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Artikel „Mnioch, Johann Jacob“ von Daniel Jacoby in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 22 (1885), S. 36–38, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Mnioch,_Johann_Jakob&oldid=- (Version vom 21. November 2024, 18:33 Uhr UTC)
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Mnioch: Johann Jacob M., Schriftsteller des 18. Jahrhunderts, geb. am 13. Octbr. 1765. Nachdem er in Jena studirt hatte, lebte er in Halle als Hauslehrer in vornehmen Häusern. Als Dichter trat er schon als Einundzwanzigjähriger auf. Beiträge von ihm auch in Wieland’s T. Merkur 1788, I. 227 u. II. 370. 1790 Rector zu Neufahrwasser bei Danzig; mit Fichte wurde er bekannt, als dieser unfern Danzig bei dem Grafen Krockow als Lehrer wirkte (bis Frühling 1793). M. verlor seine Stelle, als die Schule einging: das Versprechen, ihn bei der Reform des Danziger Gymnasiums zu berücksichtigen, wurde nicht gehalten. Aus kümmerlichen Verhältnissen befreite ihn die Berufung zum Assessor bei der Lotteriedirection in dem preußisch gewordenen Warschau 1796. Hier verkehrte er mit den jungen Preußen, welche ihr Beruf in die entfernte Provinz führte. Wie ein Koloß, so erzählt Hitzig, ragte M. hervor, ein Mann, wie er zusetzt, den seine Zeit nicht genug erkannt hat, weil sein Schicksal wollte, daß überall, wo er seine Stimme erhob, Größere als er, gleichzeitig, das Aehnliche auszusprechen suchten. Auf Zacharias Werner hatte M. einen entschiedenen Einfluß; durch ihn wurde Werner auch für die Freimaurerei begeistert. Den Häuptern der Romantik fühlten sich beide verwandt; von mystisch-schwärmerischen Neigungen aber blieb M. frei. Auch an dem Schlegel-Tieck’schen Musenalmanach betheiligte er sich: „Hellenik und Romantik“, ein vortreffliches Gedicht, nach dem Urtheil W. Schlegel’s in einem Briefe an Tieck, erschien zuerst daselbst 1802. Mit Tieck wie mit Fichte stand er im Briefwechsel. Noch nicht vierzigjährig starb M. am 22. Febr. 1804 am Schlagfluß. Dieses Datum bezeugt der Feldprediger Grein in einem Briefe an Mnioch’s Verleger Anton in Görlitz. Zacharias Werner schrieb damals irrthümlich aus Königsberg an Hitzig: am 24. Febr. sei seine Mutter gestorben, „an demselben Tage, als unser trefflicher M. in Warschau starb“.

[37] Seit 1786 waren eine Reihe kleiner Schriften v. M. erschienen. Die erste größere Sammlung „Papillons“, 2 Bde., 1788 und 89: Erzählungen, Dialoge und Gedichte; der größte Theil ist von ihm. In den „Elegien“ lebhaftes und weiches Gefühl, die Form aber mangelhaft. Am besten sind die humoristisch-poetischen Episteln und besonders die „Rundgesänge“. Das „Lied vom Grabe“: „Wir werden alle Platz und Raum In unsern Gräbern haben“ im I. Bd. S. 234 f. Gesang wechselt mit „Spruch“ ab. „Die Gesänge der Barden Hermanns“ (II, 166 f.), „aus einem noch ungedruckten Schauspiel“ in Klopstock’s Manier. – „Kleine vermischte Schriften“, 1794–95, Danzig, 3 Bändchen. In den Gedichten des ersten zum Theil Wiederholungen der ersten Sammlung, aber keines ohne Verbesserungen, so auch S. 199 f. „Das Lied vom Grabe“.

