Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen I. Section/H20

Heft 19 des Leipziger Kreises Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen von Gustav Adolf Poenicke (Hrsg.)
Heft 20 der Section Leipziger Kreis
Heft 21 des Leipziger Kreises
Die Beschreibungen sind auch als Einzeltexte verfügbar unter:
  1. Grossstädteln
  2. Löbnitz
  3. Belgershain
  4. Polenz


[153]
Grossstädteln


zwei Stunden südlich von Leipzig am linken Ufer der Pleisse gelegen.

Das ansehnliche Rittergut kann als das gräfliche Hohenthalische Stammgut gelten.

Das dasige Schloss ist eine Zierde des Orts und der Umgegend und der an demselben befindliche Park kann mit den berühmtesten wetteifern. Zum Gute gehört eine bedeutende Waldung und starke Brauerei.

Im Orte selbst ist ein Gasthof an der sogenannten Luccaer Strasse gelegen.

Im 16. Jahrhundert wurde Oetzsch zu Grossstädteln gekauft und erhielt die Schriftsässigkeit, welches nebst dem hart bei Grossstädteln liegenden Klein-Städteln 12 Hufen besass.

Grossstädteln hat 42 bewohnte Gebäude, 69 Familienhaushaltungen mit 312 Einwohnern und gehört jetzt zum Gerichtsamt Zwenkau, zum Bezirksgericht Leipzig, zur Amtshauptmannschaft Borna, zum Regierungsbezirk Leipzig. Grossstädteln mag schon sehr früh erbaut worden sein und gehörte zu einer grössern Herrschaft. Erst in spätrer Zeit kam es in die Hände einzelner Besitzer, und als die ersten derselben werden uns die Herren von Pflugk genannt, die auch Eythra und andere Güter in hiesiger Gegend besassen. Von den Herren von Pflugk kam Grossstädteln an die Herren von Erdmannsdorf; dann an die Herren von Dieskau, von welchen es die Familie von Kospoth acquirirte. Nach dem Geschlecht derer von Kospoth kamen die Herren von Lüttichau in Besitz dieses Gutes und von diesen kaufte es Peter Hohmann, der Stammvater der Hohenthalschen Familie, deren Verzweigung und Verwandtschaft wir bei der Geschichte von Lauer, hinsichtlich der zweiten Linie schon näher beschrieben haben.

Der derzeitige Besitzer ist der Graf Peter Wilhelm von Hohenthal auf Grossstädteln und Deuben, welcher der ersten Linie des Grafen von Hohenthal angehört. Als Stammvater dieser Linie wird der Reichsgraf Peter Carl genannt, geboren am 4. Septbr. 1784, des verstorbenen Reichsgrafen Peter Karl Wilhelm und der ebenfalls mit Todte abgegangenen Christiane Sophie geb. von Watzdorf aus dem Hause Jestnitz, Herr auf Döbernitz, königl. sächs. Kreis-Hauptmann a. D.

Dieser Peter Carl, Graf von Hohenthal, war vermählt mit Caroline Julie Sophie von Unruh, des Königl. preuss. General-Lieutenant Carl Philipp von Unruh Tochter.

Der Sohn dieses Peter Carl Graf von Hohenthal war Peter Alfred, geb. 5. Dzbr. 1806 Besitzer der jetzt dem Fürsten Radali gehörenden Standesherrschaft Königsbrück mit Steinborn Ritter des St. Johanniter-Ordens, erbl. Mitglied der ersten Stände-Kammer des Königreichs Sachsens und Königl. sächs. Kammerherr; in erster Ehe vermählt mit Louise geb. Prinzessin Biron von Curland, letztre ist am 14. Aug. 1845 mit Tode abgegangen und Herr Graf Peter Alfred von Hohenthal hat sich dann am 3. Octbr. 1846 mit Luisa Marie [154] Friederike geb. Prinzessin von Schleswig-Holstein-Sonderburg-Glücksburg[WS 1] verheirathet.

Die Geschwister von diesem Grafen Peter Alfred von Hohenthal sind folgende:

Eleonore Auguste Frau auf See bei Niesky vermählt mit Ludwig Grafen zur Lippe auf Sproitz und Küpper.

