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Artikel „Rust, Friedrich Wilhelm“ von Wilhelm Hosäus in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 30 (1890), S. 20–24, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Rust,_Friedrich_Wilhelm&oldid=- (Version vom 28. Dezember 2024, 01:08 Uhr UTC)
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Rust: Friedrich Wilhelm R., fürstlich anhalt-dessauischer Musikdirector, war am 6. Juli 1739 in Wörlitz, wo sein Vater fürstlicher Kammerrath und Amtmann war, geboren. Er empfing seit frühester Jugend im väterlichen Hause eine vorzügliche Erziehung und gediegenen Unterricht. Wissenschaften und Künste, und unter letzteren besonders die Musik, wurden daselbst mit hohem Ernste gepflegt, und als der älteste Sohn, Johann Ludwig Anton (s. u.) in den Jahren 1744 und 1745 zu Leipzig Jura und Philosophie studirte, wurde derselbe bald von Joh. Sebastian Bach zu dessen musikalischen Aufführungen als Violinist herangezogen. Friedr. Wilhelm war der jüngste Sohn des Hauses; zwischen ihm und dem genannten Joh. Ludw. Anton standen noch zwei andere Brüder, die bei aller persönlichen Tüchtigkeit es doch nicht zu einer geschichtlichen Bedeutung wie diese gebracht haben. Als der Vater im J. 1751 starb, fiel dem ältesten Bruder die weitere Erziehung und Ausbildung des elf- bis zwölfjährigen Friedrich zu. Und in der That, was Joh. Ludwig in Leipzig, namentlich auf dem Gebiete der Musik gelernt, fiel bei der hohen musikalischen Begabung des jungen Fritz auf den fruchtbarsten Boden. Im Alter von dreizehn Jahren spielte derselbe Bach’s Wohltemperirtes Clavier von Anfang bis zu Ende auswendig. Seine wissenschaftliche Vorbereitung für die Universität fand Friedrich auf dem lutherischen Gymnasium zu Köthen, von dem er im J. 1758 mit einer größeren, von dichterischer Begabung zeugenden deutschen Ode, die den Krieg als das größte der zeitlichen Uebel schildert, Abschied nahm. Er wandte sich darauf nach Halle, dort Jura zu studiren und setzte zugleich unter Friedemann Bach, dem ältesten und genialsten Sohne Joh. Sebastian’s, seine musikalischen [21] Studien fort. Letzterer gab ihm unentgeltlichen Unterricht in Composition, Orgel- und Clavierspiel, wofür er wieder dem Meister die Correspondenz führte. Als er im J. 1762 seine Universitätsstudien vollendet hatte, eröffnete ihm der bekannte hochbegabte Fürst Leopold Friedrich Franz von Anhalt-Dessau (1740 bis 1817), mit dem er in fast gleichem Lebensalter stand und dessen Spielgenoß er oft als Knabe in Wörlitz gewesen war, seine Absichten in Beziehung auf Hebung des musikalischen Lebens in Dessau. Begeistert für die Absichten des Fürsten beschloß R. nunmehr erst noch eine strenge, zielbewußte musikalische Schule durchzumachen. Nach einigem Unterricht bei G. F. Müller in Dessau, von dem er sich bald die eigenthümlichen Schönheiten der Goldberg’schen Spielart aneignete, ging er nach Zerbst, nahm daselbst beim Concertmeister Höckh, der ein vorzüglicher Virtuos auf der Violine und dem Waldhorn war, Unterricht und wurde in den Jahren 1763 und 1764 Schüler Franz Benda’s in Potsdam. Hier lernte er zugleich Philipp Emanuel Bach kennen, der ihm der ausgezeichnetste Förderer im Clavierspiel wurde. Doch war damit Rust’s höhere Ausbildung noch nicht abgeschlossen. Als der Fürst im J. 1765 seine große Bildungsreise mit seinem Bruder, dem Prinzen