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Artikel „Knoll, Konrad“ von Hyacinth Holland in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 51 (1906), S. 259–262, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Knoll,_Konrad&oldid=- (Version vom 18. April 2024, 22:54 Uhr UTC)
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Knoll: Konrad K., Bildhauer, geboren am 9. September 1829 zu Bergzabern (Rheinpfalz), † am 14. Juni 1899 als Professor am Polytechnikum zu München. Frühe verwaist, kam K. durch den die Begabung des Knaben rechtzeitig erkennenden Vormund zu dem Bildhauer Würschmitt, welcher mehr Steinmetz als Künstler, vorwiegend mit Grabsteinen beschäftigt war, aber eine gute Technik dem Knaben beibrachte, der hier nebenbei doch auch mancherlei lernte, was ihm später gut zu statten kam. Weitere Bildung suchend ging K. nach Karlsruhe (1845–47), wo er infolge eines Theaterbrandes gefährlich erkrankte; Ende 1847 führte ihn sein guter Stern nach München, wo er an der Polytechnischen Schule bei Halbig und bald darauf an der Akademie (1848–52) Aufnahme fand. Hier empfahl ihn Moriz v. Schwind als „ein talentvolles und frisches Bürschchen“ an Hugo v. Rittgen (1811, † 1889), den Restaurator der „Wartburg“, als dieser 1852 nach einer längeren Studienfahrt der Burgen und Schlösser Tirols, nach München gekommen war. K. erhielt den ersten lohnenden und rühmlichen Auftrag, im großen „Sängersaal“ der Thüringer Wartburg die Träger des Dach- und Sparrenwerkes mit phantastischen, der deutschen Mythologie entnommenen Gestalten plastisch zu schmücken, eine sehr glückliche Idee, welche später für die Capitäle des romanischen, den Vorbau mit dem „Pallas“ verbindenden Säulenganges auf Neuschwanstein nicht ohne Einfluß blieb. K. bewies in diesen äußerst stilgerecht angebrachten Wartburger „Fratzen“ ein glückliches Talent, die deutsche Sage, Märe und Mythe plastisch zu gestalten und, wenn auch gerade nicht für das große Heer der Wartburgpilger, wol aber für die Kenner und Fachgenossen zum Ausdruck zu bringen und zwar mit einer virtuosen Bewältigung des spröden Eichenholzmaterials. Mit dieser Arbeit im leicht begreiflichen Zusammenhange entstand sein „Tannhäuser-Schild“, auf welchem K. im cyklischen Nebeneinander die Legende dieses ritterlichen Sängers in flachen Reliefdarstellungen erzählte. Daß K. dabei nach dem Vorbilde von Schwanthaler’s „Achilles-Schild“ die antike Rundform wählte, war ein leicht entschuldbarer Mißgriff, welcher freilich in Anbetracht der so schön in den Linien fließenden, [260] figurenreichen Compositionen leicht übersehen wird. Leider wurde das originelle Werk nie in Erzguß ausgeführt oder vervielfältigt; es wäre gerade auf der Wartburg selbstredend von bleibendem Interesse gewesen! So theilte derselbe als verstaubtes Inventarstück im Atelier des Künstlers das Schicksal des „Uhland-Brunnens“. Daß über unseren liebsten Plänen oft ein so bleiernes Fatum schwebt! Dagegen errang K. den feurigen Dank der Jugend mit dem Pocal für die Studentenschaft zur dritten Säcularfeier der Universität Jena. – Außer verschiedenen Marmorbüsten, darunter auch die schöne, frühverstorbene Schwester des Dichters Jos. Victor v. Scheffel, fertigte K. im Auftrage König Maximilian’s II. den mit der Statue des Wolfram von Eschenbach bekrönten Brunnen für die Heimath des großen Parzival-Dichters. Damals erhielten General v. Spruner (1803, † 1892) ob der beim königlichen Mäcen gegebenen Anregung, Hofbaudirector Eduard v. Riedel (1813, † 1885) in Anbetracht der architektonischen Anlage und Quellenleitung und der Unterzeichnete für endgültige Beilegung der damals schwer entbrannten Wiegenfrage Wolfram’s und weitere intellectuelle Mitwirkung von der dankbaren Stadt die Ehrenbürgerschaft, welche dem Letzten dieses Triumvirats heute noch die stille Freude gewährt, mit dem gefeierten Epiker gleiche Heimathrechte zu genießen; K. war dabei leider leer ausgegangen.

