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Artikel „Thun-Hohenstein, Graf Leo“ von Salomon Frankfurter in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 38 (1894), S. 178–212, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Thun,_Leo_Graf_von&oldid=- (Version vom 2. November 2024, 14:15 Uhr UTC)
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Thun-Hohenstein: Graf Leo Th.-H., österreichischer Minister für Cultus und Unterricht und Politiker, entstammte einem der ältesten deutschen Adelsgeschlechter des österreichischen Kaiserstaates. Ursprünglich in Südtirol ansässig, kam es im 17. Jahrhundert nach Böhmen, wo Freiherr Christoph Sigmund v. Th. Schloß und Herrschaft Tetschen 1628 käuflich an sich brachte. Durch die Erwerbung der Herrschaft Hohenstein in Niedersachsen wurden die böhmischen Thun in den Grafenstand erhoben, und von diesem Besitze, der nicht lange in ihren Händen blieb, behielten sie Titel und Namen. Im Laufe der Zeit waren in Böhmen drei Majorate entstanden. Als dritter Sohn des Grafen Franz Anton und der Gräfin Theresia Maria, geborenen Gräfin Brühl in Sachsen, wurde auf dem Stammschloß Tetschen Graf Leopold am 7. April 1811 geboren; in der Familie kurz Leo gerufen, nahm er später bei der Firmung diesen Namen zu seinem Taufnamen hinzu, so daß er officiell Leopold Leo, gewöhnlich jedoch schlechtweg Leo genannt wurde. Außer den älteren Söhnen, dem Grafen Franz, bekannt als hervorragender Förderer der Kunst, Mitbegründer des Prager Museums und von 1853–1861 Kunstreferent im Ministerium für Cultus und Unterricht, und dem Grafen Fritz, der die diplomatische Laufbahn betrat und als Gesandter in Stockholm, München, Berlin und Petersburg rühmlich wirkte, entstammten dem schönen und glücklichen Ehebunde noch zwei Töchter, die Gräfinnen Anna Maria und Juža. Der Ernst, die Geschlossenheit des ganzen Wesens, der fortschrittfreundliche und auf werkthätige Menschenliebe gerichtete Sinn des Vaters, [179] die hohe Begabung, die tiefinnerliche Religiosität und Demuth der Mutter, erzeugten in Leo jene Energie und unbeugsame Ueberzeugungstreue, jenen streng christlichen Sinn und jenes unbedingte Pflichtgefühl, jenen ernsten, aber zugleich menschlich milden und gerechten Charakter, der durch einen idealen Zug verklärt, einen gewinnenden Zauber auf alle ausübte, die ihn näher kannten. Und bezeichnend für sein Wesen, das der zartesten Regungen fähig war, ist sein Verhältniß zur Mutter und zur jüngeren, geistvollen Schwester. Zum „prächtigen“ Vater sah Leo frühzeitig mit Ehrfurcht und Bewunderung empor, sein ganzes Innere schloß er der Mutter auf, deren Herzensfreude und Gegenstand mütterlicher Sorge er besonders war, und so ungetrübt und herzlich das Verhältniß der Brüder untereinander war, so war es doch die jüngere Schwester, mit der er über alle Fragen, die ihn bewegten, oft und gern Gedankenaustausch pflog. Bei dem geringen Altersunterschied der Knaben wurden sie gemeinsam erzogen und unterrichtet, und obwohl sie alle sehr begabt waren, machte sich doch im Laufe der Jahre die geistige Ueberlegenheit und der tiefere Ernst des Jüngsten geltend. Willig erkannten sie ihm diesen Vorzug zu und räumten ihm in vielen Dingen die Leitung ein. Seit dem Jahre 1822 hatte der treffliche Pädagoge Johann Rohrweck, der später in Prag eine vielgerühmte Erziehungsanstalt errichtete und leitete, die Erziehung der jungen Grafen übernommen. Auch den Gymnasialunterricht erhielten sie unter seiner Leitung im Elternhause. Das Verhältniß zwischen Rohrweck und Leo war von einer Innigkeit und Dauer, die einerseits von dem Einfluß zeugen, den Rohrweck auf den jungen Grafen gewonnen, die aber auch den Charakter des letzteren im schönsten Lichte erscheinen lassen. Nach zwei Richtungen scheint Rohrweck besonders auf seine Zöglinge eingewirkt zu haben: daß er ihnen den Vorzug der Geburt und die Verpflichtung, diesen Vorzug in den Dienst der nothleidenden Menschheit zu stellen und zur Besserung ihrer Lage zu verwenden, zum Bewußtsein brachte, sowie daß er ihr Gerechtigkeitsgefühl zu Gunsten der Unterdrückten rege machte. Der ideale Sinn Leo’s bereitete diesen Lehren den günstigsten Boden, so daß sie gerade bei ihm die tiefsten Wurzeln schlugen. Nachdem die jungen Grafen 1826 die Prüfung für die „Grammatikal- und Humanitätsclassen“, sowie 1827 die über die beiden „philosophischen“ Jahrgänge, die sie gleichfalls in Tetschen „privat“ durchgemacht, mit bestem Erfolg abgelegt hatten, sollte nach dem Willen des Vaters der Studiengang abgeschlossen sein. Er wollte nicht, daß sie Staatsdienste nehmen, seine Söhne sollten unabhängig durchs Leben schreiten. Allein die Drohung Rohrweck’s, unter solchen Umständen seine Aufgabe als beendet anzusehen und das Haus verlassen zu wollen, half der Gräfin ihren Gatten umstimmen. „Er trat eines Tages“, erzählt Helfert, „in Rohrweck’s Zimmer und sagte: ‚Also meine Söhne werden Jura absolviren.‘ Aber vergessen konnte er es nicht, daß der Erzieher seine Pläne gekreuzt hatte; außer den gewöhnlichen Begrüßungen bekam Rohrweck Jahre hindurch kein freundliches, aber auch kein unfreundliches Wort.“ Vom Wintersemester 1827/28 bis zum Sommersemester 1831 besuchten die jungen Grafen die Prager Universität; neben den juridischen Obligatfächern hörte Leo auch die anregenden Vorträge über Aesthetik des Professors Anton Müller; Musik, besonders Gesang, wurde eifrig gepflegt und die Liebe zu ihr behielt er bis in das höchste Greisenalter; von früher Jugend war auch das Studium der Geologie und der Botanik seine Lieblingsbeschäftigung, und er bewahrte das Interesse für die „scientia amabilis“ bis ans Ende. Den Lehrjahren folgten für die Brüder die Wanderjahre von 1831–1835, die besonders von Leo zur Erweiterung des Gesichtskreises, Vermehrung und Vertiefung der Kenntnisse und Vorbereitung für den Eintritt ins praktische Leben redlich benützt wurden. Kleinere und größere Reisen, darunter ein mehrfacher [180] Aufenthalt in Dresden, wo er mit dem Freiherrn v. Beust, dem späteren österreichischen Reichskanzler, befreundet wurde, ein längerer Aufenthalt in England, wo der Besuch Londons und besonders der altberühmten Universitätsstadt Oxford einen wundersamen Eindruck machte und großes Interesse erregte, endlich ein mehrmonatlicher Besuch von Paris, lehrten manche Einrichtungen kennen, die dem Drange, „nach werkthätigem Eingreifen in das Leben, nach Möglichkeit Nützliches zu schaffen, das gemeine Beste zu fördern, Zustände, die ihm als unrechte oder bedauernswerthe erschienen, beseitigen zu helfen“, von dem Leo schon lange beseelt war, den rechten Impuls gaben. Auch persönliche Beziehungen, die für die weitere Entwicklung bedeutsam waren, wurden theils neu angeknüpft, theils inniger gestaltet. Besonders zu nennen sind der Engländer James Hope, der später mit dem nachmaligen Cardinal Manning und andern Gesinnungsgenossen infolge des sogenannten Oxford movement aus der anglicanischen Kirche zur katholischen übertrat, der französische Schriftsteller Cousin und der Rechtsgelehrte Alexis de Tocqueville, dessen Werk: Du système penitentiare aux États-unis et de son application en France (1832) ihm in die Hände kam und den Muth gab, dem Autor „geradezu zu schreiben“ und ihn um die Erlaubniß eines Besuches zu bitten. Leo hatte nämlich dem Gefängnißwesen sein besonderes Augenmerk zugewendet, und in Paris sowohl wie früher in London waren die öffentlichen Wohlfahrtsanstalten, wie die Anstalten für die verwahrlosten Classen der Gesellschaft, für sittliche Hebung der Gefallenen, Erziehungshäuser, Taubstummenanstalten und Blindeninstitute der Gegenstand seiner besonderen Aufmerksamkeit. Bei den Gefängnissen interessirten ihn, wie er Rohrweck schreibt, „nicht so sehr die Details, als zu lernen, worin der Vorzug guter Gefängnisse besteht und wie man es anzufangen hätte, um nützliche Veränderungen herbeizuführen“. „Ich habe nicht die Prätension, durch die Gelegenheiten, welche die Reise uns bietet, gleich zu einer praktischen Tüchtigkeit und Einfluß zu gelangen, wozu ich nicht vorbereitet bin. Alles was ich wünsche und erstrebe, ist sehen zu lernen in praktischen Dingen, in allem was zum öffentlichen Leben gehört; zu verstehen, welchen Einfluß gewisse Thatsachen, gewisse Institutionen und Gesetze auf das sociale Leben ausüben; zu erkennen, was man wird studiren und sich aneignen müssen nach der Rückkehr in die Heimath.“ Der Gedanke an politische Wirksamkeit hatte ihn damals schon mit Macht ergriffen, worunter er aber „nicht bloß Staatsdienst verstanden wissen will, sondern jede Art von Thätigkeit, die auf den Zustand des Vaterlandes oder vielmehr des Volkes, meiner Landsleute, einwirken kann“. – Als Frucht seiner Studien über Gefängnißwesen erschien 1836 seine Schrift „Die Nothwendigkeit der moralischen Reform der Gefängnisse mit Hinweisung auf die zur Einführung derselben in einigen Ländern getroffenen Maßregeln beleuchtet“, an der Sebastian Jenull, damals die erste Autorität im Criminalfache in Oesterreich, „die ruhige männliche Sprache, die lichtvolle Zusammenstellung der Systeme, die scharfsinnige Prüfung ihres Werthes, sowie die mit aller Klugheit, Vorsicht und Maßnehmung gemachten Vorschläge zur Aufnahme des Besseren“ in einem Briefe an den jungen Autor rühmte. Damit hängen auch seine Bestrebungen zur Gründung des „Vereins zum Wohle entlassener Züchtlinge“ zusammen, der nach langem Bemühen 1839 zu Stande kam und vornehmlich bezweckte, sie einem ehrlichen Berufe wieder zuzuführen; zur Ergänzung wurde 1841 eine „Anstalt zur Erziehung verwahrloster Kinder“ gegründet. Trotz mancher herben Enttäuschungen, die man mit vielen Schützlingen erfuhr, ließ er sich in seinen Bemühungen für diese segensreichen Einrichtungen nicht irre machen. Auch sonst war er im Dienste gemeinnütziger Zwecke eifrig thätig: so war er „Consulent“ eines Kreises menschenfreundlicher Damen, die sich der Prager Waisenanstalt annahmen, beabsichtigte [181] die Errichtung einer Speiseanstalt für Arme und betheiligte sich lebhaft an dem „Verein zur Beförderung des Gewerbfleißes in Böhmen“. Auch dem 1842 gegründeten „Verein zum Wohle hülfsbedürftiger Kinder“ trat er als stiftendes Mitglied bei. Für diese humanitären Bestrebungen wußte er ebenso seine Geschwister anzuregen, wie sein Beispiel in den Kreisen des jüngeren Adels Nachahmung weckte.

Im damaligen Prag pulsirte ein lebhaftes geistiges Leben. Die beiden reichbegabten Stämme des Landes lebten in friedlichem, sich gegenseitig anregenden Wechselverkehr. Aber die Bildung trug einen durchaus deutschen Charakter, wie ja auch die wissenschaftlichen und litterarischen Bestrebungen Deutschlands schon durch die Nähe auf Böhmen eine mächtigere Wirkung ausübten als auf die entfernteren Theile Oesterreichs. Deutsch war die Sprache des Adels und der Gebildeten, das Böhmische war nicht nur von Regierungswegen aus Amt und Schule verbannt, sondern war auch als Bauernsprache verpönt. Gleichwohl wagten sich, anfangs schüchtern, dann immer drängender, die czechisch-nationalen Bestrebungen hervor, aber da zunächst das litterarische Interesse überwog und das politische zurücktrat, wurden sie von vielen Deutschen getheilt, und in dem „Žiska“ Alfred Meißner’s fand diese wohlwollende Gesinnung für die litterarischen Bestrebungen der Czechen auf Seite der Deutschen ihren poetischen Ausdruck. Auch Leo wandte frühzeitig seinen Eifer der Hebung der böhmischen Sprache zu. Zwar war auch für ihn das Böhmische eine fremde Sprache, die er erlernt hatte, wie das Französische und Englische, aber es stand ihm näher als diese, obwohl er sie im mündlichen und schriftlichen Gebrauch nicht in demselben Maaße beherrschte. Aber wenn auch nicht national als Czeche, betrachtete er sich doch politisch als Böhme. Seine glühende Heimathsliebe galt dem ganzen Lande, und er empfand schmerzlich die Ueberlegenheit des einen Stammes, des deutschen, und die völlige Unterwerfung des andern, des czechischen, was die Sprache betraf. Auch mag sein lebhaftes Gerechtigkeitsgefühl in ihm das Streben rege gemacht haben, das Seine beizutragen, das Unrecht, das an der von der Regierung zu wenig gepflegten, ja vernachlässigten böhmischen Sprache begangen wurde, zu beseitigen. Dazu kamen der Aufschwung, den in jener Zeit die böhmische Litteratur nahm, und die persönlichen Beziehungen mit Hanka, Jungmann, Palacký, Saffařik u. a. Am deutlichsten spricht sich dies ideale, aus den edelsten Motiven entsprungene Streben in dem Nachworte seines ersten schriftstellerischen Versuches im Jahre 1833, der nicht gedruckt worden ist, aus in den Worten: „Mögen sie (diese Blätter) wenigstens die Anhänger der Germanisirung davon überzeugen, daß die entgegengesetzte Ansicht auf durchaus tadellosem und edlem Grunde beruhen kann, und ebenso den warmen Vertheidigern der böhmischen Sprache beweisen, daß die, welche an ihren Bemühungen keinen Theil nehmen, dazu nicht bloß durch Gleichgültigkeit gegen das Wohl des Vaterlandes, sondern durch ganz entgegengesetzte Rücksichten sich veranlaßt und verpflichtet glauben können; beiden Theilen aber darthun, daß das Argument: wer böhmisches Brot ißt, soll auch böhmisch reden, gerade so viel und so wenig beweist als das: die Bauernsprache paßt nicht für Gebildete, sondern daß man seine Handlungsweise streng auf Gerechtigkeit gründen müsse, wo sie die herrschende werden kann …“ Erst 1842 erschien dieser Aufsatz „in bedeutender Umarbeitung, vielmehr in ausgereifterer Ausgestaltung“ unter dem Titel: „Ueber den gegenwärtigen Stand der böhmischen Litteratur und ihre Bedeutung“. In dem schon 1841 geschriebenen Vorwort – die Druckbewilligung durch die Censur ließ etwas lange auf sich warten – bedauert er, daß man in den leitenden Kreisen nichts wisse „von dem, was in böhmischer Sprache erscheint, nichts von den ausgezeichneten Männern, die sich ihrer zu höheren Zwecken bedienen, oder sind ihnen ihre [182] Namen auch nicht ganz fremd, so kennen sie doch ebensowenig von den Tendenzen und dem Gehalte der Schriftsteller, wie von dem Inhalte und von den Wirkungen ihrer Werke, und so oft sie von einem böhmischen Buche reden hören, halten sie es im vorhinein für die todte Fehlgeburt eines krankhaft überspannten Nationalgefühls“. Die Schrift erwarb ihm reiche Anerkennung im In- und Auslande. Da er seine Aufmerksamkeit auch der Lage der Slaven in Ungarn zuwandte, schickte er sie auch Franz Aurel v. Pulszky, und daraus entwickelte sich ein Briefwechsel, der zwar zu keiner Einigung der divergirenden Ansichten führte, aber für beide ritterlichen Streiter ehrenvoll war. Der nicht für die Oeffentlichkeit bestimmte Brief, mit dem Th. die Discussion für geschlossen erklärte, erzwang sich so sehr die Bewunderung des Gegners, daß Pulszky es sich nicht versagen konnte, ihm noch einmal zu schreiben und sein Bedauern auszudrücken, daß Th. dies letzte Schreiben als nicht für die Publicität geeignet erklärt hatte, „da gerade dieses ein Denkmal einer so humanen und liebenswürdigen Gesinnung ist, daß sie selbst seinen heftigsten Gegnern Achtung und Wohlwollen abzwingt“ und ihm die Hand zu freundschaftlichem Drucke anbietet. Unter dem Titel: „Die Stellung der Slovaken in Ungarn“ ließ Th. 1843 diesen Briefwechsel, vermehrt um einen „Rückblick“ erscheinen, nachdem die Briefe bereits in der[WS 1] „Vierteljahrsschrift aus und für Ungarn“ (Leipzig, O. Wigand) erschienen waren. Den letzten Brief, den Th. selbst als Fehdebrief erklärte, und die Antwort Pulszky’s hat erst vor kurzem Helfert aus den Thunischen Papieren veröffentlicht. Einige Aufsätze zur Slavenfrage erschienen auch in der „(Augsburger) Allgemeinen Zeitung“ aus der Feder Thun’s, und die Erfahrungen, die er im praktischen Dienst infolge der Vernachlässigung der böhmischen Bildung und Sprache machte, gaben ihm Anlaß zu einer Denkschrift „Ueber die Beziehungen des Wiederauflebens der böhmischen Sprache zu der österreichischen Regierung“, die er 1842 maßgebenden Orts einreichte.

Auch die Hebung des heimischen Schulwesens und die Grundsätze, nach denen es eingerichtet sein sollte, beschäftigten ihn, und wie ein Aufsatz aus dem Jahre 1838 zeigt, lauteten seine Forderungen dahin: „Kindern, die keine andere Sprache können, werde der Unterricht ausschließend böhmisch ertheilt: sollen sie deutsch lernen, so geschehe es mittelst der böhmischen Sprache; man sorge für Lehrer, die ihrer Muttersprache vollkommen mächtig sind.“ Seine materielle Unterstützung ermöglichte es auch, eine böhmische Lehranstalt zu gründen und für sie ein eigenes Haus anzukaufen. Eine wichtige Voraussetzung für diese Bestrebung war aber die Schaffung eines tüchtigen Lehrerstandes; mit Eifer betheiligte er sich daher an der Errichtung der Anstalt zur vollständigeren Ausbildung der Lehramtscandidaten für Volksschulen. Die Anregung war aus dem Kreise des böhmischen Lehrerstandes selbst ausgegangen, eine Anzahl böhmischer Cavaliere und Kirchenfürsten hatten Beträge gezeichnet und 1844 wurde vom Kaiser der Plan einer „Privatanstalt zur Ausbildung von Volksschullehrern“ genehmigt. Allein mit der bald darauf erfolgenden Abreise Thun’s nach Wien gerieth die Sache ganz ins Stocken.