Joh. Georg, und den beiden Cavalieren Herrn v. Erdmannsdorff und Herrn v. Berenhorst nach dem gelobten Lande der Kunst, nach Italien, antrat, nahm er auch R. mit, der, wenn die musikalischen Interessen nicht anders geboten, in der Umgebung des Fürsten blieb, sonst aber Urlaub erhielt, sich von der Reisegesellschaft zu entfernen und allein Menschen und Städte aufzusuchen. Rust’s musikalische Eindrücke gipfelten in dem Satze: „Nicht überall in Italien höre man vortreffliche Musik; aber im Ganzen genommen sei doch die wahre Musik, besonders die Vocalmusik, daselbst zu Hause und man werde da nicht selten durch Tonstücke überrascht, deren Ausführung in jeder Hinsicht die kühnsten Wünsche befriedige.“ R. lernte damals den geistreichen Tartini, den tiefen Musikgelehrten Martini, den gefeierten Carlo Broschi (Farinelli), die ausgezeichneten Virtuosen Nardini und Pugnani, den originellen Barbella u. a. persönlich kennen, hörte Manzuoli, die Bastardella (Agujari), die Bertolotti und Lombardini und fand hohen Genuß an den instrumentalen und vocalen Aufführungen der jungen Mädchen in den Hospitälern dei mendiçanti und della píetà in Venedig, wie er selbst durch sein vorzügliches Orgelspiel die Väter von Monte Cassino entzückte.

Kaum nach Dessau zurückgekehrt, suchte R. die durch Studium und Reisen gewonnene Bildung im Dienste der ihm vom Fürsten gestellten Aufgabe zu verwerthen. Er zog, so weit es die Verhältnisse gestatteten, neue Kräfte für Gesang und Instrumentalmusik heran und widmete sich eifrig der Ausbildung der vorhandenen. Die Resultate seiner umfassenden, unermüdlichen, freilich auch aufreibenden Thätigkeit leben noch jetzt in Werken und ausübenden Künstlern fort und dürfen unbedenklich als bleibend bezeichnet werden. Unter den Musikern, welche R. in fürstlichen Diensten vorfand, ist besonders der Flötist G. W. Kottowsky zu nennen, ein Schüler von Quanz, früher in London und Paris als Virtuos gefeiert, seit dem J. 1761 in Diensten des Fürsten. Ein wirkliches Orchester bildete sich erst nach und nach und zwar werden wir nicht irren, wenn wir in den immer volltönender werdenden Partituren der Compositionen Rust’s den Maßstab zur Beurttheilung der stetigen Entwicklung desselben finden. In Beziehung auf geschulte Gesangskräfte kam Rust’s Bemühungen der Umstand fördernd entgegen, daß im J. 1767 dem Musikdirector Rolle in Magdeburg die Hälfte seiner Chorschüler entlief. Die jungen Leute flüchteten sämmtlich nach Dessau, machten sich durch Singen auf den Straßen bekannt und traten vielfach in Stellung. So konnte schon am Charfreitag 1768 die Graun’sche Passionsmusik aufgeführt werden, was für die Dessauer Musikverhältnisse insofern ein Ereigniß [22] von hoher Bedeutung wurde, als sich daran die Entwicklung einer Sängerin anlehnte, welche in der Folge als die bedeutendste vocale Kraft in das Musikleben der Stadt einzugreifen berufen war, der Demoiselle Luise Niedhardt, spätern Gattin des durch seine elementarwissenschaftlichen Lehrbücher bekannten Professors Dr. L. H. F. Olivier. Durch ihre Leistung in der Graun’schen Passionsmusik auf sie aufmerksam geworden, nahm sich R. ihrer musikalischen Ausbildung ernstlich an und im J. 1772 wurde sie vom Fürsten für die musikalischen Aufführungen bei Hofe bleibend engagirt. Man besaß in ihr eine Sangeskraft ersten Ranges, auf deren Mitwirkung immer zu rechnen war. Im J. 1775 concertierte