Darauf folgte die Statue einer „Germania“ für einen Kunstfreund in Kiel und jene der „Sappho“, welche (gegen die historische Kritik) gerade daran geht sich vom leukatischen Felsen zu stürzen; dieses im romantisch-classischen Sinne sorgfältig ausgeführte Bildwerk erwarb König Ludwig II. Früher entstanden die Modelle zu den colossalen Statuen Heinrich’s des Löwen und Kaiser Ludwig’s des Baiern für die Fassade des alten Münchener Rathhauses (1862) und zu dem sehr glücklich erfundenen und schön aufgebauten „Fischbrunnen“ (am Marienplatz vor dem durch Hauberrisser erbauten Rathhaus), wozu K. die mit einer Pestsage verbundene, uralte Sitte des Münchener „Metzgersprunges“ in geistreicher Weise gestaltete. Für den im Neubau befindlichen westlichen Rathhausflügel plante K. ein ergänzendes Seitenstück, wahrscheinlich mit dem ebenso alten Handwerksbrauch des „Schäfflertanzes“, ohne jedoch zu einem Entwurfe oder einer Skizze zu kommen; das in seiner Phantasie völlig ausgearbeitete Werk schien ihm sicher und gewiß. Ebenso original wie der „Fischbrunnen“ war Knoll’s Project zum „Uhland-Denkmal“ für Tübingen (1868), welches unseren Lieblingsdichter mit seiner Lyrik, mit den Romanzen und Balladen, als Dramatiker und Patrioten verherrlichte – eine für Jeden selbstverständliche, sprechende Schöpfung, welche auch den Beifall des Comités erhielt, trotzdem aber aus unbegreiflichen „Erwägungen“ abgelehnt wurde – ein lehrreiches, trauriges Beispiel, daß bei Concurrenzarbeiten nicht immer das Beste durchgedrückt wird. Verdienten Beifall fand das einfache Standbild zu Braunau für den daselbst am 26. August 1806 auf Napoleon’s Befehl erschossenen Nürnberger Buchhändler Joh. Phil. Palm; die gefällige Brunnenstatuette „Luther als Currendschüler“ (für Eisenach) und das Ehrendenkmal König Ludwig’s I. in Kissingen. Auch zahlreiche Büsten gingen unter seiner bildenden Hand hervor, z. B. des Historikers Häusser (Heidelberg), die des Philosophen und Dorfgeschichtenschreibers Melchior Meyr für dessen Heimath in Nördlingen; dann folgten Beethoven, Gluck, Frhr. v. Limpöck, Consistorialrath P. H. v. Ranke u. A.

