ADB:Hohenlohe, Georg Friedrich Graf von
Philipp, der in den Niederlanden sich einen Namen machte, und die Tradition des Hauses bestimmten ihn für die kriegerische Laufbahn. 1591 schloß er sich mit 24 Pferden und zwei Rüstwagen an Heinrich IV. von Frankreich an und machte den Feldzug gegen die Ligue mit, in welchem er bei Aumale verwundet wurde. Gern hätte ihn [687] Heinrich IV. bleibend in seine Dienste gezogen, allein H. lehnte ab. Nach einem Aufenthalt in England, den Niederlanden, wie am Ansbacher Hofe sehen wir ihn 1595 als Oberst an der Spitze des fränkischen Kreisregiments von 1000 Reitern nach Ungarn gegen die Türken ziehen. Er half Gran erobern. Auch an den Feldzügen gegen die Türken 1597, 1598 und 1600 nahm er mit Auszeichnung Theil. 1599 hatte er an der Spitze der fränkischen Kreistruppen geholfen, die spanischen Freibeuter unter Mendoza aus Westfalen zu vertreiben. 1603 wurde er vom Wiener Hofe zum Hofkriegsrath, 1604 zum Generalwachtmeister ernannt und 1605 nach Ungarn gesandt, um in kaiserlichem Dienst den Aufstand Stephan Botskai’s niederzuwerfen. Seine Verdienste wurden von Kaiser Rudolf II. wie von Matthias, der ihn 1612 zum Ritter schlug und ihm eine goldene Gnadenkette schenkte, anerkannt, aber meist mit leeren Versprechungen belohnt. 1607 hatte er sich mit Eva Freiin von Waldstein verehelicht und war dadurch in den Besitz der Herrschaften Jungbunzlau, Cosmanos und Grulich in Böhmen gekommen und Mitglied der böhmischen Stände geworden. In der Heimath fiel ihm nach dem Tode des Vaters 1610 die Herrschaft Weikersheim zu, die seiner Sorgfalt und Treue vieles verdankte. Sein Verhältniß als böhmischer Standesherr war die Veranlassung, daß er in die böhmischen Händel hineingezogen wurde, als die Böhmen 1618 gegen das Wiener Regiment sich erhoben. Da er in den Türkenkriegen sich einen Namen als tüchtiger Kriegsmann erworben hatte, suchten ihn die böhmischen Stände für ihr Heer zu gewinnen. Man bot ihm die Stelle eines Generaloberstlieutenants und Kriegsraths an. Aber H. hatte ernste Bedenken. Auf der einen Seite konnte er die Auszeichnung, welche er vom Kaiserhause erhalten, nicht vergessen. Auf der anderen Seite blieb ihm die Zerfahrenheit der böhmischen Sache nicht verborgen. Von Anfang schien die Theilung des Commandos mit dem Grafen Thurn bedenklich. Er erkannte klar die Nothwendigkeit eines einheitlichen Obercommando’s. Sodann fehlte es an allen Vorbereitungen zum Kriege. Das Material, besonders die Artillerie, war vollständig ungenügend. Im Juli 1618 gelang es dem Grafen Solms, die Bedenken Hohenlohe’s zu überwinden. Er sollte als eine Art Kriegsminister seinen Sitz in Prag nehmen und die Beschaffung des Kriegsmaterials besorgen. Das vielköpfige Directorium versprach die Mittel dazu zu beschaffen. Ueber das Bedenken wegen seines Verhältnisses zum Kaiser mochte er hinwegkommen, da die Spitze der Bewegung nicht sowol gegen den altersschwachen Matthias, als gegen den Prätendenten Ferdinand, der als Jesuitenzögling dem eifrig evangelischen H. unsympathisch war, gerichtet schien. Mit ganzer Energie ging H. an seine Aufgabe. Bald waren 10–12,000 Mann angeworben. Am 17. September führte er frische Truppen und einen stattlichen Artilleriepark ins Feld, so daß der kaiserliche Feldherr Bucquoy sich zurückziehen mußte. Allein sehr hinderlich war, daß H. auf der einen Seite als Kriegsminister für das Kriegsmaterial sorgen, auf der anderen neben Thurn und dem Grafen Mansfeld im Feld commandiren sollte. Die