Th. war unterdeß schon lange im praktischen Dienst in mannichfachen Zweigen thätig gewesen. 1836 war er beim Prager Criminalgericht eingetreten, machte dann seine fiscalamtliche Conceptspraxis durch und erhielt 1840 eine überzählige Auscultantenstelle beim böhmischen Landrechte. Schon als er den Entschluß faßte, sich dem öffentlichen Dienste zu widmen, hatte er die künftige Civilpraxis im Auge, und wenn ihn auch seine Neigung, wie er gelegentlich Tocqueville in einem Schreiben bekannte, zur Justiz zog, da ein politischer Posten unter einer Regierung, mit deren System er sich nicht befreunden könnte, für ihn nichts lockendes, vielleicht sogar etwas bedenkliches habe, so könne er [183] doch nicht leugnen, daß die Verwaltung von viel größerer Bedeutung und Wichtigkeit sei; er sei bereit, fügte er hinzu, sich, da sein letztes Ziel dahin gehe, so viel als möglich zu lernen, in anderen Provinzen verwenden zu lassen, allein die Zeit seiner Hauptthätigkeit wolle er Böhmen widmen.

Neben gründlicher Vorbereitung für alle Zweige des Staatsdienstes versäumte er nicht, seine philosophischen und litterarischen Kenntnisse zu erweitern und zu vertiefen, und er verfuhr dabei, wie die vorhandenen Aufzeichnungen, Auszüge aus Werken etc. zeigen, mit einer geradezu pedantischen Gewissenhaftigkeit. Mit den Gelehrtenkreisen Prags stand er in engen Beziehungen: so betheiligte er sich an den wöchentlichen Zusammenkünften bei dem gefeierten Herbartianer Exner, der als Professor der Philosophie an der Prager Universität und als Gelehrter einen über die Grenzen der Heimath hinaus reichenden Ruf besaß, und dessen Dienstagsgesellschaften eine kleine Akademie von Gelehrten vereinigten. Der Physiker Doppler, der Aesthetiker Johann Zimmermann, die Historiker Knoll und Palacký ragten unter ihnen besonders hervor; des letzteren deutsch-feindliche Geschichte Böhmens, die in diesem Kreise vor dem Erscheinen vorgelesen wurde, brachte allerdings zeitweilig Störungen des friedlichen Beisammenseins. An Exner hing Th. mit warmer Verehrung, in gewissem Sinne betrachtete er ihn als seinen Lehrer; er blieb mit ihm auch in späteren Jahren in brieflicher Verbindung, und dies, auf gegenseitiger Achtung und Werthschätzung beruhende Verhältniß, denn auch Exner schätzte Th. wegen seiner Fähigkeiten und seines lauteren Charakters, war bestimmend für die spätere gemeinsame Thätigkeit. Die geistige Bewegung, die von dem geistvollen Bernhard Bolzano ausging, erfaßte auch Th., wie aus seinem Briefwechsel mit seinem englischen Freunde Hope hervorgeht, gegen dessen ablehnende Haltung er bis zu einem gewissen Grade die Berechtigung, der Vernunft in Glaubenssachen ein Recht einzuräumen, vertheidigte.

Bereits im J. 1837 hatte Th. das Unglück, daß das Hörvermögen im rechten Ohr bedenklich abnahm; trotz mehrfacher, zum Theil schmerzhafter ärztlicher Eingriffe trat bald wirklich gänzliche rechtsseitige Taubheit ein.

Den politischen Dienst begann Th., wie erwähnt, beim böhmischen Landrecht. 1841 wurde ihm „aus besonderer Gnade“ eine überzählige Rathsprotocollistenstelle verliehen. 1842 zum überzähligen und unbesoldeten Kreiscommissär ernannt, wurde er zunächst dem Kouřimer Kreisamt, das seinen Sitz in Prag hatte, zugewiesen, nach zwei Monaten jedoch zu dem Rakonitzer nach Schlan und 1843 zum Königgrätzer übersetzt. In beiden Stellen hatte er zur vollsten Zufriedenheit seiner Vorgesetzten und der Bevölkerung gewirkt. 1845 wurde er zum unbesoldeten Secretär bei der niederösterreichischen Landesregierung ernannt, fand jedoch seine Verwendung nicht bei dieser, sondern bei der Vereinigten Hofkanzlei, und zwar zuerst beim illyrischen Departement. Er suchte gleich einen „Meister“ für das Illyrische und arbeitete sich mit größtem Eifer in die ihm fernliegenden, unbekannten Verhältnisse ein; später war er beim Gemeindedepartement thätig, wo er neue Studien machte. Er erlebte jedoch bei den geistlos mattherzigen Zuständen in der Hofkanzlei manche bittere Enttäuschung, indem die eingehenden Vorschläge, die er über wünschenswerthe Aenderungen und Besserungen mühevoll ausgearbeitet hatte, einfach ad acta gelegt wurden; einen Trost hatte er nur daran, daß die Bemühungen älterer Beamten auch keinen besseren Erfolg erzielten.

In Wien pflog Th. neben ausgedehntem Verkehr in den Kreisen der Aristokratie, Umgang mit verschiedenen Männern, die „anregend und erfrischend auf ihn wirkten“, so bei dem Director des Staatsarchivs, Baron Clemens Hügel, „einem hochgebildeten, geistvollen Mann“, bei dem es immer anregende Gesellschaft gab, bei dem jüngeren Baron Sommaruga, dessen „Connexionen junge, [184] freisinnige, geistreiche Beamte, zum Theil Freunde von Professor Exner, Bolzano u. a.“ waren. In den juridisch-politischen Leseverein, der die geistige Elite des damaligen Wien umfaßte und in der Bewegung des Jahres 1848 eine hervorragende Rolle spielte, und dessen Mitglieder die meisten dieses Kreises waren, beschloß er einzutreten. Das Burgtheater und die Oper wurden fleißig besucht. Obwohl Thun’s Gesichtskreis bei diesen Anregungen und diesem Verkehr sich bedeutend erweiterte und ihn in Wien mehr der österreichische Gedanke zu beherrschen begann, so blieb er doch auch hier zunächst Böhme, und er gab dieser Gesinnung stets unverhohlen Ausdruck. Auch in Wien beschäftigte ihn sein Interesse für die nationalen Fragen und besonders die slavische Litteratur, mit deren Vertretern im Norden und Süden des Reiches er theils persönlich, theils durch schriftlichen Verkehr in Berührung trat; die alten Beziehungen wurden natürlich lebhaft unterhalten.

Unterdessen war das Jahr 1846 herangekommen und mit ihm die Revolution in Galizien, das sich schon lange in politischer Gährung befand. Um die Ordnung im Lande wieder herzustellen, wurde der Gouverneur in Mähren, Graf Rudolf Stadion, als außerordentlicher bevollmächtigter Hofcommissär dahin entsendet. An demselben Tage, an dem Th. davon erfuhr, hatte er sein Gesuch um die Stelle eines Hofsecretärs überreicht, er stellte sich daher für Galizien zur Verfügung. „Von dem Resultate der Mission (Stadion’s)“, schrieb er seiner Schwester Juža, „hängt das Glück oder Unglück Galiziens und die Ehre der Monarchie nicht weniger ab, als es schien, daß sie von dem Feldzuge, zu dem es gar nicht mehr kam, abhängen werde. So gut es also in der Ordnung war, daß sich zu jenem Feldzuge Freiwillige meldeten, ebenso und noch mehr scheint es mir in Ordnung, daß man gleiche Bereitwilligkeit zeige, jetzt der Regierung zur Pacification des Landes seine Dienste anzubieten.“ Stadion, dem er seine Bereitwilligkeit mitgetheilt, hatte ihm zugesagt, daß er ihn „wahrscheinlich“ mitnehmen werde, und am 22. Juli empfing er die Weisung, daß er „im Vertrauen auf seinen bisher bewiesenen Diensteifer und auf seine Geschäftsgewandtheit“ als Regierungssecretär und Hülfsarbeiter Stadion beigegeben werde und daß er die Reise nach Galizien anzutreten habe. Th. hatte sich, als ihm die Aussicht winkte dahin zu gehen, sofort um einen Lehrer des Polnischen umgesehen, und er benützte die erste Zeit seines Aufenthaltes im Lande eifrig, sowohl diese Sprache als die ruthenische, in der er sich auch in die Geheimnisse der ihm fremden Schriftzeichen zu vertiefen hatte, zu erlernen; mit größtem Ernste suchte er sich auch mit Einrichtungen und Gewohnheiten des Landes vertraut zu machen, namentlich gaben ihm die religiösen Verhältnisse Anlaß zu eingehenden Studien. Der Arbeit gab es auch sonst genug. Aber Rudolf Stadion war der ihm gestellten Aufgabe nicht gewachsen. Zunächst wurde „im Interesse der öffentlichen Ruhe und im Interesse der Dominien“ eine provisorische Landessicherheitswache organisirt und wurden kreisamtliche Exposituren errichtet. Die Durchführung dieser Aufgaben gab Leo – die Ausarbeitung der Systemaloperate war ihm übertragen worden – Gelegenheit, durch Reisen das Land und seine Verhältnisse kennen zu lernen, und er benutzte sie nicht bloß „zur theoretischen Bereicherung seiner Kenntnisse, sondern diese in seinem Berufe zu Nutz und Frommen des allgemeinen Besten praktisch zu verwerthen und zu verwenden“, indem er auf Mittel und Wege zur Abhülfe erkannter Uebelstände bedacht war. Als er am 28. November das Decret des Obersten Kanzlers erhielt, laut welchem er zum Dienste bei der Vereinigten Hofkanzlei wieder einzurücken habe, stellte Stadion seiner „gediegenen Geschäftskenntniß“, seinem „Eifer für alles Gute“, sowie den „ausgezeichneten Eigenschaften“ seines Charakters das glänzendste Zeugniß aus. Aber auch im Lande, in welchem er sich volles Vertrauen [185] erworben hatte, sah man ihn ungern scheiden. Nach seiner Rückkehr nach Wien war er, wie es scheint, dem galizischen Departement zugetheilt.

In diese Zeit seines zweiten Wiener Aufenthaltes fällt seine Vermählung mit der feingebildeten Gräfin Karoline, der Tochter des Grafen Karl Clam-Martinitz, in dessen Hause er schon lange verkehrt hatte und mit dessen Sohn, Graf Heinrich Jaroslav, ihn innige Freundschaft verband. Der Clamische Familienkreis, insbesondere die geistvolle Gräfin, geborene Lady Selina Meade, Tochter Lord Guilford’s, hatte auf Th., nach seinem eigenen Geständniß, einen „starken moralischen Einfluß“ ausgeübt. Am 14. October 1847 wurde der Bund, der auf Jahre langer zarter Neigung und „auf der gegenseitigen tiefen Sympathie ihres Seelen- und Geisteslebens“ gegründet war, geschlossen. Die Ehe blieb, um dies gleich hier vorwegzunehmen, kinderlos; aber an seiner Gattin gewann Leo eine Frau, die mit starkem Geiste und regstem Interesse an allem theilnahm, was ihren Mann beschäftigte, deren Denken und Fühlen vollkommen in dem seinigen aufging und die heute nur in der Erinnerung an ihn und an seine Wirksamkeit lebt.

Zur Ordnung der Verhältnisse in Galizien war inzwischen an Stelle des schwachen Grafen Rudolf, sein Bruder, der geniale Staatsmann Graf Franz Stadion, bis dahin Gouverneur des Küstenlandes, zum Gouverneur von Galizien ernannt worden. Th. hatte beschlossen, sich um einen sicheren Posten zu bewerben – er war bis dahin „überzähliger unbesoldeter Hofsecretär der Vereinigten Hofkanzlei“ – und stellte sich Stadion nach seiner Ankunft in Wien vor. Dieser empfing ihn, obwohl er sonst für niemanden zugänglich war, sofort in freundlicher Weise und sagte, als Th. seine Bewerbung vorgebracht, er habe ihn dazu auffordern wollen, weil er ihn um des Dienstes willen jetzt in Galizien angestellt zu sehen wünsche. Th. erkannte Stadion, wie er in einem Briefe kundgibt, „in der vollen Einsicht der außerordentlichen Schwierigkeit seiner großen Aufgabe“, aber auch „voll entschlossener Thatkraft und Vertrauen in die siegende Kraft guten Willens und gewissenhafter Einsicht“. Am 30. October wurde Th. zum Gubernialrath bei der galizischen Landesstelle ernannt, und im November traf er mit seiner jungen Gattin in Lemberg ein. Die Behaglichkeit seiner Häuslichkeit wurde noch erhöht, als auch sein Freund und Schwager Heinrich, der der Landesstelle zugewiesen wurde, anfangs 1848 in Lemberg eintraf und in demselben Hause eine Wohnung fand. Doch die Ereignisse des bewegten Jahres warfen ihre Schatten voraus, und als die Nachrichten der Wiener Märztage in Lemberg eintrafen, war die Stadt in hellem Aufruhr. Zwar gelang es Stadion, durch Festigkeit und Energie der gesetzmäßigen Gewalt zum Siege zu verhelfen – er hatte die geforderte allgemeine Bewaffnung nicht gewährt, aber auch gewaltsame Maßregeln nicht angewendet –, jedoch die Bewegung griff im Lande immer mehr um sich, und Th. hatte eine dringende Mission in einige Kreisstädte Ostgaliziens erhalten. Angesichts der unsicheren Zustände veranlaßte er seine junge Frau, zu ihrer Mutter nach Wien zu reisen, er selbst begab sich nach Stanislau, um im Namen des Gouverneurs sogleich die nothwendigen Anordnungen zu treffen, um dem Gesetz volle Geltung zu verschaffen. Nach der Weisung Stadion’s sollten die Nationalgarde, die sich eigenmächtig gebildet habe, sowie jene, welche dem ergangenen Verbote zum Trotz ihre Waffen bisher nicht abgelegt hätten, entwaffnet, und alle aus der Stadt ausgewiesen werden, die sich, ohne Geschäfte zu haben, nur zu dem Zwecke eingefunden hätten, um zur Bildung der Nationalgarde beizutragen. Mit größter Unerschrockenheit beharrte er auf der Durchführung dieser Maßregeln, trotz der gefahrdrohenden Haltung der aufgeregten Menge. Aehnliche Missionen, wie in Stanislau, hatte er in Zloczow, Zaleszczyki und Tarnopol zu erfüllen. Hier erhielt er am [186] 17. April die Nachricht, daß er als Gubernialpräsident mit gleichzeitiger Ernennung zum Wirklichen Geheimen Rath nach Prag berufen sei. Zum Statthalter war Erzherzog Franz Joseph bestimmt worden; doch ging man davon später wieder ab, so daß eigentlich Th. Statthalter war. Die Veranlassung zu dieser Berufung ergibt sich aus dem von Pillersdorf und Ficquelmont ausgefertigten Decret, wo Pillersdorf Gelegenheit nimmt, „das vollste Vertrauen auszusprechen, daß Th. mit seiner, während der Dienstleistung bei der Vereinigten Hofkanzlei bewährten Einsicht, Ehrenhaftigkeit und genauesten Kenntniß der Zustände Böhmens, ihn in seinem Bestreben, die Constitution des Vaterlandes zum wahren Wohle der Völker Oesterreichs auszuführen, thätigst unterstützen und durch das Band gegenseitigen Vertrauens in den Stand setzen werde, den hochherzigen Gesinnungen für das Wohl seines (Thun’s) Vaterlandes kräftigen Vorschub zu geben“. Stadion sprach ihm in dem Enthebungsschreiben vom 15. „für die in jeder Beziehung ausgezeichnete dienstliche Verwendung den innigsten Dank und die vollste Anerkennung“ aus. So sehr es seinem stets gehegten Wunsch entsprach, in Böhmen zu wirken, entfuhr ihm dennoch jetzt der Seufzer: „Wie viel lieber hätte ich noch ein paar Jahre unter Stadion gewirkt!“ Und wie er sich der Schwierigkeit der Aufgabe, vor die er gestellt ward, bewußt war, verräth der Ausspruch, den er that, als er den Ruf seines Kaisers erhielt: „Wahrlich, in dieser Zeit arger Verwirrung kann doch niemand, dem der Eid des Staatsbeamten heilig ist, danach lüstern sein, einen solchen Posten zu übernehmen.“ Der Amtsantritt verzögerte sich; am 2. Mai übernahm Th. die Führung der Geschäfte.

Th. trat sein Amt in Prag, wie es in einem gleichzeitigen Bericht heißt, „zu einer Zeit an, als infolge der Feigheit und Lethargie Rudolf Stadion’s – er war nach dem Scheitern der galizischen Mission als Oberstburggraf nach Prag versetzt worden – „der Boden tief aufgewühlt, die Massen erregt und anarchische Zustände angebrochen, die Gemüther besonders dadurch ergrimmt waren, daß Fürst Windischgrätz, gegen welchen die Wiener Protest eingelegt hatten“, auf seinen Posten zurückgekehrt war; „gegen diesen war ausschließlich die Prager Junirevolution gerichtet. Der halbrevolutionäre, von der Wiener Regierung halb anerkannte Nationalausschuß stand unter dem Einfluß der Straße und der ganz undisciplinirten Galerie. Die Straße war erregt, die Emeuten drängten sich, die Behörden waren lahm – in diesen Zuständen übernahm Th. aus den behandschuhten, parfümirten Händen Stadion’s die Zügel der Regierung. Ein öffentlicher Anschlag, welcher die Verhängung des Standrechts in unmittelbare Aussicht stellte, brachte dem Volke Kenntniß von dem Amtsantritt Thun’s“.

