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Artikel „Frommel, Emil“ von Otto Heinrich Frommel in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 49 (1904), S. 184–202, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Frommel,_Emil&oldid=- (Version vom 21. November 2024, 17:49 Uhr UTC)
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Frommel: Emil Wilhelm F., Dr. theol., Hofprediger und Volksschriftsteller, geboren am 5. Januar 1828 zu Karlsruhe i. Bad., als Sohn des Galeriedirectors, Kupferstechers und Landschaftsmalers Karl F. Die Mutter, geb. Gambs, entstammte einem altelsässischen Patriciergeschlecht. Von „goldenen Jugendtagen“ wußte F. „aus dem untersten Stockwerk“ zu erzählen, die er inmitten eines durchaus eigenartigen Geschwisterkreises in der Galerie zu Karlsruhe, in den Schwarzwaldbergen und zu Straßburg „der wunderschönen Stadt“ durchlebte. Kein glänzender Schüler, aber mit aufgeschlossenem Sinn für alle lebendige Wirklichkeit, vielseitig begabt, doch ohne ausgesprochene Anlage, die ihn zwingend einem bestimmten Lebensberufe zugetrieben hätte, hat sich F. erst nach langen inneren Kämpfen mit Bewußtsein dem Glauben der Kirche zugewandt; nur aus Gehorsam gegen die Eltern entschloß er sich, Theologe zu werden, während Herz und Geschmack ihn zwischen den schönen Künsten und dem Studium der Medicin hatten schwanken lassen. 1846 bezieht er die Universität. Den ideal gerichteten aber jugendlich überschäumenden Studenten vermag die apologetische Gelehrsamkeit des Hallenser Tholuck, des akademischen [185] Seelsorgers mit der sarkastischen Ader, ebensowenig auf die Dauer fesseln wie die Erlanger Theologie eines v. Hofmann, trotz ihres groß angelegten „Schriftbeweises“. Als Sprecher der freisinnigen Burschenschaft Marcomannia glaubte er mit seinen blau-roth-gold bebänderten Commilitonen überdies ja besseres zu thun zu haben; galt es doch mitzuhelfen und zu arbeiten an der Neugestaltung des großen deutschen Vaterlandes! Der Burschentag auf der Wartburg (Juni 1848) steckt ihm über den Werth solcher zwar ernst und treu gemeinten aber unreifen und unfruchtbaren Studentenpolitik zum ersten Male ein Licht auf. Bald nachher findet er in dem baltischen Candidaten der Theologie, Behm, den „Philippus“ (Act. 8), der mit seinem Centralblick in die hl. Schrift und dem Hinweis auf die deutschen Theosophen ihm die Brücke baut vom unverstandenen leblosen Dogma zu einer Theologie des Lebens, wie er sie fassen und brauchen kann. F. tritt aus der Verbindung aus und wirft sich mit aller Kraft auf sein Studium, das ihn täglich mehr begeistert. Nach längerem Aufenthalt im Elsaß, wo er auf der Dorfkanzel des Onkels bei seiner ersten Predigt stecken bleibt, finden wir ihn im Herbst 1849 zu Ullmann’s und Umbreit’s Füßen im Heidelberger Predigerseminar. Dies entläßt ihn mit den besten Hoffnungen „als einen ihrer bestbegabten Zöglinge, der in seinen Predigten sich durch Innigkeit und Lebendigkeit, durch Reichthum der Phantasie und eine blühende Darstellung rühmlich auszeichnet, und, wenn nach und nach eine ruhigere und energischere Begriffs- und Gedankenentwicklung sich mit diesen Gaben verbindet, Vorzügliches leisten wird“, eine Charakteristik, die auf den späteren Frommel in gewissem Sinne, d. h. mutatis mutandis noch ihre Anwendung findet. So geht er auch als Einer der Ersten aus dem Staatsexamen hervor, um dann unter recht schwierigen Verhältnissen, als Vicar eines rationalistischen mit seiner Gemeinde zerfallenen Sonderlings, auf einer kleinen badischen Landpfarre (in Altlußheim) mit dem ganzen Eifer der ersten glühenden Liebe zum Amt sein pastorales Wirken zu beginnen. Er selbst charakterisirt sich im Rückblick auf jene Zeit als einen „Donnersohn, der am liebsten die Seelen seiner Bauern vierspännig in den Himmel gefahren hätte“. An den Sonntagnachmittagen versammelt er die Jugend; in den Spinnstuben fängt er an zu erzählen, Fremdes und Eigenes. So wurde der Volksschriftsteller Emil F. geboren. Den werdenden Volksprediger aber zeigt schon die Abschiedspredigt über die Thränen Jesu (vgl. „Aus Lenz und Herbst“. Erinnerungen von Emil Frommel, 4. Aufl. Konstanz), trotz ihrer homiletischen Mängel wie ihres Ueberschusses an Empfindsamkeit, die den jugendlichen Redner an dem Feuer der eigenen Kohlen dahinschmelzen läßt.

Das Jahr 1852 führt ihn mit seinem Bruder Max (s. unten) nach Beendigung des Vicariates auf einer Ferienreise von fast einem Jahre über die Alpen. Das Land deutscher Sehnsucht, Italien mit dem Zauber seiner Natur und den redenden Trümmern seiner tausendjährigen Vergangenheit wirkt auf den Künstlersohn wie eine Offenbarung des Besten in ihm, innerlich umgestaltend und zugleich, wie seine Briefe aus der Zeit zeigen, den schlummernden Dichter und Künstler zu neuem Leben weckend. Die eigenartigen Amtsverhältnisse der nächsten Jahrzehnte sind gewiß mit schuld daran gewesen, daß die reife Frucht dieses italienischen Aufenthaltes sich völlig erst lange darnach, in der Zeit seines Berliner Wirkens zu erkennen gab.

Noch einmal ging der „gelernte Theologe“ in die Schule; Pfarrer Henhöfer in Spöck (bei Durlach in Baden), der ehemalige römisch-katholische Priester, dem F. nachmals in zwei Büchern (s. unten) ein Denkmal der Dankbarkeit gesetzt, war sein Lehrmeister. Eine „anima naturaliter lutherana“, [186] dabei mit einer starken Ader gesund pietistischen Wesens, hat Henhöfer nach seinem und seiner ersten Gemeinde Mühlhausen Uebertritt von dem badischen Dörflein aus, ähnlich wie im Elsaß Frommel’s Confirmator Haerter, als vielgehörter Erweckungsprediger Einzelnen und ganzen Gemeinden seiner Zeit den Anstoß zu einer bleibenden Bewegung gegeben. F. aber ging es mit Henhöfer wie mit Italien: er lernte als Vicar des schlichten und doch in seiner Weise genialen Mannes, sich der in ihm selbst angelegten Eigenart auch nach der Seite seines geistlichen Berufes dankbar bewußt und froh werden. An einem mustergültigen leibhaften Beispiel trat ihm die große Kunst, die er dann selbst später so meisterhaft geübt, zum ersten Male vor Augen: wie man seine Weisheit an den Mann bringt, und „den Leuten nicht nur die Suppe kocht, sondern ihnen auch den Löffel dazu in die Hand gibt“.

1853 zieht F., der inzwischen die Tochter des gelehrten Oberkirchenrathes Dr. K. Baehr heimgeführt, als selbständiger Pfarrer in die vacant gewordene Stelle zu Altlußheim ein, von der anhänglichen Gemeinde mit Jubel begrüßt. Am liebsten wäre er nun, wie er schreibt, ganz bei den Bauern geblieben. Aber das friedliche Landidyll ist schon im November 1854 zu Ende.

Es lag der Oberkirchenbehörde des durch manche kirchlichen Gegensätze bewegten Großherzogthums viel daran, gerade für die Hauptstadt Geistliche zu gewinnen, die mit freier und vielseitiger Bildung gesundes biblisches Christenthum verbunden: das war der Gesichtspunkt, unter dem damals F. als Hof- und Stadtvicar, zwei Jahre später W. Beyschlag [WS 1], der nachmalige Hallische Theologe, als Hofprediger nach Karlsruhe berufen wurde.

Bald hatte F. trotz der Anfeindung gewisser Kreise und Collegen in der „Kleinen Kirche“ eine große Gemeinde um sich gesammelt, der er in fortlaufenden Predigtserien die Zehn Gebote und das Vaterunser auslegte. Noch in seiner Karlsruher Zeit hat F. diese Predigten auf Verlangen drucken lassen. In der Form reine Katechismuspredigten, ohne die homiletische Durcharbeitung der späteren Jahre, zeigen sie in Gedanken und Ausdruck doch schon die volle Kraft volksthümlicher Plastik, und überall blicken große leitende Gesichtspunkte durch. Aus persönlicher lebendiger Anschauung schildert Beyschlag den jungen Geistlichen in seiner Selbstbiographie mit den Worten: „Emil Frommel, neunundzwanzigjährig, war im ersten Aufblühen seiner liebenswürdigen Eigenart und volksthümlichen Begabung. An der nachmaligen reichen Herbstzeit seines Genius haben sich ja Viele erfreuen dürfen; ich habe seinen Frühling, das erste scheue Auflodern des nachmals auf hohen Leuchter gesteckten Lichtes erlebt und genossen. Seine Predigten – in der dritten und letzten Kirche für die 15 000 Protestanten Karlsruhes – übten durch ihren volksthümlichen, farbenreichen Stil und vor allem durch die reizende Kunst, Erzählungen einzuflechten, eine große Anziehungskraft; die persönlichen Eigenschaften und ungemein geselligen Talente Frommel’s kamen hinzu. Eine künstlerische und dichterische Natur durch und durch, ein Mensch der Stimmung und des Augenblicks, bei ernstem Hintergrund voller Witz und Humor, leichtbeschwingter Gelegenheitspoet, am Klavier ein Sänger von prächtigem Vortrag, wenn er auch die Begleitung nur so zusammenstoppelte, bezauberte er jeden, der ihm unbefangen gegenüberstand. Bei alledem war Frommel’s Stellung in Karlsruhe eine gedrückte und aufmunterungsbedürftige. Als Hof- und Stadtvicar besaß er kein Recht der Casualien und des Confirmandenunterrichts; erst während meiner Amtsführung erhielt er beides in dem ärmsten Stadttheil. – – – Dabei war er einigermaßen in der Lage des Propheten im eigenen Vaterland und im eignen Hause. Man hatte ihn lieb, aber zuerst wollte man ihn richtig erziehen. Zumal den pietistischen Kreisen, [187] welche einen ansehnlichen Theil der Gemeinde bildeten, war an seiner weltoffenen ungenirten Weise vieles nicht recht, und weil er jung war und man ihn von Kind auf kannte, meinte man ihn schulmeistern zu dürfen.“