Peter Wilhelm, geb. den 20. März 1799, Herr von Grossstädteln und Deuben, verm. seit dem 13. Aug. 1828 mit Elise geb. Erhart, geb. 16. April 1804, deren Tochter ist

Wilhelmine, vermählt mit Emil Herrmann Freiherrn Cerrini de Monte Varchi, k. sächs. Lieut. a. D.

Grossstädteln liegt nicht weit von dem Anhaltepunkt Gaschwitz, weshalb man jetzt häufig von Gaschwitz aus, vorzüglich an Sonntagen viele Lustwandelnde von Leipzig in Grossstädteln und den benachbarten Orten erblickt.

Das früher so stark besuchte Oetzsch ist dadurch etwas in’s Hintertreffen gekommen, obschon Oetzsch selbst am Rande des Raschwitzer Holzes sehr angenehm liegt. Der Weg durch die mit kleinen Eichenbüschen untermengten Wiesen von hier nach Delitz gilt mit Recht für einen der belohnensten in der Leipziger Gegend und früher wurde es vorzüglich zu Ostern und Pfingstzeiten sehr stark von Leipzig aus besucht.

Oetzsch ist nach dem ¼ Stunde gegen Westsüdwest gelegenen Gautzsch gepfarrt, dagegen hat Grossstädteln seine eigene Mutterkirche und Schule, wovon ein Filial zu Gross-Deuben sich befindet. Dagegen sind Klein-Städteln, Gaschwitz, Debitz-Deuben und Klein-Deuben mit der Gross-Städtelschen Kirche verbunden.

Grossstädteln hat wie Gautzsch, Gaschwitz, Deuben in dem Jahre 1813 durch die Leipziger Schlacht viel gelitten und unsägliches Elend durch Feuer und Schwerdt ertragen müssen.

Südwestlich von Gaschwitz verbreitet sich schon der im Bezirke Zwenkau gelegene grosse Harth-Wald, zwischen dem Flossgraben und der Gössel, ein kleiner unweit dem Dorfe Rohrbach im Gerichtsamtsbezirke Grimma entspringender Fluss, welcher nach einem etwa 4stündigen Lauf von Westen nach Osten gehend bei dem Dorfe Krostewitz in die Pleisse fällt. Der Harth-Wald besteht aus Laubholz und wird vom Oberförster zu Zwenkau beaufsichtigt.

Wenn man die Fusswanderung von Grossstädteln weiter nach Leipzig fortsetzen und nicht nach Gaschwitz zurückkehren und die Eisenbahn benutzen will, so kann man einen sehr angenehmen Weg nach den nicht weit von Grossstädteln entfernt gelegenen Raschwitz einschlagen, einen sonst berühmten Vergnügungsort der höheren Stände Leipzigs. Früher war Raschwitz ein Rittergut, jetzt gilt es blos noch als Vorwerk. Am 13. Octbr. 1779 kam es wieder in den Besitz des Leipziger Raths für 14000 Thaler. Im Jahre 1835 ist es von der Stadt an den Besitzer des Hôtel de Pologne, August Pusch verkauft worden, und man hoffte durch Herrn Puschens besondere Thätigkeit das Aufblühen dieses ehedem so beliebten Vergnügungsortes. Allein vergebens. Die Eisenbahn hat nicht allein neue Verkehrswege, sondern auch neue Vergnügungsorte eröffnet und das nahe Schöne wird nicht mehr geliebt, man sucht in der Ferne Zerstreuung.

Grossstädteln mit Oetzsch, Raschwitz, Gautzsch und Zöbigker gehörte wohl in den frühesten Zeiten zu den wendischen Gau Ghutici, wovon der Hauptort Gautzsch gewesen ist, wohin auch Raschwitz, Oetzsch, Cospuden und Lauer eingepfarrt sind.

Die ganze Gegend und somit auch Grossstädteln baut schönes Getreide und viele Gartenfrüchte.

Ueberhaupt gehört der Boden zu den besten Arten und die vielen köstlichen Auen geben ein herrliches nährendes Futter; auch vortreffliches Obst wird gebaut.

Grossstädteln hängt mit Kleinstädteln fast zusammen und an Kleinstädteln grenzt, sofort wieder Gaschwitz, so dass diese 3 Orte beinahe ganz zusammenhängend erscheinen.

Ueberhaupt gehört diese ganze Parthie zu einer der lieblichsten von Leipzigs Umgebung. Wir erinnern dabei nur noch an den herrlichen Weg von Gaschwitz nach Zehmen und weiter hinauf an der Pleisse.

