ADB:Teuffenbach, Rudolf Freiherr von (1. Artikel)

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Artikel „Tiefenbach, Rudolf Freiherr von“ von Hermann Hallwich in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 39 (1895), S. 94–107, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Teuffenbach,_Rudolf_Freiherr_von_(1._Artikel)&oldid=- (Version vom 29. März 2024, 10:37 Uhr UTC)
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Tiefenbach *): Rudolf Freiherr v. T.[WS 1] (nach eigenhändiger Fertigung: „Tieffenpach“, auch „Teiffenpach“ und „Teuffenpach“), kaiserlicher Feldmarschall, geboren 1582, † 1653. Ein Bauernhof in Steiermark, beim Pfarrort Tiefenbach (auch Teufenbach) im Brucker Kreise gelegen, gilt als Stammsitz der Herren v. T. Von hier erwarben sie bereits im 14. Jahrhundert mehrere Lehen der Landesfürsten, der Salzburger Bischöfe, wie derer v. Sekkau u. s. w., darunter ein Gut Mayerhoffen, das der Hauptlinie dieser frühzeitig vielverzweigten Familie den Namen gab. Eine (noch ungedruckte) Urkunde Kaiser Karl’s V. vom 14. Oct. 1547 erwähnt in sehr anerkennenden Worten der vielen „angenehmen, getreuen, redlichen und willigen Dienste“, welche die v. T. überhaupt und die Brüder Franz, Erasmus, Balthasar, Bernhard, Christoph und Joachim v. T. insbesondere dem Hause Oesterreich „als derselben gehorsame Landleute und Unterthanen des Fürstenthums Steier je und allewege geleistet“; sie erinnert namentlich an deren „Urahn“ Tristram v. T., der als Geheimrath weiland des Erzherzogs und nachmaligen Kaisers Friedrich (III.) demselben „die Reise gen Jerusalem zu dem heiligen Grabe thun und vollbringen helfen“; mit größtem Nachdruck aber gedenkt sie „der redlichen und ritterlichen Thaten und stattlichen getreuen Dienste“, die ihm, dem Kaiser selbst, der genannte Franz v. T. erwiesen, zunächst auf dessen Zuge „in Barbaria in Eroberung der Galathea (Goletta’s) und Einnehmung der Stadt Thumis (Tunis)“, alsdann wider Frankreich in der Provence und in Italien, endlich „in etlichen vielen Zügen wider unseres christlichen Glaubens und Namens Erbfeind, den Türken“, wobei er jederzeit „als ein ehrlicher, redlicher Kriegsmann von Adel sich vor Anderen ehrlich und redlich gehalten; wie denn gleichfalls seine Gebrüder in Unseren Diensten als getreue Unterthanen sich auch haben gebrauchen lassen und darob ihrer drei, nämlich der Eine in Barbaria, der Andere in Italia und der Dritte von den Türken umkommen“ – weshalb die Ueberlebenden mit jener Urkunde in den erblichen Freiherrenstand erhoben wurden. Andreas v. T. auf Mayerhoffen zeichnete sich durch außergewöhnliche Verwendbarkeit in friedlichen Geschäften aus und bekleidete unter Friedrich III. die Stelle eines Landesverwesers in Steiermark. Entschieden die hervorragendste Persönlichkeit des Namens T. war Christoph v. T., Andreas’ Sohn. Von Jugend auf zum Kriegsdienste erzogen, verbrachte er den größten Theil seines Lebens beim Heere, wurde aber nicht selten auch zu verschiedenen schwierigen Gesandtschaften verwendet. Maximilian II. schlug ihn zum Ritter. In seinem Auftrage schloß er nach Soliman’s Tode einen achtjährigen Frieden mit der Pforte (1568). Zwei Jahre später übernahm er an Stelle Jakob Raminger’s den ebenso wichtigen wie gefährlichen Posten eines Obercommandanten von Szatmar und „den zugethanen Grenzen enhalb der Theißa“. In einer ganzen Reihe blutiger, siegreicher Gefechte und Schlachten unter den Generalen Hanns Rueber und Ferdinand Graf Nagarol gab er Beweise einer seltenen Umsicht und Tapferkeit. Gleichzeitig unterstützte er mit bestem Erfolge die Bemühungen Niklas Salm’s [95] und Franz v. Roggendorf’s zur Reformirung des arg darniederliegenden Finanzwesens in Ungarn. Ein (gleichfalls bisher unbekanntes) kaiserliches Diplom vom 20. März, bezw. 26. October 1579 verlieh auch Christoph und dessen Brüdern Gabriel, David, Isaak und Jakob, sowie deren Vetter Servaz v. T. den Reichsfreiherrenstand. Durch Kauf des Gutes Dürnholz (1583) erwarb er sich die Landsmannschaft in Mähren. Die schwierigste Mission erhielt Christoph, als er im J. 1587 zum Mitgliede der Gesandtschaft ernannt wurde, welche für Erzherzog Maximilian um die polnische Krone werben sollte. Es war nicht sein Verschulden, daß dieses Unternehmen ein unglückliches Ende nahm; seine besonnenen, klugen Rathschläge wurden nicht befolgt. Er wohnte im August 1588 der Versammlung der Erzherzöge in Prag bei, deren Zweck es war, die Freilassung des in Gefangenschaft gerathenen Thronbewerbers zu erwirken. Als damals Nagarol sich ins Privatleben zurückzog, verstand es sich von selbst, daß Christoph T. als „General-Feldobrist in Ober-Ungarn“ im Range eines Feldmarschalls an dessen Stelle trat. Die Einnahme der Festungen Fülen, Kekkö und Hollokö und ein entscheidender Sieg in der Ebene von Keresztes (1596) waren in dieser Stellung seine glänzenden Waffenthaten. Er starb zu Prag im Monate October 1598 mit Hinterlassung dreier Söhne: Rudolf, Siegmund und Friedrich. Ein hochangesehener Name war ihr Erbe und verhieß ihnen in der vielbewegten Zeit, der sie entgegengingen, eine reiche, schöne Zukunft.

Rudolf v. T., der älteste, hatte gleich seinen Brüdern eine gründliche – protestantische – Erziehung erhalten, die er durch größere Reisen zu vollenden suchte. Es geschieht ihm bitteres Unrecht, wenn er, obgleich nur als ein Opfer poetischer Licenz („Die Piccolomini“, IV. Aufzug, 6. Auftritt), zu den Analphabeten gerechnet wird. Von unterrichteter Seite wird vielmehr behauptet, und seine noch vorhandene Correspondenz bestätigt dies, daß er sich von Jugend auf nicht nur „aller adel- und ritterlichen Tugenden“, sondern auch in Wort und Schrift „unterschiedlicher Sprachen beflissen“. Ein siebzehnjähriger Jüngling begab er sich nach Frankreich, um von dort aus mit dem Heere König Heinrich’s IV. einen Feldzug nach Savoyen zu bestehen, dann aber nach Paris zurückzukehren, daselbst die höfische Sitte kennen zu lernen. Nach einem weiteren Aufenthalt in England und Schottland ging er nach Dänemark, Schweden und Norwegen und bereiste hierauf von Danzig aus Deutschland und Oesterreich, als ihn Erzherzog Matthias in seine Dienste nahm. Mit ihm betrat er den ungarischen Boden, den Hauptschauplatz der Thätigkeit seines Vaters. Auch er legte dort seine Kriegsschule zurück. Als Fähnrich im Regiment Seyfried von Kollonicz begann er die Laufbahn; sein erstes Auftreten war vielversprechend: nach kurzer Zeit bestellte ihn Hanns Christoph v. Puechheim zu seinem Rittmeister. Als solcher focht er unter dem Oberbefehle Georg Basta’s gegen Stephan Bocskai, nicht ohne Bravour. Nach dem Friedensschlusse von Zsitvatorok (1606) in der mährischen Heimath wieder angelangt, empfing er vom Kaiser das Patent eines Reiterobersten über 500 Pferde. Er vertauschte es bei der Regelung des Landesdefensionswesens in Mähren mit der Stellung eines ständischen Obristen über zwei Infanterieregimenter, die er vier Jahre lang innehatte, ohne daß ihm hierin eine Gelegenheit zur Auszeichnung geboten worden wäre. Aus dieser ganzen Zeit ist nur etwa seine Betheiligung an der Bekämpfung des sogen. Passauer Kriegsvolkes in Prag (1611) erwähnenswerth. Im Bruderzwiste zwischen Kaiser Rudolf II. und König Matthias stand er auf Seite des Königs. Mit Freuden folgte er darum nach Rudolf’s Abgang dem Rufe des neuen Kaisers, dessen Krönung in Frankfurt er beiwohnte. Zum Hofkriegsrathe, Kämmerer und Obersten über ein Regiment von 3000 Mann ernannt, wurde er bald darauf (1613) als „Kreis-Obrist jenseits der Donau“ mit der Bestallung eines „Obristen [96] zu Neuhäusl und den Bergstädten“ nach Ungarn gesandt, welchen Posten er zur vollen Zufriedenheit des Monarchen bis zum Jahre 1618 behauptete. Umfassende, starke Befestigungen, die er anlegte, ließen Neuhäusl künftig als nachgerade uneinnehmbar erscheinen.