Mit Beyschlag verband F. seit dem ersten Bekanntwerden eine aufrichtige Freundschaft, die bei beiden, trotz mancher späteren theologischen Differenzen, bis ans Ende festblieb. Jetzt sollten sie bald Schulter an Schulter in den Kampf treten. Der badische Agendenstreit schlug seine Wellen und forderte seine Opfer. Die radicalen Liberalen in Mannheim und Heidelberg machten gemeinsam Front gegen die „reactionäre“ Kirchenleitung, die seit Ullmann’s Berufung in das geistliche Ministerium, wie behauptet wurde, die protestantische Gewissensfreiheit bedrohte; Ullmann wurde 1861 gestürzt; Frommel’s Schwiegervater Baehr schied aus dem Oberkirchenrath. F. aber, der inzwischen durch einen Compromiß der positiven und liberalen Wähler zum Stadtpfarrer aufgerückt war, gründete mit Beyschlag ein „Evangelisches Kirchen- und Volksblatt“, das, im Unterschiede von der polemischen Betonung des Protestantismus bei den Gegnern, das evangelische Gemeindebewußtsein pflegen wollte. Beyschlag schrieb die kirchenpolitischen Leitartikel, F. steuerte zunächst nur Plaudereien bei u. d. T. „Aus dem Papierkorb eines geistlichen Herrn“ und trat für die Hauspoesie ein. Aber die Gegensätze zwischen Karlsruhe und Heidelberg verschärften und vergifteten sich, und als Beyschlag durch seine Berufung nach Halle dem Streit glücklich entronnen, erlag F. den Verhältnissen und gerieth in das Fahrwasser kirchenpolitischer Polemik. Scharfe Artikel kamen damals aus seiner Feder, mehr protestantisch als evangelisch in Ton und Haltung, den eignen Mitarbeitern und Freunden viel zu scharf, sodaß sie ihn um Mäßigung baten. Er selbst fühlte bald, daß er einen schiefen Weg eingeschlagen. „Es thut nicht“, so bekannte er später, „seine Feder in des Teufels Tintenfaß zu tauchen“. Häusliches kam dazu, ihm das Leben in der Heimath zu verbittern, – nicht zuletzt der Uebertritt seiner beiden Eltern zur lutherischen Separation und ihre Uebersiedlung nach Ispringen zu Max Frommel, der bewußt oder unbewußt der spiritus rector dieser Umwandlung im Elternhaus gewesen war.

Trotz allem äußeren und inneren Sturm und Drang der letzten Jahre hatte F. Zeit und Ruhe gefunden, außer den Predigten und Artikeln seine ersten selbständigen Bücher zu schreiben. Er wollte, durch Barth, Wichern, Caspari ermuntert, „am Herzen des Volkes liegen und den innersten Pulsschlag seines Lebens vernehmen und dann so schreiben, daß Hans und Grete und auch den gelehrten Professor die Groschen nicht reuen, die sie für das Büchlein ausgegeben und beiden gleichmäßig Herz und Auge beim Lesen lacht und weint“. So erschienen die Erzählungen: „Aus einem Kellnerleben“, „Der Rathsschreiber“, „Die Gräfin“. Ein lebendig pulsirendes sociales Mitgefühl, ein nach breiter Verständlichkeit strebender, von herzlicher Liebenswürdigkeit getragener Stil kennzeichnen seinen ersten Flug in die litterarischen Höhen. Mit allen späteren Schriften Frommel’s haben diese Erstlinge den frohen Ernst gemein, der bei aller ethischen Endabsicht doch niemals ins moralisirende Dociren fällt, der, um mit Schleiermacher zu reden, „alles mit Religion geschehen, aber Religion nicht alles sein läßt“.

Vier Rufe nach auswärts hatte F. inzwischen ausgeschlagen; den fünften, der 1864 an ihn von Barmen-Wupperfeld herantrat, glaubte er nicht abweisen zu dürfen. Einstimmig hatte man ihn dort nach einer Bibelfestpredigt gewählt. In der Heimath erleichterte ihm die Kälte der Behörde und die Zaghaftigkeit der Gemeinde den Abschied. Die besten Freunde riethen ihm zu gehen. So hielt er seine Abschiedspredigt in der Heimathstadt, die [188] es nicht verstanden, ihn festzuhalten, sondern den Propheten weiterziehen ließ. Die Heidelberger aber hatten nicht so ganz Unrecht, wenn sie schrieben: Emil Frommel sei einem rettenden Rufe ins Ausland gefolgt. Die gründliche Luftveränderung war in der That in mehr als einer Hinsicht für ihn eine Rettung. Wiewohl er ahnte und die Ahnung nur zu bald bestätigt fand, daß es in eine neue Schule, auf einen neuen, wenn auch etwas anders gearteten Kampfplatz ging.

F. erkannte es als seine besondere Aufgabe, um derentwillen sein Weg ihn gerade in diese „Hoch- und Tiefschule“ für den evangelischen Geistlichen geführt, durch Wort und Beispiel dem in seinem Ernste so ehrenwerthen und in seinem Biblicismus vorbildlichen, dabei aber in der ganzen Lebensauffassung vielfach so freudlosen, ängstlich-schroffen Christenthume der Kirchlichen im Wupperthal zu Freude und Freiheit zu verhelfen, den von der Kirche Entfremdeten aber, und deren waren in den oberen und unteren Schichten der Fabrikstadt nicht Wenige, die Brücken zu bauen vom Unglauben zum Glauben, von der Welt ins Reich Gottes. Auf der Kanzel, in der Seelsorge, in den Vereinen sucht er für seine weltfrohe Auffassung des christlichen Lebens zu werben und zu zeigen, daß es eine „ernste Sache um die Freude“ des Christen sei. Bald waren auch hier alle besseren Elemente der Gemeinde Frommel’s dankbare, ja begeisterte Hörer und Anhänger. Gerade, daß er nicht im engen Gleise des hergebrachten Wesens fuhr, sondern immer auf der Höhe stand, „wo der Blick frei ist und die Seele weit wird, – daß er es verstand jedem auf seine Art beizukommen“, das zog die Menschen zu ihm und erwarb ihm das Vertrauen. An dem geistvollen Missionsinspector und philosophischen Schriftsteller Dr. Fabri, an dem bekannten Schulmann W. Dörpfeld, nicht zuletzt an manchem schlichten Handwerker und Bandwirker aus den Kreisen der „Collenbuschianer“ fand er verständnißvolle und fördernde Freunde; mit ihnen wurde „Schrift“ gelesen und gemeinsam ausgelegt. Aber auch der Gegensatz und Widerspruch blieb hier so wenig wie bei den „Strengen“ in der badischen Heimath aus. Daß F. es wagte, von dem Recht der Kunst im Cultus, ja von „Sanges Recht und Pflicht“ in einem Vortrage vor den Lehrern des Reg.-Bezirks Düsseldorf zu reden, war vielen Schwachen schon ein Aergerniß gewesen; daß F. aber am Charfreitag des Jahres 1865 noch einen Schritt weiter ging, nämlich die Aufführung der Passionsmusik zu besuchen, das schien unerhört. Mannhaft hat F. den offenen und geheimen Angriffen auf das gute Recht seiner Sache die Stirn geboten, wenn er auch dem freundschaftlichen Memento seines Vorgängers (eines Schwagers von Rudolf Koegel), der ihn bat, im Kampf um die Kunst nicht zu viel Kraft auf die Erstürmung einer Position zu verwenden, die immerhin nur ein Nebenwerk bilde, sich willig und überzeugt fügte. Doch hatte der heiße Kampf eine werthvolle Frucht gezeitigt: Frommel’s Schrift über „Die Kunst im täglichen Leben“ (jetzt in 6. Aufl. als Band III der gesammelten Schriften). Das schöpfungsmäßige Recht und damit auch die sittliche Aufgabe der Kunst – und zwar einer guten Kunst – im Leben des Volkes wie der Kirche nachzuweisen, ist die Absicht, die dieser „Streifzug“ geistvoll und praktisch-lebendig durchführt.

Noch im gleichen Jahre erschien aus Frommel’s Feder ein umfangreiches Buch: das Lebensbild Dr. Aloys Henhöfer’s, ein Stück badischer Kirchengeschichte, an dem er schon in den letzten Karlsruher Jahren mit großem Fleiß gearbeitet. Glücklicher Weise hat F. später (Stuttgart 1880) die Goldkörner, die in diesem nur für den Forscher wirklich nutzbringenden Quellenwerk verborgen liegen, noch einmal besonders hervorgeholt und dem deutschen Christenvolke [189] in kleiner Münze dargeboten. Seitdem ist das süddeutsche Pfarroriginal auch in norddeutschen kirchlichen Leserkreisen kein Fremdling mehr.