Die herrlichsten Auen sind hier zu erblicken und mit alten Erinnerungen aus der Vorzeit, die vielseitigen Stoff zu den schönsten Romanen bieten.

(M. G.)     



[155]
Löbnitz


auch Alt-Löbnitz, eine Stunde südlich von Pegau an der Schwennigke gelegen.

Das hiesige Rittergut mit prächtigem Schlosse und schönem Garten liegt dicht an der Schwennigke.

Das Schloss, in edlem grossen Styl erbaut, war ehedem ein Jagdschloss, welches die Herzöge von Sachsen Zeitz besassen und zu diesem Schlosse gehörten blos Holz und Wiesen. Um’s Jahr 1696 kaufte es der churfürstliche geheime Rath und Ober-Consistorial Präsident Adam Ernst Senft von Pilsach dem Herzoge Moritz ab und von dieser Zeit wurden nach und nach mehre Bauernfelder dazu gebracht und das Vorwerk Nöthnitz angelegt, so dass es im Jahre 1797, wo es dem Kreishauptmann Blümner in Leipzig gehörte, 29 Hufen Feld besass, von denen später wieder nach und nach 9 Hufen verkauft worden sind.

Zu dem Rittergute gehört eine beträchtliche Ziegelscheune, so wie bedeutende Bier- und Brandtweinbrennerei. Die Dörfer Alten-Groitzsch, Gatzen, Methewitz, Michelwitz, Pautzsch, Bennewitz, Saasdorf, Gross-Priesligk und das Vorwerk Nöthnitz bilden die sogenannte Pflege Löbnitz. Die Gerichtsstube für diese ganze Pflege war vor der neuen Gerichtsorganisation zu Löbnitz, seine eigne Gerichtsstube hatte blos noch das Dorf Gross-Priesligk.

Nach der Familie von Pilsach besass die Pflege der Domherr von Levezow, von welcher es an den Freiherrn von Brösigke kam. Von diesem acquirirte es die Hohenthalsche Familie.

Der jetzige Besitzer ist der Königl. Sächs. Kammerherr Alfred von Hohenthal, der Sohn des frühern Königl. Sächs. Kreishauptmann Peter Carl von Hohenthal, dessen Vater der Königl. Sächs. Conferenzminister Johann Wilhelm Graf von Hohenthal war. Ein Name, der durch die sächs. Gauen golden klingt und fort in seinem Ruhme strahlen wird, so lange noch Menschen für grosse schöne Tugenden, für Hochherzigkeit und Edelmuth empfänglich sind.

Es gehört also auch dieses Gut der I. Linie der Graf Hohenthalschen Familie.

Dieselbe ist Collatrizin über die Kirche zu Gatzen, wohin Löbnitz gepfarrt ist, und über die Kirche zu Michelwitz, wohin Nöthnitz gepfarrt ist.

In Michelwitz ist eine schöne Stiftung von dem im Jahre 1760 zu Frankfurt a. M. verstorbenen Kaufmann Christian Friedel. Friedel, der Sohn des Michelwitzer Pfarrers Christoph Friedel, wurde zu Michelwitz am 9. Septbr. 1693 geboren und aus Anhänglichkeit zu seinem Geburtsorte vermachte er der Kirche ein Capital von 4000 Gulden rheinisch mit der Bestimmung, dass von den Zinsen jährlich der derzeitige Stifts-Superintendent 48 fl., der jederzeitige Schösser zu Löbnitz 40 fl., der jedesmalige Pfarrer in Michelwitz 10 fl., der Schulmeister 6 und die Kirchenväter 4 fl. erhalten und aus dem Ueberschuss der Interessen zur Hälfte Bibeln, Gesangbücher und Katechismen für die Bedürftigsten der Gemeinde gekauft werden sollten, während er die andere Hälfte zum Austheilen an Michelwitzer Arme bestimmte. Vor der Vertheilung sollte der Ortspfarrer allemal eine Predigt über den Todten halten und Sterbelieder singen lassen.

