Über die Baumwollen-Manufakturen im Bayreutischen Voigtlande

Textdaten
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Autor: Anonym
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Titel: Über die Baumwollen-Manufakturen im Bayreutischen Voigtlande
Untertitel:
aus: Journal von und für Franken, Band 2, S. 489–521
Herausgeber: Johann Caspar Bundschuh, Johann Christian Siebenkees
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1791
Verlag: Raw
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Erscheinungsort: Nürnberg
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Quelle: UB Bielefeld, Commons
Kurzbeschreibung:
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I.
Über die Baumwollen-Manufakturen im Bayreutischen Voigtlande.

Weitläuftig beweisen zu wollen, daß Fabriken und Manufacturen, überhaupt betrachtet, den Flor eines Landes befördern, hiesse eben so viel, als einen unnöthigen Beweis führen, daß der gehörige Kreislauf des Blutes im menschlichen Körper gut sey, oder daß ein zur Wässerung wohl vertheilter Bach vieles zur Fruchtbarkeit einer Wiese beytrage. Aber nicht eben so unnütz wird es seyn, den Vortheil oder Nachtheil zu würdigen und gegen einander abzuwägen, welchen besonders die Gegenden des Bayreutischen Voigtlandes von den ziemlich häufig gewordenen Baumwollen-Manufacturen und den damit verbundenen Arbeiten haben.

| Diese Gewerbe bestehen in Cattun- und Mousselin- Strumpf- Mützen- Handschuh etc. dann in Sacktücher-Manufacturen. Dazu gehören die einzelnen Geschäffte der Weber, welche mit ihren Waaren auf eigene Rechnung Messen beziehen und sich Fabrikanten nennen. Dazu gehören ferner: die Weberey, das Florwirken, die sogenannte Factorey, Spinnerey; dann die Arbeiten der Drucker, Former, Bleicher, Bordirer etc.

Man kann es in der That auch dieser Art der Manufacturen[1] nicht absprechen, daß sie zum Wohl des Landes sehr wirksam seyn können. Denn

1) auch hiedurch macht sich das Land in seinen Bedürfnissen unabhängiger von andern, aus welchen man ehedem diese Waaren zog; und zugleich wird auch der Luxus in vielen Kleidungsstücken dadurch, daß diese oder die Stoffe hiezu im Lande verfertiget werden, weit unschädlicher, als wann diese Waaren mit baarem Gelde aus dem Auslande gehohlt würden.

| 2) Der Activhandel wird ebenfalls hiedurch erweitert, und theils viel baares Geld ins Land gezogen, theils auch andere Waaren durch Tausch herbeygebracht, welche man ausserdem mit baarem Gelde herbeyschaffen müßte.
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3) Viele Personen sind durch dergleichen Arbeiten wirklich zu einem gewissen Wohlstand gelangt, welche sonst in Armuth schmachten, oder in einer gewissen Geringfügigkeit ohne weiteres Aufkommen ihre Tage verlebet haben würden. Ich will zur Erläuterung nur die Weber und Factoren erwähnen. Wie unbedeutend waren erstere, ehe bey uns die Tüchleinmanufacturen so häufig wurden? Und was sind sie großen Theils geworden, seitdem sie mit ihren Waaren Messen bezogen und eine Abnahme derselben gefunden haben, welche sie immer höher zu streben ermunterte? Viele von diesen sahen ihre Betriebsamkeit mit einem beneideten Wohlstande belohnt. Und wie viele Spinn- oder Wollenfactoren brachten sich durch Besorgung der Spinnerey empor? Viele dieser letztern würden sich auf ihrem Handwerke kümmerlich ernähret haben, oder dem gemeinen Wesen durch nichts, als Taglohn, zu nützen, im Stande gewesen seyn; und nun ziehen sie durch| Geschäffte einen reinen Gewinn, zumahl aus dem benachbarten Sächsischen Voigtlande, für welches sie meistens feine Baumwolle spinnen lassen.