Der Krieg 1866 fand in F. trotz allem „deklarirten Süddeutschthum“ und im Gegensatz zu der Mehrzahl seiner badischen Landsleute einen von Herzen begeisterten Anhänger der preußischen Sache. Die vaterländischen Reden Frommel’s aus den 60er Jahren, die das Frommel-Gedenkwerk im III. Bande gesammelt, geben ein anschauliches Bild davon, wie ihm Patriotismus und Christenthum schon damals im besten Sinne in Eins zusammenfielen: hier redet kein Chauvinist und kein Byzantiner, wohl aber ein Mann und ein Christ, der mit allen Fasern seiner leidenschaftlichen und empfindsamen Seele im deutschen Volksthum wurzelt und im Könige von Preußen den gottgesandten Führer der deutschen Sache zu erkennen glaubt. Es kam das Cholerajahr 1867, das die Wupperfelder Gemeinde decimirte und F. selbst an den Rand des Grabes brachte. Nach seiner Genesung galt seine Arbeit in erster Linie dem inneren und äußeren Aufbau der Gemeinde. Die thatkräftige Anregung zu zwei neuen Barmer Kirchen, der Friedenskirche und Johanniskirche ist Frommel’s Verdienst gewesen. Zwischenhinein hält er, vom Verein für Kirchenmusik zu Berlin gerufen, wieder einen Vortrag „pro domo“ – über Händel und Bach. Derselbe bildet jetzt das erste Bändchen einer Reihe von Aufsätzen und Erzählungen, die seit 1872 bei Wiegandt und Grieben erschienen sind. Auch hier war es, wie bei dem Streifzug „Von der Kunst im täglichen Leben“ nicht sowohl das ästhetische, als das sittlich-religiöse Interesse, das für die Wahl des Stoffes den Ausschlag gab. Als „Helden Gottes und Zeugen der Wahrheit wider das Geschlecht ihrer Tage“ zeichnet F. die beiden Meister, die auch heute noch eine Mission zu erfüllen haben. „Aus der Familienchronik eines geistlichen Herrn“ hatte F. gleichzeitig mit dem Büchlein zu schreiben begonnen, das ihm einen dauernden Platz in der deutschen Volkslitteratur gesichert hat: dem „Heinerle von Lindelbronn“. Die Geschichte dieses ehemaligen Schwarzwälder Bauerbuben und späteren Atelierschülers bei Vater Frommel, der seinen herrlichen frommen „Pathen“ verläßt und sich unter die Kunstjünger begibt, bis er in Rom durch bittere Erfahrungen klug geworden, heimkehrt und als braver Uhrmacher das Kunsthandwerk pflegt, – ein gesegneter Mann, dessen Unglück ein verschleiertes Glück gewesen, – sie gehört zweifellos zum besten, was F. überhaupt geschrieben. „Lesen Sie den Heinerle“, sagte er später selbst, „und Sie haben mich mit allem Guten und Bösen“. Schärfer als sonst in seinen Erzählungen, die er leider wenig feilte, sind hier die Charaktere innegehalten; eine tiefe Naturpoesie zieht sich durch das Ganze hindurch, ohne den lebendigen Fluß zu hemmen. In der Gestalt des Pathen aber erkennen wir ein Stück innerer Lebensgeschichte des Verfassers. Die Züge der frommen alten Mystiker, eines Oetinger, M. Hahn u. A. blicken aus ihm entgegen, wie sie F. durch Behm in Erlangen und nachher im Kreise der Wupperfelder „Stillen“, der „Bibelfreunde“, die von den Strengkirchlichen weltflüchtiger Observanz wohl zu unterscheiden sind, kennen und lieben gelernt hatte.

In der That dankte F. dem „Thale“ ebensoviel als das Thal ihm. Bei seinem Scheiden aus der Gemeinde hat er es dankbar ausgesprochen: „Die Gemeinde hat mich gelehrt, aus Gottes Wort zu leben und aus diesem Jungbrunnen immer von neuem zu schöpfen – sie hat mich auch gelehrt, mich keiner Partei zu verkaufen und nicht der Menschen und Meinungen Knecht zu werden, und ebenso mein Leben und Heil nicht in äußeren Amtsdingen zu suchen, in Schreiberei und Actenbündeln … sie hat mich gelehrt, Seelsorge zu treiben. Meinen pneumatischen Menschen hat sie geläutert, während der [190] seelische freilich viel gelitten hat“. – Zwei Rufe nach Köln hatte F. in den letzten Jahren abgelehnt. Max Frommel’s überzeugendem Zureden ist es vornehmlich zu danken, daß Feldpropst Thielen eine Zusage Frommel’s erhielt, als er ihm im J. 1869 die Stelle eines Garnisonpfarrers von Berlin antrug.

Am 25. Februar 1870 trat F. die neue Stelle an. Acht Minuten waren ihm für die Antrittspredigt vorgeschrieben. „Auch diesen Saltomortale ins Militärpfarramt“, so schreibt D. Richter in seinem „Kranz auf Emil Frommel’s Grab“, „hat F. mit glücklichem Humor und gutem Erfolge gethan“. F. war selbst nicht Soldat gewesen, dem Organismus des Heeres stand er ebenso fremd gegenüber wie den mannichfachen Förmlichkeiten des dienstlichen Verkehrs. Aber sein beweglicher Geist fand sich schnell in die ganze Situation hinein. Bald hatte er sich zu der Militärgemeinde eine ansehnliche Civilgemeinde hinzugepredigt, der sich die Frauen der Officiere, die bis dahin ebenso wie die „Nichtcommandirten“ vom Soldatengottesdienst fernzubleiben pflegten, anschlossen. Im ganzen ist er von den Berlinern zunächst nicht entzückt: „wie die Menschen hier anfassen, das will mir schwer werden … sie lesen in und über die Dinge, aber sie leben nicht in den Dingen der Ewigkeit“. Die Schrift erscheint dem Barmer Pastor hier als „ein ziemlich unbekanntes Buch“ – „man lobt die Pumpe und vergißt des Wassers. Da trumpfe ich denn gehörig auf und fühle den Leuten auf den hohlen Schriftzahn“. Er will die Gewissen wachrufen und die ganze Aufgabe des Evangeliums zunächst sittlich fassen. – Eine große Geduldsübung stand jetzt dem neuen Garnisonpfarrer bevor: die Truppen rückten in den Krieg mit Frankreich, und er mußte zurückbleiben. Nach dem Siege von Wörth hält es ihn nicht länger mehr daheim; auf sein dringendes Bitten wird er Anfang September als „außeretatsmäßiger Feld-Divisionspfarrer“ der Gardelandwehr, die vor Straßburg lag, nachgesandt. In zehn Ortschaften war die Soldatengemeinde zerstreut, die er von dem Sitz seines Stabes aus zu pastoriren hatte. Daneben suchte er der ihm vom Feldpropste persönlich gestellten Aufgabe gerecht zu werden, über Zustände und Stimmung im Elsaß nach eigenen Eindrücken zu berichten. Als Vertrauensmann der verschiedensten Gruppen hat er, der das Elsaß von Kind auf kannte, und der allen Ueberspannungen, auch denen des patriotischen Gefühles, abhold war, gerade in dieser Mission des Ausgleichs und der Versöhnung von allen 228 geistlichen Kräften des Krieges wohl das Bedeutendste geleistet. Der Haupttheil dieser unendlich viel Takt erfordernden Arbeit begann für ihn begreiflicher Weise mit der Einnahme Straßburgs. Da gab es manches „Bombardement glühenden Hasses und Zornes auszuhalten“, unter Freunden und Verwandten viel Mißverständnisse aus dem Weg zu räumen, und an seinem Theile zu erfüllen, was Frommel am Schluß seiner Einzugspredigt in der Thomaskirche forderte: „Deutschland hat eine große Ehrenschuld, die Wunden zu heilen, die der Krieg schlagen mußte. Straßburg hat die Thore geöffnet, öffnen wir ihm unser Herz und unsre Hand, damit aus den Ruinen ein Neues entstehe!“ Die große Zeit fand auch den Redner in F. auf der Höhe seiner Aufgabe. Ein hoher dichterischer Moment war es, den F. seine Hörer miterleben ließ, als er acht Tage später an derselben Stätte bei dem Kirchgang des Generalgouvernements zu predigen hatte. „Ich predigte über das Evangelium des Tages, die Auferweckung des Jünglings von Nain, Etlichen vielleicht zur Verwunderung, mir aber zum symbolischen Bilde sich hebend. So mancher Jüngling ruhte draußen vor den Wällen und drinnen im botanischen Garten. Galt’s nicht, der Stadt im Wittwenschleier ein großes trostvolles „Weine [191] nicht“ zu bringen, und welch schönere Aufgabe konnte sich eine Friedensregierung stellen? Es galt einen Todten zu erwecken, schlummernd im Sarge, der ihn 200 Jahre umschlossen, den deutschen Geist im herrlichen Elsaß. Aber Gottes Geist gibt allein der Mutter – unserer Germania – das Kind lebendig wieder, das jetzt todt vor unseren Augen liegt. Den Jüngling weckt er auf, und an der Jugend muß die Arbeit beginnen: wer die Jugend hat, der hat die Zukunft“.

Sechs Monate hat F. als Garnisonpfarrer von Straßburg im deutschen Elsaß seines Amtes gewaltet. Seine Zeitpredigten waren, wie schon im Felde, wo er sich als einen Meister des improvisirten Wortes bewähren konnte, Ereignisse im geistigen Leben der Stadt; seine weltliche wie geistliche Behörde hätte ihn am liebsten dauernd an das neugewonnene Land gefesselt. In zwei umfangreichen Memoranden an das Gouvernement und das Ministerium des Innern hatte er seine Eindrücke von der socialen und religiösen Lage des Elsaß festgelegt und Vorschläge gemacht für eine Neugestaltung der protestantischen Kirche des Landes; er selbst will aber unter keinen Umständen in die Verwaltung derselben, wie man wohl wünschte, eintreten. „Ich gehöre in den grünen Wald und nicht an den grünen Tisch“ – so hat er allezeit empfunden. Am 31. März 1871 feierte der Straßburger Garnisonpfarrer mit der Gemeinde das heißersehnte Friedensfest, das ihm als wohlverdientes Ehrenzeichen das Eiserne Kreuz eintrug. Am 16. Juni stand F. wieder auf seiner Berliner Kanzel, um vor Kaiser und Reich die Friedens- und Dankfestpredigt zu halten, – einen begeisterten Hymnus voll großer historischer Ausblicke.