[156] Nach Michelwitz sind 7 andere Dörfer eingepfarrt, die nahe herum liegen und mit diesen zusammen die Haidedörfer genannt werden; wahrscheinlich deswegen, weil sie weder Holz noch Wiesen haben. Der Boden, auf dem sie liegen, ist hinsichtlich der Fruchtbarkeit ungewiss; denn in meisten Jahren fallen die Ernten sehr gering aus. Statt der Wiesen giebt es hier blos Kleefelder.

Die Mutterkirche von Michelwitz mit den eingepfarrten Dörfern: Zschagast, Maltiz, Langenhain, Käferhain, Pautzsch, Medewitz und Nöthenitz waren sonst stiftisch, ist aber durch Sachsens Theilung vom Stifte Zeitz abgekommen und zur Inspection Pegau geschlagen worden.

Das Patronatrecht übte vor der Reformation das Kloster Bosau aus, nach derselben aber kam es an das Stifts-Consistorium und blieb bei demselben bis zum Jahre 1748, wo es an die Besitzer des Ritterguts Löbnitz verliehen wurde. Schon bei der ersten sächs. Visitation im Jahre 1555 wurde Michelwitz zur Inspection Pegau gezogen, daher auch immer von Seiten dieser Inspection von Zeit zu Zeit darauf Ansprüche gemacht worden sind. Seit dem Jahre 1564 aber, wo auch in Zeitz eine Superintendentur errichtet wurde, ist es auch bei dieser bis zum Jahre 1815 verblieben.

In Michelwitz war vor den Zeiten der Reformation ein Pegauer Klostergut.

Das Kirchspiel Gatzen besteht aus 5 Dörfern, die sämmtlich zur Pflege Löbnitz gehören.

Das Elsterthal ist bei Gatzen eine halbe Stunde breit und prangt auf beiden Seiten der Elster mit den vortrefflichsten Wiesen und Weideplätzen, auch findet sich in demselben einiges Holz.

Die Bewohner dieser 5 Dörfer haben schöne Rindviehzucht und bauen viel Korn, Gerste und Hafer, wenn das Jahr nicht zu nass ist. Die Gatzner Kirche ist ein schönes geräumiges Gebäude, im Jahre 1575 erbaut und durch den verstorbenen geheimen Rath Adam Ernst Senft von Pilsach im Jahre 1705 erweitert und verschönert; sie hat eine gute Orgel, eine geräumige Herrschaftscapelle, eine von dem Verbesserer des Kirchengebäudes angelegte Bibliothek, ein Erb-Begräbniss.

Genannter Gutsherr stiftete auch ein Legat zum Besten der Armen in der Kirchfahrt und des Predigers und Schullehrers, sowie des Gerichtshalters. Er ist Verfasser des im Zeitzer Gesangbuche befindlichen Liedes: Herr Gott, du kennst meine Lage.

Kirche und Schule standen unter der Inspection Naumburg, während jetzt Pegau die Aufsicht führt.

Die Einwohner von Gross-Priessligk, an der Schnauder gelegen, wo eine bedeutende Torfgräberei seit Jahren betrieben wird, sind nach Groitzsch eingepfarrt, wogegen vor Einführung der neuern Gerichtsorganisation ein Theil des Städtchens Groitzsch unter die Gerichte zu Gross-Priessligk gehörte.

Durch Groitzsch wird man unwillkührlich an Graf Wieprecht von Groitzsch erinnert, welcher die Pflege Groitzsch im 11. Jahrhundert von dem Stadtgrafen Udo von Stade gegen andere Güter in der Mark eintauschte. Ihn muss man als den wahren Vater der Kultur hiesiger Gegend und eines grossen Theils des Leipziger Kreises ansehen, wozu er nicht blos durch Stiftung der Klöster zu Pegau und zu Groitzsch, sondern auch durch das Herbeiziehen fränkischer Kolonisten unendlich viel beitrug. Diese war damals überhaupt eine der mächtigsten Dynastien; denn ihm gehörte ausser Groitzsch noch ein grosser Theil der Oberlausitz, die Grafschaft Leisnig, ein beträchtlicher Distrikt des Pleissner Landes z. B. Zwickau, Colditz u. s. w.

Dieser Held und Fürst der Sorben liegt in Pegau begraben.

Dieser Graf Wieprecht von Groitzsch bekam auch im Jahre 1090 vom Bischof Wolrabo von Naumburg den Gau Buthin geschenkt, welcher 700 Hufen enthalten haben soll und wovon das zur Pflege Löbnitz gehörige Dorf Pautzsch oder Beutsch ein Ueberbleibsel ist.