Zersplitterung konnte auf die militärischen Operationen nur schädlich einwirken, zumal sie eine Quelle steter Eifersucht wurde, welche eine kräftige gegenseitige Unterstützung der Generale hinderte, ja den Verdacht aufkommen ließ, daß ein General dem anderen eine Niederlage gönne. Das Directorium war gar nicht im Stande, die nöthigen Geldmittel zu schaffen. Die schlechte Zahlung von Seiten des Volkes wie die mangelhafte Bekleidung und Ernährung des Heeres trieb die Soldaten in einer Zeit, die unbedingte Hingebung erforderte, nur zu oft zu Meutereien und zu Bedrückung des Volkes, das sie schützen sollten. In solchen kritischen Augenblicken war es der persönliche Einfluß Hohenlohe’s, der die Soldaten, z. B. das Regiment Thurn, wieder zum Gehorsam brachte. (Gindely 2, 120.) Diese Umstände erklären es, daß die Thätigkeit Hohenlohe’s [688] keinen durchschlagenden Erfolg hatte. Als Thurn Ende November 1618 nach Oesterreich rückte, hielt H. den kaiserlichen General Bucquoy bei Budweis fest und brachte ihm einen Verlust von 1000 Mann bei, erhielt aber selbst eine Schlappe bei Krumau. Im Mai 1619 zog Thurn nach dem Tode des Kaisers Matthias vor Wien, um Ferdinand zu überwältigen. Schon stand er in den Vorstädten Wiens. Bucquoy konnte nicht zu Hilfe eilen, denn H. und Graf Mansfeld standen ihm bei Budweis gegenüber. Da wurde Mansfeld bei Zablaf geschlagen, ohne daß H. beim Zustand seiner Truppen ihn hätte unterstützen können. Frauenberg und Rosenberg wurden von den Kaiserlichen genommen, auch Tabor wäre für Böhmen verloren gewesen, hätte es H. nicht noch rechtzeitig geschützt. Die Verhältnisse besserten sich nicht, als die Böhmen am 17. August 1619 den Kurfürsten Friedrich von der Pfalz zum König wählten. Denn dem jungen Pfalzgrafen fehlte die nöthige Festigkeit, Klarheit und Erfahrung wie die männliche Haltung. H. hielt diese Wahl für voreilig, mochte sich aber jetzt im kritischen Augenblick nicht mehr von der böhmischen Sache trennen. Auch die Ernennung des kriegstüchtigen Fürsten von Anhalt zum Oberstcommandirenden konnte der Sache keine andere Wendung mehr geben. Wol war es H. mit Thurn gelungen, am 24. October 1619 Bucquoy durch das Treffen bei Ulrichskirchen über die Donau nach Wien zu drängen. Wol hoffte man viel von dem Beistand der Ungarn. Im December 1619 ward H. vom König nach Preßburg geschickt. Er sollte mit dem Fürsten von Siebenbürgen, Bethlen Gabor, und den ungarischen Ständen wegen eines Bündnisses mit Böhmen verhandeln. So dringend nothwendig seine Anwesenheit bei der Armee war, wurde er doch wochenlang durch die Unterhandlungen in Preßburg festgehalten. Erst fehlte es an genügenden Vollmachten und an rechter Energie. H. mahnte, da Ferdinand schon mit den Türken wegen ihrer Hilfe verhandle. Da er Bethlen und den Ungarn nur Versprechungen von Seiten der Prager Regierung zu bieten hatte, so war der am 15. Januar 1620 zu Stande gekommene Bündnißvertrag nur ein werthloses Stück Papier. Die Bemühungen Hohenlohe’s im Dienste des Winterkönigs erregten den Zorn Ferdinands II. Am 30. April 1620 ließ er ihn feierlich auffordern, sich aus Böhmen zurückzuziehen. Die Brüder Hohenlohe’s wurden besorgt. Sie baten ihn, von der Grafschaft das drohende Verderben abzuwenden. H. hoffte für seine Herrschaft auf Schutz durch die Union, in deren Dienst sein Bruder Kraft stund, und erklärte, von der böhmischen Sache, die ihm Religions- und Gewissenssache sei, nicht lassen zu können. Nun war für ihn die Katastrophe unabwendbar. Böhmen