R. mit ihr in Potsdam vor dem Kronprinzen und dem königlichen Hofe. Das Auditorium stellte Luise Niedhardt der Mara an die Seite, welche in demselben Concerte mitwirkte und verglich sie rücksichtlich des Umfangs ihrer Stimme mit der obengenannten Bastardella, welche das dreigestrichene b sang. Auch R. fand Gelegenheit, hier seine hohe Meisterschaft auf der Violine zu zeigen und trug dann noch auf Verlangen ein von ihm componirtes Solo auf der italienischen Viola d’amore vor. Nun nahm auch Berlin von Rust’s Bedeutung und den Dessauer musikalischen Kräften Act. Im Mai 1775 verheirathete sich R. mit Luise Niedhardt’s Schwester Henriette, welche ebenfalls eine vortreffliche Sängerin war. Ein anmuthiges Gedicht von Goethe’s Jugendfreund Behrisch, componirt vom Kammermusikus Keller (einem Schüler Rust’s) wurde den Verlobten am Vorabend ihrer Verbindung aufgeführt. Mit der Begründung eines eigenen Heerdes beginnt für R. die fruchtbarste Zeit seines Schaffens; waren doch die wichtigsten seiner bis dahin aufgeführten Compositionen nur Gelegenheitswerke: „Cantate zum Geburtstage der Prinzessin Kasimire, Schwester des Fürsten, 1769“, für Frauenstimmen mit Streichquartett, 2 Flöten, 2 Hörnern und Fagott; „Festmusik zur Einweihung des Fürstlichen Schlosses zu Wörlitz, 1773“, für gemischten Chor, zwei Solo-Soprane und einen Solo-Contr’alto und Streichquartett, 2 Flöten, 2 Hörner, Fagott, 2 Trompeten, 2 Oboen und Pauken. Den Text zur letztern Composition hatte Behrisch geschrieben; den zur Cantate wohl auch; sonst besaß Dessau damals in B. F. Köhler, W. G. Becker, L. E. de Marées und J. F. de Marées u. s. w. auch noch andere poetische Kräfte. Matthisson trat, wie bekannt, erst im J. 1795 in die Dienste des Hofes, und der poetisch beanlagte Graf Waldersee wandte sich ebenfalls erst später dichterischen Arbeiten zu. Im J. 1776 erschien Goethe in Wörlitz, und der Zauber seiner Persönlichkeit sollte auch dem Dessauer Musikleben zu Gute kommen. R. hatte eben sein erstes größeres Werk, das musikalische Drama „Inkle und Yariko“ (Text von J. F. Schink) vollendet, in welchem er die melodramatische Weise G. Benda’s möglichst beschränkte und durch „Hindrängen des gesprochenen Wortes mittelst charakteristischer Motive zu wirklichem Gesang eine stete Steigerung des Ausdrucks erzielte“. Jetzt wandte er sich mit besonderer Vorliebe der Composition Goethe’scher Lieder zu und gewann, wahrscheinlich unter dem Einfluß Goethe’s, ein Interesse für nordische Dichtung (Ossian). Das erste bedeutendere Werk, das der Begegnung mit Goethe folgte, war das Monodrama „Kolma“, dessen Text fast wörtlich Werther’s Leiden entnommen ist; kurze Zeit darauf erschienen noch zwei Schauspiele nach Ossian („Fingal in Lochlie“ und „Inamorulla“), zu denen R. gleichfalls die Musik geschrieben hat. Das Orchester zu „Kolma“ hat unter den Streichinstrumenten 2 Bratschen, unter den Blasinstrumenten 2 Flöten, 2 Oboen, zwei Clarinetten in B, 4 Hörner in verschiedener Stimmung, zwei Fagotte und außerdem Pauken und Harfe. Von Rust’s Arbeit wird besonders der in tiefen Schmerz getauchte Monolog des gefesselten Kombana: „Torkul, mit Locken des Alters“ als Meisterstück declamatorischen Gesanges gerühmt. Unter Goethe’s Liedern, welche R. damals componirte, ist [23] besonders „Wanderers Nachtlied“ zu nennen, nicht allein die älteste, sondern vielleicht auch die beste der Compositionen