Da kam der „Böhmische Krieg“. T., obgleich Protestant, trug kein Bedenken, sich der kaiserlichen Fahne anzuschließen, der er unerschütterlich treu blieb. An dem ersten größeren Gefechte dieses Krieges, bei Lomnitz (9. Novbr. 1618), war auch er hervorragend betheiligt. Die Brüder Siegmund und Friedrich standen mit gleicher Beharrlichkeit im gegnerischen Lager. Besonders letzterer betrieb mit dem größten Eifer den Anschluß der mährischen Stände an die böhmische Sache und bekämpfte nach Matthias’ Tode die Thronfolge Ferdinand’s auf das entschiedenste. Bei Aufstellung eines mährisch-ständischen Heeres trat er an dessen Spitze. Dagegen hatte Matthias wenige Tage vor seinem Ende (am 10. März 1619), zu dem unvermeidlich gewordenen Kriege energisch rüstend, seinem Heerführer Buquoy zwei Generale beigegeben: Maximilian v. Liechtenstein und Rudolf v. T., jenen als „Obristen Feldwachtmeister über alles Kriegsvolk zu Roß“, diesen als solchen „über alles Kriegsvolk zu Fuß“ (d. h. zu General-Wachtmeistern). Vom selben Tage datirt die Errichtung eines neuen, unter anderem Namen noch derzeit bestehenden Infanterieregimentes v. T., des ältesten der heutigen österreichischen Armee. Die Kämpfe der Kaiserlichen gegen die Böhmen und Mährer waren bekanntermaßen anfänglich nicht vom Glück begünstigt. T. befand sich während des Sommers 1619, als die Wagschale zu Gunsten Buquoy’s zu sinken schien, an der Seite seines Oberfeldherrn im südlichen Böhmen. Die von Oberungarn aus durch Bethlen Gabor eingeleiteten feindlichen Bewegungen verschafften unserem Helden sein erstes selbständiges Commando. Erzherzog Leopold, landesfürstlicher Gubernator der vorder- und oberösterreichischen Länder, vom Palatin Eszterhazy um Hülfe angerufen, betraute (9. October 1619) T. mit der Führung eines gegen Ungarn zu entsendenden Succurses. Mit zweitausend deutschen Söldnern brach er eilig gegen Preßburg auf, die dort befindliche ungarische Krone in Gewahrsam zu bringen. Die Expedition schlug gänzlich fehl. Er vermochte nicht, den Einlaß in das Schloß oder auch nur in die Stadt zu erzwingen, und wurde in der Vorstadt nächtlicherweile von Bethlen unversehens überfallen (14. October), wobei trotz heftiger Gegenwehr, die Seinen größtentheils ihren Tod fanden. Mit knapper Noth entkam er auf das rechte Donauufer bis Bruck, nachdem er seine Geschütze im Strom versenkt hatte. Preßburg und die Krone von Ungarn wurden eine Beute des Siebenbürgers.

Der Sommer 1620 brachte bekanntlich infolge des Erscheinens einer ligistischen Armee auf dem Kriegsschauplatze eine entschiedene Wendung zum Besseren. T. führte sein bedeutend geschwächtes Regiment dem kaiserlichen Heere bei Znaim zu, von wo aus Buquoy seine Operationen leitete. Man kennt den Ausgang dieses Feldzuges. Während des Marsches gegen Prag an die Grenze detachirt, nahm T. die Stadt Winterberg und besetzte er die Wallerner Schanze. In der Weißenberger Schlacht übertrug der verwundete Buquoy unserem T. auf dessen Bitte das Commando über das erste Treffen der Kaiserlichen, denen die Schlachtordnung den rechten Flügel der Aufstellung der katholischen Streitmacht angewiesen hatte. Ihm galt der erste feindliche Anfall. Seine wallonische Reiterei wurde ins Schwanken gebracht; die Verwirrung pflanzte sich schon auf das Fußvolk fort, als T. den Grafen Helfried v. Meggau zur Unterstützung sandte und nach hartem Kampfe – Graf Meggau fiel – den Feind zum Weichen brachte. Tiefenbach’s Haltung trug wesentlich zum Siege bei. Maximilian von Baiern nennt unter denen, welche in der Schlacht sich vor Allen ausgezeichnet hätten, [97] in erster Linie den General-Wachtmeister T. Um so empfindlicher war das Strafgericht, das über Rudolf’s Brüder hereinbrach. Siegmund und Friedrich wurden ihres Lebens und ihrer Güter für verlustig erklärt. Ersteren, einen Tochtermann des vormaligen, dem Kaiser treu gebliebenen mährischen Landeshauptmanns Karl v. Zierotin, rettete die Fürbitte desselben vor dem Verderben. (Er starb nach jahrelanger völliger Zurückgezogenheit im J. 1637 ohne Erben.) Dagegen büßte Friedrich – der einzige der mährischen „Rebellen“ – mit dem Leben. Er ward am 27. Mai 1621 in Innsbruck hingerichtet.

