Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Lafontaine, August“ von Franz Muncker in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 17 (1883), S. 512–520, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Lafontaine,_August&oldid=- (Version vom 25. April 2024, 08:51 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Lafond, Daniel
Band 17 (1883), S. 512–520 (Quelle).
August Lafontaine bei Wikisource
August Lafontaine in der Wikipedia
August Lafontaine in Wikidata
GND-Nummer 118725947
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|17|512|520|Lafontaine, August|Franz Muncker|ADB:Lafontaine, August}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=118725947}}    

Lafontaine: August Heinrich Julius L. stammte von französischen Reformirten, die unter Ludwig XIV. nach Deutschland ausgewandert waren. Sein Vater, Ludolf Ernst Andreas L. (1704–74), ward Hofmaler des Herzogs Karl von Braunschweig. Mehrjährige Reisen hatten seinen Geist gebildet und ihm reiche sprachliche Kenntnisse erworben; seinen Charakter schmückte Güte und Heiterkeit. August, sein ältester Sohn dritter Ehe, wurde am 5. October 1758 zu Braunschweig geboren. Mit vielen Geschwistern wuchs er in behaglich-glücklichen Familienverhältnissen auf. Frühzeitig wurde er in fremden Sprachen unterwiesen und durch Mittheilung der Eltern oder durch eigene Lectüre mit der Erzählungslitteratur alter und neuer Völker bekannt. Gründlicheren Unterricht, besonders in den alten Sprachen, empfing er auf dem Martineum in seiner Vaterstadt, dann – seit seinem 16. Jahre – auf der gelehrten Schule zu Schöningen bei Helmstedt. 1777 bezog er die Universität Helmstedt, wo er am 24. Februar als studiosus theologiae immatriculirt wurde. Neben der Theologie blieb ihm die Philosophie so wenig wie die Philologie und die Geschichte fremd; auch Mathematik, Physik und Anatomie trieb er. Seine Auffassung der Religion und der Bibel war rationalistisch gefärbt; aber so wenig er orthodox gläubig war, so hing er doch innig an dem Christenthum des Gefühls und übte treu die Pflichten christlicher Nächstenliebe. Berührungen mit der deutschen Litteratur hatte er schon im Hause seines Vaters gehabt, der mit Lessing, Gärtner, Ebert, Zachariä verkehrte. In Schöningen spielte er bei einer Schulaufführung der „Minna von Barnhelm“ die Rolle der Franzisca. Jetzt regte die Lectüre von Reisebeschreibungen neuerdings seine Phantasie an, während das Studium Shakespeare’s, Lessing’s, der Klopstockischen Oden und des Goethischen „Werther“ seinen poetischen Sinn und sein künstlerisches Empfinden bildete. [513] 1780 verließ er die Universität und übernahm eine Hauslehrerstelle in der Familie des Amtmanns Brinkmann zu Bartensleben bei Magdeburg. An dem Halberstädter Domherrn von Veltheim fand er hier einen edelmüthigen Freund und Protector. Nachdem er 1785 seine Mutter und Brinkmann durch den Tod verloren hatte, kehrte er nach Braunschweig zurück. Als Hülfslehrer an der anatomisch-chirurgischen Anstalt und am Carolinum erwarb er sich daselbst seinen Unterhalt. Eschenburg, neben dem Abt Jerusalem und dem Generalsuperintendenten Richter sein älterer Freund und Gönner, bediente sich seines Beistandes bei seiner „Beispielsammlung zur Theorie und Litteratur der schönen Wissenschaften“. Schon in Bartensleben hatte L. einige Erzählungen entworfen, Bilder aus der griechischen und römischen Geschichte, nach den Berichten antiker Autoren lebendiger und anschaulicher ausgemalt. Jetzt brachte ihn die Mitarbeit an Eschenburg’s Sammelwerk auf den Gedanken, einen Roman zu schreiben. Derselbe soll auch in Leipzig bei Weigand gedruckt worden sein; der Verfasser hatte ihn jedoch später bis auf den Titel vergessen. Die Hoffnung, eine dauernde Anstellung am Carolinum zu erhalten, schlug fehl. L. sagte daher der Vaterstadt für immer Lebewohl und ging als Hofmeister im Hause des preußischen Obersten v. Thadden im Beginn des Herbstes 1786 nach Halle. Er trat bald in nahen Verkehr mit den Professoren der dortigen Universität. Inniger aber wurden seine Beziehungen zu Fülleborn, Gräter, Mnioch, Maaß und Ersch. Mit diesen gleichstrebenden jüngeren Genossen stiftete er einen Verein, dessen regelmäßige Zusammenkünfte dem wissenschaftlichen Studium und der freundschaftlichen Geselligkeit gleichmäßig dienen sollten. Er selbst hatte dabei über die franzosische, englische und italienische Litteratur zu berichten. Sein schriftstellerisches Talent erhielt hier reiche Anregung.

