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Artikel „Guibal, Nikolaus“ von August Wintterlin in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 10 (1879), S. 102–104, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Guibal,_Nicolas&oldid=- (Version vom 29. März 2024, 07:21 Uhr UTC)
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Guibal: Nikolaus G., Maler, geb. den 29. November 1725 zu Lüneville, gest. den 3. Novbr. 1784 zu Stuttgart, war der Sohn des Barthélemi G. aus Nîmes, eines tüchtigen Künstlers, welcher den Herzogen Leopold und Stanislaus von Lothringen als Bildhauer und Architekt diente. Er erhielt den ersten Unterricht als Bildhauer von seinem Vater, ging aber schon im 13. Jahre zur Malerei über, in welcher der lothringische Hofmaler Claude Charles zu Nancy, ein Schüler von Carlo Maratti, sein Lehrer wurde. Im J. 1740 kam er nach Paris und lernte unter Charles Natoire fünf Jahre weiter, bis er als Pensionär in die königl. Akademie aufgenommen wurde. Im J. 1749 folgte er einer Berufung Herzog Karls von Württemberg nach Stuttgart. Hier war er an den rechten Mann und den rechten Ort gekommen. „Seine feurige Einbildungs- und Erfindungskraft, seine technische Fertigkeit machte ihn zu einem höchst brauchbaren Diener eines Herrn, der alles weit, breit, glänzend, in möglichst kurzer Zeit haben wollte, der alles Produkt der Kunst wie eine Opern-Decoration ansah und behandelte“ (von Uexküll, s. u.). Herzog Karl verwandte G. zunächst bei der decorativen Ausstattung des in dem sogenannten Neuen Lusthaus eingerichteten Opern-Theaters, gewährte ihm aber schon im J. 1752 die Mittel zu einer Reise nach Rom, um sich dort weiter auszubilden und einige Aufträge für das neue Residenzschloß in Stuttgart auszuführen. G. wurde in Rom von Raphael Anton Mengs als Hausgenosse aufgenommen und bekannte sich zeitlebens mit Stolz und Dankbarkeit als dessen Schüler (vgl. den Kupferstich „Aux mânes de Mengs – Inventé, dessiné & offert aux Enfants de ce célèbre Peintre, par Nic. Guibal, pr Peintre du Duc de Würtemberg, son élève & [103] son ami. 1779. gravé par Chphe Guerin à Strasbourg 1783“). Herzog Karl, welcher im J. 1753 selbst nach Rom kam, bewilligte dem jungen Manne ein ansehnliches Wartgeld für einen längeren Aufenthalt; G. vollendtete daselbst unter der Leitung von Mengs vier Deckenstücke, welche bei dem Stuttgarter Schloßbrande des J. 1762 zu Grunde gingen. Im J. 1755 nahm ihn der Schwiegervater Karls, Markgraf Friedrich von Brandenburg-Baireuth, dem er in Rom als Führer gedient hatte, auf seiner weiteren Reise durch Italien mit und brachte ihn dann nach Stuttgart zurück. Hier wurde G. mit der Anstellung als „Premier Peintre“ und bald auch als Galleriedirector bleibend für den Dienst des Herzogs gewonnen. Er wurde von demselben besonders als Plafondmaler verwendet, wozu G. durch die Leichtigkeit, mit der er gefällige Allegorien zu erfinden und solche praktisch gewandt auszuführen wußte, besonders berufen war. Sein bedeutendstes Werk dieser Art ist das mit Oelfarbe gemalte Deckengemälde in der sogenannten Marmortreppe des Stuttgarter Residenzschlosses, vollendet im J. 1758, welches das unter dem Einfluß der Künste und unter der Fruchtbarkeit der Jahreszeiten blühende Württemberg darstellt. Weitere Plafondbilder von seiner Hand, theils in Oel theils al fresco gemalt, wobei der Landschafter Harper ihn in der Herstellung der Luft, Blumen u. dergl. unterstützen mußte, finden sich im Lorbeersaale und der Kapelle des Lustschlosses Solitüde bei Stuttgart, im „Runden Saal“ des Seeschlosses (Monrepos) bei Ludwigsburg, im Speisesaal der Hohen Karlsschule (jetzt Local der königl. Handbibliothek) in Stuttgart, im Festsaale des ehemaligen Lustschlosses (der jetzigen landwirthschaftlichen Akademie) zu Hohenheim und in der