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Artikel „Mayrhofer, Johann“ von Anton Schlossar in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 52 (1906), S. 281–282, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Mayrhofer,_Johann&oldid=- (Version vom 27. November 2024, 04:58 Uhr UTC)
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Mayrhofer: Johann M., deutschösterreichischer Dichter, geboren zu Steyr in Oberösterreich am 3. November 1787, wurde auf dem Gymnasium zu Linz ausgebildet, wo er im Lyceum daselbst auch die sogenannten philosophischen Studien absolvirte. Durch seinen Vater zum Studium der Theologie bestimmt, betrieb er dieses als Cleriker des Stiftes St. Florian; dort legte er zwar das Noviziat ab, erkannte aber dann, daß er einen verfehlten Beruf ergriffen und wandte sich dem Rechtsstudium in Wien zu. Zu jener Zeit erwachte auch Mayrhofer’s Drang und Lust zu poetischem Schaffen. Von den litterarischen Persönlichkeiten, mit denen er in Wien verkehrte, war es besonders 1812 Theodor Körner, zu dem er sich hingezogen fühlte, welcher schon im nächsten Jahre den Heldentod starb. 1814 aber schloß er den bedeutsamen Freundschaftsbund mit Franz Schubert, welcher in der Folge eine große Zahl von Gedichten Mayrhofer’s vertonte und für den er auch die Texte zu dem Singspiel „Die beiden Freunde von Salamanka“ und für die unvollendet gebliebene Oper „Adrast“ verfaßte. 1819 bis 1821 bewohnten die Freunde Schubert und M. sogar zusammen eine Wohnung in Wien und standen so in engster Beziehung mit ihren künstlerischen Bestrebungen bis in die letzten Lebensjahre Schubert’s, in welchen das Verhältniß nicht mehr ein so inniges war. Trotzdem brachte M. dem Musikgenie Schubert’s stets seine Bewunderung entgegen, wie auch eine Reihe an diesen gerichteter Gedichte erweist. Schon früher, 1817 und 1818, hatte M. mit seinen Freunden Spaur, Kenner, Otterwald u. A. eine Art Zeitschrift für jüngere Leser herausgegeben, welche den Titel führte: „Beiträge zur Bildung für Jünglinge“, später war er auch Mitarbeiter an den Wiener „Jahrbüchern der Litteratur“ und an Hormayr’s „Archiv“. Später trat M. in den Staatsdienst, wurde in Wien Regierungsconcipist und als solcher mit der Bücherrevision, d. h. der Censur, betraut. Er lebte sehr zurückgezogen, mit einigen Freunden verkehrend, unter denen der gleich ihm begabte Ernst Frhr. v. Feuchtersleben genannt sei. Melancholie und Hypochondrie machten sich immer mehr an dem überdies oft Kränklichen bemerkbar. Im J. 1828 hatte er den Tod des einstigen intimen Freundes Schubert zu betrauern. Obgleich M. im Sommer 1835 einen Ausflug nach Salzburg, Gastein und in das Bad Fusch unternahm und seine schon fast eingestellte dichterische Thätigkeit, da er sich erfrischt fühlte, wieder aufnahm, überkam ihn doch wieder die alte Melancholie und in einem Anfall derselben stürzte er sich am 5. Februar 1836 aus einem Fenster seines Amtszimmers und verschied nach qualvollen Leiden vierzig Stunden später.

Von M. sind zwei Bände Poesien erschienen: „Gedichte“ (1824) und [282] „Gedichte. Neue Sammlung. Aus dessen Nachlasse mit Biographie und Vorwort herausgegeben von Ernst Frhr. v. Feuchtersleben“ (1843). Aus beiden Sammlungen tritt uns die hohe classische Bildung des Dichters hervor, welcher sich besonders Goethe zum Vorbilde genommen, dessen Zeitgenosse er gewesen. Die Stoffe, welche er für seine Dichtungen wählte, zeugen vielfach von der Begeisterung für das classische, namentlich das griechische Alterthum, wie z. B. in den Gedichten: „Der jagende Achill“, „Philoktet“, „Der landende Orest“, „Antigone und Oedip“, „Gesang der Promethiden“, „Iphigenie“, „Iphigenie und Antigone im Elysium“ u. a. m. In der zweiten Sammlung findet sich auch das schöne Gedicht: „Den Manen Theodor Körners“ und die eigenartigen Strophen „Goethe“. Auch eine Reihe von Xenien erweist in manchen scharfsinnigen, in knappe Form gebrachten satirischen Gedanken den Wunsch, auf den Spuren Goethe’s zu wandeln, daran erinnern auch seine gedankenreichen „Sermone“ mit dem Einleitungsgedichte „Mephistopheles“ und sein kürzeres Gedicht „Faust“. – Obgleich manches schöne Naturbild sich unter Mayrhofer’s Versen findet, auch das eine oder andere Liebesgedicht, so waltet doch sinniger Ernst und melancholische Betrachtung in den meisten dieser Dichtungen vor. Oft erscheint die Form dem Gedanken untergeordnet, in welcher Beziehung sogar unreine Reime, Austriacismen und manche andere Mängel vorkommen. Diese Gedanken sind aber vielfach tiefernste und der Hauch von Melancholie, welcher so oft hervortritt, gibt den Liedern Mayrhofer’s ein ganz besonders eigenartiges Gepräge. Dies gilt sogar von den wenigen epischen Gedichten, von denen „Der Karthäuser“ hervorgehoben sei, die zumeist auch einen düsteren Stoff behandeln und von den epischen Gedichten anderer Dichter ganz verschieden sind. Alles in Allem tritt uns in M. ein an classischen Mustern gebildeter hochstrebender Poet entgegen, welcher der Ehre würdig erschien, daß eine große Zahl seiner Lieder von dem genialen Franz Schubert vertont wurde. Wurzbach führt in dem unten angeführten Bande seines Biogr. Lexikons alle Gedichte Mayrhofer’s namentlich an, denen sich die Composition Schubert’s zuwandte. Auch jede Biographie F. Schubert’s gedenkt mehr oder weniger ausführlich seines unglücklichen poetischen Freundes.

Wurzbach, Biogr. Lexikon d. Kaiserth. Oesterreich, XVII. Th. (1867). – Brümmer, Lexikon d. deutschen Dichter … bis z. Ende des 18. Jahrhunderts. – A. Schumacher, Lebensbilder aus Oesterreich. Wien 1843. – Ernst Frhr. v. Feuchtersleben, Biographie Mayrhofer’s in der Ausgabe der Gedichte. Neue Samml. Wien 1843, S. 1–26. – H. Kreißle v. Hellborn, Franz Schubert. Wien 1865. – Otto Erich Deutsch, Schubert-Brevier. Berlin 1905.