Der geringe Erfolg seines Erstlingswerkes hatte den jungen Autor auf einige Zeit eingeschüchtert. Nunmehr aber ließ er sich durch die Herausforderungen der Freunde und durch seine Bewunderung der historischen Dramen Shakespeare’s bewegen, auf dem Gebiete des Schauspiels ein paar Versuche zu wagen. Nach d’Arnaud’s „Euphémie“ schrieb er sein vieractiges Trauerspiel „Antonie oder das Klostergelübde“ (Halle 1789), das die augenscheinlichsten Fehler des französischen Vorbildes zwar vermeidet, gleichwol aber noch an schweren Mängeln krankt: der Aufbau der Handlung ist schwach, die Entwicklung langweilig breit, der Ausgang zwar rührend, doch schreiend ungerecht, sittlich und künstlerisch unbefriedigend, die gesammte Darstellung ohne originelle Dichterkraft. Bedeutenderes Talent veriethen die beiden Bände „Scenen“, die gleichfalls 1789 zu Leipzig erschienen und sogar die Erwartungen Schillers erregten. Sie enthielten zwei außerordentlich lose entworfene dramatische Gemälde, „Die Befreiung“ und „Kleomenes“, ganz unter dem Einfluß Shakespeare’s entstanden, nicht originell, aber geschickt ausgeführt, freilich ohne dramatische Geschlossenheit wie ohne künstlerische Einheit. Zur gleichen Zeit schrieb er das Lustspiel „Die Prüfung der Treue oder die Irrungen“, das sich weder durch geschickte Verwicklung der Intrigue noch durch bedeutende Charakteristik der Personen noch durch treffenden Witz des Dialogs auszeichnet, und das oft aufgeführte Familiengemälde „Die Tochter der Natur“, das beste seiner Bühnendramen. Diesem Stücke fehlt es nicht an Witz und Humor, an gut getroffenen Charakteren, an geschickter Schürzung des Knotens. Die Handlung führt in nicht gerade raschem, doch beständigem Fortschritt dem versöhnenden Ausgang entgegen. Doch sind die Motive nur wenig originell und bedeutend, und der ganze Gegenstand erhebt sich nirgends über das Niveau des moralischen Rührdramas. Trotz des Beifalls, welcher dem Stück zu Theil wurde, verließ L. mit ihm die dramatische Laufbahn, um sich nun ganz der Roman- und Novellendichtung zu widmen. [514] Seit 1791 erschien von ihm zu Berlin in vier Bänden unter dem Titel „Die Gewalt der Liebe“, eine Sammlung von kleinen, theilweise sogar in Versen abgefaßten Erzählungen, welche das Wesen und Wirken der Liebe in den verschiedenen Lagen des Lebens abschilderten, je nachdem sie sich mit einer anderen Leidenschaft oder Charaktereigenschaft verbindet oder in Conflikt mit derselben geräth. 1792 folgten, im gleichen Sinn abgefaßt, „Die Verirrungen des menschlichen Herzens oder so macht es die Liebe“. Zugleich gab L. 1792, nachdem Dr. Karl Friedrich Bahrdt von der Redaction zurückgetreten war, den zweiten Band der „Zeitschrift für Gattinnen, Mütter und Töchter“ heraus, die er vom Juli 1792–93 unter dem Titel „Museum für das weibliche Geschlecht“ fortsetzte. Eine Auswahl seiner Beiträge zu beiden Journalen, kleinere Aufsätze zur Bildung der Frauen oder moralische Erzählungen, welche das Weib in seinen mannigfachen Beziehungen zur Familie und zur Welt darstellten, sammelte L. später in den drei ersten Bänden seines „Sittenspiegels für das weibliche Geschlecht“ (1804–11), während die drei letzten Bände neue, größere Novellen und Romane brachten. –