Zurückschauend aber auf die Zeit im Felde mußte er bekennen: „es war für mich persönlich die ereignißreichste Zeit meines Lebens … meine Feuertaufe als Feldprediger habe ich vor Straßburg erhalten. Mit der Armee hat mich die große Zeit unauflöslich verbunden …“ Auch für die Predigt und Seelsorge gab es hier zu lernen. Es war so, wie ein General ihm damals versicherte: er hatte den „Kasernenschlüssel“ gefunden, der ihm in Friedenszeiten schwerlich so bald in die Hände gekommen wäre.

Erwähnt sei, daß F. auch als Schriftsteller während des Feldzuges nicht gefeiert hat. In dem Straßburger Winter entstanden zwei Lebensbilder aus der elsässischen Kirchengeschichte: „Catharina Zell“ und „Luise Scheppler“, Pfarrfrau und Pfarrmagd. Die streitbare Pfarrfrau des Leutpriesters zu St. Lorenz am Straßburger Münster, die verständnißvolle Freundin M. Luther’s, stellt er plastisch in den Rahmen der Kirchengeschichte Straßburgs hinein. An Luise Scheppler, der treuen Haushülfe des Pfarrer Oberlin im Steinthal, zeigt er in schlichtester Darstellung, wie das einfache Bauernmädchen aus Bellefosse zur Begründerin der Kinderpflegen wird, die sich über Frankreich, England und Deutschland seitdem verbreitet. Einen Theil des Dankes sollten jene Büchlein abtragen helfen, den F. seit den Tagen der Confirmation der elsässischen Kirche und dem so heißgeliebten Straßburg schuldete.

Was er selbst damals an Lust und Leid in und vor Straßburg mit seinen braven Landwehrleuten erlebt, hat F. im J. 1872 in: „O Straßburg, du wunderschöne Stadt“ zu Nutz und Frommen der deutschen Jugend erzählt. Das Buch war mittelbar eine Frucht der im übrigen in kirchlicher wie kirchenpolitischer Hinsicht stark verunglückten sogen. „Octoberconferenz“ zu Berlin. Dort war u. a. der Gedanke angeregt worden, die Geschichte des deutsch-französischen Krieges als eine Geschichte der großen Thaten Gottes durch eine Reihe von Volksschriften festzuhalten. „O Straßburg“ machte den ersten glücklichen Anfang, es ist mit dem drei Jahre später erschienenen „In des Königs Rock“ vielleicht das im preußischen Heere am meisten gelesene Buch [192] Frommel’s. Der improvisirte Felddivisionspfarrer von 1870 fühlte sich seit dem Feldzuge in der That völlig Eins mit seinen „blauen Beichtkindern“. Daran änderte auch die Ernennung zum Hofprediger nichts, die ihm gelegentlich des 150jährigen Jubiläums der Garnisonkirche zu Theil ward. Nur den Titel, so hatte er dem Kaiser erklärt, nicht aber die Stellung als Hof- und Domprediger würde er annehmen, die in Berlin mit diesem Range bisher verknüpft war. Und der Kaiser hatte eingewilligt. So gleichsam im Generalstab, außerhalb der Schußweite des Tageskampfes postirt, konnte F. in Frieden an dem Aufbau seiner Gemeinde arbeiten. Seine Gottesdienste füllten sich immer mehr. Man war allenthalben froh, in der Militärkirche statt des „Regimentsmusiktones“ und des „schwarzen Wetters“ eine Frühlingsstimme zu hören, die, wie es scheint, in Berliner Kirchen auch sonst damals etwas Seltenes war.

Daß er niemals sich verleiten ließ, auf der Kanzel „den Tornister auszupacken“, daß man bei ihm nichts hörte von Dienst und Drill, von der Disciplin und den Gefahren der Socialdemokratie, – das eben machte ihn zum Prediger für Alle; das ließ auch die Gemeinde der Frauen bei ihm ihre Rechnung finden, wenngleich er auf der andern Seite die von Vielen beliebte rein seelische Wirkung auf die „Rührung“ der Zuhörer fast ängstlich vermieden hat. Die große Hoffnung, die er für die Menschen hegte, die Freude am Herrn, die auch durch seine Bußpredigt hindurchklang, hatte etwas Ansteckendes an sich, etwas, das mit fortriß; sein größtes Charisma blieb aber doch die Einfachheit. Sie schien ihm mit Recht ein größeres Lob des Predigers als das Verdienst, geistreich zu sein, was ihm im übrigen nicht schwer fiel. Das Wort Emanuel Geibel’s:

„Das Schwerste klar und Allen faßlich sagen,
Heißt aus gediegnem Golde Münzen schlagen,“

paßte auf F., als wenn es von ihm gesagt wäre. Es begreift sich, wie aus allen Himmelsgegenden Berlins, aus allen Ständen und Lebensaltern, – die Jugend voran, die bald im Confirmandenunterricht F. als unvergleichlichen Lehrer und Führer schätzen lernte – die Hörer zu seinen Predigten strömten. „Berlin ist ein Fischteich“, so schreibt er einmal mit gutem Humor, „und ich angle nach Menschenseelen; bald hängt in meiner Angel ein Soldat, bald ein Civilist, wie es gerade kommt“. Dabei kam ihm seine Ausnahmestellung als Militärpfarrer auch nach andrer Seite hin zu statten: Während draußen die kirchliche und politische Welt sich mit dem Culturkampf herumschlug und um Schulaufsicht, Kanzelparagraph und Maigesetze in Fehde lag, konnte er im stillen zu einem Meister der Seelsorge ausreifen und nach Tages Last und Hitze sich in altwürttembergische Vergangenheit vertiefen: J. A. Bengel, Ph. Math. Hahn, Flattich und ihre Schriften traktirte er damals, wobei er, nach einem Worte an Max F., das Holz für sich behielt und die abfallenden Späne in Gestalt von Vorträgen weitergab, zum Besten der mancherlei Vereine, die in ihm nur zu bald den hülfreichen „Sebaldus Nothanker“ (vgl. Frommel’s „Nachtschmetterlinge“) erkannt, auf den man, wenn Noth am Mann ist, überall zählen kann. – Bei der außerordentlichen Generalsynode im J. 1875, einer der wenigen, auf die nach Frommel’s Urtheil das „Synodare, es blivt wie es ware“, nicht ganz paßte, finden wir auch ihn, vom Kaiser berufen, am Werke. Mit der Selbständigkeit seiner Natur, der jeder Zwang außer dem der Pflicht und des Gewissens zuwider war, hing es wohl zusammen, daß er sich weder damals noch später in das Netz irgend einer kirchlichen Partei einfangen ließ. Trotzdem oder gerade deshalb stimmte er auf der Synode zumeist mit der Mittelpartei, aber auch dieser kirchlichen [193] Gruppe gegenüber seine volle Unabhängigkeit wahrend. Das zeigt die in dem Lebensbilde Frommel’s (Frommel-Gedenkwerk II, 161 ff.) mitgetheilte, ebenso charakteristische als charaktervolle Synodalrede. Eine „ungehaltene Rede eines Ungehaltenen“, so hätte er sie frei nach O. v. Leixner [WS 2] nennen können. Denn er hatte sie zwar sorgfältig auf dem Papier ausgearbeitet, aber wohl aus dem „synodalen Mißbehagen“, das ihn während der Sitzung befiel, schließlich im Pult gelassen. Er ist seitdem auf keiner Synode mehr erschienen, obwohl man ihn auch von Seiten des Kirchenregiments wiederholt darum gebeten. Hoffte man doch mit Recht, daß er durch seine Persönlichkeit dazu beitragen werde, den Geist der Synoden auf rechte Bahn zu leiten, daß seine Eigenart, die ihn zum kirchlichen Führer so ungeeignet erscheinen ließ, mithelfen werde, die unvermeidlichen Extravaganzen der Parteien hintanzuhalten oder doch möglichst unschädlich zu machen.

F. selbst dünkte es eine für den eignen inneren Menschen wie für sein Volk ersprießlichere Beschäftigung „im Nebenamt“, wenn er die Friedensarbeit that, zu der ihn Naturanlage und Neigung immer wieder hintrieb: die Arbeit mit der Feder. Und doch war es nicht die Lust am Fabuliren allein, die ihn zum Schriftsteller machte. Ob er, wie in der „Familienchronik“ mit ihren vier Bändchen (der letzte, „Aus goldenen Jugendtagen“ im J. 1889), das Paradies der eigenen Kindheit und Jugend aus dankbarem und begeistertem Herzen schildert und dabei die Absicht verfolgt, in einem familienflüchtigen Geschlecht den Sinn für das Beste im Leben, für Haus und Familie im Geiste W. H. Riehl’s zu wecken, – ob er in den Geschichten aus der „Hausapotheke“ allerlei probate Heilmittel für gute und böse Tage verräth, ob er aus der „Sommerfrische“ plaudert als ein Virtuose in der Kunst des Reisens und Erlebens, dem das Zauberwort allzeit zu Gebote steht, das Menschen und Dinge klingen macht, – ob er später im „Ampelschein“ vom geliebten alten Kaiser erzählt, der ihm in Gastein menschlich so werth geworden und nahe gekommen war, – ob er in „Allerlei Sang und Klang“, das er dem Freunde seiner alten Tage Karl Gerok zueignet, einen Sommernachtstraum träumt über das Geben der Menschenkinder, oder in der „Dorfgeschichte“ – übrigens der einzigen, zu der F. den Stoff ganz frei aus der Phantasie geschöpft – zeigt, wie das „fünfte Rad“ den Wagen rettet, ob er in „Feldblumen“, „Beim Lichtspahn“ Kalenderaufsätze sammelt, die er, mehr der Nöthigung unersättlicher Verleger als dem eigenen Triebe folgend, hier und da früher veröffentlicht hatte, – es ist doch überall nicht der Schriftsteller und Dichter nur, der zu dem Leser redet, sondern der Menschenfreund, der Erzieher im Erzähler, der Ethiker im Aesthetiker. Aeußerlich, technisch sozusagen tritt diese pädagogische Seite Frommel’scher Schriftstellerarbeit in einer Eigenthümlichkeit zu Tage, die u. a. besonders den Band „Beim Lichtspahn“ kennzeichnet, es sind seine „Items“, in denen er, Jean Paul’s Spuren nachgehend, den Fluß der Erzählung von Zeit zu Zeit unterbricht oder diese beschließt durch eine Reihe von allgemeinen Erwägungen, in denen sich die „Moral“ des Erzählten zusammenfaßt. Ein Beispiel für viele. In „Um Haus und Hof“, in der der jüdische Ortskrämer Hajum Levi sich mit seiner Speculationswuth in seiner eigenen Schlinge fängt, schließt mit 5 Items: „Es geht nicht immer so in der Welt, aber manchmal wird doch schon hier auf Erden Gottes Hand offenbar.“ Zum andern: „Ein treues Gemüth behütet Gott, auch wenn es nicht in einem weißen Mehlkittel steckt“. Zum dritten: „Ein treues Weib ist Goldes werth, auch wenn es auf keinem Sack voll Geld sitzt“. Zum vierten: „Wenn alle Christen wahre Christen und alle Juden wahre Juden wären, stände es auch anders [194] in der Welt“. Zum letzten: „Treue ist besser als Schlauheit und alle Fuchsbälge kommen beim Kürschner zusammen“. – Unter großer äußerer Unruhe, die die steigende Amtsarbeit mit sich brachte, waren diese Schriften zum Theil nur schnell hingeworfen; sie verrathen denn auch hie und da die Hast ihrer Abfassung.