Die ganze Pflege Löbniz gehört jetzt zum Gerichtsamt Pegau, zum Bezirksgericht Borna, zur Amtshauptmannschaft Borna, zum Regierungsbezirk Leipzig mit 210 bewohnten Gebäuden, wovon auf den Ort Löbnitz 36 kommen.

(M. G.)     



[157]
Belgershain


zwei Stunden links von der Strasse nach Leipzig zwischen den Dörfern Pomsen, Rohrbach, Oeltschau und Störmthal an der frühern Leipziger Amtsgrenze und der alten Rochlitzer Strasse gelegen.

Das Schloss mit Thurm ist sehr schön zu nennen. Es steht auf einer sogenannten Teichinsel und von demselben hat man eine herrliche Aussicht zu dem dazu gehörigen prächtigen Park.

Die Wirthschaftsgebäude sind überaus gross und die Schäfereigebäude gehören zu den grösseren des Landes. Dieses Gut hat auch starke Brauerei und starke Fischerei, so wie auch die herrlichsten Obstplantagen dazu gehören.

Eine besondere Schäferei ist noch im Beigute Köhra.

Das Gut wurde 1482 noch Vorwerk genannt und Pergershain geschrieben, war ehedem Lehen der Burggrafen von Leissnig, welche im Jahre 1482 die von Pfluge damit beliehen. Nun wird man einwenden, dass diese Angabe nicht auf Wahrheit beruhe, da im Jahre 1455 Friedrich der Sanftmüthige Stadt und Burg Leissnig den Burggrafen wegnahm, weil sie sich in Verbindung anderer unruhiger Ritter gegen ihn aufgelehnt hatten. So richtig auch diese Thatsache ist, so steht eben so fest, dass kurze Zeit darauf die Burggrafen ihre Besitzungen wieder erhielten, Eustachius von Leissnig, Domherr zu Magdeburg, Halberstadt, Meissen und Naumburg, starb am 3. Octbr. 1524 zu Penig an den Folgen eines Faustschlages, den er das Jahr vorher in einem Tumult zwischen den Katholiken und Lutheranern zu Magdeburg erhalten hatte und ihm folgte Hugo, mit welchem durch dessen im Jahre 1538 erfolgten Ableben die Burggrafen ausstarben. Hierauf fiel das Burggrafthum Leissnig dem Herzog Georg von Sachsen als ein eröffnetes Meissnisches Lehen anheim und wurde den unmittelbaren Landen einverleibt.

Mit Belgershain wurde nach der Familie von Pflug vom Herzog Georg ein Hans von Planitz beliehen, nach dessen Ableben solches in die Hände seines Sohnes Hans Friedrich von Planitz kam.

Im Jahre 1619 war das Gut in den Händen der Schulenburg’schen Familie.

Im Jahre 1681 kam es an die von Ponickau, welche es bis zum 18. Jahrhundert besessen haben. Im 18. Jahrhundert, und zwar 1809 gehörte es dem geheimen Rath von Uechteriz, von welchem es an dessen Erben überging.

Im Jahre 1820 war der geheime Rath Emil von Uechteriz damit beliehen, von welchem es der Fürst Victor Schönburg, Waldenburg acquirirte, welcher noch derzeitig im Besitze desselben ist. Zum Gute gehört noch das Vorwerk Lindhardt oder Linda und vor der neuen Gerichtsorganisation gehörten die Dörfer Baalsdorf und Hirschfeld, Thräna und Rohrbach zu Belgershain. Baalsdorf und Hirschfeld gehörte in früheren Zeiten der Nicolaikirche zu Leipzig, mit welcher solche durch die Munificenz des Markgrafen Dietrich 1213 mit dem Kirchenpatronate an das neugestiftete Thomaskloster in Leipzig kamen.

[158] Bei Thräna entspringt der sogenannte Thrängraben, welcher nordwestlich bei Fuchshain vorbei fliesst und sich nach 1¼stündigen Laufe bei Klein-Pössna mit dem Pössgraben vereinigt. Derselbe bildet gar kein Thal und hat im Sommer sehr wenig Wasser.

Rohrbach ist bekannt durch die daselbst befindlichen grossen Teiche.