Ordenscapelle des Ludwigsburger Schlosses. Auch das Deckengemälde in dem Badhaus zu Schwetzingen bei Mannheim, im Auftrag des Kurfürsten Karl Theodor von der Pfalz ausgeführt, gehört seiner besten Zeit an. Daß an den meisten dieser Werke die jähe Hast unverkennbar ist, mit welcher sie nach dem Willen Serenissimi hergestellt werden mußten, ist nicht zu läugnen; doch gehen die abschätzigen Urtheile, welche Goethe und sein Kreis (vgl. die Reise in die Schweiz und Winkelmann und sein Jahrhundert) über G. ausgesprochen, zu weit. Schon seine erfolgreiche Wirksamkeit als Lehrer beweist, daß er doch eine ernsthaftere Natur war. Er war im J. 1761 zum Professor an der in demselben Jahre errichteten Académie des Arts zu Stuttgart (und Ludwigsburg) ernannt worden. Von 1771 an wirkte er auch als Lehrer an der Filial-Kunstschule auf der Solitüde und seit 1776 als Professor an der Hohen Karlsschule zu Stuttgart. Zum Lehrer befähigte ihn außer der Sicherheit seines künstlerischen Könnens auch ein nicht unbedeutendes Wissen. Sein Vortrag wird geschildert als „eindringlich, rein, klar und von einer bedeutenden Mimik begleitet“. Dabei nahm der ebenso gemüth- als geistvolle Meister sich seiner Schüler mit großer Treue auch über die Schule hinaus freundlich fördernd an. Die Bildhauer J. H. Dannecker und Ph. J. Scheffauer, die Maler H. F. Füger, Ph. F. Hetsch und F. E. Wächter, sowie der Kupferstecher J. G. Müller machen seinem Unterrichte alle Ehre. Zu Staffeleibildern blieb dem nebenbei auch als Arrangeur der Hof- und Karlsschule-Feste und Mitglied der Residenz-Baudeputation ausgenützten Manne nicht viel Zeit übrig. Doch malte er mehrere größere Stücke für den Kurfürsten Karl Theodor von der Pfalz und Altarbilder für die Hauptkirche zu St. Ursus in Solothurn, für eine Kirche zu Schwäbisch-Gmünd und die Klosterkirche zu Zwiefalten. Auch die Stuttgarter Staats-Gallerie besitzt ein Oelgemälde von seiner Hand: „Der Leichnam Christi in der Grabeshöhle von Engeln umgeben“. Als Zeichner lehrt ihn das Werk von Pigage kennen, La Galérie électorale de Dusseldorf, Basle 1778 qu. fol., für welches er das Titelkupfer und die Vignetten der einzelnen Saal-Titelblätter lieferte. Auch in seinen Schriften erwies sich G. als [104] ein Mann von denkendem und dichterischem Geiste. Im J. 1778 ließ er sein zu Gunsten eines Preises für Dannecker abgegebenes Votum über die Vorstellung Milons von Kroton drucken. In einem „Éloge historique de Mengs“, Paris 1781. 8°. flocht er diesem seinem Meister einen für das jetzige Urtheil über denselben freilich nur allzublühenden Ruhmeskranz (aufgen. in einer Ueberarbeitung von L. T. Herissant in Oeuvres de Mengs, trad. par Doray de Longrais). Für ein „Éloge de N. Poussin“, Paris 1783. 8°. erhielt er einen Preis von der Akademie zu Rouen. Als Künstler und Mensch einer der liebenswürdigsten Vertreter des französischen Volkscharakters auf deutschem Boden wurde G. von seinen Stuttgarter Zeitgenossen hoch verehrt und von G. F. Stäudlin und F. D. Schubart dichterisch verherrlicht. Sein Bildniß findet sich auf einer von A. R. Werner gefertigten Medaille und gez. von J. E. Schenau, gest. von J. G. Böttger als Titelkupfer zum 3. Stück von Meusel’s Neuem Museum für Künstler und Kunstliebhaber, Leipzig 1794.

Vgl. ausser den Künstler-Lexicis und der Biograv. univ.: J. J. H. Nast, „Progr. in obitum N. Guibalii etc.“, Stuttg. 1784. 4°.; (K. F. E. v. Uexküll), Entwurf einer Gesch. d. Fortschritte d. bild. Künste in Württemb. 3. Nachtr. zu Heinrich Schickard’s Lebensbeschr. v. Eberhard v. Gemmingen, Tübingen 1821. 8°.; H. Wagner, Gesch. d. h. Carlsschule; A. Haakh, Beitr. a. Württb. z. n. d. Kunstgesch.; F. Raab, „Einige Briefe von N. Guibal“ in d. Zeitschr. für bild. Kunst, Bd. 12. 1877; Dussieux, Les artistes français à l’étranger, Paris 1856. 8°.