Inzwischen war mehrmals die Versuchung an F. herangetreten, die Berliner Stellung aufzugeben; zuerst hoffte man ihn als Pastor in Hamburg, dann als Stadtpfarrer in der alten Heimath, in Baden-Baden zu gewinnen; er lehnte ab aus Liebe zu seinem Kaiser und zu seinen Soldaten. Um der Stellung zu den letzteren willen athmete er auch erleichtert auf, als später (1886) der Kelch der Feldpropstwürde auf seine Bitte hin an ihm vorüberging. Fürchtete er doch auch mit vollem Recht, daß es ihm „unter dem Actenstaub erginge wie Johann dem muntern Seifensieder, der seine Lieder verlor und keine fröhliche Seele mehr sein konnte“. Was ihn aber gerade in Berlin festhielt, war schließlich doch nicht zuletzt die Erkenntniß, daß er hier den Boden gefunden, den er brauchte, um völlig er selbst zu sein. „Ich habe an der Spree gefunden, was ich am Rhein nicht gefunden“, so bekannte er bei aller glühenden Liebe zu seiner badischen Heimath. Sicher ist, daß erst Berlin ganz aus F. gemacht, was in ihm angelegt war; und doch ist es für die Persönlichkeit Frommel’s bezeichnend, daß er, wie in Baden und im Wupperthal, so auch im großen Strome der deutschen Welt- und Hauptstadt sich selbst treu geblieben ist. Er blieb der Süddeutsche im Norddeutschen, der Bauernpfarrer im Hofpredigertalar, das schlichte Gotteskind im Manne der großen Welt, mit der er harmlos, ohne Arg verkehrte. Und wenn er, wie Wenige seiner Amtsgenossen, sich bis ins Alter für die Geistesströmungen und Bildungselemente seiner Zeit volle Empfänglichkeit bewahrt und ihren Bedürfnissen, vor allem auch in der Predigt, gerecht zu werden suchte, so stand er doch in Sachen des Glaubens unerschütterlich auf dem Boden der kirchlichen Vergangenheit. Für die modernen Theologen, einen Harnack, einen v. Soden u. A., hatte er mehr übrig als für die moderne Theologie, deren Bedürfnisse und Nöthe ihm schon deshalb ferner lagen, weil ihm die Theologie allezeit weniger eine Wissenschaft als eine liebe Kunst gewesen ist. Das wußte auch die theologische Facultät zu Berlin, und ließ es sich doch nicht nehmen, in richtiger Erkenntniß dessen, was F. als „hervorragender christlicher Schriftsteller, als unermüdlicher und begabter Prediger und Lehrer der Jugend“ – so lautete das Diplom – geleistet, dem freudig Ueberraschten im Jahre des Lutherjubiläums, 1883, den Doctorhut honoris causa aufzusetzen. Ja, F. war stolz auf diese Ehrung, sie war ihm „das eiserne Kreuz, ins Theologische übersetzt“, und er ließ das schwungvoll geschriebene „D.“ so wenig jemals vor seinem Namenszuge fort, als das Eiserne Kreuz aus seinem Knopfloch, während er alle andern Orden und Ehrenzeichen, Titel und Würden, die ihm die Zeit und die Gunst der Hohen dieser Welt eingetragen, am liebsten zu Hause ließ. Fast wie eine Ironie des Schicksals erschien ihm selbst und vielleicht auch manchen Andern, die Ernennung zum „Militäroberpfarrer“ und „Consistorialrath“ (1889), später (1896) „Oberconsistorialrath“. Für seine Amtsführung brachten diese Beförderungen nichts Neues: etwas mehr Actenwesen, das war alles, und diese Acten nahm er nicht tragisch: in die Sitzungen des Consistoriums ging er nur die ersten Male, aus Pflichtgefühl, dann ließ er es, weil ihm seine „Zeit zu kostbar“ und die ganze Stellung im Consistorium mehr eine Ehrenstellung war ohne entscheidenden Einfluß. Ueber Frommel’s herzliche Abneigung gegen alles, was geistliche Behörde hieß, cursiren viel übertriebene Anekdoten, die dann auch journalistisch, zuletzt in [195] dem Buch des Berliner Tageblatt-Theologen Theodor Kappstein (Emil Frommel. Ein biographisches Gedenkbuch. Leipzig 1903) im antikirchlichen Sinne ausgeschlachtet worden sind. Wer F. kannte, wußte, daß solche gelegentliche „starke“ Aeußerungen bei ihm nicht auf die Goldwaage gelegt werden durften. Nennt er doch selbst einmal sein geliebtes Berlin dem Bruder gegenüber „einen großen Sumpf, mit etwas kölnischem Wasser hocharistokratischer Gedankenblässe parfümirt“ und fragt ihn, ob er, dem in der Reichshauptstadt eine Stelle angeboten worden, sich denn „aus seinem Ispringer Adlerhorst zu den 800 000 Berliner Sperlingen locken lassen wolle“ u. s. w. Sicher ist, daß F. in kirchlicher Hinsicht allezeit ein überzeugter Einspänner gewesen ist, – der das Recht der Individualität mehr betonte wie die Pflicht, als ein dienendes Glied sich an ein Ganzes anzuschließen, denn er war, wie D. Richter sehr hübsch schreibt, „selbst ein Ganzes“, und hat die Urpflicht der Individualität reichlich geübt, die 1. Kor. 12 und 13 gezeichnet ist: in Liebe seine große charismatische Begabung zum „gemeinen Nutzen“ zu gebrauchen, d. h. in den Dienst des Ganzen zu stellen. So war es an ihm auch zu erklären und – zu tragen, daß ihm, dem der Blick für die Form wie wenige aufgeschlossen war, das Interesse und der Blick für die äußere Darstellung der Kirche in der Gestalt der Landeskirche mehr oder weniger abging. Dem Soldatenpfarrer bot die patriotisch-militärische Hingabe an Vaterland und Heer die Grundlage der Objectivität, die er brauchte und die ihm genügte. Wie sehr Frommel aber, bei aller Freiheitlichkeit der Gesinnung, nach außen hin ein treuer Sohn der „Kirche“ war, ein Feind aller Winkelzüge, mit scharf geschliffenem Schwerte Rom gegenüber, – das zeigen die Reden, die er im Lutherjahre zu Wittenberg, dann im J. 1890 zum Besten des Denkmals für den großen Reformator in Berlin, und sonst auf einer Reihe von Gustav Adolf-Festen gehalten. Der im Erscheinen begriffene Band VIII des Frommel-Gedenkwerks soll den vielbegehrten „Wanderredner“ auch nach der Seite der kirchlichen und Vereinsfestreden zur Geltung bringen; hier wie im Casuellen überhaupt, lag entschieden Frommel’s Stärke. Hier konnte weit mehr noch als in der Gemeindepredigt, die Individualität zu ihrem Rechte kommen, Geschichte und Gleichniß, seine liebste Redeform, sich breiter und kühner hinauswagen. Ein Anderes kam hinzu: was bei den Feiern der Confirmation, bei Taufe, Trauung und Beerdigung, bei ernstem Weihewort wie bei fröhlicher Tischrede ihm die Herzen der Hörer schon unter den ersten Worten zuführte und die Aufmerksamkeit bis zu Ende festhielt, daß war neben der Gabe, sich mit den Fröhlichen zu freuen und mit den Traurigen zu trauern, doch vor allem dies, daß er es verstand, die Handlung zu einer Feier zu gestalten, die Festflammen anzuzünden, auf dem Altar der Kirche wie auf dem Herd des Hauses. Wer den ganzen F. auf der Höhe seiner homiletischen Entwicklung kennen lernen wollte, der mußte ihn an einem Festtage hören (und, um dies gleich hier zu sagen: hören, nicht nachträglich ihn gedruckt lesen) –, am besten auf einer Gustav Adolf-Feier. Wie wußte er da schon durch die Partition im Eingange den rechten Ton anzuschlagen, wie predigte da alles mit, Geschichte und umgebende Natur, die letztere manchmal – was freilich nur er mit Glück wagen durfte – zur eigentlichen Predigerin des Tages werdend, hinter der das mottoartige Schriftwort zurücktrat. So, wenn er in[WS 3] Düsseldorf auf Grund von Ezechiel 3, 22, 23 fragte: „Was redet der Herr mit uns am Rheinstrom? Antwort:

Die vielumkämpften Wogen rauschen: Wachet!
Die grünen Reben mahnen: Wachset!
Die zerfallenen Burgen treiben: Bauet!
Die hohen Dome läuten: Betet!

