ADB:Köchel, Ludwig Ritter von

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Artikel „Köchel, Ludwig Ritter v.“ von Carl Ferdinand Pohl in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 16 (1882), S. 405–407, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:K%C3%B6chel,_Ludwig_Ritter_von&oldid=- (Version vom 2. November 2024, 19:23 Uhr UTC)
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Köchel: Dr. Ludwig Ritter v. K., kaiserlicher Rath, Naturforscher und Musikschriftsteller, geb. am 14. Januar 1800 in Niederösterreich zu Stein bei Krems an der Donau, absolvirte die Gymnasial- und philosophischen Studien, ging 1816 nach Wien und erwarb an der dortigen Hochschule die juridische Doctorwürde. 1823 wurde er als Lehrer im Hause des Oberregent Wittmann, Güteradministrators des Erzherzog Karl, angestellt und 1826 ebenso beim Grafen Philipp Grünne, wo er die Aufmerksamkeit des Erzherzog Karl auf sich zog, der ihm die Erziehung seiner Söhne, Erzherzoge Albrecht, Karl Ferdinand, Friedrich und Wilhelm anvertraute. Er rechtfertigte das in ihn gesetzte Vertrauen derart, daß er 1832 zum kaiserlichen Rath ernannt, nach Beendigung seiner Mission 1842 mit dem Ritterkreuz des Leopoldordens ausgezeichnet und den Statuten gemäß in den erblichen Ritterstand erhoben wurde. In demselben Jahre begleitete er Erzherzog Friedrich auf einer Reise nach Algier, Portugal, England und Schottland. In wissenschaftlichem, meist botanischen Interesse bereiste er 1845 Italien und Sicilien, 1847 Frankreich und die Schweiz, 1853 Rußland, Dänemark und Norwegen bis zum Nordcap. Als sein intimster Freund, der hochgeschätzte Franz Ritter v. Scharschmied, k. k. Landesgerichtspräsident, im J. 1850 nach Salzburg berufen wurde, folgte K. ihm dahin und wurde vom Unterrichtsministerium zum kaiserlichen Schulrath für Salzburg und Gymnasialinspector für Oberösterreich ernannt, welche Stellen er aber nach zwei Jahren niederlegte. Im J. 1864 übersiedelte er wieder nach Wien und unternahm von da aus in musikalischem Interesse eine Reise nach Deutschland, Frankreich und [406] England und endlich 1874 zur Auffrischung früherer Eindrücke abermals nach Italien und Sicilien. Von einem Körperleiden, das er von dieser Reise heimbrachte und anfangs nicht beachtete, befreite ihn der Tod am 3. Juni 1877.

K. war ein Mann von durchaus noblem Charakter und festem Willen. Sein Sinn war nur auf das Höchste in der Aufgabe des gebildeten Menschen gerichtet und ein milder Ernst verbreitete sich über sein ganzes Wesen. Sein Umgang war stets belehrend und wirkte wohlthuend auf das Gemüth. Nie kam ein unlauteres Wort über seine Lippen, doch liebte er es in seiner Weise zu scherzen. Er war der theilnehmendste, hülfreichste Freund und bewies dies namentlich in Zeiten der Noth. In Folge seiner früheren Stellung beobachtete er auch später noch im persönlichen Verkehr eine gewisse Zurückhaltung, die häufig und namentlich von jüngeren Leuten falsch gedeutet wurde. Glaubte er eine Seele gefunden zu haben, die seinen Gesinnungen entsprach, dann schloß er sich derselben mit vollster Wärme an, wenn er es auch selbst hier noch zu verbergen suchte. Köchel’s ungewöhnlich universelle Bildung gestattete ihm, auf den heterogensten wissenschaftlichen Gebieten thätig zu sein. Es erschien von ihm „Die Mineralien Salzburgs“, eine Uebersicht der geologischen Verhältnisse und des Bergbaues dieses Herzogthums (mit geologischer Karte ausgestattet bei Gerold in Wien 1859). Eine Zusammenstellung der meteorologischen Verhältnisse des Landes im allgemeinen Theile der „Flora des Herzogthums Salzburg“ (Salzburg 1866 und 1868). Kunstgeschichtliche und biographische Arbeiten: „Ueber die litterarische Thätigkeit des Carl M. E. Freiherrn v. Moll“ (Mittheilungen V der Gesellschaft für Salzburgs Landeskunde); „Umrisse des Lebens und Wirkens des Dr. Aug. Neilreich“, Oberlandesgerichtsraths und vielverdienten Botanikers, † 1871 (Verhandlungen der k. k. zool.