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Artikel „Lothar Udo II.“ von Karl Ernst Hermann Krause in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 19 (1884), S. 257–261, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Lothar_III.&oldid=- (Version vom 29. März 2024, 04:43 Uhr UTC)
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Lothar Udo II. und das Stader Grafenhaus. – Lothar Udo II., der dritte Markgraf der Nordmark (oder Altmark), aus dem Geschlechte der Grafen von Stade, der zwölfte in der Reihe seit der Errichtung der Mark, regierte die letztere seit 1087, er starb am 2. Juni 1106 und wurde in dem Kloster seines Hauses, Harsefeld oder Rosefeld, begraben. Nahe verwandt mit Kaiser Heinrich IV., da schon sein Großvater consanguinitate proximus Heinrichs III. genannt wird, und wieder seiner Mutter Oda oder Odonis Großvater, ein Bruder der Gisla von Werle, Heinrichs IV. Großvater war; ebenso nahe verbunden mit Otto von Nordheim, dem Stiefvater seiner Mutter, war er mitten in die streitenden Interessen der Sachsenkriege seiner Zeit hineingestellt, um so mehr noch als auch seine Großmutter Adelheid, die Tochter Theodors von Habsburg und Rheinfelden, die Vaterschwester des Gegenkönigs Rudolf war. Ursprünglich mit Otto und Magnus, dem Herzoge von Sachsen, gehend und auf der Fahrt zur Verlobung mit dessen zweiten Tochter Eilika (Heilwig), welche ihm die Hälfte der Billungischen Güter zubringen sollte, verlobte er sich auf der Burg Plotzeke (Plötzkau bei Dessau) mit der schönen Tochter Ermengard (Irmgart) des Burgherrn Grafen Dietrich, zerfiel dadurch mit Magnus und dessen Anhang, aber auch mit einem Theile seiner vornehmeren Vasallen, die sich über den Grafen von Plotzeke stellten. Eilika brachte nachher ihr Erbe Otto dem Reichen von Ballenstedt zu, ihr Sohn ist [258] Albrecht der Bär. Wilde Fehden verwüsteten nun die Nordmark und die Stader Grafschaft, die Verwaltung der letzteren übertrug er daher 1095 an seinen tapferen Mann, den Angelsachsen Friedrich, der sie später für sich behauptete. (Vgl. Allg. D. Biogr. Bd. VIII S. 37 f.). 1100 eroberte L. U. Brandenburg, 1103 und 1104 hielt er mit Friedrich einen verheerenden Angriff des Herzogs Lothar von Sachsen tapfer aus, bei dem Kloster Alsleben belagert und verbrannt wurde. Wol durch den Einfluß seiner Gemahlin verwandelte er das Chorherrenstift zu Harsefeld 1101 in eine Benedictinerabtei, die zuerst von Ilsenburg aus besetzt wurde, wie sie später das Marienkloster vor den Mauern Stade’s besetzte. Er stellte jenes Kloster unmittelbar unter den Papst, losgelöst von dem ihm verhaßten Erzbischofe zu Bremen, dessen Vasall er doch für die Grafschaft Stade war. Paschalis II. bestätigte es am 11. April 1102. Die norddeutschen Chroniken nennen ihn Luderus Udo oder auch “Udo qui et Luderus“; Cohn zählt ihn als Udo III. nach seinem Tode heirathete seine Wittwe Ermengard den Edlen Gerard von Heinsberg, sie starb erst am 26. November 1154. – Das Haus dieser Grafen von Stade, dessen besondere Geschichte noch nicht geschrieben ist, wurde früh durch Sagen, Mißverständnisse und Verwechselungen entstellt. Es läßt sich seit dem bei Otto dem Großen genannten Grafen Heinrich dem Kahlen, dessen Vater sicher einer der beiden am 5. September 929 bei Lenzen gefallenen Urgroßväter des Thietmar von Merseburg, Liutheri war, bis zum Erlöschen des Geschlechtes eine Reihe von sechs Generationen zählen. Heinrich der Kahle, der erste Graf, hieß vielleicht nicht von der späteren Stadt Stade, denn