[196] Freier noch sehen wir ihn in einer seiner letzten Reden, an einem politischen Festtage, bei der Eröffnung des Landtages im J. 1895, walten, er nimmt zum Verdruß einiger Herren von der „Rechten“ ein Wort Uhland’s zum eigentlichen Text seiner Rede. – Tieftrauernd im eigenen Herzen läßt er das Leid seines Volkes in ergreifender Klage ausklingen an den zwei Kaisergräbern des Jahres 1888, in dankbarer Theilnahme am Sarge der nach seiner Versicherung vielfach verkannten Kaiserin Augusta.

„Der Kaiser und Gastein“ – hier war für Frommel ein besonderes Capitel seines Lebens aufgeschlagen; das Beste freilich, was ihm droben in den Bergen der greise Monarch aus dem tiefen Schacht seines treuen Herzens anvertraut, hat F. mit ins Grab genommen. Konnte er aus besonderen Gründen dem Gemahl der Kaiserin Friedrich nicht nahetreten, so stellte sich um so herzlicher von Anfang an, und nicht erst im Dreikaiserjahr, zu dem Hofprediger und Freunde Kaiser Wilhelm’s das „edle junge Blut“, der kaiserliche Enkel. Die schlagfertige Art des Soldatenpredigers, der gesunde Humor, der bei F. nicht bloßer Mutterwitz, sondern ein Stück Welt- und Lebensanschauung war (man lese nur den Aufsatz in „Aus allen vier Winden“, in welchem er, ohne von sich selbst zu reden, doch den Humor seines eignen Christenthums classisch und glänzend vertheidigt), sein Freimuth, mit dem er „ein Royalist, kein Byzantiner“, auch den Höchsten der Erde gegenüber, und wenn es sein mußte, entgegentrat, das alles waren Züge, die ihn schon im kronprinzlichen Palais zum gern gesehenen Gaste machten. Der Tropfen demokratischen Oels, mit dem F. gesalbt war, mag manchem, der weder wahres Fürstenthum noch wahres Volksthum kennt, „für einen Hofprediger“ ziemlich groß erschienen sein; F. selbst erschien er nicht zu groß, und auch seine Fürsten müssen so empfunden haben, – eine Thatsache, die für beide Parteien gleich ehrenvoll bleibt. F. selbst schreibt im Rückblick auf seine Beziehungen zum kaiserlichen Hofe: „Ich bin auf Höhen des Lebens gestanden, sie nicht zu suchen, das habe ich von einem Könige gelernt, der gesagt: ‚Dränge dich nicht in der Könige Häuser‘, und der wohl gewußt hat, warum man sich nicht ohne Beruf hineinwagen soll; wenn man aber hineinmuß, dann frisch und fröhlich und getrosten Muthes hinein!“ F. hat auch in den Zeiten und Tagen, da das Nörgeln guter Ton zu sein schien, die Treue seinem kaiserlichen Herrn gehalten. Liebe und Verehrung des freien Mannes knüpfte ihn an die Person des jungen Herrschers, dessen weitblickende und geniale Auffassung vom königlichen Amte ihm eben so sehr wie der Zug der Pietät gegen die großen Vorfahren das Herz abgewonnen hatte. Nicht anders stand F. zu der nachmaligen Kaiserin, der „Mutter seiner theuren Prinzen“, die seit dem Jahre 1893 seinem Religionsunterricht anvertraut waren. Wenn Einer, so verstand er es, mit der Jugend jung zu sein, mit den Kleinen klein zu werden. Er hatte sich das Kind im Manne bewahrt: das war es, was ihm ungesucht die Herzen von Alt und Jung zufallen ließ. Aus warmer Liebe, mehr noch aus Erbarmen mit der nach seiner Ueberzeugung vielfach verkümmerten und in Schule und Gymnasium verbildeten Großstadtjugend war F. dem Ruf des Kaisers zur Theilnahme an der bekannten Schulconferenz des Jahres 1890 gefolgt. Die Verhandlungen der Conferenz verliefen – ähnlich wie die Octoberversammlung der Pastoren in der Garnisonkirche im J. 1871 – im Sande eines breiten mit sich selbst uneinigen Doctrinarismus. Frommel’s Rede, – fast die einzige, die warm und freimüthig im Sinne der kaiserlichen Botschaft aus dem Chaos der widersprechenden Meinungsäußerungen hervortrat, konnte daran nichts ändern. Wie es in seiner impulsiven Natur lag, ging F. in einzelnen Behauptungen auch hier wie sonst des öfteren über das Ziel [197] hinaus. Er bekam dafür den Spott und den Ingrimm der „Ultrahumanisten“ reichlich zu fühlen, die es nicht recht verwinden mochten, daß er die von ihm aufgeworfene Frage: Warum die Römer und Griechen so lebensfrohe und thatkräftige Menschen gewesen, sich selbst mit bitterer Ironie dahin beantwortete: „Weil sie in ihrer Jugend nicht neun Jahre lang mit Latein und Griechisch geplagt wurden!“ … Eine gewisse Nervosität verrieth sich in der – übrigens unvorbereiteten Rede; Frommel’s Gesundheit hatte lange schon einen Stoß bekommen. Wiederholte Curen in Karlsbad[WS 4] brachten das schmerzhafte Nierenleiden, das sich Anfangs der achtziger Jahre eingestellt, doch nur zeitweilig zum Stillstand und machte ihm selbst das Reisen, das sonst seine ganze Freude war, zur Qual. Mit schwerem Herzen mußte er, dem es jedesmal hart ankam, eine Bitte abzuschlagen, sich allmählich daran gewöhnen, das viele „Festreden“ an kirchlichen und Vereinsfeiern, an Theeabenden und Nachversammlungen wenigstens außerhalb Berlins aufzugeben. Sein Berliner Amt und die vielen Beziehungen seelsorgerischer und persönlicher Art, die er in allen Kreisen der Gesellschaft angeknüpft, brachten ihm immer noch Arbeit genug. Fast erdrückend war die Zahl der Casualien, für die man ihn begehrte; ging doch in Berlin die Scherzrede, die Leute würden nur geboren, um von F. getauft, confirmirt, getraut und beerdigt zu werden! … Der Fürsorge seines kaiserlichen Herrn hatte er es zu danken, daß ihm die nothwendige Ausspannung in den letzten Berliner Jahren so angenehm wie er sie nur wünschen mochte, zu Theil ward; in unmittelbarer Nähe Berlins, und doch fern genug um den dort unvermeidlichen Ruhestörern zu entgehen, im Park von Sanssouci zu Potsdam, wurde ihm für sich und die Seinen das „Cavalierhaus an der Wache“ als Sommersitz vom Kaiser zur Verfügung gestellt. Hier ließ es sich nicht nur herrlich träumen und als „Philosoph von Sanssouci“, wie er sich in Briefen damals gern unterschrieb, Gedanken spinnen über Gegenwart und Vergangenheit, hier konnte man vor allem in Ruhe arbeiten und den Schriftsteller, der in Berlin so oft die Feder angesetzt um sie gleich darauf, der Noth des Augenblicks gehorchend, fortzulegen, einmal wieder zum Rechte kommen lassen. Schon 1890 hatte F. in den „Festflammen“ (Gedanken und Bilder zu den hohen Festen der Kirche) – einem seiner reifsten Bücher – unter der Ueberschrift „Mein Philippus“ ein Stück eigener Lebensgeschichte und auch sonst, wie in dem ergreifenden Abschnitt „Osterglocken“, einzelne Erfahrungen aus dem Amte mitgetheilt; eine ähnliche Arbeit beschäftigte ihn jetzt in der Stille von Sanssouci: „Aus Lenz und Herbst“ nannte er die Erinnerungen, die er, von Karl Gerok dazu angeregt, „zu Nutz und Frommen der Brüder im Amte“ herausgab. Das Büchlein enthält ein Vade mecum, das manches dickleibige Compendium der Pastoraltheologie an innerem Werthe aufwiegt. Der Lernende wird es dankbar empfinden, daß die Scheu überwunden, die ihn zuerst zurückhielt, dies Stück innersten Erlebens preiszugeben. „Die Noth der jungen Leute, das Hineinschauen in den Mangel an Idealismus und Begeisterung, an inneren Kämpfen, kurz an allem was einem Pfarrer noth thut, trieb mich zum Schreiben“, so heißt es in der Vorrede. F. sagte sich, daß ein jeder, der andere erbauen, andern helfen will, es wagen muß, seine ganze Person mitsammt dem Stück Geschichte, die sein Eigenthum ist, einzusetzen. Was aber nur wenige vermögen, weil nur wenige die Gabe besitzen, ihr eignes Ich beim Schreiben auszuschalten oder doch zurückzustellen, F. hat es vermocht, und das verleiht sowohl den „Festflammen“ als „Lenz und Herbst“ ihren besonderen Reiz: wir lesen hier eine Selbstbiographie ohne jede Selbstgefälligkeit. F. will nur dienen, nämlich den Brüdern, er will nur danken, nämlich dem Gott und Herrn, der ihn selbst so wunderbar geführt hat.