Die Verhältnisse hatten in Prag denselben Verlauf genommen wie in Wien, dort wie hier hatte eine kleine aber ungemein rührige Partei sich der Agitation bemächtigt, nur daß sie in Prag einen national-czechischen Charakter trug; der Wiener Aula entsprach das Prager Museum, der Legion die „Svornost“ (= Eintracht, in gewissem Sinne ein lucus a non lucendo). Bald nach der Uebernahme des Präsidiums gab Th. eine Probe seiner Festigkeit und Unerschrockenheit. Es waren Gerüchte von beabsichtigten Demonstrationen aufgetaucht, so daß die Nationalgarde aufgeboten wurde. Th. trotzte jedoch der Gefahr, mit festem Schritte betrat er den Saal und befahl persönlich der massenhaft ausgerückten Garde abzurücken. Sein Muth imponirte der Galerie und keine Sitzung verlief ruhiger als diese. Ein Deutscher „aus dem Reiche“ machte in einem Bericht in einer auswärtigen Zeitung die Bemerkung: „das ist der Mann, an welchem sich die Störenfriede die Zähne ausbeißen werden“. Nach den Wiener Ereignissen des 15. Mai und der Flucht des kaiserlichen Hofes nach Innsbruck vereinigten sich die Regierungsfreunde und die Czechen in dem Rufe der Loslösung von [187] Wien. Th. berief den böhmischen Landtag auf den 7. Juni und erklärte, die „vom Kaiser ihm anvertraute Regierungsgewalt zur Aufrechterhaltung des Thrones und der Verfassung anwenden zu wollen“. Der Forderung aber sich czechische Vertrauensmänner zuzugesellen, setzte er die Erklärung entgegen: „Er werde vielleicht die Wiener Ministerialrescripte nicht annehmen können, aber auch ohne den Beirath des Nationalausschusses wissen, welche Maßregeln er zu ergreifen habe.“ Als aber infolge der Vorgänge am 26. Mai in Wien der Radicalismus zum Siege gelangt war und das Ministerium allen Halt verloren hatte, erklärte Th. am 29. Mai auf Drängen des Nationalausschusses, „die Hemmung des freien Verkehrs mit dem Ministerium und die notorische Unfreiheit desselben veranlasse ihn, einen verantwortlichen Regierungsrath für Böhmen, eine provisorische Regierung einzusetzen“. Unter Anhoffnung der a. h. Genehmigung wurde dieser aus acht Mitgliedern bestehende provisorische Regierungsrath im Einverständnisse der obersten Militär- und Landesbehörden auch sofort eingesetzt. Es wurden Abgeordnete nach Innsbruck geschickt, um die Zustimmung des Kaisers einzuholen. Sie wurde jedoch verweigert und damit dem Minister des Innern Recht gegeben, der schon am 1. Juni gegen die Bildung einer provisorischen Regierung protestirt und Th. aufgefordert hatte, ihr wenigstens bis zur Entscheidung des Kaisers keine Folge zu geben. Th. rechtfertigte sich damit, „den provisorischen Regierungsrath nur für solche den Wirkungskreis der Landesstelle überschreitenden inneren Landesangelegenheiten eingesetzt zu haben, welche durch die außerordentlichen Verhältnisse infolge der Ereignisse in Wien unverschieblich werden dürften“. Mit Kundmachung vom 29. Juni wurde der Regierungsrath, ohne in Wirksamkeit getreten zu sein, für aufgelöst erklärt.

Die schon vorhandene Spannung und Erregung der Gemüther, insbesondere das Selbstgefühl der czechischen Nationalgarde, wurde noch gesteigert durch den Slavencongreß, der anfangs Juni in Prag abgehalten wurde. Slaven aus allen Ländern, Russen, Serben, namentlich viele Polen kamen in Prag zusammen. Da die Czechen in einer Erklärung ihre treue Anhänglichkeit an die Dynastie versicherten und betonten, lediglich die Gleichberechtigung aller Nationalitäten in Oesterreich anzustreben, sowie die Integrität und Souveränetät des Kaiserstaates schirmen zu wollen, gelang es ihnen, in den adeligen Kreisen Anhänger zu finden. Th. billigte wol den Congreß als im Interesse Oesterreichs gelegen, unterließ es aber nicht, gegen die hervortretenden großslavischen Tendenzen seine warnende Stimme zu erheben. Durch den Ausbruch des Aufstandes am 12. Juni (Pfingstmontag), im unmittelbaren Anschluß an eine pomphaft inscenirte große Slavenmesse, fand der Congreß ein jähes Ende. Während dieses Aufstandes zeigte Th. die ganze Festigkeit und Unerschütterlichkeit seines Wesens. Auf die erste Nachricht vom Ausbruche desselben war er von der Prager Kleinseite nach der Altstadt, in der schon vielfach durch Barricaden die Communication verhindert war, geeilt. Von Studenten erkannt, die ihm mit gefälltem Bajonnet in den Weg traten, wurde er, nicht ohne Lebensgefahr, da einige kurzen Proceß machen wollten, umringt, in das Clementinum (Theil der Universität) geführt und als Geisel für zu erzwingende Zugeständnisse gefangen gehalten. Er erklärte jedoch als Unfreier nicht Chef der Regierung zu sein und sich zu keinerlei Kundgebung oder Handlung, die auf die öffentlichen Angelegenheiten Einfluß haben könnten, herbeizulassen. Von den Barricaden herab und auch von einer ins Generalcommando entsendeten Deputation würde gedroht, den Gouverneur aufzuhängen, falls nicht das Militär zurückgezogen wurde, wogegen Fürst Windischgrätz erklärte: wenn dem Grafen Th. ein Leids geschähe, werde er das Clementinum umzingeln und, was sich dort von Aufständischen befinde, über die Klinge springen lassen. Der Gefangene imponirte seinen Wächtern durch seinen Gleichmuth, [188] insbesondere durch die Ruhe, mit der er das ihm gebrachte Essen verzehrte. Auch seine Gattin bezeigte dieselbe Festigkeit. Als sie von der Gefangennehmung Thun’s und von seiner Weigerung hörte, die von ihm verlangten Erklärungen und Forderungen an den Fürsten Windischgrätz zu unterschreiben, und daß man darum sie bestimmen wolle auf ihren Gemahl einzuwirken, daß er zu seinem und zum allgemeinen Wohle nicht länger anstehe zu erfüllen, was man von ihm verlange, erwiderte sie: „Wenn ich auch so gewissenlos sein könnte, meinen Mann von seiner Pflicht abwendig machen zu wollen, er würde gewiß nie anders als nach seinem Gewissen und nach seiner Ueberzeugung handeln“, und dabei blieb sie trotz allen Zuredens und Drohens. Erst am 13. Nachmittags wurde Th. freigelassen, aber noch unmittelbar vor dem Verlassen des Haftzimmers gab er die Erklärung ab, daß er sich durch diese seine Loslösung zu keinerlei Zugeständniß verbunden halte und im Stande der Freiheit einzig nach der Lage der Umstände und dem Ermessen seiner Verpflichtungen handeln werde. Am Arme Palacký’s verließ er das Clementinum, der ihm die Worte zurief, die jungen Leute verlangen von ihm nichts, als daß er sich nicht räche. „Ich räche mich niemals, lautete die Antwort Thun’s, und diese Zusage hat er gehalten; als Minister verwandte er sich im Kronrath dafür, daß den Studenten das ihnen früher durch kaiserliches Wort verheißene Recht, Vereine zu bilden, zugestanden werde.

Von Anfang an schloß sich Th. auf das engste an den commandirenden General Fürst Windischgrätz an, der in jenen Tagen Proben wahrer Seelengröße ablegte, daß er durch die meuchlerische Ermordung seiner Gattin durch eine Kugel, die ihm selbst gegolten hatte, und die schwere Verwundung seines ältesten Sohnes Gefühle der Rache nicht aufkommen ließ. Dem Fürsten und der Fürstin von Jugend auf ergeben fühlte sich Th. auch als Chef der Civilverwaltung mit dem Vertreter der obersten Militärgewalt solidarisch verbunden. Dies brachte er auch zum Ausdrucke, als die von Wien abgesandten Hofcommissäre, Hofrath Klecžansky und General Graf Mensdorff, die Entfernung des Fürsten vom Generalcommando forderten. Obwol Th. die Ansicht des Fürsten nicht theilte, der erklärte, er könne keinem Ministerium das Recht zuerkennen, ihn eines Amtes zu entsetzen, das ihm der Kaiser verliehen, erblickte er in der Maßregel eine schmachvolle Undankbarkeit gegen den Commandirenden und befürchtete davon eine demoralisirende Wirkung auf die Truppen, die mit Begeisterung an dem Fürsten hingen. Er erklärte bei der Enthebung des Fürsten seine Hand nicht im Spiele haben zu wollen und fest entschlossen zu sein selbst zurückzutreten, wenn jener vom Commando verdrängt würde. Er sei bereit selbst zurückzutreten, wenn ihn die Hofcommissäre seiner Stelle entheben wollten. Davon wollten diese jedoch nichts wissen und der Fürst erklärte seinerseits im Falle der Enthebung des Grafen Th. das Commando, aber nur in die Hände des Kaisers zurückzulegen. Als neuerliche Verhandlungen der Hofcommission auf dem Rathhause dazu führten, daß sie in einer schriftlichen Kundmachung die Bereitwilligkeit des Fürsten zurückzutreten und die vorläufige Uebernahme des Generalcommandos durch den Grafen Mensdorff aussprachen, sagte Th. einer städtischen Deputation, die in ihn drang dahin zu wirken, daß dem Blutvergießen ein Ziel gesetzt werde: „Ich weiß es, meine Zukunft ist in meiner Heimath für immer verloren, die ich entfernt von hier, vielleicht in England, beweinen werde. Aber das ist nun leider klar, daß Ihre Bemühungen um Herstellung der Ruhe fruchtlos sind, und daß sich meine schöne Vaterstadt eher in einen Schutthaufen verwandeln lassen wird, als sich freiwillig zu ergeben und zur Ordnung zurückzukehren.“ Er versicherte, daß er nichts mehr zu befehlen habe und entschlossen sei, seine Stelle niederzulegen und entließ sie „sichtlich ergriffen mit Thränen [189] in den Augen“. Die weiteren Verhandlungen der Hofcommission blieben ohne Erfolg und diese baten den Gubernialpräsidenten und den Commandirenden im Amte zu bleiben und nach ihrem Ermessen zu handeln. Die Aufständischen hatten die Waffenruhe gebrochen und nun mußte die Stadt ihrem Schicksal überlassen werden; am 7. Juni ergab sich die Stadt ohne Bedingungen dem Fürsten Windischgrätz. Mit Recht konnte Th. in dem „Offenen Schreiben an den Prager Bürger Herrn Johann Slawjk in Betreff der Ereignisse in der Pfingstwoche 1848 zu Prag“ geltend machen: „Die Ruhe des ganzen Landes stand auf dem Spiele. Es mußte der Sache ein baldiges Ende gemacht werden; denn wo Aufruhr, die Freiheit höhnend, sich mit roher Gewalt hartnäckig behaupten will, da ist es nicht Milde, sondern Schwäche der Regierung, die friedlich Gesinnten seiner Tyrannei Preis zu geben; da ist es Grausamkeit, mit seiner Bekämpfung zu zaudern, weil die Aufgabe des Schwertes um so blutiger ist, je später es gezogen wird. Daß ich die zerstörte Ordnung lieber durch Vermittlung als durch Waffengewalt hergestellt hätte, das habe ich bewiesen, als ich am 23. Mai die Nationalgarde zurückziehen ließ, welche sich vor dem Sitzungssaale des Nationalausschusses aufgestellt hatte, weil augenscheinliche Vorbereitungen zu einem Aufstande getroffen waren; als ich am Pfingstmontage über Barrikaden auf das Altstädter Rathhaus zu eilen versuchte; als ich mich nach meiner Freilassung sogleich auf die von Militär entblößte Kleinseite begab und in dem Gubernialgebäude blieb, obgleich ich von mehreren Seiten aufgefordert wurde, mich insgeheim auf das Schloß zu flüchten und trotz dem Rufe: man solle mich zum Fenster hinauswerfen, der von der Gasse herauf erscholl. Ich rechne es mir nicht zum Verdienste, denn es war meine Schuldigkeit …“ Durch den Maiaufstand kam auch der Prager Landtag, der von Th. zuerst für den 7., dann für den 24. Juni einberufen war und den das czechische Volk und insbesondere die Adelspartei als Beginn der Föderativverfassung so eifrig gewünscht hatten, nicht zu Stande. Am 26. Juni sollte der Wiener Reichstag zusammentreten. Die gleichzeitige Tagung war von vornherein mit allem Nachdruck als unstatthaft erklärt worden. Die Prager Ereignisse hatten die Durchführung der Wahlen, die Th. vor Erlangen des kais. Patents ausgeschrieben hatte, vereitelt. Veranlaßt durch eine Eingabe der czechischen Parteiführer, den Landtag noch vor dem Reichstag, dessen Eröffnung endgültig für den 12. Juli angesetzt war, einzuberufen, richtete Th. an das Ministerium die Bitte den Landtag am 4. Juli eröffnen zu lassen, was als gänzlich unthunlich abgelehnt wurde. Erst am 9. Juli, nach einer weiteren energischen Aufforderung Pillersdorff’s, wurde die Wahl der Reichstagsabgeordneten in Prag vollzogen.

Durch alle diese Ereignisse war jedoch die Stellung Thun’s in Prag unhaltbar geworden; seine Volksthümlichkeit, zumal bei den Czechen, hatte er eingebüßt, da sie sich in ihren Erwartungen, er werde sich ihren über die von ihm begünstigte Hebung der böhmischen Sprache und Litteratur und völlige Gleichberechtigung der slavischen Stämme überhaupt hinausgehenden Aspirationen zugänglich erweisen, getäuscht sahen – unter sein Bild schrieb man die Worte: „wir haben uns geirrt“ (Meylily jsme se) – und die Wiener Regierung ließ ihn fallen, wobei sie dem Druck folgte, den der Wiener Sicherheitsausschuß auf sie ausübte. Am 19. Juli wurde er über Antrag des Ministeriums – auf Pillersdorff war Doblhoff gefolgt – seiner Stelle als Gubernialpräsident in Böhmen enthoben. Da er viele Schmähungen in der Presse, nachdem seine Abberufung bekannt geworden war, erfuhr, richtete er an den Minister ein Schreiben mit der Bitte um Angabe der Gründe, die seine Abberufung veranlaßt hätten. Es dürfe darüber kein Zweifel bestehen, ob seine Absetzung in einer ihm zur Last gelegten Pflichtverletzung oder darin ihren Grund habe, daß [190] sein Benehmen sich mit den politischen Grundsätzen des Ministeriums nicht in Einklang befinde. Es müsse ihm Gelegenheit gegeben werden sich zu rechtfertigen oder seine eigenen politischen Grundsätze zu vertheidigen: er dürfe nicht grundlosem Verdacht ausgesetzt bleiben. Darauf erwiderte Doblhoff nur mit dem Hinweise, daß die Gubernialpräsidenten als politische Personen zu betrachten seien und daß mit dem Systeme, welches falle, auch nothwendig jene hochstehenden politischen Personen fallen müssen, welche im Sinne jenes Systems mit an der Regierung theilgenommen hätten. Daß Doblhoff selbst unter dem früheren Ministerium im Sinne jenes Systems an der Regierung theilgenommen hatte, ward freilich dabei übersehen. Th. lebte nun als Privatmann in Prag und wartete seine Zeit ab. Seine Bemühung ein Reichstagsmandat zu erlangen, schlug fehl und so widmete er sich ganz schriftstellerischen Arbeiten. Nachdem er in zwei Flugschriften, dem bereits erwähnten „Offenen Schreiben“ und einem „Nachtrag zu dem offenen Schreiben“ seine Erlebnisse in der Pfingstwoche geschildert und gegen Entstellungen richtig gestellt, schrieb er eine durchaus in gemäßigtem Sinne gehaltene Schrift „Betrachtungen über die Zeitverhältnisse, insbesondere im Hinblick auf Böhmen“ und zwar wie jene in böhmischer und deutscher Sprache. Durch die Angabe auf dem Titelblatte der deutschen Ausgabe „aus dem Böhmischen“ wird ausgedrückt, daß die Schrift, die die Berechtigung der nationalen Forderungen beweisen wollte, sich zunächst und vornehmlich an die slavischen Landsleute wenden sollte, um ihnen ihre Grenzen zum Bewußtsein zu bringen; deshalb wurde sie böhmisch, wenn auch, wie die Vorrede bekennt, mit Benutzung freundlicher Hülfe, geschrieben. Die Nationalität erscheint ihm als „eines jener Interessen, auf welche der Staatsgewalt kein Einfluß zusteht. Nationalität ist die Sympathie, die zwischen Stammgenossen besteht, die Anhänglichkeit an ihre Sprache und Sitten, und das Bestreben, in ihren Formen Antheil zu nehmen an allem, was die fortschreitende Entwicklung des Menschengeschlechts bietet. So wenig die Staatsgewalt sich anmaßen sollte, zu entscheiden, wo in der Wissenschaft die Wahrheit liegt, oder welche Religion die beseligendste ist, ebensowenig sollte sie Partei nehmen für die eine oder andere nationale Form, in der die Cultur der Menschheit sich bewegt“. Nicht die nationalen Bestrebungen kann er als etwas Vorübergehendes ansehen, auch erscheint es ihm nicht unnatürlich, „daß ein Gefühl, das sich auf alle und vornehmlich auf die geistigen Interessen ganzer Volksstämme bezieht, politische Bedeutung gewinnt“. „Nur in der ausschließlich politischen Richtung der Nationalität sehen wir das Vorübergehende der gegenwärtigen Erscheinungen“ und er zeigt, wie schädlich es ist, nationale Fragen als ausschließlich politische zu behandeln. So richtig die Forderung nach Gleichberechtigung ist, so unvernünftig erscheint es ihm, wenn in Allem und Jedem unverzüglich factische Gleichstellung verlangt wird. „Wo immer es sich um wirkliches Recht handelt, da gelte gleiches Recht … Wo es sich nicht um Rechte, wol aber um Förderung öffentlicher Interessen handelt, da werde die Sache gefördert, so wie es eben ihren eigenthümlichen Verhältnissen am besten zusagt, also nicht immer in der Weise „wie ein ähnliches Interesse derjenigen, die eine andere Sprache sprechen“.

Bevor diese Schrift jedoch im Druck erschien, wurde Th. mit a. h. Handschreiben vom 28. Juli 1849 zum Minister für Cultus und Unterricht ernannt. Damit begann ein neuer Abschnitt voll rastlosen Schaffens, aber auch voll der schönsten Erfolge im Leben Leo Thun’s und in der Geschichte der obersten Unterrichtsverwaltung, der bis zum 20. October 1860 dauerte. Anfang und Ende bedeuten für beide, den Minister und das von ihm geleitete Amt, einen wichtigen Einschnitt, indem am 20. October 1860 nicht nur Th. seine Thätigkeit als Minister beschloß, sondern auch das Ministerium selbst bald darauf als [191] solches zu bestehen aufhörte und erst 1867 wieder errichtet wurde. Der reichen Begabung, dem eindringenden Wissen, der Energie und Thatkraft Thun’s eröffnete sich hier ein weites, reichen Ertrag verheißendes Arbeitsfeld und es mußte ihm wol zur Befriedigung gereichen als Vertreter eines so wichtigen Ressorts im Rathe der Krone zu wirken. Wie er jedoch über die damit übernommenen Pflichten gedacht haben mag, darf man wol aus einer für sein ganzes Wesen so bezeichnenden Aeußerung schließen, die sich in einem Schreiben aus dem Jahre 1846 findet: „Ich bilde mir nicht ein, jedenfalls zum Minister prädestinirt zu sein. Wenn auch mich manchmal nicht übel danach gelüstet, so sage ich mir doch nach jeder erneuten Selbstprüfung: nicht danach zu streben, daß ich es werde, ist meine Pflicht, sondern nur danach, daß ich, falls mir Gott etwas dergleichen beschieden haben sollte, mich dazu so brauchbar als möglich mache“.