er lebte zu Harsefeld, wo er 969 sich ein festes Haus baute, noch später hieß die Grafschaft cometia utriusque ripae, was „Stathon“ übersetzt sein und der Stätte eines der bischöflichen Güter und der Grafschaft den späteren Namen gegeben haben mag. Da zur letzteren auch sieben Gemeinden am holsteinischen Ufer gehörten, um Ueterßen herum, so ist der Name von diesen beiden Elbgestaden am leichtesten zu erklären, nicht von den Ufern der Elbe und Weser. Dithmarschen gehörte ursprünglich nicht dazu, doch mochten die Grafenhäuser verwandt sein. Heinrich, † am 10. oder 11. Mai 976, hatte nach einander drei Frauen: Judith, † am 26. October 973, eine Tochter des 1056 in Calabrien gefallenen Herzogs Udo (Udalrich), welche den Namen Udo im Geschlecht vererbte, Hildegard († 11. Juni) und Gerberg. Er hinterließ drei Söhne und vier Töchter: Gerburg, die Mutter des am 23. Januar 1022 verstorbenen Bischofs Dietrich von Münster; Hathui, geb. 961, dritte Aebtissin von Heslingen (Zeven), 973 auf specielle Befürwortung Otto’s des Großen ernannt, † 1013; Kunigund, † am 13. Juli 998, die Gemahlin Siegfrieds von Walbeke, welche der sächsische Annalist Judith nannte, die Mutter der Bischöfe Thietmar von Merseburg, Brun von Verden (Allg. D. Biogr. Bd. III S. 434) und Siegfried von Münster; und Hildegard, † am 3. October 1011 als Wittwe Herzog Bernhards I. von Sachsen (vgl. Allg. D. Biogr. Bd. II S. 433 ff.). Von seinen drei Söhnen hat den ältesten, Heinrich den Guten, † am 2. October 1016, die Mönchssage als ersten Klosterstifter umsponnen. Er soll früher Canonicus in Hildesheim gewesen sein; seine Gemahlin hieß Mechthild. Am 23. Januar 994 fiel er nach einem unglücklichen Treffen an der Elbe, in welchem sein Bruder Luder Udo erschlagen ward, mit seinem zweiten Bruder Siegfried in die Gewalt der Normannen. Heinrich wurde gegen Vergeiselung seines einzigen jungen Sohnes Siegfried entlassen, der ältere Siegfried entsprang vom Schiffe und rettete sich schwimmend, dafür wurde aber sein junger Neffe schmählich verstümmelt ans Ufer geworfen und starb, wahrscheinlich am 26. October 994. Sein Vater verwandelte wol aus diesem Anlasse zwischen 1001 und 1010 seinen festen Wohnsitz Harsefeld in eine geistliche Congregation. Sein Bruder Siegfried aber, der Stammvater der späteren Grafen, gründete die [259] Burg Stade, † am 25. April 1037. Von seiner Gemahlin Adela v. Alsleben, einer Tochter des von Kaiser Otto II. 979 hingerichteten Gero, hinterließ er zwei Töchter, welche Aebtissen von Alsleben wurden, und einen Sohn: Lothar (Luder) Udo, der 1056, nachdem Markgraf Willehelm am 10. September von den Wenden erschlagen war, als Verwandter Königs Heinrich III. kurz vor dessen Tode mit der Nordmark als erster aus dem Stadischen Hause belehnt wurde; Cohn nennt ihn „Graf Lothar von Stade, als Markgraf Udo I.“; er starb schon am 7. Nov. 1057. Vor 1053 hatte er seinen Vetter Eckbert, den jungen Sohn der Ida v. Elsthorpe (vgl. Allg. D. Biogr. Bd. XIII S. 742), wahrscheinlich den letzten aus dem Dithmarsischen Grafenhause, erschlagen und die Grafschaft über Dithmarsen und das Erbe der Ida, zumeist im Verden’schen Gau Waltsati belegen, erworben. Seine Gemahlin war Adelheid von Rheinfelden. Sein Sohn, Markgraf Udo I. (bei Cohn Udo II.), der Gemahl der Oda (s. o.), übergab seine Stader Grafschaft gegen eine enorme Summe dem Macht suchenden Erzbischof Adalbert von Bremen, um sie sofort als erbliches Lehen zurückzuerhalten, er blieb in den Sachsenkriegen auf König Heinrichs Seite und