Eine riesige Leistung war das aus 678 Centner Marmor bestehende Union-Denkmal der Pfälzer Protestanten für die Stiftskirche zu Kaiserslautern; viele andere kleinere Ehren- und Grabdenkmale fertigte K. für Prof. v. Jolly, Oberbaudirector P. A. v. Pauli, die Colossalbüste Kaiser Wilhelm’s I. für [261] Gevelsberg in Westfalen und ein ähnliches Werk für die Walhalla, welches am 22. März 1898 am 101. Geburtstage des siegreichen Kaisers in feierlichster Weise inaugurirt wurde. Seit 1866 war K. lange Jahre Vorstand (von Lenbach wurde das besser klingende „Präsident“ adoptirt) der Münchener Kunstgenossenschaft; als Abgeordneter sprach K. die Grabrede für den Altmeister Peter Cornelius 1867 zu Berlin und den Nachruf bei der Todtenfeier für Anselm Feuerbach 1880 in Nürnberg. K. galt als guter Redner, aber man fühlte, wie auch bei manchen seiner Werke, die harte Wahl des Ausdruckes und die vorbereitende Mühe des Wortes, welches nur zögernd von der Lippe sprang, wie er überhaupt mehr mit dem ordnenden Verstand als mit der begeistert dichtenden Phantasie arbeitete, offenbar im Nachklang an seinen ersten sprechlustigen Lehrer Würschmitt, in dessen Atelier es „oft mehr als lebhaft zuging“; doch hatte K. das Vorschlagen der heimatlichen Mundart sich völlig abgewöhnt, im Gegensatze zu Emil Kirchner, welcher sein treuherziges Sächsisch à la Edwin Bormann standhaft beibehielt. Die erste Internationale Kunstausstellung zu München 1860 war Knoll’s Werk; ebenso gelang ihm die Rückgabe des Kunstausstellungsgebäudes (gegenüber der Glyptothek) an die Münchener Kunstgenossenschaft, nachdem der Bau längere Zeit die Sammlungen des „Antiquarium“ beherbergt hatte. Als Vorstand des Münchener Kunstgewerbe-Vereins trug K. zu dessen Förderung bei, auch führte er lange Zeit den Vorsitz im „Alterthums-Verein“. Er gab die erste Idee zum Besten der Deutschen Invaliden-Stiftung eine Verloosung von Kunstwerken zu veranstalten, die dem edlen Zwecke eine über hunderttausend Mark bezifferte Summe zuführte. Seit 1868 wirkte der durch viele Anerkennungen, Ehrendiplome und Decorationen, inbesondere durch den bairischen Prinzregenten und Kaiser Wilhelm II. ausgezeichnete Meister als Professor der Plastik am Polytechnikum zu München.

In seinem Nachlaß fanden sich eine überraschende Menge von ausgeführten Modellen oder nur Project gebliebenen Entwürfen und Skizzen, welche zur Ehre ihres Urhebers in die besten Hände gelangten. Eine sorgfältig durchgebildete Miniatur-Marmorbüste Kaiser Wilhelm’s I. (nach dem Walhallaoriginal) ging in Besitz Kaiser Wilhelm’s II. über; Prinzregent Luitpold erwarb die fein ciselirte Bronzestatuette seines königlichen Vaters; das Gipsmodell zum Kissinger Denkmal Ludwig’s I. fand in der Hof- und Staatsbibliothek, wo sich ein eigener Saal für die Donationen des königlichen Mäcen befindet, eine passende Stelle. Jolly’s Büste erstand die Münchener Universität und eine Bronzebüste Hahnemann’s die homöopathische Centralapotheke zu Leipzig. Eine große Anzahl kleiner Werke wurde nach Japan verkauft; verschiedene Münchener Sammlungen erhielten erfreulichen Zuwachs, z. B. das „Historische Archiv“ im Neuen Künstlerhause und die Collection der Stadt München (die sog. Maillinger-Sammlung) je einen Gipsabguß der Büsten des Malers Spitzweg und des Reichskanzlers Bismarck; der Kaim-Saal die Büsten von Beethoven, Mozart und Gluck, der Confirmanden-Saal der von Albert Schmidt erbauten Lucas-Kirche das Modell zum Friedensengel (Kaiserslautern). Eine in Silber gegossene kleine Gruppe der mit ihren Kindern von der Wartburg verstoßenen Landgräfin Elisabeth nebst dem Tannhäuser-Schilde gelangte nach Weimar u. s. w.

K. nahm mit gleicher Geläufigkeit seine Stoffe aus der antiken Mythe wie aus der deutschen Sage und Dichtung, bisweilen im schwankenden Uebergang und bedenklichen Wechsel beide vermengend, nicht immer auf unmittelbare Eingebung des Genius, sondern in schwer ausgeklügelter Gestaltung, mit dem nicht völlig beherrschten Ausdruck ringend, wodurch eine statuarische Kälte [262] hängen blieb, welche nur durch das vergessene Mittel leichter Farbengebung ausgeglichen werden konnte.

Vgl. Nr. 52 Ueber Land u. Meer 1866. – Wurzbach, Lexikon 1870. XXI, 241. – Regnet, Münchener Künstlerbilder 1871. I, 332 ff. – Pecht, Münchener Kunst. 1888, S. 199. – Singer 1896. II, 361. – Abendblatt 164 der Allgem. Zeitung v. 15. Juni 1899. – Kunstvereins-Bericht f. 1899, S. 72. – Bettelheim, Jahrbuch 1900. IV, 108 ff.