Um das volle Verständniß für den ungeheuren Fortschritt, den vornehmlich das höhere Unterrichtswesen und das geistige Leben in Oesterreich durch die „Aera Thun“ gewonnen, zu ermöglichen, müssen wir wenigstens mit einigen Worten des kläglichen Zustandes gedenken, in dem sich das Bildungswesen in der ganzen vormärzlichen Zeit befand. Das Volksschulwesen hatte sich über die durch die große Kaiserin Maria Theresia durchgeführte Reform nicht nur nicht weiterentwickelt, sondern war eher weit zurückgegangen, die Lehrerbildung und Lehrerstellung lagen vollends im Argen. Das Gymnasium hatte die Organisation des alten Jesuitengymnasiums beibehalten und hielt mit seinen Leistungen dem Vergleich mit diesem durchaus nicht Stand. Es lehrte wol viel Latein, zielte jedoch nur auf Erlangung einer gewissen Sprachfertigkeit ab, damit die Schüler den in lateinischer Sprache an der Universität gehaltenen Vorträgen folgen könnten, verzichtete aber ganz darauf, durch die Lectüre in den Geist auch nur eines Autors oder einer Periode der Litteratur einzuführen. Im Griechischen begnügte man sich mit dem Lehren einer trostlosen Grammatik und dem Lesen einer accentlosen Chrestomathie. Unterricht in deutscher Sprache und Litteratur gab es nicht, trotzdem Oesterreich von dem litterarischen Aufschwung durchaus nicht unberührt blieb und die Geister sich mächtig regten. Geschichte und Geographie, Naturwissenschaften und Theile der Mathematik wurden meist oberflächlich behandelt und eine Prüfung aus Naturgeschichte wurde nur von den vom Schulgeld Befreiten verlangt; seit 1819 blieben die Naturwissenschaften trotz der großen Fortschritte auf diesem Gebiete und der dadurch bedingten Erweiterung des Gesichtskreises vollkommen ausgeschlossen. Das Festhalten am Classenlehrsystem verhinderte von vornherein eine allseitige Anregung der Schüler. – Obwol sich Oesterreich rühmen konnte die erste technische Hochschule geschaffen zu haben, konnte der technische Unterricht doch nicht recht gedeihen, weil ihm die Voraussetzung, wie sie nur eine entsprechende Vorschule bieten kann, fehlte, denn der Realschulunterricht war über die ersten Anfänge nicht hinaus und es mangelte an der Verbindung mit der Technik. Am lebhaftesten spiegelten die Universitäten die Inferiorität des Bildungswesens wieder. Sie stellten ein zusammenhangloses Gemenge von theologischen, medicinischen und juristischen Fachschulen dar, die nur die Aufgabe hatten, dem Staate gute Beamte zu liefern, denn „wir brauchen nur gute Beamte, keine Gelehrten“ und „die leitende Classe solle nicht mit Kenntnissen luxuriren“ lautete die Losung. Ein gelehrtes Studium, das die Pflege der Wissenschaft als Selbstzweck betrachtet, gab es nicht und die Universität war ein Körper ohne Seele, da ihr das fehlte, was sie erst zu einer universitas litterarum macht: die philosophische Facultät. Was mißbräuchlich so genannt wurde, das zwei- oder dreijährige sogenannte philosophische Studium, ein Zwitterding zwischen Gymnasium und Universität, aber mit dieser vereinigt, verdiente diesen Namen nicht und war [192] nur ein dienendes Institut, da es die sechzehnjährigen, aus den Gymnasien kommenden Jünglinge auf die Fachstudien, die man auch Brotstudien nannte, vorbereiten mußte. Die Professoren hatten sich strenge an den vorgeschriebenen Lehrgang zu halten und waren an die k. k. Lehrbücher oder ihre von der Behörde geprüften und genehmigten „Hefte“ gebunden. Diese wurden meistens gedruckt den „Hörern“ in die Hände gegeben, die dann kaum mehr thaten, als sich aus diesen Handbüchern für die Semestral- und Annualprüfungen vorzubereiten. Selten kam es vor, daß ein Professor das Wagniß beging, das ihn um Amt und Brot bringen konnte, sich von diesem behördlichen Gängelbande frei zu machen. Sorge um Heranbildung eines wissenschaftlich und pädagogisch tüchtigen Lehrstandes oder akademischen Nachwuchses kannte man nicht; die Stellen wurden durch Concursprüfungen besetzt; selbständige wissenschaftliche Leistungen waren eher ein Hinderniß als eine Empfehlung für die Candidaten. Freilich fehlte es trotzdem nicht an hervorragenden Gelehrten, aber sie waren in ihrem Wirken gehemmt, auch nicht an tüchtigen Köpfen unter den Schülern, aber nur die bedeutendsten konnten unter der systematischen Unfreiheit gedeihen und verdankten, was sie wurden, eigener Arbeit und Selbstbildung. So unleugbar einzelne an sich Hervorragende gelegentlich aus dieser Originalität der Bildung Vortheile ziehen konnten, so groß bleibt doch die Versündigung, die man an der Allgemeinheit beging. Ueberall machte sich der Josephinische Utilitarismus geltend, wozu im Polizeistaat der Francisceisch-Ferdinandeischen Epoche der geistige Druck und die Bevormundung, die hermetische Abschließung Oesterreichs gegen jeden freien Hauch, der von außen kommen konnte, hinzukam. Nur die medicinischen Studien, die nicht staatsgefährlich schienen, nahmen einen bedeutenden Aufschwung. In den höheren Ständen des Adels und der Geistlichkeit fehlte es nicht an einsichtigen Männern, die diese Uebelstände erkannten und auf ihre Abstellung bedacht waren; an Vorschlägen kam ein reiches Material zusammen. Aber auch die oberste Studienbehörde, die von Maria Theresia eingesetzte Studienhofcommission, verschloß sich dieser Einsicht nicht. Allein sie war immer mehr verknöchert; sie veranlaßte wol Berathungen, konnte sich jedoch zu einem energischen Schritt, den Rath in die That umzusetzen, nicht aufraffen. Da kam das Sturmjahr 1848 und sein Frühlingswehen beseitigte die Commission, die ein Hemmschuh für alle Besserungen geworden war. Der Antheil der Aula an den bleibenden Errungenschaften der Märzbewegung kam in der Schaffung des Ministeriums für den öffentlichen Unterricht zum Ausdruck; damit war die Bahn für eine gedeihliche Reform frei geworden. In rascher Folge wurden die vorbereitenden Schritte gethan. Franz Frhr. v. Sommaruga, der erste Unterrichtsminister, Ernst Frhr. v. Feuchtersleben, der feinsinnige Dichter, Arzt und Seelendiätetiker, und als dieser nach den Aufregungen des Octoberaufstandes zurückgetreten war, Dr. Jos. Alex. Helfert, als Unterstaatssecretär, vor allem der durch jenen als Ministerialrath berufene Exner, der sich schon im Vormärz durch treffliche Arbeiten zur Studienreform hervorgethan hatte, waren eifrig am Werke. Lehr- und Lernfreiheit, die von Studentendeputationen aus Prag und Wien verlangt worden war, wurde verkündet, den Lehrkörpern die Leitung der Schulen zugestanden, wissenschaftliche Sammlungen an den Schulen gegründet, das Volksschulwesen gehoben, vor allem die philosophischen Jahrgänge von der Universität abgetrennt und mit den sechs Gymnasialclassen zu dem achtclassigen, aus Ober- und Untergymnasium bestehenden Gymnasium vereinigt. Die Grundlagen der ganzen Unterrichtsreform wurden von Exner in dem „Entwurf der Grundzüge der Reform des öffentlichen Unterrichts“ festgelegt und dieser Entwurf bereits am 18. Juli 1848 veröffentlicht. Außer einer Reihe wichtiger Einzelverfügungen, die das Einsetzen einer gründlichen Reform vorbereiteten, [193] ist aus dieser Frühzeit noch die Berufung einiger bedeutender Gelehrter aus Deutschland, wie des Philologen Georg Curtius, des Physiologen Ernst Brücke u. a. zu erwähnen: für die Schulreform die bedeutsamste war die des Philologen Hermann Bonitz, damals Gymnasiallehrers in Stettin, den Exner 1842 in Berlin kennen gelernt hatte. Allein die Verhältnisse waren unsicher, da nach dem schon im Juli 1848 erfolgten Rücktritt Sommaruga’s ein Provisorium das andere ablöste und zudem die aufgeregten Zeiten nur ein Stückwerk ermöglichten; erst mit der am 2. December 1848 eingetretenen großen Veränderung im Staatswesen und der Ende Juli 1849 erfolgten Ernennung Thun’s zum Minister waren die Voraussetzungen für eine gedeihliche und energische Durchführung des Reformwerkes gegeben. Th. machte die Uebernahme des Amtes davon abhängig, daß die bis dahin vom Ministerium des Inneren verwalteten Cultusagenden mit denen des Unterrichtsministeriums vereinigt würden. Bei dieser Forderung mag ihn nicht nur seine streng kirchliche Gesinnung sondern auch die staatsmännische Erwägung geleitet haben, daß diese Agenden in einem Staate wie Oesterreich, mit seiner vorwiegend katholischen Bevölkerung, so sehr ineinandergreifen, daß ihre Scheidung zu großen Schwierigkeiten Anlaß geben mußte; die Vereinigung wurde genehmigt und Th. der erste Minister für Cultus und Unterricht in Oesterreich. Ob diese Verbindung an und für sich eine berechtigte oder heilsame ist, darüber mag das Urtheil verschieden lauten, daß sie aber, wenn man die Zeitverhältnisse, in denen Th. zu wirken berufen war, berücksichtigt und den ganzen Zeitraum seines Wirkens überblickt, eher genützt als geschadet hat, wird jeder Unbefangene zugestehen. Nach den Stürmen des Revolutionsjahres war die Zeit des Absolutismus und der Reaction gekommen, die zuerst durch den Militarismus, dann durch die Kirche den Staat wieder auf feste Grundlagen zu stellen suchte und die allzusehr auseinanderstrebenden Theile des Reiches durch die centralistische Verwaltung wieder zur Einheit zu verschmelzen unternahm. In dieser Zeit war Th. der rechte Mann am rechten Platze. Begabt mit reichem Talent, von frühester Jugend an bestrebt, seinen Wissenskreis zu erweitern, an seiner Selbstbildung rastlos arbeitend, sich nur im Höchsten Genüge thuend und von ernstestem Pflichtgefühl beseelt, ward er ein Mann von hohem Flug der Gedanken, universellen Kenntnissen, erstaunlicher Gelehrsamkeit und wissenschaftlicher Durchbildung. Mit allen Zweigen des Staatslebens innig vertraut und von einer seltenen Beherrschung aller praktischen Hülfsmittel der Politik, brachte er seiner Aufgabe vollste Hingebung und klarstes Verständniß entgegen. Energisches Wollen und zielbewußtes Handeln, das bei kleinlicher Bedenklichkeit nicht Halt machte, zeichneten ihn ebenso aus wie hohe Idealität des Denkens und Empfindens, und was daher an ihm bewundert wurde, das war die ganze geistige Potenz des Mannes. Zwar ermangelte er der schöpferischen Originalität und er gab sich daher willig dem Einfluß größerer Geister hin, aber er drückte allem, was er that und wofür er stritt, den geistigen Stempel seines eigenen Wesens auf. Hatte er aber einen Gedanken gefaßt, so war er auch der Mann ihn durchzuführen und ohne Rücksicht auf Beifall oder Widerspruch, auf Erfolg oder Mißerfolg dabei zu beharren; stets ließ er sich aber von sachlichen Motiven leiten, ohne persönlichen Raum zu geben. In religiöser Hinsicht Katholik von strengster Ueberzeugung und der Kirche treu ergeben, hatte er doch die größte Hochachtung vor der Wissenschaft und scheute sich nicht, gegen publicistische Angriffe aus dem eigenen Lager es auszusprechen, daß wissenschaftliche Arbeit dem Staate und der Religion nicht gefährlich sei: daß, wer an Christenthum glaube, auch an die siegreiche Macht der christlichen Wahrheit glauben dürfe und daß etwaige Ausschreitungen durch [194] die Wissenschaft selbst ihre Heilung finden; die Unterrichtsverwaltung habe nur zu sorgen, daß einseitige wissenschaftliche Richtungen an der Universität nicht ihres sachlichen Gegengewichtes entbehren. So war Th. auch hierin frei von jeder Starrheit, und wie er selbst vertrauten Umgang mit Männern pflog, die mit ihren Ueberzeugungen auf ganz anderem Boden standen als er – es braucht hier nur an die durch seinen auch in politischer Hinsicht interessanten Briefwechsel bezeugte, auf gegenseitiger Hochachtung und Werthschätzung beruhende Freundschaft mit dem freisinnigen Grafen Anton Auersperg (Anastasius Grün) erinnert zu werden – so ließ er sich auch bei Berufungen von Gelehrten und Lehrkräften nur von der Tüchtigkeit, ohne Rücksicht auf Confession und Abstammung leiten. In politischer Hinsicht streng conservativ, neigte er doch den Liberalen in der Forderung unbedingter Freiheit der Individuen und Volksstämme zu – in diesem Sinne kann man es verstehen, wenn Beust von Th. sagt, daß er früher liberal gewesen – freilich verkannte er die Tragweite der den einzelnen Königreichen und Ländern oder, wie man sie später nannte, den historisch-politischen Individualitäten auf Kosten der Reichseinheit zu machenden Zugeständnisse. Aber in einer centralistischen Regierung zu wirken berufen, stellte er das Reichsinteresse weit über das der einzelnen Theile, daher die unerbittliche Strenge, mit der er am deutschen Unterricht in Böhmen, Galizien und Ungarn als dem unerläßlichen Verständigungsmittel der Gebildeten festhielt. Erleichtert wurde Thun’s Aufgabe durch seine hohe sociale Stellung, die viele Schwierigkeiten von vornherein fern hielt oder etwa auftauchende besiegen half. Ausschlaggebend für seine Beurtheilung ist endlich die unbestrittene Lauterkeit seiner Absichten. Dem inneren Menschen Th. entsprach auch sein Aeußeres. „Eine hohe, fast reckenhaft kräftige Gestalt, ein männlich schöner Kopf mit einem ernsten und doch eines Zuges von Wohlwollen nicht entbehrenden Antlitz, ein Organ von wohlklingender Tiefe, all das verbunden mit den einfachsten und doch edelsten Formen“, so schildert Leopold v. Hasner, der spätere Unterrichtsminister und Schöpfer des Reichsvolkschulgesetzes, der nachmals sein größter politischer Gegner ward, aber stets mit ihm in achtungsvoller Freundschaft verbunden blieb, noch in hohen Jahren den entschieden günstigen Eindruck, den der „merkwürdige Mann“ auf ihn machte, als er das erste Mal ihm entgegentrat. Und von dem Zauber, der von Th. ausging, spricht Eduard Hanslick mit bewundernden Worten: „Mit dem ernsten, dunklen Blick harmonirte die ernste, dunkle Stimme, ein Baß von seltener Tiefe, aber weichem Wohllaut. Gerade aus diesen Augen und aus dieser Stimme, deren düsterer Ernst so viele abschreckte, quoll eine fascinirende Macht. Ich hätte Leo Thun immer ansehen, seiner Stimme immer lauschen mögen“.

Von dem ernsten Eifer, mit dem sich Th. den Agenden seines Ressorts widmete, gewinnt man wol schon durch die Einsicht in die Acten eine rechte Vorstellung. Seiner Art, den Dingen auf den Grund zu gehen, getreu, unterzog er alle nur einigermaßen bedeutenderen Stücke der genauesten Durchsicht; die meisten zeigen Spuren dieser eingehenden Revision, nicht wenige haben durch seine Aenderungen eine andere Gestalt gewonnen und nicht selten wurde das ursprüngliche Concept durch ein von ihm neu geschriebenes ersetzt. Aber damit ist die Sache nicht erschöpft. Denn das meiste – und sein Interesse erstreckt sich bis auf das scheinbar Unbedeutende – wurde in mündlichen Erörterungen erwogen, so daß verhältnißmäßig nicht soviel geschrieben wurde. Unter allen Agenden wandte jedoch Th. mit besonderer Vorliebe seine Thätigkeit dem mittleren und höheren Unterricht zu, daher führte die Thunische Aera auf diesen beiden Gebieten die größte Umgestaltung herbei. Und die Begeisterung, mit der der Minister sich an die Durchführung der großen Aufgaben machte, erfaßte die [195] Beamten, die mit immer mehr wachsender Verehrung an ihm hingen, allen voran der unermüdliche Exner, der das ganze Reformwerk leitete, und sein Beirath Bonitz. Mit einer so beispiellosen Raschheit wurden die geeigneten Maßnahmen getroffen, daß in kurzer Zeit nicht nur der Grund gelegt, sondern auch der Aufbau des Gebäudes vollendet und das Werk gekrönt werden konnte. Den Mittelschulen wurde durch den von Exner und Bonitz noch vor der Ernennung Thun’s ausgearbeiteten und von diesem vollkommen gebilligten „Entwurf der Organisation der Gymnasien und Realschulen in Oesterreich“, gewöhnlich kurzweg „Organisationsentwurf“ genannt, im Anschluß an das Bestehende und unter Zugrundelegung der Anregungen österreichischer Schulmänner nach dem Muster bewährter auswärtiger, zumal preußischer Gymnasialeinrichtungen eine Gestaltung gegeben, die nicht nur den Bedürfnissen der Zeit genügte, sondern auch für die Zukunft eine Grundlage schuf, die allen Anstürmen bisher siegreich widerstand und je mehr sie sich einlebt, um so größere Gewähr dauernden Bestandes bietet. Mehr als es in Deutschland der Fall war, wurde hier das richtige Gleichgewicht zwischen den realistischen und humanistischen Fächern angestrebt „und zwar so, daß durch ihr Zusammenwirken auf den verschiedenen Stufen immer eine harmonische Ausbildung und allseitige Entwicklung der Geister erreicht werde“. Und dieser Entwurf, der nicht Erstarrung beabsichtigt, sondern die Keime lebensvoller Fortentwicklung in sich birgt, hat in der Entwicklungsgeschichte des Mittelschulwesens der jüngsten Zeit über die Grenzen seines eigentlichen Wirkungskreises hinaus, vor allem in der preußischen Mittelschulreform des Jahres 1892, die verdiente Anerkennung gefunden. Bereits September 1849 wurde seine Einführung der kaiserlichen Genehmigung empfohlen und 1854 für ihn nach seiner Erprobung die a. h. Sanction erwirkt. Welch große administrative Arbeit nöthig war für diese neue Institution erst die Voraussetzungen zu schaffen, braucht kaum besonders betont zu werden.