Nachdem L. 1789 sein zweites Examen in der Theologie bestanden hatte, war er als Feldprediger bei Thadden’s Regiment angestellt worden und als solcher 1790 in das preußische Feldlager nach Schlesien mit ausgerückt. Wichtiger wurde seine Berufsthätigkeit nach der baldigen Rückkehr in die Garnison. Durch Predigten und persönlichen Umgang suchte er die Sittten des Militärs zu bessern; um die Bildung der Offiziere zu heben, ertheilte er den jüngeren von ihnen Unterricht in der Geschichte; auch übernahm er Stunden in der Garnisonsschule, um durch ihre Kinder auf Geist und Gemüth der Soldaten zu wirken. Er vermählte sich mit einer entfernten Verwandten Brinkmanns, die er in Bartensleben bereits kennen und schätzen gelernt hatte, Sophie Abel, ward aber aus der neubegründeten Häuslichkeit bald durch den unglücklichen Feldzug nach der Champagne herausgerissen, zu dem er am 14. Juni 1792 mit seinem Regimente aufbrach. Skizzen aus dem Kriegsleben theilte er in seinem „Museum für das weibliche Geschlecht“ mit. Als gegen Ende des Jahres 1793 die preußische Kriegführung lauer zu werden begann, ließ L. seine Frau aus der Heimath nachkommen und richtete sich in Oppenheim bei Mainz zu dauerndem Aufenthalt ein. Kleinere Ausflüge und mehrtägige Reisen unternahm er von da im Frühling 1794 durch das ganze Rheingebiet von Karlsruhe bis Düsseldorf. Nach Abschluß des Basler Friedens kehrte er 1796 nach Halle zurück. Die allgemeine Gunst, in die sich der Romanschriftsteller so rasch gesetzt hatte, ging nun auch auf den Prediger über: die Kirchen konnten die Menge seiner Zuhörer kaum fassen. In seinen Kanzelreden trug er mit Ausschluß der eigentlichen Dogmatik die reine Moral des Christenthums vor. Er sprach populär, aber mit dem Feuer einer begeisterten Ueberzeugung und mit Aufgebot aller rhetorischen Künste, immer unter dem Einfluß der freien Eingebung des Augenblicks, oft ohne besondere Vorbereitung. Wie sich sein Autorruhm ausbreitete und ihm der Ertrag seiner Romane eine gesicherte Existenz gewährte, dachte er ernstlich daran, seine Stelle niederzulegen, um mehr seiner Familie leben zu können. Aber erst, als sein Gönner, der nunmehrige General v. Thadden, im November 1799 in den Ruhestand trat, reifte der langgehegte Entschluß zur That: am Charfreitag 1800 hielt er seine Abschiedspredigt.

Er kaufte ein Grundstück dicht bei Halle und bezog es alsbald mit seiner Frau und seiner Nichte Luise Mitgau, die er, selbst kinderlos, an Kindes Statt angenommen hatte. Neben ihrer Erziehung widmete er sich jetzt vornehmlich der litterarischen Wirksamkeit. Die Vorstudien zu seinen dichterischen Entwürfen führten ihn sogar dazu, daß er mehrere orientalische Sprachen erlernte und sich [515] mit Fragen der Etymologie und Sprachvergleichung eingehender beschäftigte. Doch ließen ihn die beständigen Besuche von Fremden, die aus Nah und Fern zu ihm kamen, nur in den ersten Morgenstunden zu schriftstellerischen Arbeiten gelangen. Das Wohlgefallen, welches die Königin Luise an seinen Erzählungen fand, hatte zur Folge, daß ihm ein Canonicat an dem Domstift zu Magdeburg verliehen wurde. Doch verschlossen sich ihm, der schon 1806 durch französische Plünderer viel verlor, mit der Zutheilung Halles und Magdeburgs zum Königreich Westfalen (1807) und mit der Aufhebung der Domstifter die tröstlichen Aussichten wieder, die ihm jener Gnadenbeweiß des Königs von Preußen eröffnet hatte. Dagegen erwählte ihn die Stadt Halle zum Mitglied des Gemeinderathes und die philosophische Facultät der Universität Halle verlieh ihm an seinem Geburtstag 1811 das Doctordiplom. Zu wiederholten Malen besuchte er das nahe Leipzig, Halberstadt oder Lauchstedt; einmal dehnte er einen solchen Ausflug gar bis in seine Vaterstadt Braunschweig aus. Eine größere Reise von fast drei Monaten unternahm er im Juli 1811 über Nürnberg und München nach Venedig; der Rückweg führte ihn über Wien, Prag und Dresden. Während der ersten Kriegsereignisse des Jahres 1813 zog er sich mit seiner Familie nach Zerbst zurück.