war wirklich nach dem Ausdruck Papst Pauls V. ein schmutziges Labyrinth, die Zustände trostlos, die Regierung kopflos. Die kaiserlichen und ligistischen Schaaren unter Maximilian von Baiern rückten siegreich in Böhmen ein. Am 8. November 1620 kam es zur Schlacht am weißen Berg. Der böhmische Obercommandant Fürst Anhalt theilte sich mit H. in den Oberbefehl. H. führte den linken Flügel. In einer Stunde war die Schlacht entschieden. Tilly’s Umsicht und die stürmische Tapferkeit Verdugo’s auf der einen und die Unzuverlässigkeit der ungarischen Hilfstruppen auf der anderen Seite hatten den Ausschlag gegeben. An Hohenlohe’s Seite waren fast alle seine Adjutanten gefallen. Den Vorwürfen gegenüber, welchen H. so wenig als andere Generale nach verlorenen Schlachten entgehen konnte, hatte er das Bewußtsein als „ehrlicher Cavalier“ seine Schuldigkeit gethan zu haben, aber freilich als schlechter Taktiker. Die Zustände in Prag nach der Schlacht waren trostlos, die Disciplin aufgelöst; H. mußte erleben, daß das eigene Heer ihm seine Sachen plünderte. Die Krone des Winterkönigs war verloren. Aber H. verschmähte es, den König in der Noth zu verlassen und durch Abfall wie Andere sich die Verzeihung des Kaisers zu erkaufen. Er übernahm [689] den schweren Auftrag, den Kurfürsten Johann Georg von Sachsen zum thätigen Eingreifen für seinen Herrn zu bewegen. Friedrich bot durch den Grafen H. dem Kurfürsten die Herrschaft über alle Länder der böhmischen Krone an, wurde aber von Johann Georg abgewiesen. Als H. diesen harten Bescheid dem flüchtigen Pfalzgrafen nach Küstrin bringen wollte, traf er ihn nicht mehr und mußte ihm nach Wolfenbüttel nacheilen. Dort scheint er am 20. Januar 1621 von seinem unglücklichen Fürsten Abschied genommen zu haben. Am 22. Januar 1621 wurde H. mit dem Kurfürsten in die Acht erklärt. Fortan mußte H. ein unstetes Wanderleben in Norddeutschland und den Niederlanden führen (Magdeburg, Bremen, Emden, Delft). Um den Folgen der Acht für das Herrschaftsgebiet Hohenlohe’s vorzubeugen, hatten seine Brüder zuvor schon die Herrschaft Weikersheim besetzt und unter sich getheilt, um sie in besserer Zeit dem Bruder zurückzugeben. Der Bischof von Würzburg, dem Grafenhaus befreundet und Lehensherr von Weikersheim, sah es nicht ungern, daß die Vollstreckung der Acht, mit welcher er beauftragt war, verschoben wurde. Von allen Seiten wurde der Kaiser bestürmt, die Acht aufzuheben. Evangelische und katholische Reichsstände, Verwandte und auswärtige Höfe baten für H. beim Kaiser. Endlich am 15. September 1623 löste der Kaiser die Acht, nachdem H. persönlich zu Ebersdorf bei Wien um Gnade gebeten hatte. Fortan lebte H. still in Weikersheim und widmete seine ganze Kraft der Regierung seines Gebietes, um das er sich in den Wirren der Zeit entschiedene Verdienste erwarb. Aber noch einmal sollte der ergraute Mann zu größerer Thätigkeit berufen werden, als Gustav Adolf am Main erschien. Am 8. October 1631 erließ der Schwedenkönig von Würzburg aus an die Grafen v. H. die Aufforderung, sich an ihn anzuschließen. Neutralität gestattete Gustav Adolf nicht. Die anhaltenden Plackereien, denen H. trotz seiner Begnadigung von Seiten der Kaiserlichen ausgesetzt war, die Anwendung des Restitutionsedicts, das ihm seinen Besitz in Schäftersheim raubte, sowie sein kräftiges evangelisches Bewußtsein, trieben den Grafen in die Armee Gustav Adolfs, der H. ein großes Vertrauen entgegenbrachte und ihn bald auf den schwierigen Vertrauensposten