Ein Uebelstand, der trotz aller früher darauf verwendeten Mühe nicht hatte behoben werden können, weil er im Wesen des früheren Studiensystems begründet war, waren die Lehrbücher, die „ein Spott von ganz Deutschland geworden waren“; auch hierin wurde Wandel geschaffen. Den nächsten Bedürfnissen wurde durch Einführung von in Deutschland erprobten Lehrmitteln abgeholfen, und die heimische Lehrerwelt zur Abfassung geeigneter Lehrbücher ermuntert. Schon im J. 1850 wurde die „Zeitschrift für die österreichischen Gymnasien“ vom Ministerium begründet, die nach allen Richtungen aufklärend, belehrend und anregend auf die Lehrerschaft wirkte.

Die Hochschulen erfuhren eine gründliche Umgestaltung. Die Organisation der akademischen Behörden wurde in einer Weise geregelt, daß die Freiheit der inneren Verwaltung der Universität, dieses Palladium der deutschen Hochschulen, dem sie ihre großartige Entwicklung verdanken, ebenso gewahrt wurde, wie dem Ministerium der ihm zustehende Einfluß gesichert ward. Durch die neue Studienordnung und Disciplinarvorschrift sowie die Einführung von Collegiengeldern wurde die verheißene Lehr- und Lernfreiheit erst recht zur That; aber auch die Stellung der Hochschullehrer wurde durch Regelung der Gehaltsfrage gesichert. Durch genaue Bestimmung über die Stellung, Rechte und Pflichten der Privatdocenten wurde für den Nachwuchs akademischer Lehrer vorgesorgt und diese wichtige Institution innerlich gefestigt. Die Einrichtung von Seminarien an den Universitäten, sowie die Einführung einer neuen Prüfungsvorschrift schufen die Vorbedingungen für die Heranbildung eines tüchtigen Mittelschullehrerstandes. Die Gründung des Instituts für österreichische Geschichtsforschung, das erst unter Albert Jäger’s, dann unter Th. v. Sickel’s Leitung, allmählich zu einem Musterinstitut dieser Art wurde, bereitete den Boden nicht nur für fruchtbringende [196] Studien auf dem Gebiete vaterländischer Geschichte, die Th. wegen der Beseitigung der über Oesterreich verbreiteten Geschichtslügen sehr am Herzen lag, sondern auch für die lebhafte Betheiligung Oesterreichs an den großen Aufgaben der deutschen Geschichtsforschung. Den Bedürfnissen des Staates für die Heranbildung eines tüchtigen Beamtenstandes wurde durch Anordnungen über die Staatsprüfungen für die Studirenden der Rechts- und Staatswissenschaften entsprochen. Aber wie das weltliche bedurfte auch das theologische Studium einer gründlichen Reorganisation, und es erhielt sie, und zwar wurden nicht nur die theologischen Studien an den Facultäten und den Diöcesan- und Klosterlehranstalten geregelt, sondern es erhielt auch die evangelisch-theologische Lehranstalt durch eine Studienordnung und Disciplinarvorschrift die feste Gliederung einer Facultät. Ihre Vereinigung mit der Universität wurde jedoch nicht gestattet und ist auch heute noch nicht durchgeführt.

Die eigenartigen Verhältnisse Ungarns und der italienischen Provinzen fanden ebenso ihre eingehende Würdigung wie die der deutsch-slavischen Länder. In Ungarn wurde das Mittelschulwesen neu gestaltet, die Universität Pest neu organisirt und das Institut der Rechtsakademien neu geregelt und erweitert. Wie schlecht auch die Ungarn auf Th. wegen seiner allzu weit gehenden Unterstützung der Bachischen Germanisation zu sprechen sind, seine Verdienste um Hebung des Gymnasialwesens insbesondere sind nicht vergessen. „Vom politischen, confessionellen und nationalen Standpunkt hat man dieselbe mit Recht bekämpft“, sagt Schwicker, „aber diese Tendenzen lagen dem Reformwerke keineswegs zu Grunde, sie waren ihm vielmehr von außen her aus politischen Gründen aufgenöthigt worden. Der Pädagoge jedoch kann sich über dieses Reformwerk nur günstig äußern. Die Principien desselben sind richtig und auch deren Ausführung war in den meisten Punkten eine glückliche. Die sich dagegen auflehnten, gehörten größtentheils dem früheren Schlendrian des ungarischen Gymnasialwesens an. Leider, daß die Politik auch diesen Opponenten zum Siege verhalf.“ Was hier vom Gymnasialwesen gesagt wird, gilt auch vom Hochschulunterricht. Und wie in Ungarn, so ist auch in den früheren italienischen Provinzen Oesterreichs die durch die Thunische Reform herbeigeführte Besserung der Unterrichtsverhältnisse in bleibender Erinnerung geblieben; auch auf die Entwicklung des Schulwesens im späteren Königreich Italien war sie als Vorbild von ebenso unverkennbarem als wohlthätigem Einfluß.

Die technischen Hochschulen nahmen dadurch, daß die Habilitirungsvorschrift auch auf sie ausgedehnt und eine neue Studien- und Disciplinarordnung geschaffen, endlich die Aufnahme in dieselben an Bedingungen geknüpft wurde, die eine geeignete Vorbildung der Studirenden bezweckte, einen höheren Aufschwung. Und wie die Gymnasien als Vorstufe der Universitäten, so fanden auch die Realschulen als Vorschulen der technischen Institute größere Beachtung. Aber wie die Gymnasien nicht nur für den Besuch der Universitäten vorbereiten, sondern eine abgeschlossene allgemeine Bildung vermitteln sollten, so hatten auch die Realschulen neben ihrer Aufgabe als Vorbereitungsschulen für die technischen Lehranstalten auch für die praktischen Bedürfnisse des Gewerbslebens zu sorgen. In Anerkennung dieser Wichtigkeit wurde eine Vermehrung der Realschulen sowie ein Plan zur Erweiterung des gewerblichen Unterrichts durch Hebung und Vermehrung der mit jenen verbundenen Handwerker-, Sonntags- und eigentlichen Fachschulen entworfen. Th. wandte diesem Gegenstand besondere Aufmerksamkeit zu und der betreffende Vortrag an den Kaiser muß als grundlegend bezeichnet werden für die Organisation dieses hervorragenden Zweiges der Unterrichtsverwaltung, dessen Ausgestaltung eine der bedeutendsten Errungenschaften der neuesten Zeit ist. Durch Errichtung von nautischen Schulen und Reorganisirung [197] des nautischen Unterrichts wurde den besonderen Bedürfnissen Dalmaziens und den Interessen des Reiches Rechnung getragen.

Die Volksschulen erfuhren zwar keine durchgreifende Umgestaltung, doch wurde durch eine sehr große Zahl von Verfügungen der Volksschulunterricht gehoben und die Lehrerstellung und vor allem die Lehrerbildung vielfach gebessert; die Schulen in Wien erfuhren eine neue Organisirung. Freilich hatte gerade der niedere Unterricht durch die Ungunst der Zeitverhältnisse am meisten zu leiden und konnte erst durch Schaffung der freien Schule einen bedeutenden Aufschwung nehmen.

In die erste Zeit der Thätigkeit Thun’s fällt auch die Neuorganisation des Theresianums. „Aus Gründen der Oeconomie und der Unzulässigkeit gesonderter Standesinteressen“ war bereits früher die Aufhebung dieser reich ausgestatteten großartigen Schöpfung der großen Kaiserin beschlossen worden. Stadion war es, der auf der Auflösung trotz alles Einspruches Exner’s bestand und sich davon einen großen Effect versprach. Da aber die kaiserliche Entschließung diese Aufhebung nur im Grundsatze genehmigte und nähere Vorschläge über Bestimmung des Gebäudes, der Sammlungen u. a. abverlangte, so war die Erhaltung dieser Anstalt nicht nur möglich, sondern auch gesichert. Doch erfuhr sie eine gründliche Neugestaltung, die den großen Aufschwung, den sie seither genommen, erst ermöglicht hat. Zunächst wurde die Curatel dem Ministerium untergeordnet. Bald darauf wurden mit kaiserlicher Genehmigung die Bestimmungen über den Fortbestand der k. k. Theresianischen Ritterakademie unter der Benennung „Theresianische Akademie“ als Erziehungsanstalt festgesetzt; sie sollte nicht nur Adeligen zugänglich sein, sondern das an ihr befindliche Gymnasium auch von Externisten besucht werden können und die Erziehung und der Unterricht weltlichen Lehrern anvertraut werden. Wie diese höchste Pflanzschule des Adels, für deren Fortbestand auch politische Erwägungen maßgebend waren, so erfuhr auch unter dem Einfluß des Ministeriums eine ihm nicht direct untergeordnete Anstalt eine gründliche Umgestaltung: die Orientalische Akademie. Aus einer Sprachschule wurde sie ein Musterinstitut für die Heranbildung von Consulareleven für den Orient.

Im Zusammenhang mit der Wirksamkeit der Unterrichtsverwaltung für Hebung des Unterrichts in allen seinen Zweigen stehen auch die Verfügungen, die den öffentlichen, staatlichen (Universitäts- und Studien- oder Lyceal-) Bibliotheken eine reichere Ausstattung und freiere Gestaltung gaben. Aber auch sonst hat sich Th. um die Hebung des geistigen Lebens in Oesterreich bleibende Verdienste gesichert, und zwar nicht nur auf dem Gebiete der Wissenschaft sondern auch auf dem der Kunst. Durch die Umgestaltung der Akademie der bildenden Künste aus einer Kunstbehörde und Kunstgesellschaft in eine höhere Kunstschule und die Wiedereinführung von Kunstausstellungen an derselben wurde dem künstlerischen Leben und Streben in Oesterreich ein neuer Impuls gegeben. Die Umgestaltung der Akademie wurde von dem, wie erwähnt, als Kunstreferent im Ministerium wirkenden Grafen Franz Thun, „diesem ausgezeichneten, für die Kunst in wahrer Begeisterung erglühenden Mann“, wie Karl v. Lützow ihn nennt, durchgeführt. Hierher gehört auch die Mitwirkung bei der Erweiterung der Aufgaben und der inneren Gliederung der „Centralcommission für die Erhaltung und Erforschung älterer Baudenkmale“, die durch ihre in den einzelnen Kronländern bestellten Conservatoren eine die antiquarische Forschung belebende und fördernde Thätigkeit entfaltet. Das Werk Thun’s ist endlich auch die Organisation der 1851 ins Leben gerufenen „Centralanstalt für Meteorologie und magnetische Beobachtungen“.

Damit wäre die Thätigkeit des Unterrichtsministers Th., insoweit [198] sie eine Reform des Unterrichtwesens herbeiführte, im wesentlichen gekennzeichnet. In der Hauptsache war sie im J. 1854 mit der Sanction des Organisationsentwurfes abgeschlossen. Von da an gerieth sie ins Stocken und beschränkte sich, insoweit nicht die durch das Concordat geschaffenen Verhältnisse Einbußen brachten, auf den Ausbau der ins Leben gerufenen Institutionen. Der Tod Exner’s, der Seele der Reformthätigkeit, auf der einen, der durch die Zeitlage gehinderte Einfluß von Bonitz auf der anderen Seite, hemmten die Fortentwicklung. Die zweite Hälfte der Ministerschaft Thun’s wird vornehmlich durch die Thätigkeit des Cultusministers ausgefüllt. Während aber dort Bleibendes geschaffen wurde, das dem leitenden Minister das uneingeschränkte Lob aller unbefangen Urtheilenden gesichert hat, hat die Folgezeit das Gebäude, das der Cultusminister aufgeführt hat, von Grund aus abgetragen. Für Th. erwies sich die Vereinigung der beiden Agenden insofern als nachtheilig, als im Urtheil der Zeitgenossen der Unterrichtsminister entgelten mußte, was der Cultusminister gethan. Während die conservative Partei ihn wegen seiner Kirchenpolitik mit bewundernder Verehrung feierte, klagte ihn alles, was sich zum Freisinn in Oesterreich bekannte, gerade deshalb hart an. Die Nachwelt muß, will sie gerecht urtheilen, die Ueberzeugungen des Mannes und die Zeitverhältnisse in Rechnung ziehen. Die Signatur erhielt die Zeit durch den Abschluß des Concordats mit Rom. Dieses brachte Bestrebungen der Kirche zu Ende, die auf dem constituirenden Reichstag von Kremsier (November 1848) ihren Anfang nahmen, durch Verkündigung der Grundrechte im Verfassungsoctroi (März 1849), die jeder vom Staate anerkannten Kirche und Religionsgenossenschaft volle Autonomie zusicherten, ihre Verstärkung erhielten und die dahin zielten, die Kirche vom staatlichen Einflusse zu befreien, die jedoch im Concordat dazu führten, daß der Staat zu Gunsten der Kirche sich wichtiger Prärogative entäußerte und unter die Herrschaft der Kirche kam. Im Einklange mit den Beschlüssen der Bischofsversammlung waren auf Grund zweier Vorträge Thun’s an den Kaiser über die Verhältnisse der Kirche zum Staat und zum öffentlichen Unterricht anfangs 1851 der Kirche eine Reihe werthvoller Zugeständnisse gemacht worden; vor allem wurde das placetum regium, woran die katholischesten Monarchen stets mit größtem Eifer festgehalten hatten, preisgegeben. Die Summe aller jener und weiterer Zugeständnisse zog das Concordat. Sein eigentlicher Schöpfer war der Fürsterzbischof von Wien, der staatsmännische und gelehrte Cardinal Joseph Othmar v. Rauscher, der mit dem päpstlichen Pronuntius Viale Prelà die Verhandlungen führte. Die Mitwirkung Thun’s als des leitenden Cultusministers war schon wegen der Durchführung des zwischen dem Kaiser von Oesterreich und dem Papst geschlossenen „feierlichen Vertrages“ selbstverständlich; wenn er aber im verstärkten Reichsrath versicherte, daß „die Ueberzeugung von der Gerechtigkeit, welche durch das Concordat der katholischen Kirche gegenüber geübt worden ist, es stets zu den stolzesten und freudigsten Erinnerungen seines politischen Lebens mache, zu dieser Maßregel mitgewirkt zu haben“, so hat er damit zu erkennen gegeben, daß es seinen innersten Ueberzeugungen entsprach und daß er die Verantwortung dafür vor der Geschichte übernehme. Ein Gegner des Josephinismus, der die „freiheittödtende“ Omnipotenz des Staates, wie es in jener Rede heißt, in Anspruch nahm, betrachtete er Staat und Kirche als vollkommen gleichberechtigte Gewalten, und deshalb verlangte er für die Kirche die vollste Freiheit der Selbstverwaltung. Erst als diese gewährt worden, sei „die Bahn für die freiere Gestaltung auch auf anderem Gebiete geebnet“ worden. „Die große principielle Bedeutung des Concordates“ bestand nach ihm darin, „daß durch dasselbe die Geltung des kanonischen Rechts auf dem Gebiet der Kirche in jedem Theile Oesterreichs wieder Geltung hatte, daß in einer Zeit materialistischer [199] Bestrebungen in Oesterreich die sittliche Idee wieder in den Vordergrund gestellt und ein feierliches Zeugniß für die ewige heilige Grundlage des Rechtes abgegeben werde am Vorabende einer Zeit, in der eben diese Grundlage mehr als je aus den öffentlichen Verhandlungen zu verschwinden schien“. Durch das am 18. August 1855 abgeschlossene und mit kaiserlichem Patente vom 5. November kundgemachte Concordat erhielt aber die katholische Kirche nicht nur ihre volle Freiheit in Ausübung der ihr zustehenden, aus dem kirchlichen Verbande fließenden Rechte, besonders in Handhabung der Aufsicht und Disciplin über die den Bischöfen untergeordnete Geistlichkeit, in der Erziehung und Unterweisung der für den geistlichen Stand bestimmten Jugend, in der Anordnung der gottesdienstlichen Handlungen, es wurden nicht nur der Geistlichkeit die ihrem Stande entsprechenden Rücksichten und Vorrechte gesetzlich festgestellt und alle Beschränkungen hinsichtlich der Erwerbung von Eigenthum durch die Kirche aufgehoben, sondern es wurde auch der Einfluß der Kirchengewalt auf die Erziehung und den religiösen Unterricht der katholischen Jugend in seinem ganzen Umfange hergestellt und Schulen und Lehrer unter geistliche Ueberwachung gebracht. Die in die bürgerlichen Verhältnisse am tiefsten einschneidende Maßregel war die Einführung eines neuen Ehegesetzes, kraft dessen die Verhandlungen über Schließung und Trennung der Ehe, sowie über ihre Ungültigkeitserklärung den geistlichen von den Bischöfen bestellten Ehegerichten überwiesen wurden, welche nach den Vorschriften des kanonischen Rechtes, dessen Bestimmungen in das Ehegesetz aufgenommen wurden, Recht sprachen, während die Civilgerichte nur mehr über die bürgerlichen Wirkungen der Ehe entscheiden sollten; einschneidend war auch die Regelung der Begräbnißfrage. Auf welche Schwierigkeiten trotz des großen Entgegenkommens die Verhandlungen in Rom und in Wien stießen, erhellt aus den Berichten des Tiroler Geistlichen Alois Flix, der als Rector der deutschen Nationalkirche S. Maria dell’ Anima, päpstlicher Hausprälat, Uditore della Rota von 1853–59 in Rom lebte. So schreibt er 1854: „der Erzbischof von Wien stellte den Grundsatz auf: die Kirche solle in allen kirchlichen Anstellungen frei sein und nur die Verpflichtung auf sich nehmen, keine Persönlichkeiten, welche das Vertrauen der Regierung aus Grund entbehren, anzustellen. Der Grundsatz wurde gestrichen, mit der Note: Josephinismum sapit. Erzbischof Rauscher läßt deshalb den Grundsatz nicht fallen, er gibt ihm nur ein anderes Kleid“. Aber auch der Minister war Rom zu wenig willfährig, denn am 15. Januar 1855 weiß Flix zu melden: „Th. steht übrigens nicht so fest, als Du vielleicht aus der Bestätigung des Gymnasialstudienplans vermuthest. Denn eine kirchliche Partei dahier scheint seinen Sturz zu betreiben. Das Anbinden mit Deutschland will man eben nicht zugeben. Eine Parität dieser Art hält man für einen Verrath an der Kirche. Man will das Unterrichtswesen möglichst in kirchliche Hände legen. Daß Wien von Feinden gegen Thun wimmelt, ist bekannt. Es wurde mir gesagt, Thun wäre längst gefallen, wenn nicht Rauscher ihn gehalten hätte …“ Einige Monate später schreibt er: „Ein Concordat wird sicher zusammengeschweißt. Hindernisse desselben treten übrigens in Oesterreich selbst von der kirchlichen Partei hervor. Der Primas von Ungarn bestürmte den hl. Vater und die Cardinäle, ja nur kein Concordat zuzugeben: die ungarische Kirche verliere dann noch die Freiheiten, die sie von Alters her besessen. Von Olmütz ist der Canonicus U. hier, um die gleiche Tendenz aus absolutem Eifer für die Kirche zu verfolgen.“ Da jedoch der Primas Szitowsky und der seither verstorbene Erzbischof von Olmütz „den Entwurf des Concordates in Wien gebilligt und mitunterzeichnet“, mußte Th. im Auftrag des Kaisers jenem sein Mißfallen zu wissen machen. Aber auch Ketteler blickte mit Argwohn auf die Forderungen Oesterreichs; der Kaiser habe auch in dieser Angelegenheit seinen entschiedenen Standpunkt eingenommen [200] und ausgesprochen: ‚Bis hierher, aber nicht weiter‘. Mai 1855 kam Erzherzog Ferdinand Max nach Rom, um im Namen des Kaisers den Dank für das Concordat abzustatten. „Dieser Dank“, schreibt Flix, „mag nicht ganz überflüssig gewesen sein … Die Ausfertigung der Urkunde wurde verzögert – obwol doch der hl. Vater selbst im Castel Gandolfo seine volle Zufriedenheit ausgesprochen hatte. Der Dank des Kaisers gibt nun der Urkunde hoffentlich einen Vorschub. Zugleich ersehen wir hieraus, daß in Wien keine Hindernisse mehr zu besorgen sind. Rauscher hat allerdings einige Punkte sub spe rati zugestanden: von Seite des Reichsrathes, vielleicht auch der Minister, wäre ein greller Widerstand zu vermuthen, aber der Kaiser scheint in dieser geistlichen Angelegenheit unbedingt dem Erzbischof zu vertrauen. Das kirchliche Leben wird im Kaiserstaat eine völlig neue Gestalt bekommen; aber der Episcopat und Clerus wird seine Freiheit mit großen Strapazen bezahlen.“

Während auf allen Vereinen der schwere Druck eines strengen Vereinsgesetzes lastete, wurden die Vereine der Katholiken, welche sich ohne Rechtsverbindlichkeit unter geistlicher Leitung zu Werken der Frömmigkeit und Nächstenliebe verpflichteten, davon eximirt, sodaß derlei Vereine nur der Genehmigung und der Oberleitung der Diöcesanbischöfe unterstanden, welcher den Landeschef blos von der Entstehung und Organisation des Vereins in Kenntniß zu setzen hatte und selbst Beziehungen solcher Vereine zu gleichartigen ausländischen gestatten konnte.

