BLKÖ:Kolowrat-Krakowsky, Johann Nepomuk Karl Graf

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 12 (1864), ab Seite: 386. (Quelle)
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Kolowrat-Krakowsky, Johann Nepomuk Karl Graf (Feldmarschall und Commandeur des Maria Theresien-Ordens, geb. 21. December 1748, gest. 5. Juni 1816). Von der Linie Kolowrat-Krakowsky zu Brzeznitz. Ein Sohn des Grafen Prokop aus dessen zweiter Ehe mit Anna Margaretha Gräfin Ogilvy. Im Elternhause von dem Jesuiten Seidel erzogen, trat er im Jahre 1766 – und nicht, wie es bei Rittersberg heißt, 1776 – als Unterlieutenant in das Regiment seines Oheims Emanuel Grafen K. [S. 371], nämlich in das 1801 als Coburg-Dragoner aufgelöste Dragoner-Regiment. Zwei Jahre später kaufte er sich im ungarischen Infanterie-Regimente Adam Batthiany Nr. 34 eine Hauptmannsstelle. Das Regiment lag damals als Besatzung in Prag, und dort schloß K. mit dem nachmaligen General der Cavallerie Michael von Melas, der zu jener Zeit Major im Regimente war, jenen innigen Freundschaftsbund, den nur des Letzteren 1806 erfolgter Tod endigte. Als das Regiment nach dem bayerischen Erbfolgekriege nach Ungarn kam, blieb es dort bis zum Ausbruche des Türkenkrieges. K. war mittlerweile zum Oberstlieutenant vorgerückt. Am 2. Juni 1788 wurde K. Oberst und Commandant des Infanterie-Regiments Nr. 19, damals Alvinczy. Als solcher führte er das Regiment mit großer Bravour, so daß ihm Loudon am Schlusse des Feldzuges über das Verhalten des Regiments ein sehr rühmliches Zeugniß ausstellte. Im Sturme auf Belgrad, 30. September 1789, führte K. die dritte der stürmenden Colonnen. Mit klingendem Spiele und fliegenden Fahnen drang er unter den Augen des Feldherrn mit seiner Colonne vor und ließ sich durch das mörderische Feuer des Feindes nicht irre machen. Erst als ihn eine Kugel am Kopfe getroffen, mußte er vom Kampfplatze getragen werden; aber seine Colonne [387] war bereits durch den Laufgraben über die Schanzpfähle und die doppelte Heckenreihe siegreich vorgeschritten, und drängte nun, im Siegeslaufe begriffen, die Türken von Gasse zu Gasse zurück, des großen Platzes mit allen seinen Zugängen sich bemächtigend und das feindliche Geschütz erbeutend. Loudon meldete im Schlachtberichte des Grafen Tapferkeit, und der Kaiser ernannte ihn – den jüngsten Oberst in der Armee – zum General-Major. Der Graf erhielt nun eine Brigade in Böhmen bei dem von dem General-Feldzeugmeister Fürst Hohenlohe-Kirchberg [Bd. IX, S. 196] befehligten, gegen Preußen aufgestellten Beobachtungsheere. Nach dieses letzteren Auflösung wurde K. zum kaiserlichen Commissär bei der nach dem Szistower Friedensschlusse festgesetzten Uebergabe der Festung Belgrad bestellt, welche am 23. October 1791 erfolgte. Im Jänner 1792 wurde Graf K. in seiner Eigenschaft als Brigadier zur Artillerie übersetzt und zugleich Inhaber des zweiten Artillerie-Regiments. Schon in den ersten Feldzügen des bald darauf ausgebrochenen französischen Revolutionskrieges bewährte sich der Graf als ein ausgezeichneter Artillerie-General. Er wurde nun zum Feldmarschall-Lieutenant befördert und mit der Oberleitung des Geschützwesens beim Hauptheere betraut, welches am Rhein unter des Feldmarschalls Clerfayt Befehle stand. In den folgenden Feldzügen that sich der Graf bei vielen Gelegenheiten in so ausgezeichneter Weise hervor, daß der ganze Officierskörper der Feldartillerie, Namen wie Reisner, Schuhay, Schwarzinger, Vega an der Spitze, in einem von 10. Jänner 1797 datirten, an den Kaiser gerichteten Bittgesuche um eine Belohnung ihres tapfern und geliebten Führers einschritten. Seine Verdienste werden in diesem Bittgesuche der Reihe nach namentlich aufgeführt. Obenan steht aber sein ebenso umsichtiges als muthvolles Verhalten bei dem Unternehmen auf Kehl, dessen Gelingen zunächst ihm und seinen von ihm unter steter Lebensgefahr überwachten Maßregeln zuzuschreiben ist. Der Graf wurde auch in außergewöhnlicher Weise belohnt. Ohne noch das Ritterkreuz des Maria Theresien-Ordens zu besitzen, wurde er am 15. Mai 1797 unmittelbar mit dem Commandeurkreuze