in Nürnberg sandte. Gustav Adolf schätzte seine Persönlichkeit wie sein Organisationstalent. War sein Bruder Kraft von Gustav Adolf zum schwedischen Generalstatthalter im fränkischen Kreise ernannt worden, so wurde nun H. nach der Schlacht auf dem Lechfeld Generalstatthalter für den schwäbischen Kreis in Augsburg. Schon zuvor hatte Gustav Adolph ihm die geistlichen Besitzungen im Amte Jagstberg, Ragelsberg[1] und Künzelsau sowie die Fuggerischen Güter in und um Augsburg und Ulm, Schloß Lechhausen und die Herrschaft Oberkirchberg geschenkt, worauf H. in dem neugewonnenen Gebietstheil in Franken alsbald die Reformation einführte. Ernst und uneigennützig unterzog sich H. seinem Amt in Augsburg, aber mit dem Tode Gustav Adolfs wurde seine Stellung unhaltbar, wie auch die Schenkungen verloren gingen. Er verzichtete auf seine Stellung im schwedischen Dienste, war aber nun zum zweiten Mal in die Acht verfallen und wurde seiner Besitzungen beraubt. Der Kaiser ließ Hohenlohe’s Gebiet mit Beschlag belegen und schenkte es trotz des Widerspruchs des Lehnsherrn, des Bischofs von Würzburg, an den Deutschorden. Noch einmal mußte H. in die Fremde wandern und hielt sich theils in Worms, theils in Straßburg auf. Ferdinand II. blieb diesmal unversöhnlich gegen H. Keine Bitten konnten ihn erweichen, ja auch vom Prager Frieden schloß er ihn aus. Erst Ferdinand III. nahm H. wieder am 23. November 1637 in seine Gnade auf, aber nur für seine Person. Seine Besitzungen blieben in den Händen des Deutschordens bis zum westfälischen Frieden. Auch persönliche Bemühungen Hohenlohe’s in Wien halfen dagegen nichts. Als müder 70jähriger Greis kehrte H. 1639 in die fränkische Heimath zurück und lebte fortan in Langenburg, vom [690] Volk als der alte Herr Oberst verehrt, und starb daselbst am 7. Juli 1645. Seine erste Gemahlin, Eva von Waldstein, war am 24. Mai 1631 kinderlos zu Weikersheim gestorben. Am 17. August 1633 hatte er sich zum zweiten Mal verehelicht mit Marie Magdalene Gräfin von Oettingen, Wittwe des Grafen Heinr. Wilh. v. Solms. Diese Gattin starb ihm schon am 29. Mai 1636 zu Straßburg und hinterließ ihrem Gatten eine einzige Tochter Eleonore Magdalene, welche sich später mit ihrem Vetter Graf Heinr. Friedrich v. H.-Langenburg verehelichte, aber schon am 12. November 1657 starb. H. war eine edle, stramm militärische Erscheinung noch in seinen alten Tagen, wie denn auch seine Brüder Kraft und der Niederländer Philipp Ernst tüchtige Militärs waren. In schweren Tagen hatte er sich einen standhaften Muth, als Soldat einen tief religiösen Sinn bewahrt und von seinem Vater Wolfgang etwas von dessen evangelischem Eifer geerbt; er war ein treu besorgter Regent, ein liebevoller Vater, ein in schwerer Noth bewährter Freund seines Herrn.
Hohenlohe: Georg Friedrich v. H., war als der älteste Sohn des Grafen Wolfgang und der Gräfin Magdalena von Katzenellenbogen am 5. Sept. 1569 zu Neuenstein geboren. Der treffliche Vater ließ ihm eine sorgfältige Erziehung geben und schickte ihn zu seiner Ausbildung auf Reisen nach Frankreich und Italien. Das Vorbild seines tapferen Oheims- Wibel, Hohenlohe’sche Kirchen- und Reformationsgeschichte. Fischer, Geschichte des Hauses Hohenlohe II, 188 ff. Gindely, Geschichte des böhm. Aufstandes, 3 Bde. Jul. Krebs, Graf G. Fr. v. Hohenlohe u. die Schlacht am weißen Berge (Forsch. z. D. Gesch. Bd. XIX. S. 477 ff.).
[Zusätze und Berichtigungen]
- ↑ S. 689. Z. 18 v. u. l.: Nagelsberg (st. Rag.). [Bd. 22, S. 794]