannten Ritter“ würdig gefeiert.

Oesterreichische militärische Zeitschrift 1827, Bd. IV, S. 3, 123, 243: „Das Corps des General-Majors Fürsten Joh. Liechtenstein im Feldzuge 1796 in Deutschland“. – Didaskalia (Frankfurter Unterhaltungsblatt, 4°.) Jahrg. 1836, in der Nummer vom 1. bis 7. Mai: „Johann Fürst Liechtenstein“. – Taschenbuch für vaterländische Geschichte. Herausgegeben durch die Freiherren von Hormayr und von Mednyansky (Wien, Härter, kl. 8°.) III. Jahrg. (1822), S. 77. – Hirtenfeld (J.), Der Militär-Maria Theresien-Orden und seine Mitglieder (Wien 1857, Staatsdruckerei, 4°.) S. 331, 506, 570, 1735, 1739 u. 1742. – Neuer Nekrolog der Deutschen (Weimar, Bernh. Friedr. Voigt, kl. 8°.) XIV. Jahrg. (1836), S. 315. – Vehse (Eduard Dr.), Geschichte des österreichischen Hofs und Adels und der österreichischen Diplomatie (Hamburg, Hoffmann u. Campe, kl. 8°.) Bd. IX, S. 217 u. 221. – Szöllösy (Joh. Nep. v.), Tagebuch gefeyerter Helden und wichtiger kriegerischer Ereignisse der neuesten Zeit (Fünfkirchen in Ungarn 1837, bischöfl. Lyceal-Buchdruckerei, gr. 8°.) S. 254. – Oesterreichische National-Encyklopädie von Gräffer und Czikann (Wien 1835, 8°.) Bd. III, S. 433; Bd. VI, S. 539. – Schweigerd (C. A.), Oesterreichs Helden und Heerführer von Maximilian I. bis auf die neueste Zeit (Wien 1855, Prandel und Meyer, gr. 8°.) Bd. III, S. 747 [daselbst steht zu Ende: mit Benützung der Biographie Liechtensteins in Hormayr’s Taschenbuch, 3. Jahrgang“; das ist keine Benützung, das ist wörtlicher Abdruck]. – Meyer (J.), Das große Conversations-Lexikon für die gebildeten Stände (Hildburghausen, Bibliogr. Institut, gr. 8°.) Bd. XIX, 2. Abtheilung, S. 328. – Biographie des hommes vivants ou histoire par ordre alphabétique de la vie publique de tous les hommes qui se sont foit remarquer par leurs actions ou leur écrits (Paris 1818, L. G. Michaud, 8°.) Tome IV, p. 234 [dahier heißt es, nachdem der Tagesbefehl des Erzherzogs Karl nach der Schlacht von Aspern in Uebersetzung mitgetheilt ist, folgendermaßen: „On assure que ce générale insiste beaucoup pour que l’armée autrichienne passât immédiatement le Danube afin de pouvoir profiter de la victoire, et qu’il offrit même inutilement de se mettre à la tête d’un corps de trente mille hommes“. Und weiter heißt es da: ... „1812 se retira pour quelque temps à Varsovie. Là, il eut occassion de voir [156] l’abbé de Pradt, qui parla de lui dans des termes très flatteurs à Bonaparte, lorsque celui-ci traversa cette ville après les désastres de Moscou, mais, si l’on en croit l’abbé de Pradt lui-même, cet éloge fut assez mal reçu de l’empereur fugitif !“]. – Nouvelle Biographie générale ... publiée par MM. Firmin Didot frères, sous la direction de M. le Dr. Hoefer (Paris 1850 et s., 8°.) Tome XXXI, p. 148. – Zeitgenossen. Almanach für das Jahr 1863 (Gratz 1863, Settelle, kl. 8°.) S. 200. [In diesem seichten, mit dem pomphaften Titel „Zeitgenossen“ täuschenden Machwerke, das nichts weiter als ein schlechtes Adreßbuch ist und das hier nur angeführt wird, um die groben Irrthümer, die es enthält, zu berichtigen, wird der jetzt regierende Fürst Johann (geb. 1840) auch aufgeführt. Und am Schlusse heißt es: „In Folge der großen Verdienste, welche Fürst Johann in den französischen Kriegen (da er noch gar nicht auf der Welt war) um Deutschland und Oesterreich erworben u. s. w.“ Das was hier dem jetzt regierenden Fürsten zugedacht ist, gilt von seinem Großvater, dem Feldmarschall Fürsten Johann (geb. 1760, gest. 1856).] – Porträte. 1) Unterschrift: Fürst Johann Lichtenstein. Fr. Stöber sc. Viennae (8°.); – 2) J. Pichler sc. (Schwarzkst. Halbfigur).