Nicht im gleichen Maße wie der katholischen Kirche kam den Akatholiken die gewährleistete Autonomie zu statten. Zwar wurden auch den Evangelischen und Israeliten manche Freiheiten zugestanden, aber die volle Freiheit brachte erst eine spätere Zeit. Ja, den Israeliten wurde die seit 1848 thatsächlich bestandene vollkommene bürgerliche Gleichstellung wieder entzogen, indem mit kaiserlicher Verordnung vom 2. October 1853 die Beschränkung der Besitzfähigkeit provisorisch wieder hergestellt und eine definitive Regelung ihrer staatsbürgerlichen Verhältnisse als bevorstehend bezeichnet wurde. Und ganz im Sinne der Concordatszeit war es, daß sowol den Protestanten als den Israeliten gegenüber die orthodoxe gegen die freisinnige Richtung im Schoße dieser Religionsgenossenschaften begünstigt wurde.

Auf die schwierigen Verhältnisse, die durch das Concordat, das „gedruckte Canossa“, wie es später im Herrenhause der freisinnige Dichter Anastasius Grün (Graf Anton Auersperg) nannte, geschaffen wurden, kann hier nicht eingegangen werden. Es sei nur erinnert an die permanenten Streitigkeiten und Kämpfe, die es heraufbeschwor, die den gemäßigt liberalen Baron Pratobevera im Abgeordnetenhause veranlaßten, von der „Eiterbeule des confessionellen Haders“ zu sprechen, die beseitigt werden müsse. Am schwersten wurden die geistigen Interessen geschädigt und einsichtsvolle Patrioten mußten befürchten, daß alles mühsam Errungene auf dem Spiele stehe. Dieser Empfindung gab der auch von Th. so hochgeschätzte Dichter Grillparzer, gewiß kein Stürmer und Dränger im Sinne der liberalen Partei, aber ein „Josephiner“ im edelsten Sinne des Wortes, außer anderen beißenden Sprüchen in dem herben Epigramm Ausdruck: „An einen Unterrichtsminister. Einen Selbstmord hab’ ich euch anzusagen. Der Cultusminister hat den Unterrichtsminister todtgeschlagen.“ Dieses vielcitirte, 1854 geschriebene geistreiche Wort wurde nicht zur vollen Wahrheit; vielmehr kann man es heute getrost behaupten, daß es das größte Verdienst des ausgezeichneten Mannes war, dem Hebung der Bildung und Christenthum auf gleiche Weise am Herzen lag, daß wenigstens das höhere Unterrichtswesen durch die Ungunst der Zeit keinen allzugroßen Schaden litt. Mit der ihm eigenen Energie wachte er über seinem Werke und war wol bereit, der Kirche und den Bischöfen Zugeständnisse zu machen, die dem Geiste der Organisation nicht zuwider waren, [201] aber die Organisation selbst blieb ungefährdet gerade durch die Thätigkeit Thun’s. Sowol vor als nach Abschluß des Concordats wurden protestantische Lehrer und Gelehrte an Gymnasien und Universitäten berufen, schon aus dem einfachen Grunde, weil die Forderung des Concordats, daß nur katholische Lehrer angestellt werden sollten, nicht erfüllt werden konnte. Mit allem Nachdruck wurde Bonitz, gegen dessen Einfluß von kirchlicher Seite mächtig angekämpft wurde, in seiner Stellung geschützt und diese werthvolle Lehrkraft Oesterreich erhalten – erst 1867 unter der provisorischen Leitung des wieder errichteten Unterrichtsministeriums durch Anton v. Hye nahm Bonitz hauptsächlich infolge der durch den Ausgang des Krieges von 1866 geänderten Verhältnisse seinen Abschied –, gegen die Forderung der Bischöfe, an den Universitäten wieder die (geistlichen) Directoren einzuführen, verhielt sich Th. durchaus ablehnend, und als im J. 1857 für die mit der kaiserlichen Sanction des Organisationsentwurfs für 1858 in Aussicht genommene Revision des Gymnasiallehrplanes Vorschläge auftauchten, die durch Beschränkung des griechischen Unterrichtes, Entfernung der naturwissenschaftlichen Gegenstände aus dem Untergymnasium und eine Erweiterung des lateinischen Unterrichtes in der Weise, daß gegen den klaren Ausspruch des Gesetzes alles Gewicht darauf zu fallen hätte, das ganze Werk in Frage stellten, da säumte Th. mit der rückhaltslosen Offenheit und durchaus sachlichen Behandlung aller Gegenstände, die ihm stets eigen war, nicht, die Vorschläge der Gymnasialzeitschrift mit der Aufforderung zu übermitteln, darüber die Meinungen der Lehrerwelt einzuholen. Die eingehende Discussion über die Vorschläge hatte zur Folge, daß die Gefahr beseitigt und von einer Revision keine Rede mehr war. Die eben skizzirten Vorschläge waren hervorgerufen worden durch das Verdict, daß der Jesuitengeneral P. Beckx 1854 gegen die österreichischen Gymnasien gerichtet hatte. Bereits 1852 war die früher gegen die Orden der Jesuiten und Redemptoristen getroffene Verfügung außer Kraft gesetzt und dieselben in Oesterreich wieder zugelassen worden und schon am 20. November 1853 richtete der Unterrichtsminister an den Ordensgeneral der Jesuiten die Anfrage „ob die Gesellschaft Jesu in der Lage sei, bei Entwicklung ihrer Thätigkeit im Gynmasialunterrichte sich in jeder Beziehung nach den in den österreichischen Staaten bestehenden Vorschriften zu benehmen“. Am 15. Juli 1854 wurde diese Anfrage entschieden verneinend beantwortet und Beckx, der sein Schreiben veröffentlichte, legte in ernster und würdiger Sprache die Gründe dar, warum der Orden den Organisationsentwurf nicht annehmen könne. Die äußere Organisation zwar greift er nicht an, wol aber richtet er sein Verdammungsurtheil gegen den Lehrplan, und zwar ohne sich um seine Begründung zu kümmern, sondern lediglich wegen seiner Abweichungen von der ratio studiorum der Jesuiten. Darunter begegnen auch die Vorwürfe, die in den obigen Vorschlägen ihren Ausdruck fanden. Th. blieb auch in dieser Frage seinem Standpunkt treu: es wurden zwar dem Orden weitgehende Concessionen gemacht, sodaß es bald einige von den Jesuiten errichtete Gymnasien gab, die das Oeffentlichkeitsrecht hatten und staatsbürgerliche Zeugnisse ausstellen konnten, ohne daß der Staat über sie ein Aufsichtsrecht hatte, aber „unverrückt hielt er an der Bedingung fest, daß, wenn die Jesuiten staatliche Gymnasien übernehmen wollten, sie die Bestimmungen des Organisationsentwurfes und der staatlichen Approbation ihrer Lehrer einhalten müßten und brachte dadurch die Bewegung zum Stillstande“. Eine kräftige Unterstützung erfuhren diese auf Erhaltung des Gewonnenen gerichteten Bestrebungen durch den Verlauf des deutschen Philologentages, der, zum ersten Mal in Oesterreich, im J. 1858 in Wien abgehalten wurde; in begeisterter Rede, die geradezu zündend wirkte, schilderte Th. beim Festmahle die Bedeutung der Philologie und feierte „die Gemeinsamkeit wissenschaftlicher Bestrebungen in [202] Deutschland und Oesterreich als eine Idee, deren fortschreitende Entwicklung er mit freudiger Theilnahme beobachte“. Und als bald darauf die Bischöfe der lomb.-venet. Königreiche an den Kaiser eine Beschwerde gegen die neue Gymnasialeinrichtung richteten und der Statthalter Erzherzog Ferdinand Max (der nachmalige Kaiser von Mexico), bereits eine Commission zur Berathung des Lehrwesens einberufen hatte, stellte Th. dem Kaiser die Consequenzen vor, wenn man in den Provinzen über allgemeine Maßregeln der Regierung tagen und klagen dürfe und die Commission wurde verboten. Man begreift es demnach, daß Rauscher, wie Flix am 15. Januar 1859 meldet, „vieles an den gegenwärtigen Zuständen des Studienwesens mißbilligt“, und daß er Th. nur zu halten suchte, weil er seine Persönlichkeit liebe und es noch schlechter würde, wenn er zurückträte.

Mit dem unglücklichen Ausgang des italienischen Krieges von 1859 trat ein Wendepunkt in der inneren Politik des Kaiserstaates ein. Die absolutistisch-centralistische Regierung wurde durch das Octoberdiplom (20. October 1860) beseitigt und verfassungsmäßige Zustände angebahnt. Im Vordergrund stand die Regelung der ungarischen Frage und damit hing die Aufhebung einer Anzahl von Centralstellen, darunter des Ministeriums für Cultus und Unterricht zusammen. Mit Handschreiben vom 20. October 1860 wurde Graf Leo Th. seiner Stellung enthoben und ihm „in Anerkennung seiner vorzüglichen Dienste“ das Großkreuz des Leopold-Ordens unter gleichzeitiger Berufung in den ständigen Reichsrath verliehen. Die Akademie der Wissenschaften ernannte ihn zu ihrem Ehrenmitgliede.

Das weitere Leben Thun’s wurde, soweit es der Oeffentlichkeit angehörte, durch seine parlamentarische und politische Thätigkeit ausgefüllt. Schon 1861 unter den ersten lebenslänglichen Mitgliedern ins Herrenhaus berufen und in demselben Jahre in den böhmischen Landtag, dem er in den Jahren 1861–1867, 1870, 1883–1889 angehörte, gewählt, nahm er in beiden Körperschaften eine hervorragende Stellung als Parteiführer ein: dort der conservativen, hier der feudalen und czechischen Partei. Aber durch den tiefen Ernst innerster Ueberzeugung, durch die vornehme Art des Vortrages, die nicht durch rhetorische Mittel blenden, sondern durch scharfe Argumentation und Beherrschung des Gegenstandes überzeugen wollte, vor allem durch die zwar sehr entschiedene, aber stets in den Gesetzen ritterlichen Anstandes sich bewegende, edle Kampfweise, wußte er sich die Hochachtung auch seiner politischen Gegner unvermindert zu erhalten und blieb bis ans Ende eine markante Erscheinung im politischen Leben, deren Aeußerungen Gewicht und Achtung behielten, auch wo man sie bekämpfen mußte. Mit der ihm eigenen Gründlichkeit und Gewissenhaftigkeit studirte er alle vorkommenden Fragen, wie unzählige Vorstudien und Bemerkungen, die sich in seinem Nachlaß fanden, beweisen. Für das parlamentarische Leben war er durch reiche Erfahrungen des Dienstes und des Lebens und vielseitig umfassende Kenntnisse, die er der bis in sein hohes Alter festgehaltenen Gewohnheit ernste Lectüre nur mit dem Bleistift in der Hand zu machen dankte, wie wenige vorbereitet. Von dem Ernste, mit dem er seine Pflichten als Parlamentarier auffaßte, zeugt eine Aeußerung in einer seiner ersten Reden. Es handelte sich um die Immunität der Abgeordneten des Reichsraths und der Landtage. Nachdem er einige Bedenken gegen die Regierungsvorlage, wie sie aus der Commissionsberathung hervorgegangen war, vorgebracht, heißt es daselbst: „Ein drittes Bedenken endlich, das mir vorschwebt, bezieht sich lediglich auf die Aufschrift des Gesetzentwurfes. Es heißt: „Gesetzentwurf hinsichtlich der Unverletzlichkeit und Unverantwortlichkeit der Mitglieder des Reichsraths.“ Mir scheint diese Bezeichnung logisch nicht richtig … aber der Ausdruck widerstrebt auch meinem Gefühl. Ich denke [203] mir: es ist eine Ehrensache für jeden Menschen, verantwortlich zu sein für alles, was er spricht und thut. Unverantwortlich sind nur Irrsinnige und Betrunkene, und wenn mir jemand sagt, daß ich für das, was ich spreche, nicht jedem, der ein Interesse hat, mich zur Verantwortung zu ziehen, wirklich verantwortlich bin, so würde ich es als eine Beleidigung ansehen.“