dieses Liedes. War nun auch R. durch seine Stellung genöthigt, noch jahrelang für scenische Aufführungen und Hoffeste zu arbeiten, so finden wir ihn doch im ganzen als Tonsetzer in den letzten zwölf Jahren seines Lebens (1784–1796) mehr der Kirchen- und Kammermusik zugewandt. Aus früherer Zeit haben wir von kirchlichen Compositionen Rust’s nur die Musik zum 34. Psalm (für Chor, Solo und Orchester) und eine Cantate „Herr Gott, dich loben wir“ nach Worten Basedow’s zu verzeichnen; von jetzt an bringt nun aber jedes Jahr neue hervorragende Leistungen auf diesem Gebiete. Zur Einweihung der neu eingerichteten Schloßkirche in Dessau (1785) schrieb R. eine größere Cantate „Allgnädiger, in allen Höhen“, bestehend aus drei Chören, einem Choral und drei Solosätzen. In der Kirchenmusik zum Jubiläum des Superintendenten Simon Ludw. Eberh. de Marées (1791) finden wir zum ersten Male bei zwei Doppelchöre zu sechs und acht Stimmen. Die beiden Sopranarien in der nun folgenden Cantate „Gott ist die Liebe“ (zum Einzuge des Erbprinzen Friedrich von Anhalt-Dessau mit seiner Gemahlin Amalia von Hessen-Homburg, 1. Juli 1792, componirt) werden dem Trefflichsten zugezählt, was die Haydn-Mozartische Periode überhaupt in dieser Art aufzuweisen hat. Ebenso wird die letzte Kirchenmusik vom Jahre 1794 „Gott unser Vater“ sehr gerühmt. Die noch erhaltenen Bruchstücke derselben zeigen zugleich, was das Dessauer Orchester unter R. seit dem Jahre 1769 geworden war: damals konnte er neben dem Streichquartett nur 2 Flöten, 2 Hörner und Fagott anwenden – jetzt beschäftigt er außer dem Streichquartett 2 Flöten, 2 Oboen, 2 Clarinetten, 2 Fagotte, 2 Hörner, 2 Trompeten, Pauken, 3 Posaunen und Orgel. Im J. 1794 hatte R. den Schmerz, daß ihm sein ältester hoffnungsvoller Sohn als Student in der Saale bei Halle ertrank. Dies brach des Vaters Kraft. Er starb, von je durch einen hypochondrischen Zug gedrückt, im noch nicht vollendeten 57. Lebensjahre. Noch auf seinem Sterbebette componirte er eine Violinsonate, in welcher Paganini mit seinem Solo auf der G-Saite nicht allein anticipirt. sondern sogar übertroffen wird, indem hier vom Spieler verlangt wird, die für die E-Saite geschriebene Sonate auch auf den übrigen Saiten mit Transposition der Tonart zu üben. Der Meister versah das Werk mit der eigenhändigen Aufschrift: „Geschrieben in meiner letzten Krankheit im Februar 1796“ und schied am 28. desselben Monats aus dem Leben. Er hinterließ eine Wittwe mit drei Töchtern und zwei unerwachsenen Söhnen, welche sämmtlich in der Folgezeit in der Musik Tüchtiges leisteten. Namentlich zog der jüngste der Söhne, Wilh. Karl (1787–1855), schon als Jüngling die Aufmerksamkeit Beethoven’s auf sich. Unter den zahlreichen Schülern, welche R. hinterließ, nennen wir zunächst seine Schwägerin, dann den nachmaligen Musikdirector Reinicke, den Concertmeister Gierth, den Organisten L. Kindscher (sämmtlich in Dessau), den Violinisten Hartung in Braunschweig, den kaiserlichen Kammermusikus Reinicke in Petersburg, den Musikdirector Agthe in Ballenstedt, den Professor Siebigke in Breslau u. s. w. u. s. w. Ein Nachruf im Intelligenzblatt der Allg. Litt.-Zeitung vom 11. Januar 1797 rühmt R. als vorzüglichen Virtuosen auf der Geige, auf dem Clavier und auf der Laute; wie als vorzüglichen Componisten, dessen Werke sämmtlich mit sehr ehrenvollem Beifall aufgenommen wurden. „Ueberhaupt galt er allgemein für einen Meister in seiner Kunst.