Noch im December 1620 marschirte Rudolf T. mit einem Armeecorps nach Mähren, wo er Iglau zur Uebergabe zwang und sich lebhaft an der weiteren Unterwerfung des Landes betheiligte. Damals erhielt er Amt und Würde eines kaiserlichen Land- und Haus-Zeugmeisters. Im nächsten Jahre finden wir ihn mit Buquoy wieder in Ungarn. Er brachte gewichtige kaiserliche Vollmachten mit sich; zunächst die eine, die Rebellen im Lande durch gütliche Unterhandlungen zum Gehorsam zurückzuführen; dann aber auch die weitergehende, nach seinem Ermessen die Güter der Anhänger Bethlen Gabor’s zu confisciren und mit denselben die Getreuen des Kaisers zu beschenken. Ob er Gelegenheit fand, von dieser letzteren Vollmacht Gebrauch zu machen, wird nicht berichtet. An Bemühungen in ersterer Richtung ließ er es sicher nicht fehlen. Die Waffen ruhten aber deshalb nicht. Durch die Eroberung des Schlosses Theben gewann er einen festen Stützpunkt, von dem aus eine Anzahl seither an Bethlen verloren gegangener Städte und Plätze zurückgewonnen werden konnte, unter ihnen vor Allem Tyrnau und Preßburg, nach deren Einnahme die Belagerung von Neuhäusl versucht wurde. Hier, vor dem ihm wohlbekannten Neuhäusl, war T. Augenzeuge der schmählichen Niedermetzelung Buquoy’s (10. Juli 1621). An dessen Stelle übernahm er die Führung der unzufriedenen kaiserl. Truppen. Ihm wollten aber „die Wallonen nicht recht gehorsamen“. Drei Regimenter kündigten förmlich den Gehorsam. Da nahm T. Veranlassung, von seiner außergewöhnlichen Unerschrockenheit eine effectvolle Probe abzulegen. Auf die Nachricht, daß sich die Meuterer in hellen Haufen zusammengerottet, eilte er unverweilt herbei, rief nach dem Rädelsführer, griff den Zögernden mit eigener Hand inmitten seiner Rotten, schleifte ihn in den Ring, der sich gebildet hatte, schoß ihn vor Aller Augen ohne weiteres nieder und trieb die Anderen, die Miene machten, sich zur Wehr zu setzen, mit gezücktem Degen in die Flucht. In der Verblüffung der Massen wurden auf sein Geheiß sofort auch die übrigen Häupter des Aufruhrs ausgeliefert und an Ort und Stelle im Angesichte des ganzen Heeres abgeurtheilt und enthauptet. Das wirkte. Ein „Dankbriefel“ des Kaisers lohnte T. Eine Soldzahlung von Wien her schaffte endlich wieder vollständige Ordnung.

Nun konnte T. daran denken, einige Früchte seiner Arbeit zu ernten. Er kaufte im nächsten Jahre um den Preis seiner „Kriegsforderung“ an den Kaiser – „mit Zuschlag einer Gnade“ – die confiscirten Güter Zistersdorf, Dürnkrüt, Ebenthal und Höflein in Niederösterreich, später auch die Herrschaft Angern und das Dorf Neubau daselbst. Die karge Muße, die ihm vergönnt war, nützte er bestmöglich zu wirthschaftlichen Zwecken. Im J. 1623 trat er zur großen Freude des Kaisers zur katholischen Kirche über. „Ich wollte Euch Eueren Kopf küssen, wenn ich bei Euch wäre“, schrieb ihm aus diesem Anlasse Ferdinand II. aus Prag eigenhändig. Noch im Herbst desselben Jahres mußte T. wieder ins Feld. Bethlen Gabor war mit 50 000 Mann abermals in Oberungarn eingebrochen, eroberte eine der „Bergstädte“ nach der anderen und erschien am 5. October bereits vor Tyrnau. Die Bürger, auf Entsatz vertrauend, leisteten [98] Widerstand. Der Entsatz traf ein, geführt von T. Mit wenig mehr als 2000 Mann hatte T. die Tollkühnheit, sich einem mehr als zwanzigfach überlegenen Feinde entgegenzuwerfen. Er wurde, wie nicht anders zu erwarten, überwältigt. Im Kirchhofe von Bogdanoc, einem Dorfe nächst Tyrnau, fiel nach herzhaftem Kampfe der größte Theil seiner Leute, der Rest wurde gefangen genommen. Mit Noth entrann T. einem gleichen Schicksal. Während eine kleine, eilig zusammengeraffte Truppenmacht unter dem Befehle des unfähigen Hieronymus Caraffa de Montenegro und des kurz zuvor zum Fürsten von Friedland erhobenen Generalwachtmeisters Albrecht von Wallenstein in Göding an der ungarischen Grenze Bethlen Gabor die Stirne bot, war T. in Mähren mit neuen Werbungen beschäftigt, die jedoch, da die Feindseligkeiten schon im November eingestellt wurden, keinen größeren Erfolg hatten. Im J. 1624 (19. August) verlieh ihm der Kaiser in zwei gesonderten Diplomen das Prädicat „Hoch- und Wohlgeboren“ und den Titel eines kaiserlichen Pfalz- und Hofgrafen (comes palatinus).

Als Wallenstein, das neuernannte „Generalcapo“ der kaiserlichen Armee, im Frühjahr 1625 an die Schaffung dieser Armee ging, war T. der Ersten einer, der ihm ein wiederum vollzähliges, wohlgerüstetes Regiment zuschickt, das jedoch T. selbst vorerst nicht begleitete. Hatte sich doch Wallenstein ausdrücklich bedungen, daß außer ihm bis auf weiteres keinerlei „Generalspersonen“ bestellt werden; wie der bisherige General der Cavallerie Marradas und Feldzeugmeister Liechtenstein verschmähte es daher auch T., der Generalwachtmeister und Land- und Hauszeugmeister, als einfacher Oberst dem Heere zu folgen. Nichtsdestoweniger leistete das Regiment T. dem Friedländer „im Reiche“ gute Dienste. Durch einen Flankenangtiff trug Johann Wangler d. Ae., der Oberstlieutenant des Regimentes T., viel zur Entscheidung der Schlacht am Dessauer Brückenkopfe bei (25. April 1626) und wurde hiefür nicht bloß vom Feldherrn, auch durch ein kaiserliches Handschreiben ausgezeichnet. T. aber empfing unterm 19. October 1626 die Bestallung als Generalfeldzeugmeister oder, wie der technische Ausdruck lautete, als „Obrist-Zeugmeister über alle Ihrer Majestät Königreiche und Länder“. Nun war er wieder eine „Generalsperson“ und in der Lage, sich beim Heere zu zeigen. Von da an war er häufig in der Nähe Wallenstein’s. In dessen Begleitung erlitt sein Fußvolk bei einem Sturme auf Stralsund schwere Verluste; dagegen focht es bei Wolgast (22. August 1628) abermals mit ausschlaggebendem Erfolge. Als es sich im nächsten Jahre darum handelte, mit einem Theile der Friedländischen Armee eine Diversion nach Ungarn auszuführen, sprach der Kaiser seinem Generalissimus gegenüber den Wunsch aus, T. mit dieser Aufgabe zu betrauen und ihn zum Feldmarschall zu ernennen. Wallenstein war hiezu bereit, doch machte T. Schwierigkeiten. Das Land Ungarn hatte, wie es scheint, nichts Verlockendes mehr für ihn. „Der Herr Bruder“, schrieb Jener an Collalto, „wird sehen, was mir der Herr v. Questenberg wegen des v. T. schreibt. Nun hab ich mich Ihrer Majestät gnädigstem Willen nach accommodiren und ihn gegen Ungarn gebrauchen (wollen); so will er selbst nicht. Ich glaube, er sieht’s, daß ihm schwer fallen sollte, solches Werk zu führen“. An einer anderen Stelle meinte Wallenstein: „Ich bezeug’s mit Gott, daß ich wegen Freundschaft den v. T. gern hätte accommodirt, aber aus diesem Schreiben sehe ich, daß der gute Cavalière selbst nicht weiß, was er haben will.“ Die Meinung des Schreibers von der Qualität Tiefenbachs war, wie man sieht, keine besonders hohe. Bei aller hervorragenden Tapferkeit, ja Verwegenheit im Kampfe war derselbe in der That, wie die Erfahrung lehrte und noch mehr die Zukunft zeigen sollte, für eine eigentliche Heerführung keineswegs in höherem Grade geeignet. Dafür entwickelte sich bei ihm ein gewisser religiöser, richtiger [99] vielleicht: confessioneller Eifer. Auf seinen Gütern führte er die katholische Gegenreformation mit Strenge durch. Vom päpstlichen Nuntius Caraffa erwirkte er sich die Erlaubniß, in seinem Hause oder an anderen beliebigen Orten die Messe zu hören; ebenso, ketzerische Bücher – allerdings „zur Widerlegung der in ihnen enthaltenen Irrthümer“ – zu lesen und zu behalten. Im September 1629 ließ er sich vom Kaiser einen Geleitsbrief ausstellen für eine Wallfahrtsreise nach Loretto u. s. w.