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4) Diese Gegenden sind dadurch mehr bevölkert und angebauet worden. Die Städte und die meisten Flecken haben an der Anzahl der Einwohner und Häuser zugenommen, Dörfer sind erweitert, neue Plätze angebauet worden, und Orte, die ganz unbeträchtlich waren, sind zu ansehnlichern Orten angewachsen. Ich will zum Beyspiel nur Zell und Höchstädt nennen. Wiewohl diese Behauptung bedarf keines Beweises. Wovon nähren sich aber die mehrern Einwohner? Meistens von der Weberey, Spinnerey, dem sogenannten Factoren und andern Arbeiten zum Behuf der Manufacturen. Die mehrere Anzahl dieser Classe der Einwohner macht auch wieder in andern Professionen mehrere Arbeiter nöthig, welche für deren Bedürfnisse sich beschäfftigen. Man nehme z. B. an, daß an einem auf solche Weise vermehrten Orte ehedem 8 Schneider zureichend waren; so werden jetzt deren 10 genugsame Arbeiten haben. Dieses erstreckt sich beynahe auf alle Professionisten. Viele| von diesen erlangten auch unmittelbar durch gedachte Manufacturen mehrere Nahrung, z. E. Strumpfwirker, Färber etc.
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5) Viele müßige Hände wurden dadurch in Thätigkeit erhalten, welche sonst kaum ihre Nahrung sich zu verschaffen, im Stande gewesen wären. Welche Wohlthat war bisher die Spinnerey für die Armuth! Dürftigen Leuten, welche arbeiten können, eine ihnen angemessene Beschäfftigung zu geben, wozu man so geringe und wenig kostende Werkzeuge und gar keine Anlage braucht, und wobey man doch täglich oder wöchentlich seinen Lohn haben kann, verdient gewiß mehr den Namen einer Wohlthat für diese Menschenclasse, als Almosen. Nothwendig müssen auch dadurch der Bettler, ja der Jauner und Betrüger wenigere werden. Denn man kann annehmen, daß die meisten unter diesen mehr aus Noth, und weil sie nichts zu verdienen wissen, als aus Neigung, zu schändlichen Mitteln, ihren Hunger zu befriedigen, schreiten. Der Verfasser dieses Aufsatzes ist zwar wenig gereiset; aber er glaubt doch, gefunden zu haben, daß man, wenn man in eine fremde Stadt oder Flecken kommt, bald wissen könne, ob dergleichen wohlthätige Manufacturen, oder Anstalten für| Manufacturen, an dem Orte anzutreffen sind, oder nicht. Wird man im letztern Falle dem häufigen Anlaufe des Bettelvolks ausgesetzt seyn; so hat man gewiß im erstern nichts davon zu erfahren, wenn zumahl noch durch andere obrigkeitliche Anstalten der ärmere Theil der Einwohner unterstützt wird, wie es z. B. zu Hof mit der rühmlichsten Sorgfalt geschiehet. Auch wird hiedurch die Zahl der lästigen Betrüger und Streiner verringert, wenn durch obrigkeitliche Bemühungen diejenigen Mitglieder des gemeinen Wesens, welche sonst durch Müßiggang zur Last fallen würden, und welchen der Mangel Antrieb zum Stehlen gibt, auch mit einigen Zwangsmitteln in Arbeit gesetzt werden. So ist z. B. durch die ruhmwürdige Fürsorge des dirigirenden Herrn Ministers von Weitershausen, auch zu Hof ein unbrauchbares altes Gebäude zu einem solchen Behufe bestimmt und eingerichtet worden, und kann mit der Zeit eine überaus heilsame Anstalt werden.
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6) Viele Personen erlangten bisher durch einige Nebenarbeiten für die Manufacturen einen grossen Beytrag zur Bestreitung ihrer eingebildeten oder wahren Bedürfnisse, z. B. durch Cattunmahlen, Strumpfbordiren, ehedem| durch Mousselinausschneiden etc. vornämlich aber durch Spinnen. Das arbeitsame Frauenzimmer, welches sonst den Beutel der Männer oder Väter durch seine Liebe zum Putz viel zu sehr mitnehmen würde, erhält durch dergleichen Nebenarbeiten Zuschuß zur Befriedigung seiner Wünsche. Besonders aber sind dergleichen Gelegenheiten, eine leichte Arbeit zu bekommen, wohlthätig für Personen (z. B. Wittwen und Waisen von einigem Stande,) welche sich schämen würden, Wohlthaten zu suchen, oder Almosen anzunehmen, und doch standesmäßig leben wollen. Diese erhalten bey Fleiß und Thätigkeit einen großen Beytrag zu ihrem Unterhalt, oder sie nähren sich auch wohl gänzlich davon.