Indessen wuchs die Zahl seiner Romane und Novellen bald auf mehr als 120 an, nahezu die Hälfte davon mehrere Bände stark. 1791 erschien „Der Naturmensch“, sein erster größerer Roman, der die fünfzehnbändige Sammlung „Gemälde des menschlichen Herzens in Erzählungen“ eröffnete. Gleich hier griff L. – doch nicht im Sinne Rousseau’s, wie es seine Leser erwartet haben mochten – wirksam in die Bestrebungen der Zeit ein. In drei Theilen schloß sich daran „Der Sonderling“ (1793), einer seiner besten Romane, auch durch reich sprudelnden echten Humor gewürzt, durch das Problem, das dem Dichter hier gestellt war, dem „Naturmenschen“ verwandt. 1794 folgte „Clara du Plessis und Clairant“, der erste jener zahlreichen Romane, deren Stoff L. aus der Geschichte der französischen Revolution entlehnte. Die Idee zu dieser „Geschichte zweier Liebenden“ war ihm schon 1792 aufgestiegen, als er das Treiben der Emigranten in Coblenz betrachtete. Durch die Anschaulichkeit, mit der er darin die örtlichen und zeitlichen Verhältnisse, Charaktere und Situationen treu nach dem Leben schilderte, erzielte er den Eindruck höchster Wahrscheinlichkeit, so daß ihn der größere Theil seiner Leser nicht für den Dichter einer frei erfundenen, sondern nur für den Nacherzähler einer wirklichen Geschichte hielt. In dieselbe Zeit verlegte L. auch seinen großen, vierbändigen Roman „Leben und Thaten des Freiherrn Quinctius Heymeran von Flaming“ (1795–96), in welchem er jedoch, wie in seinen beiden ersten größeren Erzählungen mehr einen allgemein pädagogischen Zweck verfolgte. Das Buch sollte zunächst den sittlichen Unwerth der Vorurtheile des Adels nachweisen, zugleich aber überhaupt ein Spiegel sein für jedermann, der, statt denken zu lernen, Paradoxe aufgreift und politische oder philosophische Schlagwörter im Munde führt, dabei jedoch einseitig und ebenso thatlos wie gedankenlos ist. So geißelte denn hier der Verfasser, der sich berufen fühlte, Aufklärung zu verbreiten, die verschiedensten Grillen und absonderlichen Bestrebungen des Zeitalters. Auch die Tendenz der Rittergeschichte „Rudolf von Werdenberg“ (1796) war auf die Gegenwart gerichtet. L. benützte die Ereignisse der schweizerischen „Revolutionszeiten“, die er aus seinem Lieblingsautor Johannes Müller kennen gelernt, um in seiner dichterischen Darstellung derselben mittelbar die aufgeregten Verhältnisse der jüngsten Jahre abzubilden und durch die moralischen Betrachtungen, die er der Geschichte einflocht, direct auf die Parteien seiner eignen Zeit einzuwirken. Noch einmal gab er in „Saint Julien“ (1798), dem heitern Gegenstück von „Clara [516] du Plessis“, ein voll ausgeführtes Gemälde aus der französischen Revolution, in welchem er neben den empörenden Blutscenen aus den Tagen der allgemeinen Schreckensherrschaft mit hellen Farben die glänzenden Beispiele von Tugend und aufopfernder Liebe einzelner edler Menschen hervorhob. Für die Darstellung des Familienlebens darin bot ihm der „Vicar of Wakefield“ von Goldsmith verschiedene Motive dar. „Saint Julien“ bildete das zweite Werk in der zwölfbändigen Sammlung der „Familiengeschichten“, die L. das Jahr zuvor mit der „Familie von Halden“ eingeleitet hatte, einem breitgedehnten, vielfach, aber wenig künstlerisch verwickelten Intriguenroman, der trotz einiger unbestimmter Anspielungen auf politische Vorgänge doch nur socialen Tendenzen diente und jedes politischen Charakters entbehrte. Neben diesen Erzählungen aus der modernen oder mittelalterlichen Welt hatte L. nun auch größere Romane über antike Stoffe zu entwerfen begonnen. Er gab 1796 und 1799 zwei Bände „Sagen aus dem Alterthum“ heraus („Aristomenes und Gorgus“ und „Romulus“), von August Wilhelm Schlegel richtiger als „Sagen in das Alterthum hinein“ bezeichnet. L. umgab das Gerippe der antiken Ueberlieferungen nicht blos mit einer Fülle von neuerfundenen Episoden, sondern er trug auch in die altheidnische Welt der Griechen und Römer seine christlich-moralische Sentimentalität hinein und zerstörte dadurch vollkommen den heldenhaft-naiven Charakter, den die geschichtliche Tradition den Personen und Zuständen jener Vorzeit aufgeprägt hat.