[198] Eine viel schwierigere und weniger dankbare Lebensarbeit lag dem Vierundsechzigjährigen noch auf der Seele; – sie hätte eigentlich ein gänzliches Ausspannen vom Amte gefordert und ist bis zu seinem Ende sein Schmerzenskind geblieben: die Arbeit an der von Hofprediger R. Koegel herausgegebenen Postille über die vier Evangelien, von der auf F. das Evangelium des Lucas gefallen war. Max Frommel sollte es ursprünglich bearbeiten, da löste sein Tod, der den Bruder tief erschütterte (Max starb am Geburtstag Emil’s, 1890, im gleichen Jahre mit Gerok und C. v. Hase, der F. in Gastein nahe getreten war), die Verpflichtung, die nun der Ueberlebende als ein Vermächtniß des heimgegangenen Bruders, auf Koegel’s dringenden Wunsch, übernahm. Für Frommel’s Eigenart war diese Aufgabe – ihrer Natur nach mehr akademisch als praktisch: ein Evangelium Vers für Vers, Capitel für Capitel homiletisch auszulegen – ganz und gar nicht geschaffen. Er konnte keine Predigten „machen“ die er nicht auch zu halten die Absicht hatte. Aber wer vermag in einer Gemeinde, vor allem einer Soldatengemeinde, über ein ganzes Evangelium zu predigen, wer aus so rauhem Gestein, wie z. B. einem Geschlechteregister, Wasser des Lebens zu schlagen? F. war ein Künstler und hat es deshalb doch vermocht. Es liegt viel zarte Poesie und viel gesunde Lebensweisheit, viel Tiefes und Bleibendes in dem Torso, den uns F. von seiner Lukasarbeit hinterlassen hat. So wenig ihm die ganze Aufgabe „lag“, sie zeigt doch so wie er sie gelöst, den gereiften Meister und lehrt durch Muster, die selbst vor der strengen theologischen Kritik bestanden haben, wie man auch heute noch im modernen Geistesleben Evangelium predigen kann „ex tempore“ und doch „ex aeterno“.

Noch einige wenige Male finden wir F. auf Reisen; das Jahr 1894 führte ihn in die badische Heimath auf einer Predigtreise im Dienste der Innern Mission, – das Ende des Jahres nach Abbazia als Schiffsprediger S. M. des Kaisers auf der „Hohenzollern“. So vieles Anziehende gerade für ihn die Aufgabe hatte, das Wort zu verkündigen „unter dem freien Himmel über dem Wellengrab“, inmitten der eigenartigen Gemeinde, „die wie im Hausgottesdienst so nahe den Redner umsteht“ –, es war ihm doch am wohlsten, als er auf dem Anhalter Bahnhof wieder in Berlin landete. Denn leise aber doch vernehmlich genug läuteten für ihn schon die Feierabendglocken.

Es ging auf Höhen und durch Tiefen. Ausgang Februar 1895 feierten seine Gemeinde und seine Freunde das 25jährige Amtsjubiläum des Garnisonpredigers. Jeder beeiferte sich, ihm etwas Liebes zu thun, dessen Wirksamkeit so tiefe Spuren des Segens überall gezogen. Er selbst wollte, wie er schreibt, „der Demüthigung nicht entgehen, die jedes Jubiläum mit sich bringt“, noch weniger aber der Liebe der Gemeinde. „Es gehört ja nicht nur Liebe zum Geben sondern auch zum Nehmen“, und man muß auch „Liebe wie einen warmen Strom über sein Haupt gehen lassen können“. In der Kirche und in der Sacristei, zuletzt noch im großen Saale des christlichen Vereins junger Männer, dessen Mitbegründer, Berather und Freund F. die Jahre hindurch gewesen, sammelte er seine Getreuen und sagte ihnen von seinem Leben, von himmlischer und irdischer Liebe, die ihn geleitet. Beweglich schloß er, fühlend, daß er nicht mehr weit zum Ziele habe: „Die Abendsonne des Lebens sinkt – laß sie sinken, wenn sie nur friedevoll sinkt! Die sinkende Sonne ist größer als die aufgehende und als die Mittagssonne, und voll und groß leuchtet sie, aber sie sticht nicht mehr, sie brennt nicht. Die Liebe ist doch die Krone des Lebens“ …

[199] Am 13. August lag er im Garnisonlazareth zu Potsdam auf dem Operationstisch. Ein Sarkom, wol die Folge seines Nierenleidens, wurde glücklich entfernt, ohne Nachtheil blieb auch die Narkose, die man wegen einer Herzschwäche Frommel’s gefürchtet. Am Totensonntag stand der Genesende wieder vor seiner Berliner Gemeinde und sprach zu ihr priesterliche Worte im Anschluß an den Hirtenpsalm 23; das Erlebniß der schweren Zeit, die er vor und nach der Operation innerlich und äußerlich durchgemacht, klang in seinen Worten wieder, auch der Dank für alle Liebe, die er während der Zeit von Hoch und Nieder erfahren. Aber die alte Kraft kehrte nicht zurück trotz neuem Lebensmuth. „Eine Ruine im heiligen Amte“ wollte er nicht werden; so reichte er sein Abschiedsgesuch ein als Garnisonpfarrer. Der Abschied wurde ihm unter den ehrenvollsten Worten und Bedingungen durch seinen Kaiser gewährt; nur aus dem Dienst bei den kaiserlichen Prinzen entließ man ihn nicht. Er sollte die beiden ältesten Prinzensöhne, die seinen Unterricht schon mit den andern genossen hatten, zur Confirmation vorbereiten. Freilich hieß es nun auf die alten Tage noch einmal zum Wanderstabe greifen, denn die letzten abschließenden Studien sollten statt in der zerstreuenden Nähe Berlins im stillen Plön in Holstein vorgenommen werden. So manches sich auch gegen ein solches Verpflanztwerden des alten Baumes sagen ließ, in Wahrheit hätte kein freundlicheres Geschick über dem ebenso Arbeits- wie Ruhebedürftigen walten können. F. erholte sich in der Stille und der schönen Umgebung von den Strapazen Berlins. Eine kleine aber schon eng verbundene Colonie derer die mit übergesiedelt waren, wartete seiner; herzliche Beziehungen entspannen sich bald mit Geistlichen und Gutsherren der Umgegend; jede Gelegenheit, Land und Leuten näher zu kommen, aber auch „im Nebenamt“ zu predigen, benutzte er mit Freuden, da ihm nichts „ärger in der Welt war als ein fauler Pastor“. Unter den Plöner Kadetten entdeckte er bald eine Reihe von Taufkindern; so folgte ihm Berlin auch an den Holstensee. Die Arbeit an und mit den Prinzen war seine ganze Freude. Da nahm das alte Leiden, nur scheinbar aufgehalten durch die erste Operation, trotz eines erneuten chirurgischen Eingriffs, einen tödlichen Verlauf. Am 23. October nahm Dr. Lauenstein aus Hamburg zu Plön die schwere Operation vor; am 6. November wurde ein neuer tiefer Einschnitt nöthig, am Morgen des 9. hatte der Kranke nach Tagen und Nächten voll unerträglicher Schmerzen und steigender Athemnoth ausgelitten.

„Warum seht ihr mich so traurig an? Seid froh, daß ich heimfliegen darf“ – waren seine letzten Worte an die Seinen. In weißem Sterbekleide und in weißem Sarge, ohne Blumenschmuck wollte er auf den Alten Berliner Officierkirchhof in der Linienstraße zur letzten Ruhe getragen werden. Keine Trauer, keine Rede am Sarge, keine Ehrenspende wünschte er, wer etwas geben wolle, solle für die Armen der Garnisongemeinde etwas opfern. „Bleibt am Geben! Gedenket in Liebe Eures Vaters, der euch so innig liebte und haltet in Liebe zusammen“ so klang sein letzter Wille an die Seinen aus. Die große Garnisonkirche zu Berlin faßte kaum die trauernde Gemeinde, die sich aus Nah und Fern um den schlichten Sarg Emil Frommel’s versammelt hatte. Die Liebe, die sich dort und am Grabe in ergreifender Weise offenbarte, die bis heute trotz Frommel’s Verbot seine letzte Ruhestätte in einen Blumengarten verwandelt, die dankbare Treue der Armen, die ungenannt das Grab pflegt, sie bezeichnen besser als alle Nachrufe beredter Freunde das Lebenswerk des Mannes, von dem Einer unter Vielen und im Namen Vieler das Wort gesagt: „Man schied vom Grabe mit dem Gefühl, daß das Leben ärmer, kälter geworden, seit er nicht mehr unter uns weilt, und jeder empfand, [200] daß er Einen verloren, der in gewissem Sinne sein besonderer Freund gewesen“.