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Diese angeführten Puncte zeigen unstreitig, daß Manufacturen einen beträchtlichen Vortheil für diese Gegenden haben. Allein hiebey bleiben doch noch einige Fragen übrig: Haben denn diese Gewerbe nicht auch ihren Nachtheil? Überwiegt letzterer nicht den erstern? Wären wohl noch mehrere dergleichen Etablissements zu gestatten? Und verdienten diese die Unterstützung, deren die bisherigen mit Recht gewürdiget wurden? Diese Fragen getrauet sich zwar der Verfasser dieses Aufsatzes| nicht ganz zu entscheiden, doch wagt er es, das, was er bisher hierüber dachte, öffentlich vorzulegen:
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1) Durch die sämmtlichen angeführten Waaren werden keine Landesproducte verarbeitet, durch deren Verarbeitung und auswärtigen Vertrieb Manufacturen erst ihren vollen Wehrt und Nutzen bekommen. Man rechne etwann dasjenige leinene Garn ab, welches man zu einigen Sorten der Sacktücher verbraucht: ausserdem sind jene Manufacturarbeiten baumwollene Waaren. Schon für die rohen Materialien, nämlich Baumwolle und Türkisches Garn[2] von verschiedener Sorte und Feinheit, gehen sehr beträchtliche Summen aus dem Lande. Die so häufig gewordenen Griechischen Kaufleute verschaffen die meisten Materialien, bereichern sich und verlassen unsere Gegenden meistens wieder, so bald sie ihre Rechnung gefunden haben, um andern Platz zu machen, welche wieder die Fußstapfen ihrer Vorgänger betreten. Ihr Gewinn bleibt| folglich nicht einmahl im Lande, wie es geschehen würde, wenn unsere einheimischen Kaufleute die Materialien besorgten. Die Summen, welche durch ihren Handel aus dem Lande gehen, kommen zwar zum Theil, vermehrt durch den Kunstfleiß und die Industrie der Kaufleute und Manufacturisten zurück, verbreiten sich unter die Arbeiter und von da in das Publicum. Aber die Frage bleibt doch hiebey: könnte man nicht doppelten Vortheil ziehen, wenn man irgend ein ergiebiges Landesproduct anstatt der Baumwolle verarbeitete?
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2) Die Manufacturen des Bayreutischen Voigtlandes, worin Cattun, Mousselin, Strümpfe und andere dergleichen baumwollene Waarenartikel verfertiget werden, scheinen zu nahe an den bereits im verjährten Posseß sich befindenden Sächsischen und einigen Reußischen zu seyn: und welche Menge von dergleichen Baumwollen-Manufacturen findet man in einem Districte von etwan 12 Meilen in der Länge! Dieser Umstand macht eine solche Unternehmung für den diesseitigen Anfänger sehr gefährlich. Dort sind Manufacturisten, welche den Verschluß der Waaren in fremde Länder schon meistens an sich gezogen haben. Folglich muß der Anfänger mit vieler Mühe und| Aufwande, zuweilen auch mit vielen Reisen, da Nachlese halten, wo jene ernden. Dort sind viele Manufacturisten, welche durch ihre Handlung und Gewerbe bereits einigen Reichthum erworben, und welche folglich auch einen mäßigen Verlust nicht so sehr zu achten haben, als Anfänger, welche um so behutsamer gehen müssen, jemehr sie mit fremdem Gelde wirksam sind. Jene nun werden diesen zur Aufrechthaltung ihrer eigenen Gewerbe auf allen Seiten Abbruch zu thun suchen. Sie werden ihnen vielleicht die Spinner durch erhöheten Lohn abspenstig zu machen wissen, den diese nicht so leicht zu geben im Stande sind. Sie werden auf Messen durch niedrige Preise, welche diese nicht ohne Nachtheil zu halten vermögen, oder durch ausgezeichnete Güte der Waaren, welche diese vielleicht nicht liefern können, da es ihnen noch sehr an der Anlage sowohl, als an den Vortheilen mangeln kann, welche eine lange Erfahrung erwirbt, die Anfänger