Auf dem Rittergute Belgershain ruht die Collatur der Pfarr- und Schulämter hier, sowie zu Baalsdorf, Köhra und Thräna. Hirschfeld hat eine Tochterkirche von Engelsdorf. Die Mutterkirche von Belgershain war bis zum Jahre 1620 ebenfalls Tochterkirche, jedoch von Thräna, aber seit dieser Zeit ist sie wieder Mutterkirche von der Tochterkirche zu Thräna. Bis 1620 wohnte der Pfarrer zu Thräna und der Schullehrer zu Belgershain, jetzt aber wohnt ein Schullehrer ebenfalls zu Thräna.

Das jetzige Kirchengebäude wurde in den Jahren 1681–1686 von Grund auf neu erbaut und zwar grösstentheils auf Kosten des Kirchenpatrons, indem die Kirche nicht mehr als 30 Gulden hergegeben hat.

In Belgershain war in den 20er Jahren ein Sohn des ehrwürdigen Dr. Rosenmüller in Leipzig Pfarrer.

Die geistliche Inspection steht dem Superintendenten zu Grimma zu, so wie auch über Köhra, wovon ein Filial in Rohrbach sich befindet. Hierher ist das Vorwerk Linda eingepfarrt.

Ueber die Kirche zu Köhra steht dem Rittergutsbesitzer von Naunhof die Collatur zu, welches zwar einen eignen aber mit Pombsen verbundenen Gerichtsstuhl für sich bildete. Im Walde von Naunhof finden sich noch die Ruinen der Burg, welche Friedrich Tuta seiner Wittwe bestimmte und davon die von Nauenhoven im 14. Jahrhundert sich nannten. Später war Naunhof ein Amtssitz, 1312 auch eine Festung, südwärts vom Orte liegen die Forsthäuser nach dem Nauenhofer Walde zu, welcher sich zwischen hier, Köhra und Grosssteinberg ausbreitet und unfern des rechten Pardenufers in diesem Walde die oben berührten alten Ruinen des Schlosses Nauenhof zeigt.

Bemerkenswerth von Köhra ist, dass ebenfalls nach diesem Orte ein Adelsgeschlecht sich schrieb.

Köhra hat auch einen bedeutenden Gasthof an der Leipziger Strasse. Der derzeitige Besitzer, von der Parochie Belgershain, hat sich stets als ein sehr gnädiger Fürst gegen die ihm Untergebenen bewiesen.

Wollte Gott das Jahr 1848 wäre bei diesem edlen Fürsten aus dem Gedächtnisse zu tilgen. Denn leider hat damals der blinde Fanatismus und unedler Egoismus eine That gegen diesen hochherzigen Fürsten herbeigeführt, die von den Vernünftigen des Volks nie gebilligt worden und nie gebilligt werden kann, da erhitzten Köpfen, selbst in Zeiten der Aufregung, nie das Recht eingeräumt werden kann, ihren Brennstoff auf Andrer Gut und Eigenthum zu werfen. Noch viel weniger stand den Führern des Aufruhrs in Waldenburg ein solches Recht zu, nachdem schon alle nöthigen Reformen verheissen und zugesagt waren.

Das ist aber das Traurige in solchen unruhigen Zeitperioden, dass es stets an Männern fehlt, die den Muth haben, den unvernünftigen Haufen gegenüber gewichtige Vorstellungen zu machen und auf den gesetzlichen Boden zu verweisen, wodurch der glimmende Funke des Bösen niedergehalten würde und nicht zur lichten Flamme aufgehen könnte.

(M. G.)     



[159]
Polenz


liegt 3½ Stunden nordwestlich von Grimma, ½ Stunde südsüdöstlich von Brandis, 4 Stunden südöstlich von Leipzig an der Strasse von Grimma und Borna, nach Eilenburg, nördlich von der faulen Parde, grösstentheils auf einer Anhöhe, so dass auch der obere Theil des Dorfes besonders eine hohe, freie, gesunde Lage hat. Das Dorf und die Fluren sind rund herum mit schönen und anmuthigen Holzungen umgeben. Der Ort selbst aber hat kein fliessendes Wasser. In früheren Zeiten waren in Polenz zwei Rittergüter, unter dem Namen Ober- und Niederpolenz, weshalb auch heute noch beide Benennungen üblich sind, wiewohl das ganze Dorf nur eine Gemeinde, eine Kirchfahrt bildet und nur zu einem Rittergute gehört. Man versteht übrigens unter Ober-Polenz die herrschaftliche Schäferei, die Pfarre, die Schule, Kirche nebst dem daran stossenden höheren Theile des Orts; unter Nieder-Polenz, aber die Rittergutsgebäude, Stallungen, Scheunen und den Rest des Dorfes. Nieder-Polenz liegt am östlichen Abhange jener Anhöhe, worauf der grössere Theil des Orts gebaut ist.