-botan. Gesellschaft in Wien, 1871, Bd. XXI, S. 1313 ff.); „Aufsatz zur Enthüllung des Denksteins für den als Mineralog hochgeschätzten Bergrath Friedrich Mohs“ († 1839). Trat K. selbst hier nur wenig schriftstellerisch auf, so wirkte er aber um so anregender als Sammler und gründlicher Kenner der Naturwissenschaft. Mehrere Pflanzen hat er neu erkannt und benannt, wie auch die Professoren Endlicher und Fenzel neu entdeckte Pflanzen mit Köchel’s Namen belegten (Koechlea mitis, Bupleurum Koechelii etc.). Nebst Mohs, Neilreich war K. eng befreundet mit Hörner, Director des kaiserlichen Mineraliencabinets, mit Jos. Redtenbacher, Botaniker, Mineralog und einem der hervorragendsten Chemiker. Der Gesellschaft für Salzburgs Landeskunde gehörte K. seit deren Gründung als ordentliches Mitglied an und ward 1867 aus Verehrung für seine Verdienste zu deren Ehrenmitglied ernannt. In Wien war K. Mitglied des Vereins für Landeskunde in Niederösterreich seit dessen Gründung, sowie der k. k. zoologisch-botanischen Gesellschaft, deren Vereinsjahr 1871 er als Vicepräses angehörte. Folgen wir K. auf dem Felde der Tonkunst, so finden wir auch hier Männer von bestem Klang, wie Otto Jahn, Lorenz, v. Karajan, Dr. Sonnleithner zu seinen intimsten Freunden zählend. Dr. Franz Lorenz in Wiener-Neustadt hatte ihm (wie K. selbst sagt) durch eine warm geschriebene Broschüre „In Sachen Mozart’s“ die erste Anregung zu einem großen Unternehmen gegeben, dem er als Vorarbeit eine Broschüre „Ueber den Umfang der musikalischen Productivität W. A. Mozart’s“ vorausschickte (Salzburg 1862, Separatabdruck aus den Mittheilungen der Gesellschaft für Salzburgs Landeskunde). Unmittelbar darauf erschien bei Breitkopf & Härtel Köchel’s hochverdienstliches mühevolles Werk „Chronologisch-thematisches Verzeichniß sämmtlicher Tonwerke W. A. Mozart’s“. Es ist Otto Jahn gewidmet, der in der Vorrede zu seiner Mozart-Biographie Köchel’s Freundschaft „als den schönsten Gewinn gemeinsamer Bestrebungen betrachtet.“ Es folgten nun [407] „Dreiundachtzig neu aufgefundene Original-Briefe Ludwig von Beethoven’s an den Erzherzog Rudolf, Cardinal-Erzbischof von Olmütz k. H.“ (Wien 1865), welche sich in dem Nachlasse des am 21. December 1864 verstorbenen Erzherzogs Ludwig Joseph vorfanden; zwei kleine Brochüren: „Die Pflege der Musik am österreichischen Hofe“ (Wien 1866, Separatabdruck aus den „Blättern für Landeskunde“, Jahrg. II, Nr. 1) und ein mit besonderer Wärme geschriebener „Nachruf an Joseph Freiherrn von Spaun“ (Wiener Zeitung 1866, Nr. 72; beide Hefte im Selbstverlag des Verfassers). Spaun, k. k. Hofrath, † am 25. November 1865 in Linz, war ein intimer Freund der Dichter Joh. Mayerhofer und Franz v. Schober, des Malers Moriz von Schwind und des Liederfürsten Franz Schubert. Seine vom Ministerialrath Jos. Witteczek ererbte vollständige Sammlung Schubert’scher Compositionen vermachte Spaun dem testamentarischen Willen seines Freundes gemäß dem Archiv der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien. Von K. erschienen endlich noch „Die kaiserliche Hof-Musikkapelle in Wien von 1543 bis 1867“ (Wien 1869) und „Johann Josef Fux, Hofcompositor und Hofkapellmeister der Kaiser Leopold I., Josef I. und Karl VI. von 1698 bis 1740“, mit thematischem Verzeichniß seiner Werke (Wien 1872). K. hatte beabsichtigt, eine Geschichte der Stadt Krems zu schreiben und hatte bereits ein ansehnliches Material gesammelt, da er aber sich bereits zu schwach fühlte, dasselbe ausnutzen zu können, übergab er dasselbe, enthaltend ein „Verzeichniß der Druckwerke, welche den Regesten über die Städte Krems und Stein in Niederösterreich zu Grunde liegen“, der Bibliothek des Vereins für Landeskunde in Niederösterreich zur weiteren Benutzung. Noch am Abend seines Lebens hat sich K. ein unschätzbares Verdienst erworben, indem er eine Gesammtausgabe der Werke Mozart’s anregte und in großmüthiger Weise förderte und sicherte. Er hatte die Genugthuung von dem bei Breitkopf & Härtel in Leipzig erscheinenden und nun bald vollendeten würdig ausgestatteten Unternehmen die ersten Lieferungen selbst zu erleben und darunter, ein eigenthümlicher Zufall, die Partitur des Requiem, das nach der testamentarischen Weisung des Verblichenen zu seinem Seelenamte in der Hofpfarrkirche St. Augustin in pietätvoller Weise aufgeführt wurde. Im J. 1847 war K. Vicepräses der Gesellschaft der Musikfreunde, die ihn im J. 1871 zu ihrem Ehrenmitglied ernannte. Dem Archiv derselben vermachte er seine vollständige Sammlung gedruckter und geschriebener Mozart’scher Musikwerke, die zum größten Theil der Drucklegung der Gesammtausgabe zu Grunde liegen. Fünf Autographe Mozart’s, nach Köchel’s Katalog die Nummern 194, 337, 193, 260 und 618, vermachte er, in kostbaren Cartons aufbewahrt, der kaiserlichen Hofbibliothek.