Die „sämmtlichen auserlesenen Schriften“ erschienen 1798–99 in drei Bänden zu Görlitz mit Kupfern. Im ersten die „Litanei, ein allgemeines moralisch-politisches Gebet“, zu Neujahr 1797 in Jamben mit Anmerkungen: M. liebte es, zu seinen Schriften und Gedichten Anhänge zu machen. Ferner „Gebete für eine aufgeklärte und gebildete christliche Gemeinde“, ein Beitrag zu der Reform der Liturgie. Im zweiten u. a. die „Vision“ nach dem Tode Friedrichs des Großen; die „Ideen über Gebetsformeln“, 1794 geschrieben. Im Geiste Kant’s beantwortet er die Frage, in welchem Verhältniß der äußere Gottesdienst zu der Vernunftreligion steht; die kleine Schrift auch einzeln 1799. Eine freie Umarbeitung eines im I. Bändchen der oben genannten Sammlung von 1794 gedruckten Gedichtes sind die Jamben „Ueber die moralisch-ästhetische Bildung, in Form eines Gebets“. Im dritten Bande unter seinen „Liedern“ S. 115 das einst berühmte Maurerlied „Dem Sonnen- oder Johannisfeste der Menschheit“, zuerst gesungen 1798; Frauenlob S. 144 f. „Stimmt ein in unsere Töne, die ihr das Gute liebt“. „Das Lied vom Grabe“ in der Form von 1794; das dramatische Fragment „Hermann und Thusnelde“ aus der Jugendzeit mit den schon in den „Papillons“ gedruckten Gesängen. Am Schluß des Bandes ein bemerkenswerthes Gedicht: „Das scheidende Jahrhundert“. 1800 veröffentlichte er „Erläuterungsvariationen über die Tendenz der Fichte’schen Schrift: Bestimmung des Menschen“; ein Jahr darauf „Die Vermählung. Ein Hymnus“. „Die Entbindung. Eine Romanze“. Die Mysterien der Natur „mit heiliger Phantasie und reinem Herzen“ zu berühren hatte er sich vorgenommen; die Lüsternheit, so schrieb er an Tieck, wird sich selber betrogen finden. Nach seinem Tode erschienen „Analekten von Mnioch“, 1804. Im ersten Band „Gedichte“; „Hellenik und Romantik“ mit Zusätzen, die W. Schlegel in einem Schreiben an Tieck 1801, eine Verbesserung per Johann Ballhorn genannt hatte; hübsche „Sonette über das Sonett“, S. 201–207: das erste auch in einem Briefe Mnioch’s an L. Tieck. Einige Jugendversuche, „Hellenischer Muthwill“ waren schon in den „Papillons“ gedruckt. Im zweiten: vermischte Aufsätze; Bemerkungen über Kunst, über einige Dichter wie Goethe, Schlegel, Schiller; über Schlüter’s Larven im Berliner Arsenal; über Tieck’s Genoveva, fast gleichlautend im Brief an Tieck.

Von freisinnigen Anschauungen in Religion und Politik ist M. ausgegangen und er ist ihnen treu geblieben; Rousseau’s und Kant’s Einfluß unverkennbar. Lebhaft, scharfsichtig, warmfühlend, nimmt er bald als philosophischer Schriftsteller, bald als Dichter unmittelbaren Antheil an allen seine Zeit bewegenden Gedanken. Eine eigenthümliche Mischung von Ernst und Humor in seinem Wesen macht besonders viele seiner Gedichte anziehend. Zu größeren Werken und zu wirkungsvollster Abrundung eines Ganzen reichte die Kraft nicht aus. Die Dichter der älteren Romantik waren ihm sympathisch, weil auch er im Grunde zu wahrhaft künstlerischer Gestaltung seiner Ideen unfähig war. Was Goethe von den Werner, Arnim, Brentano sagt, läßt sich nicht ungestraft [38] übertreten, „daß die einzige und höchste Operation der Natur und Kunst die Gestaltung sei, und in der Gestalt die Specification, damit ein jedes ein Besonderes, Bedeutendes werde, sei und bleibe“.

Mnioch’s Gattin Maria, geborene Schmidt, ist nur durch ihren Mann in der Litteratur bekannt geworden. Er veröffentlichte schon in den gesammelten Schriften: „Zerstreute Blätter, beschrieben von Maria Mnioch“; von ihnen urtheilte Herder: „sie werden den Namen Maria M. jedem Leser von reinem Sinne werth machen“. Als Buch erschienen sie 1800 in Görlitz; zweite unveränderte Auflage ebenda 1821. – Geboren am 1. Februar 1777 in der Nähe von Danzig, wurde Maria M. in Neufahrwasser, wohin ihr Vater als Inspector beim Packhof versetzt war, Schülerin ihres nachherigen Mannes; im 17. Jahre ihres Lebens vermählte sie sich mit ihm. Sie starb schon am 18. April 1797 in Warschau. Ihre kleinen Gedichte, Aufsätze und Einfälle hatte sie nie für den Druck bestimmt. Sie spiegeln einen reinen, weiblichen Sinn wieder. Goethe, Schiller, Herder sind ihre Lieblinge. Ihre selbständigen und anziehenden Bemerkungen über diese Dichter verleugnen nie die weibliche Empfindung. – Der Schwiegersohn Mnioch’s war Wilhelm Neumann, der Freund Chamisso’s und Varnhagen’s.

Lebensabriß Zacharias Werner’s (von Hitzig), Berlin 1823, S. 9 und 61. – Analekten I, S. IV f. – Holtei, Briefe an L. Tieck II, 359 f. III, 249, 263, 266. – Zerstreute Blätter von Maria Mnioch, 1821, S. 14, 202, 227, 230. – Musenalmanach für 1802 von W. Schlegel und L. Tieck S. 221. – Minor, die Schicksalstragödie (1883), S. 6 und 11. – Eine Aufzählung der einzelnen Schriften Mnioch’s im Neuen litterarischen Anzeiger 1807, Nr. 34, S. 542 und bei Rotermund IV, S. 1820.