zu Grunde zu richten suchen, und selbst einigen Verlust nicht ansehen, um, wann diese gefallen sind, desto mehr gewinnen zu können. Der Anfänger wird daher zuweilen mit Schaden verkaufen müssen, um nur wieder ein Capital zu Fortsetzung seiner Geschäffte in die Hände zu| bekommen. Ein nachfolgender Gewinn ist alsdann noch kein wahrer Fortschritt, sondern wägt vielleicht erst den vorhergehenden Verlust auf. Ein wiederhohlter Verlust entkräftet dann wohl so sehr, daß man nicht mehr emporstreben kann. Ich könnte noch hinzusetzen, daß vielleicht zu viele einerley Unternehmungen anfingen. Z. B. hätte Hof eine Strumpfmanufactur, sie würde sich vermuthlich erhalten. Nun aber deren mehrere sind, so – –. Hiezu kommt noch ein Umstand:
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3) Viele dieser Anfänger erbitten sich Capitalien aus den Landescassen: und unser um das Wohl seiner Unterthanen so thätig besorgter und großmüthigster Landesvater ist zu gnädig, als daß er Wünsche, deren Erfüllung oft für einen großen Theil der Unterthanen von sehr wirksamen Folgen seyn kann, unerhört lassen sollte. Seine preiswürdige Milde ermuntert vielmehr den Kunstfleiß und die Betriebsamkeit auch in diesem Gewerbe. Allein den Manufacturisten selbst erwächset schon aus diesen Anleihen einiger Nachtheil, weil sie nun nicht mehr so leicht von einer Privatperson, aus Furcht, bey einem möglichen Bankerut nachgesetzt zu werden und alles zu verlieren, ein Capital vorgestreckt bekommen. Die starke| Anlage, die Bezahlung vieler Arbeiter, der Mangel an genugsamen Verschlusse, welcher sie in den Stand setzen könnte, ihre Geschäffte von dem eigenen Erwerb fortzusetzen, und vielleicht auch einige unglückliche Messen machen, daß sie, um mit Ehren fortarbeiten zu können, Anleihen auf Anleihen häufen, oder Remiß suchen müssen. Verstopfen sich auch diese Quellen; so folgt ein Verfall, welcher für viele traurig wird. Ich schweige hiebey von dem hohen Ton, welchen manche dieser Herren Unternehmer halten, – welches freylich in gewisser Rücksicht und in einigem Grade nöthig seyn mag, um von Auswärtigen nicht in allzugroßem Abstande zu erscheinen, – von dem Luxus, womit manche ihren Häusern und Familien einen gewissen Anstrich von Wohlstand geben, der sie aber vermuthlich, den einen früher, den andern später ins Verderben ziehen hilft. Vielleicht versehen es auch einige Manufacturisten damit, daß sie ihre Sache zu bald ins Große treiben wollen. Dieses hat wenigstens die nachtheilige Folge, daß bey unzureichendem Verschlusse viele Waaren lange liegen bleiben, und mithin eben so lange das Interesse von dem darauf verwendeten Capitale verloren geht. Ehedem fingen| die meisten Kaufleute und Manufacturisten ihre Industrie im Kleinen an, und stiegen durch ihren Gewinn, die Belohnung ihres Fleißes, allmählich empor: jetzt treiben manche mit fremdem Gelde ihre Sache, vermuthlich zu bald, ins Große, um desto gewisser bald klein aufhören zu können. Kommt nun ein solches Haus in Verfall; so betrifft der Nachtheil nicht die einzige unglückliche und mitleidswehrte Familie, sondern auch das Publicum auf vielfache Weise. Die Capitalien sind verschwunden; und da öfters von einer dergleichen Manufactur mehrere hundert Personen abhängen, wie viele kommen alsdann, wenigstens auf einige Zeit, ausser Nahrung! Was bleibt nun nun für Vortheil für das Land übrig? Nichts, als daß eine Zeit lang einige Summen in Umlauf und eine Anzahl armer Personen in Nahrung gesetzt worden sind. Wird aber nicht dieser Vortheil von dem angeführten Schaden überwogen? Und könnte man nicht auch den Vortheil sicherer durch andere Unternehmungen erlangen?