Die Gebäude des Rittergutes stehen auf der Höhe, sind sehr ansehnlich und neu erbaut und umfassen ein hübsches Herrenhaus. Zu dem Gute selbst gehört eine bedeutende Oekonomie und auch etwas Waldung. Die Gegend hat überhaupt viel Holzung und im ganzen einen hügeligen, nicht unangenehmen Charakter. Der Boden der Ritterguts- und der Dorffluren ist etwas sandig, deshalb in nassen Jahren besonders ergiebig. Zu dem Rittergute gehört sehr schönes, wohl bestandenes Laubholz und eine treffliche Schäferei.

Das hiesige Rittergut ist schon seit mehreren Jahrhunderten im Besitze der altadelichen Familie von Lindenau gewesen, welche früher auch die nahen Rittergüter Machern und Ammelshain besassen.

Bereits im Jahre 1491 trifft man hier Hans von Lindenau, welcher das Gut 1472 erheirathete, sein dritter Sohn Wilhelm, erbte das väterliche Gut. Dieser war ein grosser Freund der Kirchenverbesserung und hatte deshalb vielen Verdruss mit dem Bischoffe von Merseburg, unter dessen geistlichen Gerichtssprengel Polenz gehörte. Im Jahre 1514 starb Bischoff Thilo von Trotta, welcher seinen Kammerdiener auf den blosen Verdacht einen Ring entwendet zu haben, hinrichten lies. Diesen Ring fand in späterer Zeit ein Schieferdecker in einem Rabenneste auf einem der Thürme der Domkirche. An dem neuen Schloss der Domkirche zu Merseburg bemerkt man auswendig überall Raben in Stein gehauen, welche zu dem Familien-Wappen des Bischoffs Thilo von Trotta gehören. Diesem Thilo vom Trotta folgte der 41. Bischoff Sigismund von Lindenau, ein Verwandter des Besitzers von Polenz, Wilhelm von Lindenau. Der Bischoff von Lindenau war der Reformation nicht ganz abgeneigt, doch verfolgte er in seinem Sprengel die Anstellung lutherischer Prediger. Der Besitzer von Polenz, Wilhelm von Lindenau hatte 1523 Johann Kresse als Prediger in Polenz angestellt. Weil nun derselbe sich ein Weib genommen hatte, wurde er vom Bischoffe Sigismund von Lindenau vorgeladen und am Ende förmlich excommunicirt. Der Pfarrer blieb aber dessenungeachtet im Amte, was er um so leichter konnte, da der Kurfürst ganz auf seiner Seite war.

Nach dem Tode des Bischoffs von Lindenau, welcher 1544 erfolgte, hatte der Besitzer von Polenz die Freude, die Reformation im ganzen Sprengel 1545 einführen zu sehen. Wilhelm von Lindenau lebte noch im Jahre 1555. Denn zu dieser Zeit wurden mehre mit dem Rathe und der Bürgerschaft von Grimma wegen verschiedner auf den Gütern Polenz ruhender Gerechtsamen entstandene Streitigkeiten beseitigt. Die Auseinandersetzungen [160] über diese Differenzen sind in den Statuten der Stadt Grimma heute noch zu finden. Unter andern geht daraus hervor, dass im Orte schon seit den ältesten Zeiten eine Erbschänke gewesen, deren Inhaber das Recht hatte, in dem herrschaftlichen Brauhause zu mälzen und zu brauen.

Im vorigen und in diesem Jahrhunderte besass der Königl. Sächs. Kammerherr und Oberforstmeister Gottlob Heinrich von Lindenau zu Schneeberg das Gut Polenz. Nach dessen Ableben kam es an Herrn Major Petricowsky-Lindenau. Seit dem Jahre 1841 ist dessen Tochter, welche mit Herrn Johannes Oskar von Trebra verheirathet ist, damit beliehen, und diese Familie ist jetzt noch im Besitze von Polenz. Herr von Trebra ist als Ehegatte der Besitzerin stimmberechtigt zu den Wahlen des Landtages.