Weitere neue Bahnen beschritt Lafontaine’s Romandichtung während der 2½ Jahrzehnte, die sie fast noch dauerte, kaum mehr. Ziemlich alle seine späteren Erzählungen können unter den Rubriken der moralischen Familiengeschichte oder des socialpolitischen Romans, meist mit pädagogischer Tendenz, untergebracht werden. Sie sind vorwiegend in die Gegenwart, zum Theil auch in das Mittelalter verlegt; nicht einmal mehr aus dem classischen Alterthum entlehnte der schreibelustige Verfasser fernerhin Stoffe zu größeren Romanen, höchstens zu kurzen, theilweise anekdotenhaften Geschichten. So erschienen neben vielen anderen Erzählungen 1800 „Hermann Lange“ (2 Bde.), „Karl Engelmann’s Tagebuch“, „Theodor oder Cultur und Humanität“ (2 Bde.), 1801 „Leben eines armen Landpredigers“ (2 Bde., welche jedoch im einzelnen kaum einen Einfluß von Goldsmith verrathen), „Rudolf und Julie“ (2 Bde.), 1802 „Henriette Bellmann“, ein „Gemälde schöner Herzen“, in 2 Bänden, 1803 „Fedor und Marie oder Treue bis zum Tode“, eine sogenannte historische Erzählung aus der russischen Geschichte, ferner die dreibändige Sammlung „So geht es in der Welt“ mit den Romanen „Der Baron von Bergedorf oder das Princip der Tugend“ und „Eduard und Margarethe oder Spiegel des menschlichen Lebens“, 1805 „Barneck und Saldorf“ (2 Bde.), 1806 „Das Haus Bärburg oder der Familienzwist“, 1807 „Die Familienpapiere oder die Gefahren des Umgangs“ (2 Bde.), „Gemäldesammlung zur Veredlung des Familienlebens“ (2 Bde., welche der Roman „Die Brüder oder der Wildfang“ ausfüllte), 1808 „Arkadien“ (3 Bde., in moderne Zeit verlegt und von modern-sentimentaler Empfindung durchdrungen, aber von den kriegerischen Zeitereignissen losgelöst), „Aline von Riesenstein“ (3 Bde.), „Die beiden Bräute“ (3 Bde.), 1809 „Emma“ (2 Bde.), „Das Testament“ (3 Bde.), „Raphael oder das stille Leben“, „Eduard oder der Maskenball“ (3 Bde.), 1810 „Der Hausvater oder: das liebt sich! und warum?“ (3 Bde.), „Wenzel Falk und seine Familie“ (3 Bde.), „Amalie Horst oder das Geheimniß glücklich zu sein“, in 2 Bänden, eine der besseren Familiengeschichten aus Lafontaine’s späterer Periode, die wenigstens im Anfang eine Reihe neuer, zum Theil sogar origineller Motive aufweist, 1811 „Die Gefahren der großen Welt oder Bertha von Waldeck“ in 2 Theilen, welche das [517] zehnbändige Sammelwerk „Schilderungen aus dem menschlichen Leben in Erzählungen“ eröffneten, „Das Bekenntniß am Grabe“, in 3 Bänden, ausgezeichnet durch mannigfaltige Charakteristik der dargestellten Personen, welche L. freilich theilweise ebenso wie einige der wirksamsten Situationen nur wenig verändert aus dem „Vicar of Wakefield“ entlehnte, „Tinchen oder die Männerprobe“ (2 Bde.), 1812 „Die Moralsysteme oder Ludwig von Eisach“ (2 Bde.), „Bürgersinn und Familienliebe oder Tobias Hoppe“ (3 Bde.), 1813 „Walther oder das Kind vom Schlachtfeld“ (3 Bde.), 1814 „Eugenie, der Sieg über die Liebe“ (4 Bde.), 1815 „Der Kampf mit den Verhältnissen oder der Unbekannte“ (3 Bde.), 1816 „Ida von Kiburg oder das Verhängniß“, jeder originellen Erfindung baar, „Die Pfarre an der See“ (3 Bde.), 1817 „Isidore oder die Waldhütte“ (2 Bde.), „Agathe oder das Grabgewölbe“ (3 Bde.), „Das heimliche Gericht des Schicksals oder Rosaura“ (3 Bde.), 1818 „Reinhold“ (3 Bde.), 1819 „Die beiden Freunde“ (2 Bde.), „Die Geschwister oder die Reue“ (2 Bde.), 1820 „Die Wege des Schicksals“ (2 Bde.), 1822 „Die Stiefgeschwister“ in 3 Theilen, Lafontaine’s letzter Roman. Zu diesen breit ausgeführten und umfangreichen Erzählungen gesellten sich, in demselben Geist abgefaßt, zahlreiche kleinere Novellen. Sie wurden zum großen Theil zuerst in Monatsschriften, Taschenbüchern und Almanachen veröffentlicht und bald darnach in mehreren Sammlungen, die oft unter verschiedenen Titeln fast das Gleiche enthielten, vereinigt. So folgten den vier Bänden, die unter der Aufschrift „Die Gewalt der Liebe“ 1791 erschienen waren, von 1794 an sechs Bände „Moralischer Erzählungen“, 1795 ein Band „Kleiner Erzählungen und Aufsätze“, 1799 zugleich sechs Bände „Kleiner Erzählungen und Geschichten“, vier Bände „Moralischer Erzählungen“, unter ihnen am bedeutendsten die ziemlich weit ausgesponnene und nicht ohne Anmuth geschriebene Geschichte „Die Harfenistin oder die Liebe auf dem Riesengebirge“. Drei weitere Bändchen, welche die in den Jahren 1802–9 entstandenen Novellen enthielten, wurden 1810 zur Ergänzung der Sammlung nachgeschickt. Vorher waren 1801 schon zwei Theile „Märchen und Erzählungen“ und seit 1804 die (bereits erwähnten) sechs Theile des „Sittenspiegels für das weibliche Geschlecht“, 1806 „Kleine Familiengeschichten“, 1807 „Neueste Erzählungen und kleine Romane“ in 2 Bänden herausgekommen; 1814 folgten noch einmal „gesammelte Erzählungen“ unter dem Titel „Rosen“.

