Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen: Belgershain

Textdaten
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Autor: M. G.
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Titel: Belgershain
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aus: Leipziger Kreis, in: Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen. Band I, Seite 157–158
Herausgeber: Gustav Adolf Poenicke
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Erscheinungsdatum: 1860
Verlag: Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Commons = SLUB Dresden
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Belgershain


zwei Stunden links von der Strasse nach Leipzig zwischen den Dörfern Pomsen, Rohrbach, Oeltschau und Störmthal an der frühern Leipziger Amtsgrenze und der alten Rochlitzer Strasse gelegen.

Das Schloss mit Thurm ist sehr schön zu nennen. Es steht auf einer sogenannten Teichinsel und von demselben hat man eine herrliche Aussicht zu dem dazu gehörigen prächtigen Park.

Die Wirthschaftsgebäude sind überaus gross und die Schäfereigebäude gehören zu den grösseren des Landes. Dieses Gut hat auch starke Brauerei und starke Fischerei, so wie auch die herrlichsten Obstplantagen dazu gehören.

Eine besondere Schäferei ist noch im Beigute Köhra.

Das Gut wurde 1482 noch Vorwerk genannt und Pergershain geschrieben, war ehedem Lehen der Burggrafen von Leissnig, welche im Jahre 1482 die von Pfluge damit beliehen. Nun wird man einwenden, dass diese Angabe nicht auf Wahrheit beruhe, da im Jahre 1455 Friedrich der Sanftmüthige Stadt und Burg Leissnig den Burggrafen wegnahm, weil sie sich in Verbindung anderer unruhiger Ritter gegen ihn aufgelehnt hatten. So richtig auch diese Thatsache ist, so steht eben so fest, dass kurze Zeit darauf die Burggrafen ihre Besitzungen wieder erhielten, Eustachius von Leissnig, Domherr zu Magdeburg, Halberstadt, Meissen und Naumburg, starb am 3. Octbr. 1524 zu Penig an den Folgen eines Faustschlages, den er das Jahr vorher in einem Tumult zwischen den Katholiken und Lutheranern zu Magdeburg erhalten hatte und ihm folgte Hugo, mit welchem durch dessen im Jahre 1538 erfolgten Ableben die Burggrafen ausstarben. Hierauf fiel das Burggrafthum Leissnig dem Herzog Georg von Sachsen als ein eröffnetes Meissnisches Lehen anheim und wurde den unmittelbaren Landen einverleibt.

Mit Belgershain wurde nach der Familie von Pflug vom Herzog Georg ein Hans von Planitz beliehen, nach dessen Ableben solches in die Hände seines Sohnes Hans Friedrich von Planitz kam.

Im Jahre 1619 war das Gut in den Händen der Schulenburg’schen Familie.

Im Jahre 1681 kam es an die von Ponickau, welche es bis zum 18. Jahrhundert besessen haben. Im 18. Jahrhundert, und zwar 1809 gehörte es dem geheimen Rath von Uechteriz, von welchem es an dessen Erben überging.

Im Jahre 1820 war der geheime Rath Emil von Uechteriz damit beliehen, von welchem es der Fürst Victor Schönburg, Waldenburg acquirirte, welcher noch derzeitig im Besitze desselben ist. Zum Gute gehört noch das Vorwerk Lindhardt oder Linda und vor der neuen Gerichtsorganisation gehörten die Dörfer Baalsdorf und Hirschfeld, Thräna und Rohrbach zu Belgershain. Baalsdorf und Hirschfeld gehörte in früheren Zeiten der Nicolaikirche zu Leipzig, mit welcher solche durch die Munificenz des Markgrafen Dietrich 1213 mit dem Kirchenpatronate an das neugestiftete Thomaskloster in Leipzig kamen.

[158] Bei Thräna entspringt der sogenannte Thrängraben, welcher nordwestlich bei Fuchshain vorbei fliesst und sich nach 1¼stündigen Laufe bei Klein-Pössna mit dem Pössgraben vereinigt. Derselbe bildet gar kein Thal und hat im Sommer sehr wenig Wasser.

Rohrbach ist bekannt durch die daselbst befindlichen grossen Teiche.

Auf dem Rittergute Belgershain ruht die Collatur der Pfarr- und Schulämter hier, sowie zu Baalsdorf, Köhra und Thräna. Hirschfeld hat eine Tochterkirche von Engelsdorf. Die Mutterkirche von Belgershain war bis zum Jahre 1620 ebenfalls Tochterkirche, jedoch von Thräna, aber seit dieser Zeit ist sie wieder Mutterkirche von der Tochterkirche zu Thräna. Bis 1620 wohnte der Pfarrer zu Thräna und der Schullehrer zu Belgershain, jetzt aber wohnt ein Schullehrer ebenfalls zu Thräna.

Das jetzige Kirchengebäude wurde in den Jahren 1681–1686 von Grund auf neu erbaut und zwar grösstentheils auf Kosten des Kirchenpatrons, indem die Kirche nicht mehr als 30 Gulden hergegeben hat.

In Belgershain war in den 20er Jahren ein Sohn des ehrwürdigen Dr. Rosenmüller in Leipzig Pfarrer.

Die geistliche Inspection steht dem Superintendenten zu Grimma zu, so wie auch über Köhra, wovon ein Filial in Rohrbach sich befindet. Hierher ist das Vorwerk Linda eingepfarrt.

Ueber die Kirche zu Köhra steht dem Rittergutsbesitzer von Naunhof die Collatur zu, welches zwar einen eignen aber mit Pombsen verbundenen Gerichtsstuhl für sich bildete. Im Walde von Naunhof finden sich noch die Ruinen der Burg, welche Friedrich Tuta seiner Wittwe bestimmte und davon die von Nauenhoven im 14. Jahrhundert sich nannten. Später war Naunhof ein Amtssitz, 1312 auch eine Festung, südwärts vom Orte liegen die Forsthäuser nach dem Nauenhofer Walde zu, welcher sich zwischen hier, Köhra und Grosssteinberg ausbreitet und unfern des rechten Pardenufers in diesem Walde die oben berührten alten Ruinen des Schlosses Nauenhof zeigt.

Bemerkenswerth von Köhra ist, dass ebenfalls nach diesem Orte ein Adelsgeschlecht sich schrieb.

Köhra hat auch einen bedeutenden Gasthof an der Leipziger Strasse. Der derzeitige Besitzer, von der Parochie Belgershain, hat sich stets als ein sehr gnädiger Fürst gegen die ihm Untergebenen bewiesen.

Wollte Gott das Jahr 1848 wäre bei diesem edlen Fürsten aus dem Gedächtnisse zu tilgen. Denn leider hat damals der blinde Fanatismus und unedler Egoismus eine That gegen diesen hochherzigen Fürsten herbeigeführt, die von den Vernünftigen des Volks nie gebilligt worden und nie gebilligt werden kann, da erhitzten Köpfen, selbst in Zeiten der Aufregung, nie das Recht eingeräumt werden kann, ihren Brennstoff auf Andrer Gut und Eigenthum zu werfen. Noch viel weniger stand den Führern des Aufruhrs in Waldenburg ein solches Recht zu, nachdem schon alle nöthigen Reformen verheissen und zugesagt waren.

Das ist aber das Traurige in solchen unruhigen Zeitperioden, dass es stets an Männern fehlt, die den Muth haben, den unvernünftigen Haufen gegenüber gewichtige Vorstellungen zu machen und auf den gesetzlichen Boden zu verweisen, wodurch der glimmende Funke des Bösen niedergehalten würde und nicht zur lichten Flamme aufgehen könnte.

(M. G.)