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4) Viele dieser Manufacturisten lassen nicht einmahl ihre sämmtlichen Waaren selbst verfertigen, sondern ziehen einen Theil derselben aus ausländischen Manufacturen, vermuthlich| weil sie solche von daher eben so wohlfeil, ja vielleicht noch um geringere Preise bekommen können, als sie solche selbst verfertigen zu lassen im Stande sind. Wie viele dieser Waaren werden jährlich bloß aus Chemnitz gezogen! Was lieferten andere Sächsische und Reußische Manufucturen, z. E. in Zeulenrode, hieher? Manufacturen pflegen zwar einander öfters mit mancher Sorte der Waaren auszuhelfen. Allein es wäre die Frage, ob jene ausländischen Manufacturen auch wieder Waaren aus den unsrigen ziehen, oder ob jene bloß gegen baares Geld diesen aushelfen? Wahrscheinlich können jene zur Zeit aus unsern Manufacturen wenige oder nichts brauchen. Bey allen Waaren aber aus fremden Manufacturen fällt aller angebliche Vortheil der unsrigen von den in Thätigkeit gesetzten Händen der Arbeiter, von den Personen, welche Nahrung davon haben etc. weg. Dieser Vortheil aber würde auch alsdann noch mehr vermindert werden, wann die Spinnmaschinen allgemeiner werden sollten, welches nach meinem geringen Urtheile nicht zu wünschen ist. Daß übrigens einige unserer Manufacturisten ihre Waaren großen Theils von ausländischen Webern, Strumpfwirkern etc. fertigen lassen, z. B. in Hirschberg und andern Orten, ist für| sie vortheilhaft; und diese Waaren betragen wahrscheinlich nicht soviel, als die, welche die auswärtigen Manufacturisten von Bayreutischen Arbeitern verfertigen lassen.
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5) Durch die so häufig gewordenen Baumwollen-Manufacturen und die dazu gehörige Spinnerey werden viele Leute andern nützlichen Ständen entzogen. Immer mehr häufen sich die Klagen in Gegenden, wo der Feldbau ergiebig ist, daß man für diesen nicht genug Arbeiter bekommen, und daher manches nicht so, wie es seyn sollte, bearbeiten könne. In Taglöhnerfamilien kann eine nur etwas erwachsene Person täglich mehr, als 15 kr. durch Spinnen erwerben. Bey dieser Arbeit nutzet man wenig Kleider ab; und der von körperlicher Anstrengung abgeneigte Mensch hält es übrigens für eine Wohlthat, bey seinem Spinnrade still sitzen zu können. Er ist mithin zur Feldarbeit nicht leicht zu bewegen, wo er mehrere Anstrengung und nicht mehr, oder wohl nicht einmahl so vielen Gewinn hat, als beym Spinnrade, und wo er Kleider abreißt. Gibt er ja den vielen andringenden Aufforderungen zur Hülfe beym Feldbau nach, so ist er nicht zu sättigen. Diese Klage ist vornämlich in den 6 Ämtern häufig, wo man den Feldbau weit höher treiben| könnte. In Gegenden, wo der Ackerbau ganz unbedeutend ist, und wo eine Menge Menschen ihren Unterhalt bloß von Arbeiten zum Behuf der Manufacturen und Fabriken erwarten kann, z. B. in einigen steilen Gegenden des Erzgebirges, scheinen dergleichen Manufacturen mehr zu gehören. Bey uns aber verdient in der That jener edle Nahrungszweig alle Rücksicht und Schonung. So verursacht auch zuweilen die häufige Spinnerey, Mangel an tauglichen Dienstboten. Das Gesinde ist kaum zu befriedigen, und trotzt sogleich mit dem Spinnrade. Der Bediente wird Factor, oder ein herumziehender Händler: die träge Magd setzt sich, wenn sie ausschweifende Wünsche unbefriedigt sieht, an ihr Rädchen, wo sie mehr verdienen zu können glaubt, ohne sich etwas gefallen lassen zu dürfen.