“ Ein vollständiges Verzeichniß der Werke F. W. Rust’s hat der Enkel desselben, Dr. W. Rust, (in Mendel-Reißmann VIII, S. 488) aufgestellt und in demselben auch die noch vorhandenen ungedruckten Compositionen angeführt, unter denen besonders die Werke für Haus- und Kammermusik eine besondere Erwähnung verdienen. Rust’s zahlreiche Compositionen (Sonaten, Concerte, Phantasien u. s. w.) für Clavier, [24] Violine, Bratsche, Violoncell, Laute, Harfe, Horn u. s. w. sind nicht nur Zeugnisse für die außerordentlich umfassende musikalisch-technische Bedeutung des Meisters, sondern offenbaren zugleich auch eine fast unerschöpfliche originelle Erfindungskraft desselben. Ein großes Verdienst um das Andenken Rust’s wie um die Kunst hat sich seiner Zeit David durch Herausgabe einiger Violinsonaten erworben, ein wenigstens ebenso großes müssen wir dem Enkel für Herausgabe verschiedener Claviersonaten des Meisters (Sonata erotica in A-dur, componirt 1775; Sonate in Des-dur, componirt 1777; in B-moll, in Fis-moll – beide 1784 componirt –, in D-moll, componirt 1788; Son. italiana in E-moll, componirt 1792 u. s. w.) zuerkennen. Offenbart R. in seinen Violinwerken eine Technik, die seiner Zeit um ein halbes Jahrhundert vorauseilte, so ragt er in seinen Clavierwerken vielfach bis in die Gegenwart hinein. Wir begegnen hier melodischen, harmonischen und rhythmischen Führungen, wie wir sie viel später erst bei Weber und Schubert, ja bei Chopin und Liszt wiederfinden. Seine Compositionen verlangen sämmtlich tüchtige Spieler, und doch tritt nirgends die Technik um ihrer selbst willen auf. Alles ist hier von Gedanke und Empfindung durchdrungen. Der eigentliche Schwerpunkt im Schaffen Rust’s gehört freilich der Haydn-Mozart’schen Periode an, wie denn auch Rust’s Geburt (1739) zwischen die Geburt J. Haydn’s (1732) und W. A. Mozart’s (1756) fällt. Den Grund seiner musikalischen Bildung hatte allerdings weder Haydn noch Mozart gelegt, dazu waren beide zu jung; derselbe ruhte vielmehr in J. S. Bach’s Schule, und die Einwirkungen, welche sich in Rust’s dramatischen Werken nachweisen lassen, weisen daneben noch vorzüglich auf Gluck (geb. 1714), der seinerseits wieder vor allem aus Händel’s Schöpfungen gelernt hatte, welche Aufgabe sich die Musik in ihrer Verbindung mit der Poesie zu stellen habe. Gluck’s Einfluß machte sich damals in allen musikalischen Kreisen Deutschlands geltend. Seine Lehre vom Wortaccent führte überall zu knapperer Form und dramatischerer Haltung, und wenn die jüngeren Componisten das Ziel nicht immer erreichten, so beweist dies nur den Mangel an productiver Begabung, an künstlerischem Vermögen. Zum Ausdruck voller subjectiver Innerlichkeit führte erst später Mozart die Musik weiter. Einen glücklichen, ebenso originellen wie lebenskräftigen Uebergang von Gluck zu Mozart bildet aber auf diesem Gebiete R., so daß wir – wohin wir blicken – in ihm eine wenn auch immer mehr zur Anerkennung gelangende, doch bis jetzt noch nicht vollkommen gewürdigte geschichtliche musikalische Persönlichkeit zu verehren haben.

W. Hosäus, Friedrich Wilhelm Rust und das Dessauer Musikleben 1766–1796 (in den Mittheilungen des Vereins für Anhalt. Geschichte und Alterthumskunde III, 256–332). In Sonderabdruck erschienen Dessau 1882. Vgl. hierzu den Artikel F. W. Rust in Mendel-Reißmann von Dr. W. Rust.