Der Marschallsstab, welcher T. bereits damals zugedacht war, stand ihm wieder in Aussicht, als nach Wallenstein’s Entfernung von der Heeresleitung durch das Hinscheiden des Grafen Rambold Collalto († 18. November 1630) die Befehlshaberstelle über die von Letzterem in Oberitalien commandirten Truppen erledigt war. Die bald darauf erfolgte Beendigung des Mantuaner Krieges ließ auch diese Absicht nicht zur Durchführung kommen. Erst mit Bestallung vom 15. Februar 1631 wurde T. Feldmarschall. Damit war gleichzeitig das im Augenblick vielleicht wichtigste Commando, das in Schlesien, verbunden. Hier wie irgendwo konnte und mußte T. beweisen, was er vermochte. Zur Vertheidigung des Landes – es war von keinem Geringeren als König Gustav Adolf stark bedroht – standen jedoch zunächst nicht mehr als zehn bis zwölf Regimenter zur Verfügung. Als sich die schwedische Hauptmacht gegen T. wandte, nahm er eine feste Stellung in Frankfurt a. d. O. Vergebens harrte er einer Weisung von Seite seines Höchstcommandirenden, des weit entfernten Grafen Tilly. „Andere mögen wol für capriciosi gehalten werden“, äußerte sich T. (am 12. April) gegen seinen Vertrauten Questenberg, „aber des alten Tilly capricie sind ärger als keine anderen. Wegen Magdeburg’s setzt er alle des Kaisers Königreiche und Lande in Compromiß und führet viele ehrliche Leute in große Ungelegenheit … Für diesen Undienst hat Herr Tilly schlechten Dank um Ihre kaiserliche Majestät verdient“. Man weiß, unter welchen außergewöhnlichen Umständen nach kurzem, blutigen Kampfe schon am nächsten Tage Frankfurt in Gustav Adolf’s Hände fiel. „Dieses ist übel genug vorüber“, schrieb T. drei Tage später seinem Freunde; „Herr Tilly muß wissen, warum er dies Volk also ohne einzige Ordinanz, Fürsorge und Hilfe gelassen … Unser Volk ist ganz ausgemärgelt, matt und verdrossen, derzeit von Muth und Herz kommen und gewiß dessen Noth größer, als geklagt werden kann.“ Aus Guben wurde gleichzeitig über den Fall von Frankfurt berichtet: „Was die Königlichen in der Stadt angetroffen, haben sie niedergehauen, kein Quartier geben … Wo der neue Feldmarschall hin kommen, weiß Niemand; weil aber auf einer Schalen viel vornehme Offizier über die Oder setzen wollen, dieselben mitten auf dem Wasser untergangen, hält man dafür, daß er unter solchem Volke gewesen sein möchte.“ Tiefenbach’s eiliger Rückzug ging auf Großglogau. „Der v. T. schreibt mir“, meldete Questenberg an Wallenstein, „daß er jetzt in der gegenwärtigen Gefahr und Noth apprähendire, daß Eure Fürstl. Gnaden daran Recht gethan, daß Sie der Werbungen wegen vom Hofe nicht wollten dependiren oder Ihro lassen Ordinanz geben. Der Fehler ist groß, daß Tilly nach Magdeburg gezogen und lässt Alles in so schlechter Bestallung und übler Disposition, darüber denn Frankfurt so liederlich verloren und wir um unser Volk kommen“.

Wochenlang variiren die Schreiben Tiefenbach’s nur dasselbe Thema: „Das Volk ist alles so verzagt, daß es ein Schand und Spott ist … Viel Knechte haben ihre Musketen zerschlagen, damit sie nicht fechten dürfen. Ich habe wol all mein Tage keine solche Verwirrung nicht gesehen als diese, so bei Befehlshabern als gemeinen Soldaten. Der Hunger nimmt auch zu, so bei Mann als Roß; die Reiter müssen oft zu Fuß gehen und die Pferde vor ihnen hertreiben. In Summa: es ist Alles auf das Aergste bestellt. Kommt der Graf Tilly [100] nicht bald mit dem Succurs, so besorge ich, sobald das Volk was von des Feindes Herwärtsziehen vernehmen thäte, so reist es selbst aus. An meinem fleißigen Anordnen und Mahnen soll es nicht erwinden – helf’ was helfen kann!“ – „Zu Abwendung androhender Gefahr“ beeilte er sich, eine Anzahl Reiterei und Fußvolk nach Sagan zu beordern. Wallenstein’s Landeshauptmann daselbst, O. H. Stosch von Kaunitz, erhob dagegen Einsprache und bat durch reitende Boten seinen Gebieter um Verhaltungsbefehle. Die Antwort lautete, und sie ist von besonderer Bedeutung: „Dem Feldmarschall T. wird vielleicht nicht bewußt sein, daß Sagan kein Ort ist, der sich ein paar Stunden, wenn der Feind attakiren sollte, defendiren könnte, daher Ihr ihm solches billig notificiren sollt, wie nit weniger, daß Ihre Majestät mir die Stadt und das Fürstenthum aller Einquartierung befreiet. Sähe ich, daß Ihrer Majestät an dem posto was gelegen wäre, so wollte ich’s selber urgiren, denn mir wär gar nit lieb, daß der Feind weitere Progressen thun sollte. Ich vermeine auch, daß raggion de guerra erfordert, daß man Frankfurt in continenti wiederum angreift und aus des Feindes Händen bringet, ehe denn er sich daselbst fortificiret. Zweifle auch nit, daß der Graf Tilly solche Anstellung thun wird. Im Uebrigen seht, wie Ihr mit dem Herrn von T. und allen kaiserlichen Offizieren in guter Correspondenz stehet und ihnen in Allem, was Ihrer Majestät Dienst erfordert, an die Hand gehet; denn mein Will und Meinung ist nicht allein, wenn’s vonnöthen thäte, eine Garnison einzunehmen, sondern auch das Fürstenthum und was ich habe zu Ihrer Majestät Diensten gern herzugeben. Dahero denn seht, Euch selbst zu ihm auf Glogau zu verfügen und neben Entbietung meiner willigen Dienste alle Sachen auf’s Beste, als die Noth erfordert, zu appuntieren.“ – Noch ehe diese Aeußerung eintraf, erschien Oberst Fernemont vor der Stadt und nahm trotz Protestation des Landeshauptmannes Quartier daselbst, mit der Erklärung, er habe „so scharfe Ordinanz vom Herrn Obristen Feldmarschall, daß, wenn er derselben nicht wirklich nachkommen thäte, sein Leib und Leben hierunter periclitiren thäte.“ „Ich kann aber gar nicht absehen“, fügte Kaunitz hinzu, „wie die Stadt durch dieses Volk defendirt werden sollte, sintemal die Infanterie fast ganz ruiniret und die Cavallerie gar schlecht mundirt, also daß sie zum Fechten, wenn es die Noth erfordern thäte, sehr unparat sein würden, und ist hieraus die Vermuthung zu nehmen, daß ihre Intention sei, sich in diesem Ort mehr zu recolligiren als denselben zu defendiren.“ Schon nach drei Tagen hat Kaunitz Anlaß in Hülle und Fülle, über Gewaltthätigkeiten der Garnison Klage zu führen … „Was sonst hierin“, so heißt es, „unter der armen Bürgerschaft vor ein Jammer, Angst, Noth und Wehklagen, kann Eurer Fürstl. Gnaden nicht genugsam beschrieben werden, also daß es auch schon leider so weit kommen, daß ihrer nicht wenig unter den Bürgern ihre Häuser stehen lassen und sich ganz aus der Stadt hinwegbegeben.“ Da kamen Wallenstein’s Befehle, die der Landeshauptmann sofort vertraulich an T. weiter gab. Derselbe fand es gerathen, die Einquartierung ohne weiteres wieder von Sagan abzurufen. Inzwischen empfing Wallenstein die Nachricht, daß Tilly auf dem Marsch nach Frankfurt begriffen, „dasselbe, ehe sich der Feind allda fortificirt, zu recuperiren.“ Ohne zu zögern übersandte er aus freiem Antriebe an Kaunitz die folgende Weisung (30. April): „Wann wir denn besorgen, daß allda an nothwendiger Proviant Mangel vorfallen möchte: als befehlen wir Euch hiermit ernstlich, als bald nach Empfahung dieses alles Getreid, so in Unserem Fürstenthum Sagan bei denen vom Adel, Bürgern und Bauern aufzubringen, entweder für baar Geld zu erkaufen oder in der Contribution anstatt Geldes anzunehmen, wie auch sonsten, auf was Mittel immer möglich, einen Vorrath zusammenzuschaffen, das Korn alsbald mahlen und, so bald der Herr Graf von Tilly für Frankfurt sich [101] befinden wird, nach und nach verbacken zu lassen, das Brod nach dem Lager zu schicken und die behufige Fuhren dazu nicht allein von allen Unseren Unterthanen, geistlichen und weltlichen, Adel und Unadel, sondern auch Unseren Kammergütern zu nehmen, dieselbe auch, so sich dessen verweigern wollten, mit Zwangsmitteln dazu anzuhalten und in Allem dahin zu sehen, daß, wie dieses Ihrer kaiserl. Majestät Dienste erfordern und zu Conservation dero Erbkönigreich und Lande zum Höchsten vonnöthen, deren nichts verabsäumt, sondern auf’s Beste zu Werk gerichtet werde.“ In seiner gewohnten weitgehenden Sorgfalt auch für die geringste Kleinigkeit, vergaß er dabei nicht, Kaunitz einzuschärfen, im Verein mit T. das Geeignete vorzukehren, damit die in Verwendung kommenden Rosse und Wagen der Unterthanen sicher wieder zurückgelangen. Wie aufrichtig diese Verfügung gemeint war, beweist, daß sie nicht weniger als drei Mal mit großem Nachdruck erneuert wurde. Die Meldungen, die bei T. einliefen, lauteten allerdings anders über die Absichten Tilly’s. Er kann daher auch Wallenstein gegenüber nur wiederholen: „Herr Graf Tilly hat Ihrer kaiserl. Majestät Königreich und Lande in ein üblen Stand gesetzt, indem er’s also ganz verlassen, auch hinter sich weder Ordinanz noch einzigen Trost nicht verlassen, wie auch mir auf mein Anhalten entboten, er könne mich nicht succurriren, er wolle zuvor Magdeburg haben; solle Ihre kaiserl. Majestät emsig ermahnen, die neuen Werbungen so viel möglich zu befördern. Gott gebe, damit es Alles zu rechter Zeit vorhanden sei. Wie ich berichtet werde“, schließt T., „weil der König aus Schweden sich nicht getraut, Magdeburg zu entsetzen; also wolle er so tief in Ihrer kaiserl. Majestät Lande ziehen, als er kann, ob er dadurch Diversion dem Grafen Tilly könnte verursachen; theils sagen, er wolle seinen Zug hierher, theils nach der Lausitz, theils den geraden Weg nach Böhmen nehmen, wie denn Einem ein Rittmeister bei dem Feind sechs Rosse anerboten zu verkaufen, mit Begehren, er solle ihn eher nicht bezahlen, bis der Schwed zu Prag auf dem Schlosse Tafel hält. Diese Vermessenheit wird Gott strafen; aber gute Fürsehung kann nicht schaden.“ Er bat Wallenstein um seine Verwendung bei Hofe, sowie auch er es an Mahnungen nicht fehlen lasse. „Unterdessen“, schloß er, „lebe ich der getrosten Zuversicht, Gott werde unseres frommen Kaisers Gebet nicht weniger als bisher geschehen erhören und um seines eigenen heiligen Namens Ehre willen diesen Hochmuth des Feindes auch dämpfen.“