Dem Rittergute Polenz steht die Collatur über die dasige Kirche und das Filial zu Ammelshain, so wie über die hiesige Schule zu.

Die Kirche ist hell und im Innern symmetrisch eingerichtet, mit einem hohen Thurme versehen und zeichnet sich in der ganzen Gegend aus. Die neuerbaute Pfarrwohnung gewährt eine schöne Aussicht in die leipziger Gegend.

Die hiesige Schule erfreut sich seit 50 Jahren schon einer sehr guten Einrichtung, wozu der Gerichtsherr, Herr Oberforstmeister von Lindenau und der Pfarrer des Orts, Gottlieb Leberecht Schulze sehr viel beigetragen haben. Von dem ersteren wurde eine schöne Lesemaschine, mehrere Landkarten, Bildungsschriften für den Lehrer angeschafft, und für die ärmeren Schulkinder das Schulgeld bezahlt.

Polenz wurde auch von einem Brand vor 50 Jahren heimgesucht. Es entstieg aber desto schöner aus seiner Asche.

Die Gegend von Polenz hat überhaupt viel Holzung und im Ganzen einen hügeligen, nicht unangenehmen Character. Unweit Polenz entspringt der Klein-Steinberger Bach, und im Südwest steigt, von dieser Seite nur sanft, der Brandiser Collmberg gewöhnlich Kohlenberg genannt an. Dieser sanft abgerundete, aus Süd- und Nordwest sich steil bis zu einer Höhe von 60 Ellen erhebende Berg ist ganz mit Laubholz bewachsen, welches zum Rittergute Brandis gehört, und gewährt durch einige Waldlücken treffliche Aussichten, besonders gegen Süden, wo die ganze Gegend von Otterwisch, Mölbis, Lausigk u. s. w. dem Blicke sich öffnet und die Kette des Ober-Erzgebirgs fast von einem Ende bis zum andern zu sehen ist. An seinem Abhange giebt es eine Sandgrube, und an seinen südöstlichen Fuss lehnt sich das, ziemlich versteckt gelegene Dörfchen Klein-Steinberg.

Die Einwohner von Polenz leben von der Landwirthschaft. Man erbaut besonders sehr schönen dünnscheligen und mehlreichen Roggen, der in der ganzen Gegend sich auszeichnet.

Die Wiesen liegen etwas sumpfig. Die Feldarbeit wird hier meistentheils mit Kühen verrichtet, wozu das Land leicht genug ist.

Polenz hat 73 bewohnte Gebäude mit 95 Familienhaushaltungen und 424 Einwohnern, und gehört jetzt zum Gerichtsamte Brandis, zum Bezirksgericht Leipzig, zur Amtshauptmanschaft Grimma, zum Regierungsbezirk Leipzig.

Eben so das Filial Ammelshain, welches zwar ein besonderes Rittergut bildet, aber bis zum Jahre 1733 der Familie von Lindenau mit gehörte. Wilhelm von Lindenau erkaufte solches im Jahre 1531 von Ambros Linbacher oder Lindbacher, einem leipziger Patrizier.

Merkwürdig ist von diesem Orte, dass nach alten Verträgen, einen Leinweber ausgenommen, kein Handwerker sich hier niederlassen dürfte.

Später hat sich dies geändert. Denn jetzt giebt es daselbst Hufschmiede, Schneider, Schuhmacher und Fleischer.

Der Saubach, der das Dorf durchfliesst, bildet bei demselben drei grosse Teiche.

Ammelshain excellirt in manchen Jahren durch die Schnepfenjagd.

Fischerei hat das Gut in den dazu gehörigen Teichen, von denen einer im Dorfe die dasige Mühle speist, aber nur in wasserreicher Jahreszeit.

Das Gut hat 360 Acker Feld, 70 Acker Wiese, 50 Acker Teiche, 700 Acker Wald. Im Ganzen ist der Boden lehmigt und die Unterlage Kies, vorherrschend Classe 4–7 u. 7. Auch befindet sich hier ein mächtiges noch nicht bebautes Kohlenlager.

(M. G.)     




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Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Glöcksburg
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