Damit ist aber die Anzahl der Sammlungen, die fast ausnahmslos mehrmals aufgelegt werden mußten, keineswegs abgeschlossen. Noch weniger ist durch die vorausgehende Aufzählung der Titel die Summe der Romane und Novellen Lafontaine’s erschöpft. Auch die umfangreichsten unter ihnen erzielten drei, ja nicht selten vier, fünf und mehr Auflagen, von vielen Nachdrucken, die namentlich in Stuttgart, Wien und Prag hervortraten, ganz abgesehen. Dazu kamen massenhafte Uebersetzungen ins Französische, Italienische, Englische, Holländische, Dänische, Schwedische, Russische und Polnische. Das Publicum wurde der neuen Producte seines Lieblingsautors nicht satt, so dicht hinter einander ihm dieselben auch vorgesetzt wurden. Das Wohlgefallen an seinen Schriften bildete sich gar oft zu persönlicher Neigung gegen den Verfasser um, und L. konnte auf seiner Reise nach Venedig ähnliche Beweise von bewundernder Verehrung und herzlicher Theilnahme erfahren, wie sie einige Jahrzehnte voher Gellert und Christian Felix Weiße entgegengebracht worden waren. Selbst das absprechende Urtheil hochangesehener und berufener Kritiker vermochte ihm die Herzen seiner Leser nicht zu entfremden.

[518] Anfangs, etwa bis zum Jahr 1798, lauteten die Recensionen in den größeren Litteraturzeitungen und Monatsschriften vorwiegend anerkennend und aufmunternd für L. Seitdem aber hatte er unter der erbarmungslosen Härte, mit der die Begründer der romantischen Schule ihn angriffen, schwer zu leiden. Tieck verspottete ihn 1799 im vierten Act des „Prinzen Zerbino“ als den „großen Bach“ in seiner Romanmühle, „den andre die Fontaine nennen“, der so klar fließt, daß man jeden Kiesel auf dem Grund zählen kann, und „seinem Wesen nach Unschuld und Liebe“, in jedem Tropfen voll Süßigkeit ist. August Wilhelm Schlegel vollends veröffentlichte 1798 im „Athenäum“ eine geradezu vernichtende Kritik Lafontaine’s. Aus moralischen und ästhetischen Gründen verurtheilte er auf das schärfste „die im ganzen so herabziehende Tendenz seiner Produkte, denen es an Poesie, an Geist, ja sogar an romantischem Schwunge fehlt“. Von nun an wurden die Ausfälle der Jüngeren auf den „Wassermann“ häufiger, ohne immer in den Schranken des gerechten Maßes zu bleiben. Doch kehrten sich weder der Getadelte selbst, noch seine Leser an die wegwerfenden Urtheile der Recensenten.

Schüchtern, zum Theil unter Pseudonymen (Miltenberg, Gustav Freyer, Selchow), war L. in die Reihe der Unterhaltungsschriftsteller eingetreten. Seine Werke wiesen ihm seinen Platz zwischen Iffland und Kotzebue an. In der Wahl der Stoffe schloß er sich ganz an jenen an; wie Iffland im Familiendrama, glänzte er im Familienroman. In der Art jedoch, wie er seine Gegenstände behandelte, traf er mehr mit Kotzebue zusammen, ohne aber je zu der unsittlichen Hohlheit desselben völlig herabzusinken. Seine oft laxe und bedenkliche Moral entsprang nicht, wie bei diesem, aus Mangel an Grundsätzen und an edlerem Streben, sondern aus seinem weichen Gefühl, das gutmüthige Nachsicht gegen die Schwächen des menschlichen Herzens üben zu müssen glaubte, und aus seiner freieren Denkungsart, welche den aufklärerischen Tendenzen der Zeit huldigte. Die Tugend, die er predigte, ist, wie so häufig bei den Verfassern des älteren Sittenromans im vorigen Jahrhundert, auch bei Richardson, vorwiegend negativer und passiver Natur, darauf beschränkt, daß der letzte, äußerlich genommen gröbste Fehltritt vermieden wird, oder sie ist fast instinctartige Folge einer rohen Gutherzigkeit. Lafontaine’s Stoffe wie seine Darstellung erscheinen daher sehr oft angekränkelt und, in einem höheren Sinn betrachtet, unsittlich, manchmal auch im alltäglichen Verstand des Wortes unmoralisch, obgleich er selbst beständig das sittliche Moment betonte. Er sah im Roman „eine Schule der Selbstkenntniß, eine Moral in Beispielen und, wie die Sachen jetzt liegen, beinahe die einzige Schule wenigstens für das weibliche Geschlecht“. Seine Erzählungen sollten als Unterricht dienen für die gefährlichen Jahre, in denen die Liebe keine Posse ist. So verfolgten sie alle in der Hauptsache mehr oder weniger dasselbe Endziel, die Gewalt der Liebe zu schildern und vor der Macht der Leidenschaft wie der sinnlichen Begierde zu warnen. Diese Gleichheit der ethischen Tendenz bedingte auch eine Uebereinstimmung des künstlerischen Charakters. An die verschiedenartigsten Vorbilder zwar lehnte sich L. besonders in seinen ersten Romanen an. Goldsmith’s „Vicar of Wakefield“ und Goethe’s „Werther“ und „Wilhelm Meister“ lieferten ihm Motive so gut wie der „Siegfried von Lindenberg“ seines Vorgängers in der Gunst des Publicums, Johann Gottwerth Müller von Itzehoe, wie Marmontel’s kleinere Erzählungen oder wie die ersten Werke Jean Paul’s. Aber so reiche Ausbeute ihm auch der weite Umkreis seiner von Jugend auf nach allen Seiten ausgedehnten Lectüre gewährte, so war doch bald die Summe seiner Erfindungen erschöpft, und als er etwa seit dem Beginn unsers Jahrhunderts eilfertiger und handwerksmäßiger die Schriftstellerei betrieb, wiederholte er fast nur die früheren Charaktere und [519] Situationen, nicht einmal immer unter anderen Namen, hie und da sogar, ohne die einstige Verbindung und Anordnung der alten Motive merklich zu verändern.