Das hielt Wallenstein nicht ab, dem Saganer Landeshauptmann, der wegen der ihm befohlenen Proviantlieferungen sich hinter die „Deputirten des Landes“ verschanzte, zu bedeuten, daß er „deswegen durchaus keine Entschuldigung annehme, sondern mit Anschaffung der Proviant keine Zeit verloren haben wolle“. Kaunitz zögerte nun auch nicht, alles Entsprechende für Tilly’s Eintreffen, trotz vieler Hindernisse, anzuordnen und durchzuführen. Noch weniger als vor Magdeburg dachte man aber in München, von wo aus damals die katholischen Waffen ihre Befehle zu gewärtigen hatten, an eine Diversion nach Schlesien zur Deckung der kaiserlichen Erbländer. Ein Schreiben Ferdinand’s II., das ein solches Ansinnen stellte, erwiderte Kurfürst Maximilian in eben jenen Tagen mit dem Ausdrucke der Befriedigung darüber, daß man in Wien den Herauszug der kaiserlichen Kriegsvölker aus Italien sich angelegen sein lasse. „Und obwohl kein Zweifel“, heißt es dort weiter, „Eure Majestät werden sich entzwischen und bis Sie gemeldtes Volk zur Hand bringen, sonsten auch schon dero hievoriger Selbstandeutung nach gegen des Schweden ferneren feindlichen Einbruch in Verfassung gestellt haben und etwan des requirirten Succurses vom Grafen von Tilly nit so fast bedürftig sein.“ … Das Schreiben schließt mit der Bemerkung inbezug auf T.: „Was sonsten Eure Majestät wegen eines noch anderen Capo, so der Armada vorzustellen sein werde, anregen, weiß ich mich anders nit zu [102] berichten, als daß Eure Majestät eben zu diesem End schon hiebevor den von T. deputirt und abgeordnet.“ Die Vorkehrungen Wallenstein’s zu Gunsten der ligistischen Armee verfehlten unter solchen Umständen allerdings ihren eigentlichen Zweck, kamen jedoch um so mehr dem Feldmarschall T. und seinen Truppen zugute. Auf sein Ansuchen ertheilte der Herzog die Erlaubniß an Kaunitz, das gesammelte Getreide „nach Großglogau in die Proviant liefern zu lassen“. Als aber Tilly – nicht sehr lange nachher – seinerseits von den Schweden hart bedrängt, T. beauftragte, zur Unterstützung der ligistischen Unternehmungen mit seinem Corps, das noch immer auf 6000 Mann zu Fuß und 5000 zu Pferd geschätzt wurde, in die Mark Brandenburg vorzurücken, da war es, wie die Dinge sich bis dahin auf katholischer Seite gestaltet hatten, so ziemlich selbstverständlich, daß ein kaiserlicher Befehl dies ausdrücklich untersagte. „Dem von T.“, hören wir abermals von Questenberg, „ist befohlen, sich nit zu vertiefen, sondern so nahe sich bei Böhmen und Mähren zu halten, daß er’s könne cooperiren und bedecken.“