In politischer Hinsicht verfocht er das Princip der nationalen Gleichberechtigung und der Autonomie der Länder gegen nivellirenden Centralisms, immer aber an der zum Wohl des Reiches nothwendigen Einheit festhaltend. Man müsse sich gegenwärtig halten, führte er im böhmischen Landtag aus „die Grenzen davon und die Nothwendigkeit, bei der Durchführung nie die praktischen Bedürfnisse aus den Augen zu verlieren; nie die Consequenz daraus zu ziehen, die allerdings von Fanatikern auf der einen oder der anderen Seite oft genug gezogen worden ist, daß die formelle Gleichberechtigung zur Herstellung gleicher Zustände in allen Beziehungen führen solle.“ Festhaltend an den alten ständischen Institutionen hielt er das „constitutionelle System“ und die „parlamentarische Regierungsform“ für aussichtslos in Oesterreich und, um seine Ansicht zu erhärten, übersetzte er 1863 die Schrift des Earl of Grey „Die parlamentarische Regierungsform betrachtet im Hinblick auf eine Reform des Parlamentes“ und legte in einem Anhang seine Meinung „über die Aussichten der parlamentarischen Regierungsform in Oesterreich“ nieder. Durch Aufenthalt im Lande und eingehendes Studium war er ein ebenso genauer Kenner wie großer Bewunderer der englischen Verfassung, aber er war sich bewußt, daß sie dort historisch erwachsen und sich nicht auf andere Länder mit anderen Verhältnissen einfach übertragen lasse. „Niemand, der Sinn für Freiheit und für politische Größe hat“, heißt es in der Vorrede, „kann England betreten ohne erhebende Empfindungen und ohne den Wunsch, sein Vaterland ähnlicher Einrichtungen theilhaftig werden zu sehen.“ Es könne sich für Oesterreich, meinte er, nur darum handeln, allmählich die Voraussetzungen für eine parlamentarische Regierungsform zu schaffen. „Daß die Zeiten des absoluten Regiments auch in Oesterreich vorüber sind“, davon ist auch er überzeugt, aber „nicht der Constitutionalismus, sondern die Befreiung von dem centralisirenden Beamtenregimente und der auf dasselbe gegründeten Omnipotenz der „Staatsgewalt“ ist die große politische Angelegenheit, welche die nächste Zukunft bewegen wird.“ Die „beschränkte Monarchie“, in der er im Gegensatze zur „Scheinmonarchie des constitutionellen Systems“ das Heil Oesterreichs erblickte, schien ihm durch das Octoberdiplom gesichert, das „eine neue Verfassung für Gesammtösterreich in Aussicht stellte, eine Verfassung, die eine politisch-freie Bewegung auf Grundlage von repräsentativen Institutionen bieten sollte, die aber nicht eine Copie waren von Verfassungen, die anderswo bestehen, sondern die gegründet sein sollte auf die eigenthümlichen Zustände und hergebrachten Rechte der einzelnen Bestandtheile des Kaiserthums und die dadurch einen specifisch österreichischen Charakter erhalten sollte“. Durch das Februarpatent von 1861, das dieses Diplom durchführen sollte, schien es ihm vernichtet, denn „die Februarverfassung hatte hauptsächlich den Charakter, ein Parlament zu schaffen für das ganze Gebiet des Kaiserthums Oesterreich … zugleich mit einer gewissen nationalen Tendenz. Es lag in ihr die Tendenz, der deutsch-liberalen Partei das Uebergewicht zu verschaffen und dadurch auf parlamentarischem Wege ihr die Macht und einen großen Einfluß auf die Regierung des ganzen Reiches in die Hand zu legen.“ Die Schmerlingische Verfassung und besonders ihre Landes- und Wahlordnungen bekämpfte er auf das heftigste und seine Herrenhausreden trugen zur Erschütterung des Systems nicht wenig bei – und er begrüßte deshalb die Sistirungsmaßregel des Grafen Belcredi vom 20. September 1865. Die neue Regierung [204] schien ihm „an wahrem Freisinn der früheren nicht nachzustehen, an Ehrlichkeit, Aufrichtigkeit und Verständniß der vielgestaltigen Eigenthümlichkeiten Oesterreichs ihr weit überlegen“ zu sein. Das unglückliche Kriegsjahr 1866, das Oesterreich den Ausschluß aus Deutschland und trotz siegreicher Schlachten den Verlust einer blühenden Provinz brachte, führte in seinen Folgen den Sturz Belcredi’s und die endliche Regelung der Verfassungsverhältnisse im Innern, zumal die Befriedigung Ungarns, dessen Sonderansprüche alle Schwierigkeiten verursacht hatten, herbei. Die Nachricht der unglücklichen Schlacht von Königgrätz und der auf sie unmittelbar folgenden Ereignisse erschütterten den glühenden Patrioten Th., der sonst in allen Aufregungen des öffentlichen Lebens sowie in persönlichen Verhältnissen jenen Gleichmuth beobachtete, der ihm bei seinen Verehrern den Namen eines „christlichen Stoikers“ eintrug, auf das heftigste. „Ich habe“, schreibt er seinem Freunde Anton Auersperg am 30. Juli 1866, „bittere Thränen geweint, vielmehr noch am 6. als am 5. Juli. Jetzt beschäftigt mich nur der Gedanke: Wie wird jetzt Oesterreich noch regiert werden können? … Oesterreich kann nach meiner Ueberzeugung nur mehr gerettet werden unter zwei Bedingungen, die leider beide sehr unwahrscheinlich sind, aber umsomehr von jedem aufrichtigen und halbwegs verständigen Oesterreicher mit aller Kraft angestrebt werden müssen: erstens: eine sehr kräftige freisinnige Regierung (darunter verstehe ich freilich, wie du weißt, etwas ganz anderes, als viele andere Leute) und zweitens aufrichtige Einigung der Völker und Entwicklung einer gesammtösterreichischen Gesinnung trotz und aus der Verschiedenheit nationalen und provincialen Bewußtseins. Von großer Wichtigkeit wird deshalb die Haltung der Deutschen in Oesterreich sein. Man sollte denken, daß sie den neuesten Thatsachen gegenüber, welche die Frankfurter Bestrebungen fortan unmöglich gemacht haben, genöthigt sein würden, sich mit ungetheiltem Herzen der österreichischen Einigung zuzuwenden. Jetzt ist es doch wol offenbar, daß Schwarz-Roth-Gold nur mehr die Farbe einer deutschen Republik sein kann, die Oesterreichs Vernichtung voraussetzt. Wer nicht dies wünscht, sondern daß Oesterreich einst seine Stellung in Deutschland wieder erringe, der sollte anerkennen, daß es zu dem Ende vorerst erstarken muß und dazu nur nationale Versöhnlichkeit, nicht nationale Suprematiegelüste und der von ihnen unzertrennliche Hader führen kann. Wäre es doch nur möglich, den Keim zu einer großen österreichischen Partei zu legen! Aber freilich, ich kann nach wie vor kein anderes Programm für ausführbar und rechtlich zulässig erkennen, als: Einheit aus dem historischen Pluralismus hervorwachsend und daher ein Parlament mit staatsrechtlichem Charakter oberhalb der Landtage. Erst dann und nur insoweit, als es durch den staatsrechtlichen Ausgleich mit allen Ländern ermöglicht wird, bis dahin – nach Umständen Surrogate ohne staatsrechtlichen Charakter zum Zwecke allseitiger Verständigung und Heranbildung einer öffentlichen Meinung und österreichischen Partei, aber monarchische Regierung.“ In seiner Antwort weist Anton Auersperg den Gedanken „Oesterreichs Stellung in Deutschland wiederzuerringen“ entschieden zurück und betont nachdrücklich die Nothwendigkeit, das Gefühl nationaler und geistiger Zusammengehörigkeit der Deutschen in Oesterreich und Deutschland zu kräftigen und von Thun’s Programmen erklärt er: „Die alten abgelebten Traditionen und das zähe Festhalten daran sind ja eben unser Unglück und werden es bleiben, wie ich fürchte.“ Er kann den von Th. empfohlenen Heilmitteln keine große Wirkung prognosticiren. „Das erste: eine ‚kräftige, freisinnige Regierung‘ klingt in dem Epitheton vortrefflich, wenn du aber erläuternd beifügst, daß sie nur eine monarchische (d. h. persönliche) sein kann, so muß ich bemerken, daß wir eine solche ja bis zur Stunde gehabt haben, daß sie in gewissem Sinne auch kräftig gewesen sei und das sie niemand gehindert hätte, zugleich auch freisinnig zu sein, [205] daß sie aber demungeachtet die in Oesterreichs Annalen bis jetzt unerhörte Schmach der letzten Ereignisse von uns abzuwenden nicht vermochte. Das zweite Mittel parlamentarischer Einheit auf Grund des staatsrechtlichen Ausgleichs mit allen Ländern anbelangend, bin ich, obschon von Hause Idealist, dies doch nicht genug, um daran ernste Hoffnungen knüpfen zu können. Du selbst bist nicht so sanguinisch, die Verwirklichung so bald zu erwarten. Du schlägst mittlerweile dafür „Surrogate ohne staatsrechtlichen Charakter“ vor, nun, ehrlich gestanden, gerade diese Surrogate haben uns in letzter Zeit so gründlich den Magen verdorben, daß wir, wenn uns endlich nicht gesündere und reinlichere Kost geboten wird, an galligem Erbrechen zu Grunde gehen müssen.“

Nachhaltiger, als es 1860 der Fall gewesen war, zog man aus dem Unglück von 1866 die unvermeidlich gewordenen Consequenzen. Durch den Ausgleich mit Ungarn wurde dieses wol befriedigt, aber die bisherige Einheit des Kaiserthums Oesterreich gelöst, indem fortan die Länder der ungarischen Krone und die Erblande nur durch den Herrscher und eine Reihe Angelegenheiten, die Ungarn als gemeinsame anerkannt hatte, verbunden blieben. Das österreichische Parlament wurde, da es durch Sistirung infolge des Septemberpatentes (1865) beseitigt war, als es Juli 1867 wieder einberufen wurde, vor die vollendete Thatsache eines „vorläufigen“ Abkommens, für das die Krone ihr Wort verpfändet hatte, gestellt, das es ratificiren sollte. In der Adresse, mit der das Herrenhaus die Thronrede beantwortete, wurde wol den „begründeten und schwersten Besorgnissen, zu denen die staatsrechtliche Zweitheilung des schon durch seine Lage im Herzen Europas dem Anprall aller politischen Stürme des Welttheils preisgegebenen Kaiserreiches in diesem Augenblick nach dem Verlust einer gesegneten Provinz und dem Ausscheiden aus dem deutschen Bundesvereine Anlaß gebe“, Ausdruck verliehen, aber die Bereitwilligkeit ausgesprochen, an den infolge des Ausgleiches nöthigen Verhandlungen sich zu betheiligen und an dem Ausbau und der Befestigung der Verfassungsgesetze mitzuwirken. Obwol nun Th. „mit vielem, was der Adreßentwurf enthielt, theils vollkommen, theils wenigstens im wesentlichen einverstanden“ zu sein erklärte, brachte er dennoch viele wesentliche Abänderungen in Antrag, die er in einer groß angelegten, leidenschaftslosen Rede, die unter dem Titel: „Die staatsrechtliche Zweispaltung Oesterreichs“ (Wien 1867) im Druck erschien, begründete. Mit allem Nachdruck vertrat er vornehmlich den Standpunkt, daß man nicht danach strebe, Ungarn gegenüber ein separates constitutionelles Staatsgebilde herzustellen. Denn „festhalten wollen wir, wir alle vom Fürsten bis zum Bettler, Alle, die wir die Bevölkerung der nicht zur ungarischen Krone gehörigen Königreiche und Länder bilden, an dem Grundgedanken der Einheit Oesterreichs, des ganzen Oesterreichs, in dem wir geboren und aufgewachsen sind; an ihm hängt unser Herz, unser ganzes, ungetheiltes Herz“. Aus rechtlichen und aus politischen Gründen vermöge er nicht anzuerkennen, „daß der jetzt tagende Reichsrath eine Reichsvertretung und folglich auch nicht anzuerkennen, daß er ein verfassungsmäßiger Reichsrath sei“. Er und seine Gesinnungsgenossen seien nur erschienen, gehorsam dem kaiserlichen Rufe, „um über Alles das, worüber wir befragt werden, unsere aufrichtige Ueberzeugung auszusprechen … ohne ein anderes Mandat, nicht in Ausübung eines verfassungsmäßigen Rechtes, und was wir thun und sprechen mögen … es hat keine andere Bedeutung, als ein Ausdruck unserer persönlichen Ueberzeugung, und nicht eine verfassungsmäßige Wirksamkeit können wir dem beimessen, was daraus hervorgeht“. Deshalb könne er sich auch „bei der Aufforderung, welche durch eine kaiserliche Botschaft heute an dieses hohe Haus gelangt ist, eine Deputation zur ungarischen Krönung zu entsenden, nicht dafür erklären“, weil „eine solche Botschaft nur gewünscht werden kann und nur eine [206] Bedeutung hat, wenn der Reichsrath eben ein verfassungsmäßiger ist“ und weil ihn als solchen anzuerkennen er mit seinem Gewissen und seiner Ueberzeugung nicht vereinbaren könne. „Wohin ich mich umsehe“, fährt er fort, „vergeblich suche ich nach klarem Rechte, überall treten mir nur Thatsachen entgegen und großentheils einseitig geschaffene Thatsachen. Thatsachen sind nun zwar von großem Belange für die Geschicke jedes einzelnen Menschen, und nicht minder für die Geschicke von Staaten und Völkern; allein von nicht minderem Gewichte sind Grundsätze, die auf ewiger Wahrheit beruhen.“ Den Dualismus selbst hält er wol für etwas berechtigtes, allein „die staatsrechtliche Zweitheilung Oesterreichs und somit das Gebilde, das heute vor unseren Augen schwebt, ist nicht das rechte Maß des Dualismus, das in der österreichischen Geschichte begründet ist und das die österreichische Staatseinheit vertragen kann“.

Obwohl durch die Decembergesetze des Jahres 1867 die staatsrechtliche Zweitheilung und der verfassungsmäßige Reichsrath für „die Königreiche und Länder“ gesetzlich fixirt waren, hielt Th. an seiner Auffassung mit Zähigkeit fest und er scheute sich nicht, aus dieser seiner Ueberzeugung die Consequenzen zu ziehen. Denn als er die Einladung zur ersten Herrenhaussitzung unter dem „Bürgerministerium“ Auersperg erhielt, richtete er an den Präsidenten eine Eingabe, in der er sein Ausbleiben motivirte und die sich zu einem Protest gegen die Verfassung gestaltete. „Dieses Herrenhaus“, führte er aus, „soll ein Bestandtheil eines Organs zur constitutionellen Vertretung aller derselben Königreiche und Länder sein, deren gesetzliches Recht sich nicht des Schutzes der Krone des heiligen Stephan erfreut. Aus Erklärungen, die ich bei wiederholten Anlässen öffentlich abzugeben genöthigt war, ist Euer Durchlaucht bekannt, daß die Art, wie ein solches Organ geschaffen worden ist, mit meinen Rechtsanschauungen in unlöslichem Widerspruche steht, und daß dessen Aufgabe, die staatsrechtliche Zweigestaltung durchzuführen und unheilbar zu machen, mir als eine für Oesterreich verderbliche erscheint. Obgleich es mir unter Verhältnissen, unter welchen ich alles, was mir heilig und theuer ist, unberechtigten Angriffen ausgesetzt sehe“ – die Berathung der Gesetze, welche das Concordat beseitigen sollten, stand in Aussicht – „mehr als je höchst erwünscht wäre, an irgend einem Orte noch fernerhin meine Ueberzeugungen mit Benutzung der Vortheile parlamentarischer Verhandlung und des Privilegiums der Redefreiheit vertreten zu können, nehme ich doch Anstand, das hohe Haus durch mein Erscheinen in der morgigen Sitzung zu nöthigen, daß es in meiner Gegenwart die Frage erörtere, ob es die seinen Mitgliedern zugesicherten Rechte auch denjenigen zuerkennt, welche die Zulässigkeit dessen bestreiten, was es infolge der Staatsgrundgesetze als seinen Beruf in Anspruch nimmt … Ich bin überdies im J. 1861 zum lebenslänglichen Mitgliede des Herrenhauses ernannt worden, welches ein Bestandtheil eines gesammt-österreichischen Reichsrathes sein sollte. Dieses Herrenhaus besteht nicht mehr. Die Versammlung, welche gegenwärtig denselben Namen trägt, ist etwas wesentlich anderes. Zum Mitglied einer solchen Versammlung bin ich niemals ernannt worden, und ich halte mich deshalb nicht einmal für berechtigt, in ihr einen Sitz einzunehmen.“ Auf den Beschluß des Herrenhauses, daß ein Einspruch gegen den Rechtsbestand der Verfassung nicht gestattet werden könne, und daß es nicht in der Lage sei, Th. aus seinem Verbande zu entlassen, da die Mitglieder vom Kaiser ernannt seien; Th. möge demnach, wenn er sich nicht mehr als Mitglied fühle, beim Kaiser um seine Enthebung einkommen, erschien er im Hause und erklärte, der Zumuthung um seine Enthebung einzuschreiten habe er nicht nachkommen mögen, weil dieselbe seiner ganzen Auffassung des Verhältnisses nicht entspreche, wohl aber habe er es für seine Schuldigkeit gehalten, dem Kaiser von der Erledigung seiner Eingabe Anzeige zu erstatten. Darauf [207] habe er folgendes Handschreiben erhalten: „Ueber Ihre Eingabe vom heutigen Tage sehe Ich Mich nicht veranlaßt, Sie von der Ihnen verliehenen Würde eines lebenslänglichen Mitgliedes des Herrenhauses zu entheben. Sie haben daher als solches Ihren Verpflichtungen nachzukommen.“ Infolge dessen halte er es für seine Pflicht, der Versammlung beizuwohnen. Auf seine Auffassung kam er trotzdem auch später wiederholt zurück. Und die Ueberzeugung, daß durch den Dualismus und den cisleithanischen Staat mit seinem souveränen cisleithanischen Parlament die Machtstellung des Reiches gelitten habe, wurzelte so tief, daß er 1877 in einer Schrift „Zur Revision des ungarischen Ausgleiches“ für seine Ideen eintrat, bei keiner Gelegenheit versäumte darauf zurückzukommen, und noch im J. 1888 in einer Rede – es war seine letzte –, die wegen des ernsten Schmerzes des greisen Patrioten einen starken Eindruck machte, Erwägungen Ausdruck gab, „die ihn schwer bedrücken“ und „die er nicht mit sich ins Grab nehmen möchte“. Die Rede richtete sich vornehmlich gegen die auf das kaiserliche Handschreiben an Beust vom Jahre 1868 zurückgehende Bezeichnung „österreichisch-ungarische Monarchie“ statt der früheren „Kaiserthum Oesterreich“, und die Aenderung des Sprachgebrauches k. u. k. für das Heer und die gemeinsamen Einrichtungen und die Hofämter statt der früheren k. k., das mehr dem Bewußtsein der Reichseinheit, die ihm höher stehe als die Staatseinheit, entspreche. Jenes Handschreiben sei nie gesetzlich fixirt worden, und der Vorgang des damaligen Ministers, den Namen des Souveräns mit einfließen zu lassen, wäre uncorrect gewesen. (Das Vorgehen Beust’s in einer staatsrechtlich so bedeutsamen Frage tadelten seinerzeit auch entschiedene Centralisten und Liberale, wie z. B. v. Arneth.) Man befinde sich durch den Dualismus in einem „leidigen Provisorium der bedenklichsten Art“; diese Thatsache müsse man sich in allen Lagen vor Augen halten, für die Verbreitung der richtigen Anschauungen Sorge tragen und im allgemeinen Sprachgebrauch an der Bezeichnung „Kaiserthum Oesterreich“ für die Gesammtmonarchie festhalten. Geradezu leidenschaftlich bekämpfte er die Politik seines Jugendfreundes Beust, gegen den er sich gleich bei seinem Eintritt in die österreichischen Dienste ablehnend verhielt und dessen „liberale Schwindeleien“ er stets auf das schärfste verurtheilte. Die Großmachtsstellung Oesterreichs, die ihm so sehr am Herzen lag, schien ihm durch jene Politik arg gefährdet.

Viel heftiger als die durch den Ausgleich Ungarn eingeräumte Sonderstellung bekämpften Th. und die von ihm geführte czechisch-autonomistische Partei die durch die Staatsgrundgesetze in Cisleithanien geschaffene Verfassung, die den Erblanden die ersehnte Freiheit und Einheit brachte. Der Schwerpunkt des Kampfes lag im böhmischen Landtag, in dem Th. und sein Schwager Clam mit den Czechen für das „böhmische Staatsrecht“ fochten. Immer mehr trat der Gegensatz hervor, in dem sich Th. zum Deutschthum fühlte. Zwar versichert er in einem Briefe an Anton Auersperg aus dem Jahre 1867, „ich wünsche ebensowenig, daß Oesterreich slavisch werde, als daß noch länger es für patriotisch gelte österreichisch und deutsch für identisch zu erklären“. Als aber die Gegensätze zwischen den Deutschen und Czechen im Prager Landtag immer schroffer wurden, trat die Parteinahme für diese immer stärker hervor. Den Höhepunkt erreichten die Verfassungskämpfe im J. 1870, als die Landtagsmajorität die Vornahme der Wahlen für den Reichsrath trotz kaiserlicher Botschaft und kaiserlichen Rescripts beharrlich verweigerte, so daß der Landtag aufgelöst und directe Wahlen angeordnet werden mußten. Die Adressen, mit denen Botschaft und Rescript beantwortet wurden, vertrat Th. und schloß sich sammt seinen Gesinnungsgenossen der czechischen Declaration ganz an. Die Verwirklichung dieser Bestrebungen suchte Graf Hohenwart, der anfangs 1871 das Ministerium Potocki [208] ablöste, in den vom böhmischen Landtag aufgestellten „Fundamentalartikeln“ zu bringen, durch die an Stelle des einen aus Herrenhaus und Abgeordnetenhaus bestehenden Parlaments für alle Königreiche und Länder außer Ungarn, die 17 Landtage treten sollten, die durch Delegationen gewisse Angelegenheiten, die man als gemeinsame anerkannte, zu berathen hätten. Für diese Gestaltung Oesterreichs suchte Th. in einer Rede im conservativen Verein in Graz auch bei den Clericalen Steiermarks Stimmung zu machen („Der Friede im Hause Oesterreichs“, Graz, Kathol. Preßverein, 1872). Und als nach kurzem Bestand das Ministerium Hohenwart durch Beust und Andrassy gestürzt und vom verfassungstreuen Ministerium Auersperg abgelöst worden war, trat Th. mit allem Nachdruck für die Abstinenzpolitik der Czechen in die Schranken, und er verfocht sie auch gegen die maßvollere Stimme eines conservativen Parteigängers in einem Aufsatz: „Der Föderalismus im österreichischen Parteikampfe“ (zuerst in den historisch-politischen Blättern, dann selbständig Graz 1875 erschienen). Dieser Aufsatz enthält sein politisches Credo: die Durchführung der föderalistischen Gestaltung Oesterreichs auf Grund des Octoberdiploms. Die böhmische Abstinenzpolitik sei ein Protest gegen den trans– und cisleithanischen Separatismus. Die legitime monarchische Autorität müsse aufrecht erhalten werden. Daher könne der Sieg über den zerstörenden Liberalismus nicht gegen und nicht ohne den Willen des Monarchen errungen werden. „Nur monarchische Thaten können Monarchien retten. Eine solche That war das Octoberdiplom; ihre Ausführung wurde unterbrochen, weil sie nicht genügend vorbereitet war. Es handelt sich darum, das Begonnene zu vollenden. Heil dem Monarchen und seinen Völkern, wenn es ihnen vergönnt ist, zu dem ersehnten Werke freudig und opferwillig mitzuwirken. Das ist die Lösung unserer Verfassungswirren, die wir anstreben, nach unserer Ueberzeugung die allein mögliche heilsame Lösung, die Rettung Oesterreichs.“

Während aber Th. in den großen Verfassungsfragen für die Selbständigkeit der eigenberechtigten Königreiche und Länder gegen die Staatseinheit Cisleithaniens eintrat, bekämpfte er mit gleichem Nachdruck alle Bestrebungen, die die Einheitlichkeit Böhmens in Frage stellten: die Zweitheilung der polytechnischen Schule, der Universität in Prag und die von Herbst 1884 beantragte nationale Bezirksabgrenzung Böhmens, Bestrebungen, deren theilweise Verwirklichung, wie nicht geleugnet werden kann, dem Nationalitätenkampfe manches heftig umstrittene Kampfobject entzogen hat.