hieb 1075 in der Schlacht bei Hohenburg seinen Vetter, den Gegenkönig Rudolf von Rheinfelden, über den Kopf. Er starb am 4. Mai (nach dem Chron. Roseveldense am 4. März) 1082, Oda erst am 13. Januar 1110. Er hinterließ vier Söhne: Markgraf Heinrich den Langen, Markgraf Lothar Udo II., nach Cohn: Udo III. (s. o.), Rudolf und Siegfried, der als Propst zu St. Nicolaus und Canonicus am Dom zu Magdeburg zwischen 1102 und 1106 am 7. August starb, außerdem zwei Schwestern, deren eine Aebtissin zu Gandersheim wurde, die andere, Adelheit, mit dem Pfalzgrafen Friedrich III. von Putelendorf verheirathet war, den wol kaum ohne ihr Wissen Graf Ludwig I. von Thüringen am 5. Februar 1083 erschlug, um sie, die Schwangere, sofort zu ehelichen. Ihr Sohn Friedrich, der Nachgeborene, starb 1125 als Befehlshaber des Kyffhäuser, der zweite, Ludwig II. wurde 1130 durch Kaiser Lothar Landgraf von Thüringen. Markgraf Heinrich der Lange starb kinderlos am 27. Juli 1087. Wol durch die russische Heirath von Ida von Elsthorpe’s Tochter Oda hatte er die Eupraxia oder Praxedis, in deutscher Uebersetzung Adelheit, eine Tochter des Großfürsten Wsewolod von Kiew, aus dessen nach 1067 geschlossener zweiten Ehe geheirathet. 1089 vermählte sich Kaiser Heinrich IV. mit der jungen Wittwe, welche später nach ihrer Flucht von Verona 1093 von Mathilde von Tuscien und Papst Urban II. benutzt wurde, um den Ruf des Kaisers mit sie selber schändenden Schmähgeschichten zu beschmutzen. Nachdem sie ihre übele Rolle eingesehen, zog sie sich vor 1106 nach Kiew in ein Kloster zurück, dort soll sie 1109 als Aebtissin gestorben sein. Lothar Udo II. hinterließ bei seinem Tode 1106 zwei junge Töchter, Adelheit und Ermengart, und einen erst 1114 zur Mündigkeit gelangenden Sohn, Markgraf Heinrich II. Ermengart starb 1178 als Gemahlin Poppo’s von Henneberg, Adelheit wurde dem Sohne des Markgrafen der Ostmark und der Lausitz Heinrich von Ilburg (Eilenburg), Heinrich, dem jungen Stiefbruder der Kaiserin Richenza, angetraut, dessen Echtheit die Chronisten bezweifeln, und der jung 1123 starb, vergiftet durch die Richenza nach der Klostertradition. Während der Unmündigkeit des Markgrafen Heinrich II. verwaltete sein Oheim Rudolf I. die Nordmark und die Stader Grafschaft als Vormund des Neffen. Da dieser sich im Gegensatz gegen die frühere Politik der Markgrafen mit Herzog Lothar verband, um den Grafen Friedrich wieder aus dem Stader Erbe zu verdrängen, Friedrich aber Hülfe und Anerkennung beim Kaiser Heinrich V. fand, wurden Lothar und Rudolf 1111 geächtet, dem letzteren die Verwaltung der Nordmark abgenommen und sie dem Mutterbruder des jungen Markgrafen, Helperich von Plotzeke, übertragen, der sie aber nur ein Jahr behauptete. 1112 bis [260] 1114 hatte sie Rudolf wieder, 1114 übernahm Heinrich II. sie selbst. Auch dessen spätere Versuche gegen Friedrich mit Hülfe Rudolfs scheiterten, so 1122, und jener blieb im vollen Besitz der Grafschaft Stade bis zu seinem Tode 1135. Heinrich, der mit Adelheit, einer Tochter Otto’s von Ballenstedt und Schwester Albrecht’s des Bären, in kinderloser Ehe lebte, starb am 3. December 1128 bei der Rückkehr von einem Heerzuge gegen Speier, seine Wittwe vermählte sich mit einem seiner Vasallen, Werner von Veltheim. Rudolf war vor seinem Neffen am 6. December 1124 gestorben. Vermählt war er mit Richardis († 1152), der Erbtochter des 1118 verstorbenen reichen Burggrafen von Magdeburg, Hermann von Frekenleve (Frankenleve, Franconia) aus dem Hause Sponheim-Lavantthal. Er