Und so verblieben T. und die Tiefenbacher monatelang in Glogau und Umgebung. Eine erschreckliche Feuersbrunst, die am Johannistage beinahe die ganze Stadt in Asche legte, nöthigte T., das Gros seiner Truppen auf dem Lande einzuquartieren. Dadurch kam das benachbarte Sagan wieder stark in Mitleidenschaft. Kaunitz, dessen Vorräthe bald erschöpft waren, beklagte sich, „wie daß das Plündern und Rauben in diesem Fürstenthum … fast sehr gemein werden will“; er sei mit T. übereingekommen, „daß Gewalt mit Gewalt gesteuert werden solle“, worüber wieder „etliche conflictus fürgangen, also daß auch Einer und der Andere hierunter seines Lebens beraubt worden“ u. s. w. Solche Verhältnisse, das sah auch T. ein, konnten keinen Bestand haben. In einem ausführlichen Berichte an den Kaiser, in welchem er die Lage der Dinge offen und unumwunden auseinandersetzte – die feindselige Haltung der Kurfürsten von Brandenburg und Sachsen, sowie des Herzogs von Liegnitz wurde in drastischen Belegen nachgewiesen – gedachte er, wie begreiflich, auch des schlechten Zustandes seines Kriegsvolkes, der, wie er meinte, ein derartiger, „daß, wo dasselbe nit eheist mit besserer Unterhaltung versehen werden sollte, es entweder weiter herein in diese oder aber in’s Feindesland geführt werden müßte, weil es sonst täglich mehrern Schaden zunehmen würde, zumalen an diesem Ort je länger, je mehr Alles mangelt, zudem auch die böse Seuche, wie ingleichen der Unlust und Widersetzlichkeit der Reiter und Knechte, sonderlich aber unter den Knechten das Ausreißen und Entlaufen auf’s Neue wiederum verspürt werden will.“ Und dennoch glaubte T., daß „der Sache allerseits zu helfen ganz unschwer und an dem glücklichen Ausgang nit zu zweifeln“ wäre. Und dieses Mittel? Es lag nach Tiefenbach’s Ueberzeugung in der alsbaldigen Wiederberufung eines Höchstcommandirenden für das kaiserliche Heer, durch die allein allem noch drohenden Uebel zuvorgekommen, oder, wie er sich ausdrückte, „der Vorstreich geführt“ werden könnte. „An dem Vorstreich aber“, so schrieb er, „allergnädigster Kaiser und Herr, ist auf allen Seiten Alles gelegen, und bestehet derselbe meines gehorsamsten Erachtens fürnehmlich an dem, weil nämlich Eure kaiserl. Majestät, wie mir glaubwürdig vorkommt und mich zum Höchsten erfreut, wegen eines hochansehnlichen Generals allbereit eine große kaiserliche Resolution gefaßt haben sollen, daß Sie mit deren Fortsetzung keine Zeit mehr verabsäumen, dadurch männiglich animiren, die Feinde und Widerwärtigen bestürzen, daneben auch derselben Kriegsmacht in diesem Lande also ohne allen Verzug dergestalt stärken und fürsehen lassen, daß man damit dem Feind vor Einbringung der Ernte und ehe daß er alle seine Intentionen zusammenführen könne, unter Augen ziehen, das Volk mit Kriegsfactionen occupiren und muthig machen, den [103] Feind hingegen travagliren, an seinem Vorhaben hindern und zugleich der übrigen Macht im Reiche die Occasion an die Hand geben möchte, derenseits auch zu cooperiren und also fast allerorten summae rei theilhaftig zu werden.“

Es ist nicht schwer zu errathen, welcher „hochansehnliche General“ hier gemeint war. Der Sohn des Kaisers selbst war in Aussicht genommen; T. war gut unterrichtet. Der thatsächlich gefaßte Entschluß kam aber nicht zur Durchführung, aus Gründen, welche auszuführen an einen anderen Ort gehört. Auch die Erwartung Tiefenbach’s, von Wien aus zur Bezahlung seiner Truppen Geld zu erhalten, wurde getäuscht. Man wies ihn damit an Hannibal v. Dohna. Nach etlichen Wochen hören wir nach dieser Richtung: „Der Herr von Dohna hat dem Herrn Feldmarschall große Hilfe von Geld versprochen, damit ist die Zeit verloren und nichts erfolgt, ist also muthwilligerweise der Kern unseres Volkes ruinirt; jetzt schiebt er sehr, daß wir weg sollen.“ Wieder kann Kaunitz nicht genug berichten über die „hochschädlichen Plackereien, Insolentien, Raub und Plünderungen, welche von der in der Nachbarschaft einquartierten Reiterei in dem Fürstenthum vielfältig intentirt werden“. Endlich am 15. Septbr. war er in der angenehmen Lage zu melden: „Das kaiserliche Volk, so in dieser Gegend liegt, schickt sich täglich zum Aufbruch; wie man denn dafür hält, daß es heute oder morgen aufziehen werde.“ Der Marsch ging zunächst in den Naumburgschen Kreis; T. nahm sein Quartier auf dem Schlosse zu Naumburg – „dahero denn“, wie Kaunitz wieder schreibt, „alle Dörfer, so in selbigem Kreis gelegen, wie auch nicht wenige in dem Saganischen Kreis ganz ausgeplündert und in Grund verderbt worden, also daß den armen Leuten nichts mehr als das elende dürftige Leben übrig verblieben.“ Es war auf eine Cooperation mit Tilly gegen Sachsen abgesehen. Oberst Desfours wurde nach Bautzen detachirt, das nach längeren Verhandlungen eine Besatzung aufnahm; ein zweites, größeres Corps unter den Obersten Götz und Beygott, zumeist aus Ungarn und Croaten bestehend, drang über Bautzen bis Dresden vor. Als später auf kaiserliche Veranlassung der in spanischer Bestallung stehende Oberst Paradies an den sächsischen Hof kam, um einen letzten Versuch zu thun, Kur-Sachsen einer schwedischen Verbindung abwendig zu machen, da wurde ihm als eine der Hauptursachen, welche zum Abschlusse des schwedisch-sächsischen Waffenbündnisses gedrängt, der oben erwähnte Einfall Tiefenbach’s in Sachsen bezeichnet. „Wie grausam“, lautete die Antwort u. A., „wie grausam und barbarisch mit Plündern, Sängen, Brennen und Niederhauen der Feldmarschall von T. mit seiner unterhabenden Armee in Ihrer kurfürstl. Durchlaucht Lande so gar, daß man sich auch bis an dero Festung Dresden zu streifen und die Vorstädte in Brand zu setzen unternommen, solches wäre offenbar und bezeugte es die an vielen Orten erfolgende jämmerliche Verwüstung.“