Was F. war, was er den Menschen war, die mit ihm in Berührung kamen, das scheint uns der Kernpunkt seiner Bedeutung zu sein, mehr noch als alles was er als Theologe, als Prediger, Seelsorger und Schriftsteller gelehrt, gewirkt und geschrieben hat. Aber auch das ist sicher, daß er nicht dem Einzelnen nur, sondern den Deutschen seiner Zeit, ja der Sache des evangelischen Glaubens einen Dienst geleistet hat, wie ihn keine Theologie, keine Gemeindepredigt, keine Seelsorge, keine Erbauungs- oder Zeitschriftenlitteratur hätte vollführen können, sondern (ich citire hier A. Schmitthenner in der „Christlichen Welt“) einen solchen, der seiner Natur nach nur dann geleistet werden kann, wenn Persönlichkeit und Lebensgeschick einen seltenen Bund schließen. Eine ähnliche Bedeutung haben für die Menschen ihrer Zeit Gellert und dann wieder Lavater gehabt. Männer, die in der Welt der Cultur ebenso ihre Heimath haben wie in der Welt des Evangeliums, gibt es ja unter uns Protestanten in Fülle, und auch die sind nicht selten, die dabei trotz der Spannung zwischen Bildung und Kirche doch nur eine einzige Heimath haben. Etwas Auserlesenes ist es schon, wenn ein solcher Mensch eine Persönlichkeit besitzt, die, wo sie auch erscheint, eine unmittelbare sieghafte Verkündigung ist und einem Jeden, von welcher Seite er auch komme, die Wahrheit vor die Augen stellt: daß es nichts Schöneres und Edleres gebe als ein Leben, das in vollem Sinne menschlich und durch und durch christlich ist. Wenn nun gar alles was die Lebensführung zur Gestaltung eines solchen Charakters beiträgt, dazu mithilft, die Persönlichkeit nach allen Seiten hin entbindet, so ist dies Zusammentreffen von seltenstem Glück, und das Geschlecht, das es erlebt, empfängt einen bleibenden Segen. Unzählige Fäden der Ausgleichung und Versöhnung hat F. unbewußt gesponnen; und daran, daß zu einer Zeit allgemeiner Abwendung von Religion und Christenthum doch noch weite Kreise der Gebildeten und Ungebildeten bei der Bibel und der Kirche zurückgehalten wurden, daran hat mehr als die nothwendig einseitige Thätigkeit eines Stöcker die Persönlichkeit und das Wirken Emil Frommel’s Antheil gehabt. In der allgemeinen Zerfahrenheit der Großstadt war er, der doch gegen keine ihrer unruhigen Bewegungen sich abschloß, der innerlich stets gefestete Charakter, der alle Eindrücke zu beherrschen und alle Mannichfaltigkeit in dem Brennpunkt einer harmonischen, geheiligten Persönlichkeit zu sammeln wußte. So wurde er für Viele der Stab, an dem sie sich hielten, ein Licht, zu dem sie aufschauten wie der Schiffer zum flammenden Leuchtthurm, ein Licht, das sie nach oben wies, das sie davor bewahrte, an ihrem Glauben Schiffbruch zu leiden. Freilich war all sein reiches Schaffen selbst wie auf der Flucht, und seine mannichfache Wirksamkeit glich einer Fülle von elektrischen Funken. „Seine Arbeit war ein unermeßlicher Reichthum von Detailarbeit, die er als Prediger, Seelsorger, Schriftsteller, Lehrer, als Gelegenheitsredner, als zufälliger Nachbar, als Reisegefährte vollführte, immer in gleicher Treue, immer in der prächtigen Sicherheit und Kraft: aber es blieb dadurch, äußerlich betrachtet, seinem Wirken und Schaffen der große Wurf versagt. Seine köstliche Persönlichkeit selbst war der große Wurf, den er für die Sache Gottes gewagt hat.“

„Gesammelte Schriften von Emil Frommel.“ (Auch in Einzelausgaben.) Berlin 1878 ff. I: Händel und Bach. Skizze. II: Aus der Hausapotheke. Neues und Altes für Gesunde und Kranke, für Jung und Alt, für gute und böse Zeit. III: Blätter von allerlei Bäumen. IV: In des Königs Rock. Geschichten aus Krieg und Frieden. V: Von der Kunst im täglichen Leben. Ein Streifzug. VI: Aus der Sommerfrische. Erzählungen. VII: Beim [201] Ampelschein. Erzählungen und Skizzen. VIII: allerlei Sang und Klang. Erzählungen und Skizzen. IX: Aus allen vier Winden. X: Nachtschmetterlinge. XI: Aehrenlese (von der Witwe Frommel’s herausg.).

„Ludämilia von Schwarzburg-Rudolstadt und Maria von Lippe-Schaumburg. Zwei Stillleben“. Berlin 1874; „Aus einem Kellnerleben.“ 3. Aufl. Hamburg 1878; „Mutterliebe“; „Der Rathsschreiber. Eine rheinische Geschichte.“ 2. Aufl. Hamburg 1875; „Aus der Familien-Chronik eines geistlichen Herrn.“ Stuttgart 1876; „Nach des Tages Last und Hitze. Wanderungen durch Werkstatt, Schlachtfeld und Pfarrhaus.“ Stuttgart 1877; „O du Heimatflur!“ (Aus goldenen Jugendtagen. Drei Erzählungen für die deutsche Jugend. Der Rathsschreiber. Aus dem Leben des Dr. A. Henhöfer. Der Sammelband besorgt von A. Frommel.) Stuttgart 1897; „Joh. Abraham Strauß. Ein westfälisches Pfarroriginal.“ Stuttgart; „Unterwegs. Neue Erzählungen.“ Barmen; „Treue Herzen. Drei Erzählungen.“ Barmen 1880; „Feldblumen. Drei Erzählungen.“ Barmen 1881; „Die Gräfin.“ Karlsruhe 1861; „Beim Lichtspahn.“ Barmen 1888; „Das Gebet des Herrn in Predigten.“ Karlsruhe 1861; „Die zehn Gebote Gottes in Predigten.“ 4. Aufl. Barmen 1884; „Festflammen. Gedanken und Bilder zu den hohen Festen der Kirche.“ Bremen 1890; „Aus Lenz und Herbst. Erinnerungen.“ Bremen 1893; „Das Evangelium St. Lucae in Predigten und Homilien ausgelegt.“ 2 Bde. 2. Aufl. Halle a. S.; „Kohlen auf dem Heerd,“ (in der „Christoterpe“ v. J. 1896). (Die Beiträge aus früheren Jahren sind in anderen Schriften Frommel’s wieder verwendet.) „Aus der Heimat für die Heimat“ (Predigten und Ansprachen); „Letzte Worte, aber nicht letzte Liebe! Zum Abschied von seiner theuren Gemeinde in Berlin.“ Berlin 1897; „Fünfundzwanzig Jahre in Berlin. Seinen Freunden und Konfirmanden zur Erinnerung“; „Ein Frühlingsmärchen. Zum 6. Geburtstage des Kronprinzen Wilhelm“; „In zweifachem Leide. Reden, dem Gedächtnis der beiden entschlafenen Kaiser Wilhelm und Friedrich gewidmet“; „Ein Vaterunser auf hoher See. Schiffspredigten auf S. M. S. Hohenzollern, im Sommer 1894 (mit Joh. Keßler).“ „In drei Stufen.“ Eine Sammlung Gedichte; „Aus Alt-Karlsruhe“. Gedanken eines Karlsruhers beim Abschied einer Karlsruherin (in Karlsruher Mundart); „Bilder aus Dr. Martin Luther’s Leben.“ Bielefeld 1883.

Aus Frommel’s Nachlaß: „Briefe aus Amt und Haus“ (Bd. III des Frommel-Gedenkwerkes, herausg. von A. Frommel); „Aus des Lebens Leid und Freude. Briefe und Denksprüche“ (Bd. VI des Frommel-Gedenkwerkes, herausg. von A. Frommel); „Für Thron und Altar. Reden in Kriegs- und Friedenszeiten“ (Bd. IV des Frommel-Gedenkwerkes, herausg. von Joh. Keßler); „Segen und Trost. Reden aus dem Amt (Casualreden)“ (Bd. V des Frommel-Gedenkwerkes, herausg. von Dr. O. H. Frommel). „Friede und Freude.“ Ausgewählte Predigten (Bd. VII des Gedenkwerks, herausg. von Dr. O. H. Frommel). Predigten an kirchlichen und Vereinsfesten stehen noch aus und sollen Band VIII des Gedenkwerkes bilden.

Biographische und sonstige Beiträge finden sich aus Frommel’s Feder in: Marcinowski, Bürgerrecht und Bürgertugend (letzteres von F.); J. v. Pflugk-Harttung, Krieg und Sieg 1870/71 (Bd. II, Abschnitt über die evangelische Feldgeistlichkeit); Th. Schäfer’s Monatsschrift f. Diakonie u. innere Mission 1879 (Skizzen zu einem Herrschaften- u. Dienstbotenspiegel); „Der Nachbar“, hrsg. von Ninck (biogr. Skizzen über N. Fries, Fritz Oldenberg, R. Koegel). – In den Kalendern: Deutscher Soldatenfreund (versch. Jahrgänge); Gustav-Adolfkalender; Deutscher Kinderfreund; In des Königs Rock (Des Königs liebe blaue Kinder, Vor Straßburg, Helm ab zum Gebet!); Daheim-Kalender [202] (Aufsätze in verschiedenen Jahrgängen, in spätere Schriften Frommel’s aufgenommen); „Daheim“. – Zwei biogr. Skizzen über Chr. Gottl. Barth in Calw, Maler Johann W. Schirmer, Daniel Chodowiecki, Pfarrer Flattich (1880), G. H. Schubert, Zu G. Pfannschmidt’s Bildern (1881). Lutherbilder und das Bild Luther’s (1883), Nekrologe auf K. Gerok (1890) und R. Koegel (1896) – in ersterem der poetische Briefwechsel zwischen beiden Freunden –. Ueber Land und Meer (1887): Nekrolog auf G. Pfannschmidt.

Von Vorworten Frommel’s ist in erster Linie zu nennen das ausführliche, essayartige über F. W. Robertson in dessen Lebensbild, bearbeitet von Ch. Broicher (Gotha); zur 4. Aufl. von Max Frommel’s „Charakterbildern“, zu „Schild und Pfeil“ von C. Abbot (Konstanz) u. A.

Frommel-Gedenkwerk Bd. I u. II: Frommels Lebensbild von Dr. Otto H. Frommel. 1901–1902. – J. Schöttler, Emil Frommel. Schlichte Bilder aus seinem Leben. Barmen 1897. – C. Kayser, Emil Frommel. Ein Lebensbild. Karlsruhe. – Max Reichard, Zur Erinnerung an Emil Frommel. Straßburg i/E. 1897. – D. Richter, Ein Kranz auf Emil Frommel’s Grab. Berlin 1897. – G. Mayer, Emil Frommel als christlicher Volksschriftsteller. Bremen 1898. – Außerdem Erinnerungen an Emil Frommel und Aufsätze über ihn von Dr. Lohmeyer, Th. Kappstein in Warnecke’s Monatsheften, von D. Scholz u. Schmitthenner i. d. Chr. Welt.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Willibald Beyschlag (1823–1900); deutscher evangelisch-lutherischer Theologe (von 1860 bis 1900 ordentlicher Professor an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg) und einflussreicher Kirchenpolitiker
  2. Otto Leixner, Otto Leixner von Grünberg, auch Otto von Leixner, geboren als Otto Leixner (1847–1907); österreichisch-deutscher Schriftsteller, Literaturkritiker, Journalist und Historiker
  3. Vorlage: in in
  4. Vorlage: Karlsbald