hinterließ drei Söhne und drei Töchter: Richardis, Aebtissin ohne Nachweis, eine als Nonne in Quedlinburg, endlich die vielgenannte Liutgard, nacheinander vermählt mit dem später wegen Verwandtschaft von ihr geschiedenen Pfalzgrafen Friedrich von Sommerschenburg, dann 1144–1147 mit König Erich Lamb von Dänemark, endlich mit Hermann von Winzenburg, mit dem sie am 29. Januar 1152 bei Erstürmung der Winzenburg umkam. Auch ihrer Nachkommenschaft wurde meist ein bitteres Loos. Von Rudolfs drei Söhnen, welche alle erblos starben, wurde der älteste, Udo II., Graf von Frekenleve, 1128 nach Heinrich II. Tode Markgraf der Nordmark. Gemahl einer Schwester Hermanns von Winzenburg, wurde er in des Letzteren Sturz 1130 verwickelt und von Mannen Albrechts des Bären am 15. März bei Aschersleben erschlagen, nachher in Harsefeld beigesetzt. Er war der letzte Markgraf aus dem Stader Hause, ihm folgte bis 1132 Konrad von Plotzeke, dann Albrecht der Bär. Sein Bruder Rudolf II., Graf von Frekenleve, Stade und Dithmarschen, gewann Stade sammt dem Erbe der Ida und dem nicht speciell nachzuweisenden des Grafen Friedrich 1135 zurück. Wenn er schon 1132 Güter der Ida an das Kloster St. Georg zu Stade verschenkte, so übertrug er nur seine nie aufgegebenen Ansprüche. Er war ein treuer Anhänger des Kaisers Lothar und unterstützte auch 1139 Heinrich den Stolzen gegen den Staufer Konrad vor Lüneburg. Nachher scheint er sich in Dithmarschen festgesetzt zu haben, ob er da mit seiner Gemahlin Elisabeth, einer Tochter Leopolds des Starken und Schwester Ottokars von Styre (Steiermark) Hof hielt, ist aus der Sagenfluth nicht zu entscheiden. Am 15. März 1144 wurde er dort „in cometia sua“ im Aufstande erschlagen; wie die Sage erzählt: auf der Bokelenburg mit seiner Gemahlin. Heinrich der Löwe unterwarf und züchtigte dafür die Dithmarsen. Da Rudolf II. kinderlos starb, blieb nur ein Sproß aus dem Stader Hause, sein Bruder Hartwich, ursprünglich der Magdeburger Kirche übergeben, 1142 und 1143 noch Capellan, seit diesem Jahre aber Bremer Dompropst und schon entschlossen das ihm etwa heimfallende Erbe zu behaupten. Die im Schutzvertrage mit Magdeburg genannten Besitzungen in Nortlandia sind den Magdeburgischen gegenüber eben die Stadischen. 1145 erhielt er die nun comitia Bremensis genannte Grafschaft, die er dem Bremer Erzbisthum erblich übergab. 1148 im September wurde er Erzbischof von Bremen, † am 11. October 1168. Heinrich der Löwe und seine Nachfolger machten bis auf Otto das Kind dem Stifte die Grafschaft streitig. Vgl. Allg. D. Biogr. Bd. X S. 716 ff.

Die erste kritische Darstellung des Stammbaumes gab Lappenberg zu den Ann. Stad. in Mon. Germ. Script. XVI. Zu vergleichen ist namentlich Thietmar, Annalista Saxo, Ann. Roseveld., Chron. Magdeb. und das Chron. Roseveld. bei Vogt, Mon. ined. I. Dann Hamb. Urk.-Buch I. – Jahrbücher der deutschen Geschichte von Waitz, Hirsch, Winkelmann, Steindorff. Jaffé, Gesch. des deutschen Reichs unter Lothar dem Sachsen und unter Konrad III. v. Giesebrecht, Gesch. der deutsch. Kaiserzeit, III. Dehio im Brem. Jahrb. VI. 1871 und Geschichte des Erzbisthums Hamburg-Bremen. Cohn’s [261] Stammtafeln zur Gesch. d. deutschen Staaten etc., namentlich Tafel 37, sind nur mit Benutzung der Nachträge, und auch dann nur mit Vorsicht, zu gebrauchen. Kolster, Geschichte Dithmarschens, nach Dahlmann’s Vorlesungen, ist veraltet, namentlich die Eintheilung der Grafschaft Stade S. 25 irrig. Für Eupraxia: Krug, Forschungen in der älteren Gesch. Rußlands II.