An der Richtigkeit der angeführten Thatsachen kann nach Allem, was wir gehört, nicht gezweifelt werden. Die Nachricht von dem vernichtenden Schlage, der das ligistisch-kaiserliche Heer bei Breitenfeld getroffen hatte, zwang nun auch T. wieder zurückzugehen. Er theilte seine Mannschaften und marschirte mit dem schweren Geschütz gegen Görlitz, während Ilow mit dem größten Theil der leichten Reiterei nach Zittau entsendet wurde, um diesen festen Platz zu nehmen. Am 9. October traf T. in Görlitz ein; am 12. wurde Zittau übergeben. „Sie haben“, schreibt Kaunitz aufathmend, „mit ihrem Marsch von Glogau aus bis auf Görlitz ganzer vier Wochen zugebracht und hierunter auch dieses Fürstenthum unterschiedliche Male hin und wieder durchzogen.“ – War aber Sagan von einer Landplage erlöst, so kam dieselbe nun durch T. womöglich mit verdoppelter Wucht über ein anderes Besitzthum Wallenstein’s, das ihm nicht minder am Herzen lag als jenes: Friedland. Die mit den Schweden seither verbündete [104] kursächsische Armee war im Anzuge, und T., der recht wohl wußte, daß er ihr nicht entfernt gewachsen war, mußte daran denken, auch von Zittau und Görlitz zurückzuweichen. In zwei großen Heerhaufen, in die er seine Völker getheilt hatte, nahm er den Weg nach Böhmen: von Görlitz über das Gebirge nach Trautenau und von Zittau über Gabel in das Herzogthum Friedland. Oberst Desfours, der am 20. October in Reibersdorf bei Zittau stand, versicherte Wallenstein’s Landeshauptmann in Gitschin, daß „Ihr Excellenz Herr Feldmarschall bei Leib- und Lebensstrafe verboten, meines gnädigsten Fürsten Land und Leuten keinen Schaden zuzufügen“. Nichts destoweniger wußte bereite am selben Tage der Hauptmann von Reichenberg nach Gitschin zu berichten, „daß gestern Sonntags zu Nacht in die Herrschaft Grafenstein etlich tausend Kriegsvolk zu Roß und Fuß von der kaiserlichen Armee ankommen, unter denen aber ohngefähr in die zweitausend Polaken, Ungarn und Croaten, nahe gegen Reichenberg nach Kratzau logirt, welche ganz übel und erbärmlich allbereits des mehrentheils Dörfer, zu hiesiger Herrschaft gehörig, ganz ausgeplündert, wüste und öde gemacht, wie auch aus ihrer Fürstl. Gnaden Vorwerk Hanichen zwei Stuten weggenommen, Böden und Alles aufgeschlagen, ingleichen schon an hiesiges Städtl angesetzt und hierdurch unter dem armen Volk, Weib und Kind, ein solch Lamentiren und Wehklagen (verursacht), daß es einen Stein in der Erden erbarmen möchte.“ Mit noch viel ärgeren Klagen wandte sich Tags darauf der Hauptmann des Schlosses Friedland unmittelbar an den Herzog. Des Feldmarschalls T. Völker, meldet er, liegen ringsum, ohne an einen Aufbruch zu denken. „Dieselben aber hausen in dieser Herrschaft überaus arg, plündern die Dörfer ganz aus, wie sie denn Ihrer Fürstl. Gnaden beste fünf Dörfer nebst Anderen ganz spoliirt und die Leute übel beschädigt, theils auch gar niedergemacht und Alles zerhauen und zerschlagen, Roß und Vieh mit hinweggenommen, darunter sie auch der Kinder nit verschonen, sondern mit Gewalt eröffnen und berauben, gleich als wenn es des Feindes Land wäre … Und ob ich zwar den Herrn Feldmarschall zu unterschiedenen Malen geschrieben und um Verschonung dieser Herrschaft angehalten und gebeten, hat er sich zwar alles Guten erboten, aber im Werk hat es nichts gefruchtet, und ist nicht möglich, daß der Feind ärger handeln kann, er brännte denn Alles weg.“ Aehnliche Hiobsposten trafen von allen anderen benachbarten herzoglichen Gütern ein. Der Landeshauptmann bestätigte: „Obschon bei Henkersstrafe der Feldmarschall inhibirt hat, im Herzogthum einigen Schaden zu thun, so geben doch die Hungern und Polaken nichts darauf“ u. s. w. Die Drangsale wurden täglich ärger, daß, wie der Friedländer Hauptmann versichert, „auch der Teufel selbst, wenn er aus der Hölle in Feindesland käme, es nicht ärger machen würde“. Eine Anzahl Reiter vom Regiment Trczka, die auf Wallenstein’s Begehren in das Schloß Friedland gelegt wurden, „den Streifereien zu begegnen“, konnten nur wenig helfen. Die Plage hatte erst ein Ende, als in Wirklichkeit der – Feind ins Land kam.

Am 25. October wurde das Schloß Grafenstein von Arnim mit Accord genommen, und am 4. November überschritt die gesammte sächsische Armee auf zwei verschiedenen Punkten die Grenze, um in Eilmärschen direct auf Prag vorzurücken. Es ist charakteristisch, wenn dieselben Gewährsmänner, denen wir die oben mitgetheilten Nachrichten verdanken, gewissenhaft erzählen, daß Feldmarschall Arnim, der Feind, den Grafensteiner Hauptmann „angesprochen und vermahnt habe, er sollte da verbleiben und seinen Dienst verrichten; solle ihm kein Eintrag geschehen, wie sie denn gleichfalls in den Renten keine Insolentien gethan, auch Niemanden wider Gebür beschwert und gute Kriegsdisciplin gehalten; auch hat sich der Feldmarschall verlauten lassen, des Herzogen von Friedland Land [105] hätte sich von ihm nichts Bösen zu befahren, wie denn bis dato keinem einzigen Menschen in dieser Herrschaft Friedland Schaden zugefügt; und hat der Arnim sich verwundert, daß die kaiserliche Armee in dieser Herrschaft also gehauset“. Es ist somit vollkommen richtig, wenn von gleichzeitigen Schriftstellern behauptet wird, der feindliche Heerführer hätte bei seinem Marsche durch Friedländisches Gebiet das strenge Verbot, „auch nur ein Friedländisches Huhn zu stehlen“, nicht bloß in aller Form erlassen, sondern auch buchstäblich ausgeführt – im Gegensatz zu T. und anderen dem Landesherrn befreundeten Truppencommandanten.

Am 12. November erging von Wien der gemessene Befehl an T., den Marsch nach Böhmen zu beschleunigen, sich mit dem Landescommandirenden, Don Balthasar Marradas, womöglich zu verbinden, vor Allem aber das bedrohte Prag „vor Gefahr und Ungelegenheit zu retten“. Das kam zu spät. Wieder und wieder hatte schon vorher Wallenstein an T. die dringende Mahnung gesendet, seinen Heranzug so einzurichten, daß er „mit seinen beihabenden Völkern ehestens auf Prag gelange“. Offenbar harrte T. auf Wiener Befehle. Noch ehe er diese aber empfangen haben konnte, war Prag in Feindeshand. Und wieder offenbar war davon niemand weniger überrascht als T. „Allem Ansehen nach muß nun Gott wieder miracula thun, sonst wird es schwer hergehen“; so hatte er bereits fünf Tage vor Abgang jenes kaiserlichen Befehles gegen Wallenstein geäußert. Da Marradas (s. A. D. B. XX, 421 fg.) von Prag mit seinen Truppen gegen den Süden des Landes abgezogen war, ergab sich für T. die Vereinigung mit ihm als eine Unmöglichkeit. Er kam vorläufig bis Königgrätz, wo er Halt machte, mit Marradas fortwährend in lebhafter Correspondenz. Nur Schade, daß die vielen wortreichen Schreiben dieses unschlüssigen, ganz unglaublich widerspruchsvollen Herrn die Lage unmöglich bessern, sondern lediglich noch mehr verwirren mußten. Vergebens suchte T. durch Absendung etlicher Compagnien Reiter unter Desfours eine beiläufige Cooperation mit Marradas zu erzielen. Nachdem dieser von Tabor aus wiederholt gegen Prag marschirt und schließlich wieder bis Budweis zurückgegangen war, zog T. ungeduldig seine Reiter wieder an sich und verlangte seinerseits von Marradas ein Regiment Croaten, das dieser auch wirklich abschickte, um jedoch im nächsten Augenblick eigensinnig den gegebenen Befehl zurückzunehmen. Die Klage Tiefenbach’s, daß er wegen Mangels an Artillerie und leichter Reiterei einen Ueberfall seiner Quartiere besorgen müsse, blieb ohne Wirkung. Er mußte sich begnügen, bei Nimburg an der Elbe nothdürftig Lager zu schlagen, auf eine Offensive aber zu verzichten.