L. wollte in seinen Romanen und Novellen wahrheitsgetreue Abbilder des wirklichen Lebens geben und schilderte darum gern nach eigener Erfahrung, entlehnte seine Scenen und Charaktere zum Theil aus seiner eigenen Geschichte und aus der seiner Eltern, Geschwister oder Freunde. Dazwischen aber trieb es ihn auch wieder zur Darstellung idealer idyllischer Verhältnisse, die, wie z. B. im „Reinhold“, allen Anforderungen der Wirklichkeit widersprachen und geradezu irreal und unmöglich wurden. Humor, Witz und Laune zeichnete ihn im Leben aus. In seinen Schriften verräth sich wenig davon. Die weiche Rührung, die er hervorzurufen suchte, duldete nicht die frischeren Regungen scherzhafter Komik. Hingegen strebte er nicht nur mittelbar durch die Erzählung, sondern auch direct durch didaktische Excurse zu belehren, und hier übte er auch eine – freilich immerhin mäßige und bescheidene – Polemik gegen alles, was in der Litteratur ihm ungesund und extravagant schien, so späterhin vornehmlich gegen die philosophischen, künstlerischen und sittlichen Grundsätze der romantischen Schule.

Wie sehr auch L. als echter Sohn der Aufklärung und als Zeitgenosse der französischen Revolution gegen mannigfache Vorurtheile, namentlich gegen die Vorrechte des Adels und gegen die kastenartige Abgeschlossenheit der einzelnen Stände ankämpfte, im Grunde blieb das Meiste, was er schrieb, in den engen Schranken der Familiengeschichte eingegrenzt. Die Conflicte von Liebe und Dankbarkeit, von kindlicher Pietät gegen die Eltern und bräutlicher Neigung zwischen Mädchen und Jüngling, von schnell verrauchender sinnlicher Begierde, die der Taumel eines leidenschaftlichen Augenblicks erzeugt, und edler Liebe, die über zeitliche und räumliche Trennung hinaus die Treue wahrt, die Intriguen, welche Eltern von ihren Kindern, Geschwister von Geschwistern, die Braut vom Bräutigam reißen, kehren immer wieder. Die Charaktere, die im Mittelpunkt der Erzählung stehen und für die der Dichter vorzüglich unser Interesse zu gewinnen sucht, sind entweder gute, liebenswürdige Menschen voll Gefühl für Ehre und Sittlichkeit, mit viel Herz, seltener geistig ausgezeichnete Personen, durchschnittlich unbedeutende Naturen, Leute, die in ihrer Tugend durch widrige Schicksale nicht gestört und endlich belohnt, wohl auch durch das Leben von kleinen Fehlern geheilt werden, oder es sind halbschlechte Menschen, welche durch die Erkenntniß des Unglücks, das sie auf ein Haar angestiftet hätten, vollständig bekehrt werden. Sittlich ganz schlechte Charaktere finden sich bei L. fast nirgends. Selbst die verworfensten Wollüstlinge, welche ganze Familien in Elend stürzen, starrsinnige Tyrannen, welche ihr eigenes Glück und das der Ihrigen rettungslos untergraben, grausame Egoisten, welche herzlos ihren Grillen das Wohl und Leben derer opfern, die ihnen am theuersten sein sollten, bessern sich regelmäßig am Ende und werden nur zu häufig noch glücklich, ohne für ihre Sünden recht gebüßt zu haben. Auf einen äußerlich fröhlichen, wenn auch innerlich oft unbefriedigenden Schluß arbeitet L. in den meisten Fällen hin. Schürzung und Lösung des Knotens bleibt dabei nicht selten dem Zufall überlassen; die Motive, mit denen der Verfasser operirt, sind schablonenhaft, plump und unbedeutend, fast nie aus dem Innern geholt und psychologisch vertieft. An künstlerischer Einheit und organischem Zusammenhang fehlt es seinen Dichtungen gar oft. Am geschicktesten ist meistens die Exposition gemacht, breit ausgeführt, doch gewöhnlich mit sehr einfachen Motiven; ungleichförmig, an Unwahrscheinlichkeiten und Unnatürlichkeiten reich, ist der Verlauf der Handlung, deren Fäden bald wirr, bald künstlich, aber kaum einmal in origineller Weise durch einander geschlungen sind; die Lösung vollzieht sich meist im Widerspruch [520] mit den Gesetzen