Die Decembergesetze des Jahres 1867 schufen jedoch nicht nur eine neue Verfassung, sondern stellten Oesterreich auf neue, freiheitliche Grundlagen: ihre Consequenz war vor allem die Einbringung eines neuen Ehegesetzes und eines Volksschulgesetzes, durch die die Bestimmungen des Concordats beseitigt wurden. An den Debatten, die sich im Herrenhaus an diese Vorlagen knüpften, betheiligte sich Th. und bekämpfte auf das entschiedenste die einseitige Lösung des zwischen dem Kaiser und dem heiligen Stuhle zu Stande gekommenen Vertrages. Diese Reden riefen in gewissen Kreisen eine große Wirkung hervor und brachten ihm, wie jene Vorträge an den Kaiser aus dem Jahre 1851, viele begeisterte Zustimmungskundgebungen aus dem In- und Auslande ein. Und als jene Vorlagen Gesetzeskraft erlangt hatten und der Kampf, insbesondere jener um die Schule, vom Parlament in die katholischen Vereine verlegt worden war, ward er nicht müde, mit der vollen Kraft seiner aus tiefster Ueberzeugung quellenden Beredsamkeit auf Katholikentagen und in den Versammlungen der Michaelsbruderschaft für die confessionelle Schule und gegen die Neuschule, wie sie zum Heile Oesterreichs durch das Reichsvolksschulgesetz begründet worden war, zu [209] kämpfen. Mit gleichem Nachdruck bekämpfte Th. die confessionellen Gesetze des Jahres 1873.

Thun’s Streben war darauf gerichtet, eine große conservative Partei in Oesterreich zu begründen. Für diesen Zweck war ein großes conservatives katholisches Organ unerläßlich. Er betheiligte sich deshalb 1861 an der Gründung des „Vaterlandes“, das in den politischen und confessionellen Kämpfen der letzten Decennien immer größere Bedeutung gewann. Diese Thätigkeit verursachte ihm, abgesehen von den materiellen Lasten, die meiste Arbeit und Ermüdung und machte ihm Sorge bis ans Ende. Er war der geistige Erhalter des Unternehmens, dessen große Bürde immer mehr auf ihn fiel. Durch das große Vertrauen, das man ihm entgegenbrachte, und seine ausgedehnten Beziehungen gelang es ihm, das Unternehmen trotz aller Schwierigkeiten über Wasser zu halten. Er schrieb auch selbst häufig größere und kleinere Aufsätze für das Blatt, die, wenn auch nicht von ihm gezeichnet, doch durch die Sachlichkeit und den ruhigen, vornehmen Ton meist den Urheber verrathen. Deshalb war er auch bereits im J. 1862 für eine freiere Bewegung der Presse eingetreten. „Wie heutzutage“, führte er in einer Rede im Herrenhause aus, „nicht nur bei uns, sondern in ganz Europa, und infolge weltgeschichtlicher Ereignisse, die niemand ändern oder rückgängig machen kann, die Verhältnisse stehen, so muß gerade der Sache des Rechtes und der Wahrheit nicht mehr gedient werden durch Präventivmaßregeln, wohl aber kann sie heute noch siegen im offenen Kampfe, und das ist es, um was es sich handelt. Die Sache des Rechtes und der Wahrheit kann nur gefördert werden dadurch, daß alle diejenigen, in deren Herzen sie lebt, nie müde werden, überall, wo ihnen dazu Gelegenheit geboten ist, der Wahrheit das Zeugniß zu geben und mit männlichem Muthe einzutreten für ihre Ueberzeugung, ohne Rücksicht auf Gunst und Ungunst, ohne Rücksicht auf vorübergehende politische Constellationen. Das ist es, was wir brauchen, auf allen Gebieten des geistigen Lebens, und folglich auch auf dem Gebiete der öffentlichen Presse: eine rege, muthige, überzeugungstreue Thätigkeit im Sinne und im Interesse der conservativen Idee. Damit diese aber möglich ist, brauchen wir eine freie Bewegung der Presse.“

Wie immer das Urtheil über den Politiker Th. ausfallen mag, das ja naturgemäß bedingt ist von dem Standpunkt, den der Beurtheiler selbst in diesen Fragen einnimmt, in obigen Worten hat Th. selbst sein ganzes öffentliches Wirken gekennzeichnet: er ist stets mit männlichem Muthe eingetreten für seine Ueberzeugung, ohne Rücksicht auf Gunst oder Ungunst, ohne Rücksicht auf die jeweilige politische Constellation, und er konnte gelegentlich im böhmischen Landtag versichern: „ich habe nie ein Votum abgegeben, das ich nicht für wohlbegründet erachtet habe und ich werde nie ein Votum abgeben aus Parteirücksichten, trotzdem daß ich ein anderes für wohlbegründet erwarten würde“. Nicht nur im politischen Kampfe sondern auch von späteren Beurtheilern wurde auf den Widerspruch im Wesen und Wirken Thun’s hingewiesen, daß er als Minister Centralist und Germanisator, und später Föderalist und Parteigänger der Czechen gewesen. Th. selbst hat sich darüber mit begreiflicher Zurückhaltung ausgesprochen. „Wir hatten damals“, erklärte er im böhmischen Landtag am 15. October 1884, „nicht ein constitutionelles Ministerium, wir waren Fachminister und sind gestanden unter dem Diensteid der Verschwiegenheit. Es sei fern von mir, über das, was da geschehen ist, Aufschluß zu geben, am allerwenigsten Aufschluß zu geben über mein Verhältniß zu meinen damaligen Collegen. Das eine aber darf ich sagen und kann ich sagen: in meinen Amtsdepartement war ich nicht ein rücksichtsloser Germanisator.“ Er verweist darauf, [210] daß er zuerst in Böhmen die böhmische Sprache in die Mittelschulen eingeführt, und daß er in Bezug auf die nationale oder Sprachenfrage im Unterricht nicht nur in Böhmen, sondern auch in andern Ländern niemals ein Germanisator in dem Sinne war, daß er dem Aufschwunge und der Entwicklung der Nationalsprachen und Culturstrebungen Hindernisse in den Weg gelegt oder diesen Aufschwung behindert hätte. Auf die großen Principien der damaligen Regierung, namentlich was Centralisationsfragen und Verfassungsfragen anbelangt, habe er keinen Einfluß gehabt. „Allerdings war es das erste Beispiel einer so centralisirten Administration des Unterrichtes in Oesterreich. Die Gründe, warum ich trotzdem die Aufforderung Sr. Majestät, ins Ministerium einzutreten, angenommen habe, kann ich Ihnen nicht auseinandersetzen. Habe ich sie angenommen, so habe ich etwas anderes als ein centralistisches Unterrichtsministerium allerdings nicht schaffen können. Ob das meinen eigentlichen Ueberzeugungen entsprach, ob ich mir nicht eine ganz andere Regelung des Unterrichtes eigentlich als das wünschenwertheste damals gedacht habe und vielleicht heute noch mehr denke als damals, ist eine andere Frage, die nicht zur Sache gehört.“ Man darf wohl annehmen, daß Th., der die Sache des Kaisers in Prag mit solchem Nachdruck vertreten, es für seine Pflicht hielt, als der Ruf des jungen Kaisers, der die Parole der Verjüngung Oesterreichs ausgegeben und in seiner Person verkörperte, an ihn erging, es für seine Pflicht hielt, dem Rufe Folge zu leisten und mitzuwirken an dem Versuche, durch stramme „Concentration der Regierungsgewalt“ die auseinander strebenden Theile wieder fest zu fügen.

Wenn man, wohl mit Recht, im Hinblick auf die ganze öffentliche Wirksamkeit vom Grafen Leo Thun sagen kann: „von der Parteien Haß und Gunst verwirrt, schwankt sein Charakterbild in der Geschichte“, so zeigen seine Persönlichkeit so viel edle, liebenswürdige Züge und sein Privatleben die erhabene Ruhe eines ausgeglichenen Wesens, daß wir am Schlusse, auf Grund von Mittheilungen von Personen, die ihm nahe standen, gerne noch bei ihnen verweilen.

Der Ernst und die Zurückhaltung seines Wesens ließen die große Einfachheit und Liebenswürdigkeit im intimen Umgang noch wohlthätiger erscheinen; ohne Eitelkeit und Leidenschaftlichkeit, wie ohne Menschenfurcht, physisch und moralisch von seltener Unerschrockenheit, war er voll zarter Aufmerksamkeit für die Seinen und für seine Umgebung. Ein großer Kinder- und Jugendfreund, war er für diese sehr anziehend, und wurde von Neffen und Nichten kindlich geliebt und verehrt. Wo es galt der Jugend eine Freude zu bereiten, da war er voll Leben und Interesse dabei. Für Naturgenuß außerordentlich empfänglich, liebte er besonders die Alpenländer: in der Zeit angestrengtester Arbeit waren eine Fahrt ins Gebirge oder Fußtouren, oft von mehreren Wochen, seine liebste Erholung. Eine große Vorliebe hatte er für Land und Leute in Tirol, dem „Juwel in der Krone Oesterreichs“. Aber auch größere Reisen schufen Abwechslung: zu seinen freudigsten und genußreichsten Erinnerungen gehörten ein Winter in Italien und ein Besuch Roms (1869). Er wurde damals auch vom Papst Pius IX. sehr ausgezeichnet. Von den zur Zeit dort anwesenden Fremden wurde er für ihre jährliche Audienz zum Führer und Sprecher erwählt: seine französische Ansprache fand großen Beifall. Auch Papst Leo XIII. gedachte seiner als eines „vero campione“ gelegentlich sehr ehrenvoll. England, das er schon in seiner Jugend liebgewonnen hatte, besuchte er später noch zweimal mit seiner Frau, ebenso die Schweiz, Holland, Belgien und Oberitalien. Die Empfänglichkeit für Litteratur und Kunst bewahrte er, so lange seine Kräfte reichten. Er las sehr viel und gern mit seiner Frau, sah gern classische Stücke, liebte besonders Grillparzer und fehlte selten bei großen Orchesteraufführungen. Mit der Zukunftsmusik Wagner’s konnte er sich nicht recht befreunden; denn er vermißte [211] an ihr die ihm so wohlthuende Klarheit. Als das Florentiner Quartett nach Wien kam, konnte er es nicht oft genug hören. – Nach mehreren in Reichenhall, Salzburg, am Gmundener und Atter-See verlebten Sommern, verbrachte er später die Sommermonate in Tetschen, wo er eine am Waldesrand über der Elbe schön gelegene Villa bewohnte. Er hing mit Liebe an der alten Heimath, der Stätte seiner sonnigen Jugend, an dem schönen Land, vor allem dem herrlichen Walde, der den schon alternden Mann in langen Spaziergängen und auf der Jagd, der er mit Lust nachging, erfrischte und stärkte; und noch in den letzten Jahren fand er im Wald stundenlang ruhend Stärkung der schwindenden Kräfte. In der dortigen Gegend war er von jedermann geliebt und verehrt. Die tiefe Religiosität des Mannes vertiefte und verklärte sich gleichsam bei dem Greise, dessen Seele sich mehr und mehr den ewigen Dingen zuwandte. Die Anspruchslosigkeit seines Wesens war dabei so auffallend und wohlthuend, daß es jedem, er mochte seinen Anschauungen und Gesinnungen noch so fern stehen, geradezu Ehrfurcht einflößte. Das zeigte sich in ebenso erhebender wie überraschender Weise nach seinem am 17. December 1888 erfolgten Tode. Mit seltener Einmüthigkeit feierten die Blätter aller Richtungen die überragende Bedeutung der Persönlichkeit, die Verdienste des Unterrichtsministers und den verehrungswürdigen Charakter Thun’s. Er war bis in sein höchstes Alter rastlos thätig, aber er hatte sich überarbeitet, auf die Vorstellungen des Arztes, sich zu schonen, hatte er stets nur die Entgegnung: „So lange ich kann, ist es Pflicht zu arbeiten“, und er that es, bis er in wenigen Tagen einem Krankheitsanfall erlag – er war vollständig entkräftet. Er hatte schriftlich den Wunsch zurückgelassen, einfach und wo möglich außerhalb der Gruft bei Tetschen begraben zu werden. Pietätvoll erfüllte sein Neffe, der jetzige Statthalter von Böhmen, Graf Franz Thun, diesen Wunsch. In der äußeren Umfriedung der schönen gothischen (St. Johannes-) Kapelle, die sein Vater über der alten Gruft erbauen ließ, liegt er bestattet, in der herrlichen Landschaft, umgeben von den Waldbäumen, die er so sehr geliebt hatte. Der feierlichen Einsegnung der Leiche im St. Stephansdome zu Wien wohnte der Kaiser bei und ehrte so das Andenken an die treuen Dienste Thun’s, dem er auch einige Jahre vorher das goldene Vließ verliehen hatte.

In seiner Gedenkrede entwarf der Präsident des Herrenhauses das folgende kurze Charakterbild, das wohl am besten sein Wesen kennzeichnet: „Die schönsten und edelsten Eigenschaften des Geistes und Herzens zeichneten den Grafen Leo Thun aus. Erfüllt vom wärmsten Patriotismus, war sein Leben seinem Vaterland und allem, was er als edel erkannte, gewidmet. Und wenn im parlamentarischen Leben eine jede mit voller Kraft der Ueberzeugung vertretene Ansicht Gegner findet, so wird dem Grafen Leo Thun gegenüber gewiß auch der Gegner erkannt haben, wie sehr in ihm das edelste Gefühl der Pflicht, für das einzustehen, was er als heilsam und gut erkannt, der Beweggrund seines Denkens seines Handelns und Wirkens war. Unmöglich kann ich hier unerwähnt lassen sein seltenes Rednertalent, durch welches er zum Ruhme und zur Zierde des Hauses beitrug, und mit welchem er sich immer auszeichnete und bewährte als tiefdenkender Staatsmann, als Mann von Edelsinn, charakterfester Ueberzeugung und bis in sein innerstes Wesen durchdrungen von einem warmen Gefühl für Religion und Moral, für alles Gute, Edle und Schöne.“

Helfert, Graf Leo Thun, Lehr- und Wanderjahre, im kaiserlichen Justiz- und Verwaltungsdienst, in Galizien. Größtentheils nach Briefen und handschriftlichen Aufzeichnungen (drei größere Aufsätze im Oesterreichischen Jahrbuche, 1891 S. 123–212, 1892 S. 84–166, 1893 S. 57–146). – (Maurice Herczegy) Esquisse historique sur le ministre de l’instruction publique [212] et des cultes à Vienne M. le Comte Leo Thum. Paris 1859 (werthlos). – Der k. k. Unterrichtsminister Graf Leo Thun, Grenzboten 1850, I, von M. – Frankfurter, Graf Leo Thun-Hohenstein, Franz Exner und Hermann Bonitz. Beiträge zur Geschichte der österreichischen Unterrichtsreform. Wien 1893. – v. Hartel, Festrede zur Enthüllung des Thun-Exner-Bonitz-Denkmals gehalten in der 1. Hauptsitzung der 42. Versammlung deutscher Philologen und Schulmänner. Wien 1893. – Nostitz-Rieneck, Eine Episode aus dem Leben des Grafen Leo Thun. Graz 1894. – Wurzbach, Biogr. Lexikon XLV. – Schopf, Wahre und ausführliche Darstellung der am 11. März 1848 in Prag begonnenen Volksbewegung und der folgenden Ereignisse … Leitmeritz 1848. – (Helfert) Fürst Alfred Windischgrätz und Graf Leo Thun in den Prager Juni-Tagen 1848. Von einem politischen Mitkämpfer. S.-A. aus den hist.-polit. Blättern. München 1886. – Springer, Geschichte Oesterreichs II. – Helfert, Geschichte Oesterreichs seit dem Octoberaufstand III. – Rogge, Oesterreich von Vilagos bis zur Gegenwart. – Krones, Geschichte Oesterreichs. – Flix, Briefe aus Rom. Herausgegeben von Rapp. 2. Aufl. Innsbruck 1864. – Beust, Aus drei Vierteljahrhunderten. – (Lorenz) Die Gymnasien Oesterreichs und die Jesuiten. Leipzig 1859. – Hasner, Denkwürdigkeiten. Stuttg. 1892. – Hanslick, Aus meinem Leben (Deutsche Rundschau Bd. 74 [1893]). – Czoernig, Oesterreichs Neugestaltung 1848–58. Stuttgart 1858. – Schwicker, Die Gymnasien Ungarns. Budapest 1881. – Briefe des Grafen Leo Thun und des Grafen Anton Auersperg (Anastasius Grün). Mitgetheilt von L. A. Frankl in der Neuen freien Presse 1889 (8. u. 9. Januar). – Lützow, Geschichte der k. k. Akademie der bildenden Künste. Wien 1873. – Bei meiner Arbeit wurde ich von Personen, die Thun sehr nahestanden, durch Ueberlassung von Briefen und Druckschriften, sowie durch werthvolle schriftliche und mündliche Mittheilungen aus ihrer persönlichen Erinnerung in gütigster Weise unterstützt, wofür ich auch an dieser Stelle den geziemenden Dank abstatte.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage:er