Hier empfing er zwei Mal den Besuch des Herzogs von Friedland, vor wie nach dessen im Auftrage des Kaisers mit Arnim gepflogener Unterredung auf dem Schlosse Kaunitz (29. Nov.), wobei dieser, wie es heißt, „zu verstehen geben, daß er mit dem kurfürstlichen Volk sich in die Winterquartiere begeben und weiter nichts tentiren werde“. Die Position aber, die T. einnahm, war immerhin für die Sachsen in Prag eine bedrohliche und hinderte sie an jeder freien Bewegung in östlicher Richtung. Arnim entschloß sich deshalb, die Situation womöglich dennoch rasch zu ändern. Er brach in der Nacht zum 5. December mit einigen Regimentern zu Roß und Fuß und verhältnißmäßig vielen Geschützen gegen Nimburg auf. T. hatte es nicht an Wachsamkeit fehlen lassen und erwartete den Gegner schlagfertig vor der Stadt. Der erste Angriff der Sachsen wurde zurückgeschlagen, so daß Arnim die Seinen nur mit Mühe wieder zum Stehen brachte; durch geschickte Bewegungen gelang es ihm, die Kaiserlichen in die Stadt zu werfen. Alsbald begann deren Beschießung durch Feuerkugeln. Das arme Nimburg stand nach einer Stunde vollständig in [106] Flammen. T. aber wehrte sich mit erprobter Tapferkeit und wies eine Aufforderung Arnim’s zur Uebergabe unbedingt zurück. Der Feind war genöthigt, bei Einbruch der Nacht unverrichteter Dinge umzukehren, und wurde sogar, wenn Tiefenbach’s Worten voller Glaube zu schenken ist, auf seinem Rückzuge am folgenden Tage von den ihm nachsetzenden Kaiserlichen in der Richtung nach Benatek von Prag abgedrängt und nur durch den Vortheil des Terrains, der für ihn war, vor größeren Verlusten bewahrt. Thatsache ist, daß T. unmittelbar darnach nicht nur das niedergebrannte Nimburg selbst und die östlich gelegenen Elbepässe Podiebrad, Kolin und Königgrätz, sowie Czaslau und Kuttenberg, sondern auch Jungbunzlau an der Iser, Kohljanowitz und das gegen Prag ziemlich weit vorgeschobene Kaurzim mit seinen Mannschaften besetzte.

Man wird nicht leugnen wollen, daß T. unter den gegebenen Verhältnissen, in letzter Zeit, seine Schuldigkeit gethan hatte, was dem ihm übergeordneten Don Marradas beim besten Willen nicht nachgesagt werden kann. Dennoch geschah es, daß, als bald nachher Wallenstein, von allen Seiten hiezu gedrängt, den Oberbefehl über die Kaiserlichen wieder übernahm – ein kaiserliches Rescript vom 15. December setzte auch T. von diesem Ereignisse in Kenntniß – Marradas auf seinem Posten blieb, T. sich aber veranlaßt sah, seine militärische Charge niederzulegen, mit anderen Worten: wegen „continuirlicher Leibesschwachheit“ um seine „Entlassung“ anzusuchen. Am letzten Tage des Jahres 1631 meldete Questenberg an Wallenstein: „Dem von T. ist die Licenz erfolgt, wie aus beiliegender Abschrift zu ersehen.“ Es war der bekannte „blaue Bogen“, der von Wien an T. abgegangen war. In der Friedländischen Armee war seine Laufbahn abgeschlossen. Er war daher auch an den kritischen Tagen Wallenstein’s in Pilsen und Eger nicht beim Heere, sogar nicht in der Nähe. Wohl aber unterzeichnete sein Oberstlieuteuant Wangler der Jüngere als Regimentscommandant den ersten und zweiten Pilsener Schluß, letzteren mit der protokollarischen Erklärung: „Weil Ihre fürstl. Gnaden jederzeit der kaiserl. Majestät treu gedient und solches ferners continuiren, als begehrt er, bei Ihrer fürstl. Gnaden zu leben und zu sterben.“ Er bat drei Tage später nach Empfang einer Ordre aus Wien, ihm „ein Regiment zu Fuß von den Rebellen in kaiserlichen Gnaden zu ertheilen“, mit der heiligen Versicherung: „So mir auch von Ihrer kaiserl. Majestät gar kein Befehl zukommen, so hätte ich mich eher niederhauen lassen, denn etwas Wirkliches gegen Ihre kaiserl. Majestät, so nächst Gott mein Herr allein auf dieser Welt, anzufangen.“ …

Erst nach Wallenstein’s Tode trat T. wieder in den Vordergrund. Als König Ferdinand III. an die Spitze der Armee gestellt wurde, ertheilte der Kaiser T. die Würde eines Geheimen Rathes, in welcher Eigenschaft – ausdrücklich „ohne Kriegsbefehl“ – er den königlichen Generalissimus ins Feld begleitete. So war er Zeuge des Sieges von Nördlingen, und so kehrte er mit dem Sieger wieder nach Wien zurück. Ferdinand III. bestätigte ihn bei der Thronbesteigung als Kaiser „in allen Diensten und Würden“. Der König von Spanien fügte denselben das Goldene Vließ hinzu. Sein Regiment kämpfte nach wie vor die Schlachten des großen deutschen Krieges wacker mit; er selbst lebte von nun an zumeist auf seinen Gütern, welche durch Erbschaft nach dem Bruder Siegmund (er hinterließ ihm die Dominien Dürnholz, Eichhorn und Rziczan), sowie durch kaiserliche Schenkungen aus dem Nachlasse Wallenstein’s (ihm fielen bei Vertheilung dieses Nachlasses u. A. die beiden größten Kammergüter des Herzogthums Friedland, Kumburg und Aulibitz, mitsammt der Residenz Gitschin zu), einen höchst ansehnlichen Umfang erhalten hatten. Im Jahre 1644 besuchte er als kaiserl. Vollmachtträger den Convent von Tyrnau; an Seite Questenberg’s und Eszterhazy’s verhandelte er im nächsten Jahre den [107] Frieden mit Georg Rakoczi. Auch in den beiden folgenden Jahren kam er in friedlichen Geschäften nach Ungarn. Seitdem zog er sich gänzlich ins Privatleben zurück. Vermählt mit M. Eva Elisabeth, geb. v. Sternberg, verwittweten Gräfin Althan, blieb er wie seine Brüder ohne Nachkommenschaft. In seinem Testamente, datirt vom 24. Juni 1650, errichtete er drei Fideicommisse für seine nächsten Verwandten, mit dem Ersuchen an den Landesfürsten, in Böhmen und Mähren zugleich an das Landrecht, in Oesterreich aber an die Landschaft, für den Fall des Abganges der Erben eines dieser Fideicommisse „der adeligen Jugend zum Besten ohne sonderbare Einmischung einiges geistlichen Ordens eine adelige Ritterschul anzurichten“. Erst unter Kaiserin Maria Theresia fand diese Stiftung theilweise ihre Realisirung und blieb bis auf die Gegenwart in Wirksamkeit. Mit Rudolf T. erlosch am 4. März 1634 die Linie T.-Mayerhoffen. Die großen Hoffnungen, die nach seinem tüchtigen Vater auf ihn gesetzt worden waren, hatten sich nicht erfüllt. Noch blüht in Steiermark die Linie T.-Maßweg.

Nach Archivalien. – Vgl. Fr. Chr. Khevenhiller, Conterfet II, 118 sq. – Joh. Ed. Heß, Biographien und Autographen zu Schiller’s Wallenstein (1859), S. 95 fg. – V. Brandl, Urkunden-Buch der Familie Teufenbach (1867). – d’Elvert, Die Freiherren von Teufenbach und ihre Stiftung (Notizen-Blatt der histor.-stat. Section der k. k. mährisch-schles. Gesellschaft zur Beförderung des Ackerbaues, der Natur- u. Landeskunde [1876], Nr. 10 u. 11). – H. Hallwich, Wallenstein u. die Sachsen in Böhmen. (Forschungen zur deutschen Geschichte XXI [1881], S. 115 fg.)

[94] *) Zu Bd. XXXVIII, S. 286.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Über diese Person existiert in Band 54 ein weiterer Artikel.