einer echten Kunst und verletzt bisweilen neben dem ästhetischen auch den sittlichen Sinn des Lesers. Die Darstellung ist außerordentlich umständlich und wird namentlich durch die ermüdende Breite der zahlreichen Dialoge oft langweilig. L. sucht sie zu beleben, indem er sie subjectiver gestaltet, und bedient sich zu diesem Zweck mit Vorliebe der Briefform. Aber nicht immer gelingt ihm der Versuch. In den meisten Fällen bleibt auch die Form der Erzählung unbedeutend. Dagegen weiß er in der That das Gemüth des Lesers zu rühren, namentlich in den Stellen, wo er die Wiederkehr des Glücks zur edlen Menschen, die lange unschuldig vom Leide belastet waren, mit natürlicher Einfalt schildert. Da trifft er noch am ersten echte Herzenstöne. Vortrefflich ist seine Diction, äußerst leicht: einfacher Ausdruck in kurzen, klaren Sätzen. Man merkt, wie mühelos dem Verfasser das Schreiben ward. Die kunstlose Anmuth der Sprache macht selbst die langweiligen Partien erträglich. Kleine Flüchtigkeiten und Nachlässigkeiten, die sich in die ersten Ausgaben eingeschlichen hatten, merzte L. in den folgenden, regelmäßig verbesserten Auflagen sorgfältig feilend aus. In seinen späteren Werken verlor auch sein Stil immer mehr an individuell charakteristischem Gepräge. –

Unter schwerem häuslichen Leid schrieb L. den letzten seiner Romane. Seit 1820 hatte der Tod ihm mehrere nahe Verwandte entrissen; nun raffte er 1822 auch seine Gattin, 1823 seine Pflegetochter und eines ihrer Kinder weg. Die Freude an dichterischer Arbeit ging ihm darüber auf immer verloren. Er konnte sich nicht mehr dazu bringen, einen Roman zu schreiben, und lehnte selbst die Anträge verschiedener Buchhändler, eine Auswahl oder vollständige Sammlung seiner Erzählungen herauszugeben, trotz der glänzenden Bedingungen, die damit verbunden waren, ab. Sein geistiges Interesse war bereits seit einigen Jahren vorwiegend auf die griechische Litteratur gerichtet. Unermüdlich gab er sich dem eindringenden Studium derselben hin. Von den Prosaikern zogen ihn besonders Xenophon und Lukian, von den Dichtern die Dramatiker an. Nach eigenartigen, von der bisherigen philologischen Praxis etwas abweichenden Principien der Textkritik gab er 1822 den „Agamemnon“, 1824 die „Choephoren“ des Aeschylos, 1826 die „Hecuba“ des Euripides mit sprachlichen, metrischen und allgemein ästhetischen Anmerkungen heraus, ohne daß die wissenschaftlichen Zunftgenossen von seinen Bemühungen irgend welche Notiz nahmen.

Sein Gartenhaus hatte er bald nach dem Tode seiner Frau verkauft und eine Wohnung in der Stadt bezogen. Eine Zeit lang erfreute er sich noch des völligen Besitzes seiner körperlichen und geistigen Kräfte. Seit dem Frühjahr 1829 wurde ihm das Gehen schwer und nach und nach ganz unmöglich. Fast gleichzeitig nahm auch sein Gedächtniß sichtlich ab; sonst blieb sein Geist ungeschwächt. Sanft starb er am 20. April 1831. Sein schriftstellerischer Ruhm sank schon während des letzten Jahrzehnts seines Lebens merklich und erlosch bald nach seinem Tode völlig; das liebenswürdige, milde und biedere Wesen des Menschen L. blieb seinen Freunden stets treu im Gedächtniß.

Neuer Nekrolog der Deutschen (von F. A. Schmidt). Neunter Jahrgang 1831. Ilmenau 1833. Thl. I. S. 342 ff. – J. G. Gruber, August Lafontaine’s Leben und Wirken. Halle 1833. – Bibliothek der schönen Wissenschaften. herausgegeben von Theod. Christ. Friedr. Enslin, gänzlich umgearbeitet von Wilhelm Engelmann. Zweite Auflage. Leipzig 1837. S. 211 ff. – F. A. Pischon, Denkmäler der deutschen Sprache von den frühesten Zeiten bis jetzt. 6. Thl., 2. Abtheilung. Berlin 1851. S. 527 ff. – Karl Rosenkranz, Von Magdeburg bis Königsberg. Berlin 1873. S. 394 ff. – Mittheilung aus den Acten der Universität Helmstedt durch die Güte des Herrn Archivsecretärs Dr. P. Zimmermann in Wolfenbüttel.