des Maria Theresien-Ordens ausgezeichnet. Am 28. October 1800 wurde K. General-Feldzeugmeister, im folgenden Jahre am 12. April Hofkriegsrath, am 13. April geheimer Rath und am 21. April Inhaber des durch den Heldentod Fürstenberg’s [Bd. V, S. 20] bei Stockach erledigten 36. Infanterie-Regiments. Als der General der Cavallerie Graf Melas altershalber 1803 die Leitung des Generalcommando’s in Böhmen niederlegte, wurde sein langjähriger Freund Graf K. der Nachfolger auf diesem Posten, auf welchem er besondere Umsicht entwickelte, als er den Erzherzog Ferdinand auf seinem Rückzuge durch Franken und in dessen Unternehmung gegen die mährische Grenze unterstützte; auch trat er während des Waffenstillstandes, der dem Preßburger Frieden vorausgegangen war, den unbefugten Plackereien französischer Commandanten in Böhmen energisch entgegen und schützte insbesondere den von den Franzosen besetzten Taborer und Budweiser Kreis. Im Jahre 1809 befehligte K. das zweite Armeecorps, mit welchem er aus Böhmen in Bayern bis an die Donau vordrang, am 19. April Stadt am Hof, am 20. Regensburg besetzte. Die unglücklichen Erfolge der [388] Hauptarmes nöthigten ihn aber, diese Positionen aufzugeben und in das südliche Böhmen und dann nach Oesterreich sich zurückzuziehen. In der Schlacht bei Wagram commandirte K. das dritte Armeecorps, ruhmvoll wie immer und an ihm nicht lag es, wenn nach solchen Proben von Tapferkeit und Heldenmuth, als in dieser Schlacht gegeben wurden, der Sieg nicht auf der Seite der Unseren war. Als nach dem ungünstigen Ausgange dieses Kampfes zur Deckung Böhmens die Aufstellung eines Armeecorps von 50.000 Mann beschlossen wurde, dessen Befehl Erzherzog Ferdinand erhielt, wurde ihm der Graf K. als Beirath zugegeben. Am 10. September d. J. wurde K. zum Feldmarschall ernannt. An den ruhmvollen Kämpfen der Befreiungskriege 1813, 1814 und 1815 konnte der Graf nicht mehr thätig theilnehmen; die Strapazen der Feldzüge, die er mitgemacht, hatten ihn sehr geschwächt; denn der Graf theilte mit seinen Truppen alle Mühen und Drangsale und war nicht zu bewegen, die Ruhe der Nacht unter Dach zuzubringen, wenn seine Truppen im freien Felde bloß unter der schützenden Decke des Himmels campirten. Er konnte also nicht mit den siegreichen Heeren ziehen, aber als Commandirender in Böhmen traf er in dem von dem Feinde stets bedrohten Lande die trefflichsten Anstalten, um die Unternehmungen der verbündeten Heere auf das Kräftigste zu unterstützen. Im Mai 1815 wurde der Graf, wie sein Vetter Franz Anton von der Liebsteinsky’schen Linie [s. d. S. 392], für sein ausgezeichnetes Wirken in den Kriegsjahren 1813–1815, für die in der genannten Periode bewiesene aufopfernde Thätigkeit mit dem goldenen Kreuze des neu gestifteten Civil-Ehrenzeichens geschmückt. Bald nöthigte ihn die immer zunehmende körperliche Hinfälligkeit um Enthebung von seinem Amte zu bitten. Dem Wunsche des Grafen wurde unter gleichzeitiger Verleihung des Großkreuzes des Leopold-Ordens entsprochen. Aber nicht lange genoß der edle General die ihm gewordene Ruhe. Denn am 15. Mai 1816 pensionirt, entriß ihn nur wenige Wochen später, am 5. Juni d. J., der Tod dem Vaterlande. Einer seiner Biographen schreibt über ihn: „Graf Kolowrat gehörte unter jene Feldherren, deren Ruhm sich auf Tugend gründet, und die durch Sanftmuth und anspruchlose Bescheidenheit am sichersten siegen. Böhmen verlor an ihm seinen schönsten Stolz, das Heer eine seiner ersten Zierden, die Menschheit ihren wärmsten Freund.“

Ritter von Rittersberg (J.), Biographien der ausgezeichnetesten verstorbenen und lebenden Feldherren der k. k. österreichischen Armee (Prag 1828, 8°.) S. 59 (bis) [die Paginirung von 1–66 kommt in Rittersberg’s Buche zweimal vor]. – Hirtenfeld (J. Dr.), Der Militär-Maria Theresien-Orden und seine Mitglieder (Wien 1857, Staatsdruckerei, kl. 4°.) S. 521 u. 1740. – Oesterreichisches Militär-Konversations-Lexikon von J. Hirtenfeld (Wien 1830, gr. 8°.) Bd. Ill, S. 581. – Porträt. Unterschrift: Johann Karl Graf Kolowrat-Krakowsky, k. k. General-Feldmarschall (Prag, 4°., Kroupa lithogr.).