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6) Der oben berührte Vortheil, daß viele Personen durch die oft erwähnten Manufacturen in Thätigkeit und Nahrung gesetzt werden, leidet ebenfalls eine Einschränkung durch manche Umstände. Ich will nicht wiederhohlen, daß viele Waaren unserer Manufacturisten ausser dem Lande verfertiget werden; noch, daß manche Arbeiter bey ihren Beschäfftigungen für die Manufacturen ein sehr geringes Auskommen| erlangen, weil man ihnen keine bessern Preise machen kann, ich will nicht sagen, daß manche unter dem Drucke leben sollen; sondern nur noch eines erwähnen: Manche Manufacturisten können ihren Arbeitern, zumahl den Spinnern, nicht unausgesetzt Arbeit verschaffen; sie brechen oft unversehens ab, oder müssen abbrechen. Nun haben Leute nicht sogleich ein anderes Engagement, welche gewohnt sind, von einem Tag auf den andern zu leben, d. i. die ihren Gewinn täglich verbrauchen. Womit schützen sich nun diese in der müßigen Zwischenzeit wider Hunger und Kälte? Einmahl durch Betteln und Herumziehen auf den Dörfern, da ihnen in der Stadt die Erlaubniß hiezu mit Recht versagt ist. Der Mangel aber, welcher doch noch bleibt, wird Leute, oft ohne Erziehung, Unterricht und Gewissen, leicht zu Diebereyen veranlassen. Es wäre zu untersuchen, ob nicht kleine Hausdiebereyen, z. B. an Victualien, Waldfrevel etc. an den Orten, wo man das Glück durch gedachte Manufacturen fesseln will, häufiger sich finden, als anderwärts, wo die Volksmenge nicht durch so vielen armen und rohen Pöbel vermehret wird? Man könnte hier noch hinzusetzen, daß manche| Factoren auch wohl auswärtigen Spinnern z. B. im Bambergischen, Arbeit geben. Doch mag dieses unbedeutend und vielleicht von keinem Nachtheil seyn.
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7) Endlich verdient auch ohnfehlbar noch folgendes angeführt zu werden: Wenn viele Menschen durch dergleichen Unternehmungen Vortheile genießen, so fallen einige Folgen davon andern Ständen sehr lästig. Durch die Manufacturen wird die Volksmenge vermehrt, mithin die Consumtion. Daher steigen die Lebensmittel in ihren Preisen. Hof, wo dergleichen Gewerbe sich am häufigsten findet, scheint fast zu wenige Dörfer zu haben, um seinen ansehnlich vermehrten Einwohnern wohlfeile Victualien liefern zu können; die Lebensmittel, haben daher meistens hohe Preise. Um nur etwas anzuführen, das lb. frische Butter galt zu Hof seit beynahe einem Jahre meistens 20 kr.: die geschmelzte Butter stand meistens in dem hohen Preise von 25 kr., selten fiel sie bis auf 20. Nun erhöhet jeder Handwerker ebenfalls den Preis seiner Waaren. Wie aber der, welcher auf bestimmte Besoldung gesetzt ist und seine Einnahme nicht erhöhen kann? Wie drückend muß für einen solchen die zunehmende Theurung seyn, welche zwar den Manufacturen| nicht alleine zur Last zu legen ist, aber doch ohnfehlbar durch sie vermehret wird!

Indem ich aber diese Manufacturen auch auf ihrer nachtheiligen Seite betrachte; so muß ich dem Gedanken begegnen, als ob ich meinte, man könne den Gebrauch und die Verbreitung der Baumwolle gänzlich aus dem Lande verbannen. Der rechte und eingeschränkte Gebrauch derselben ist zu unentbehrlich und – wann zumahl angesessene einheimische Kaufleute die rohen Materialien um billige Preise verschaffen, zu vortheilhaft, als daß dieses der Wunsch eines Patrioten werden könnte. Denn

1) immer wird noch zu häuslichen Gebrauche, den jede Familie selbst besorgt, zu allerley gewirkten Zeugen, Sacktüchern, Mützen, Strümpfen etc. Baumwolle unentbehrlich bleiben und deren Anwendung zugleich mit dem Flachse vortheilhafter seyn, als wenn man, wie es sonst geschah, für fremde schaafwollene Zeuge, zu Frauenkleidungen, Schlafröcken etc. und andere fremde Waaren zur Kleidung, eine Menge Geld aus dem Lande schickte.

2) Immer wird es vortheilhafter bleiben, wenn man von Mousselin, Cattun etc. so viel man im Lande verbraucht, auch im Lande verfertiget, als wenn man alle diese Waaren erst| aus dem Lande zöge; und es wäre zu wünschen, daß man sich noch in mehrern Waarenartikeln, z. B. in dem Piqué, von dem Auslande unabhängiger machen könnte. Hiezu aber würden sehr wenige Manufacturen vollkommen zureichen. Ist irgend ein Gewerbe übersetzt, so richtet einer den andern zu Grunde. Der auswärtige Vertrieb dieser Waaren aber scheint bey ihrer Menge, welche bisher Statt gefunden, bey der Nähe so vieler ausländischen Manufacturen von eben der Art, da übrigens eben dergleichen ältere Manufacturen schon im Lande selbst sich befinden z. B. in Erlang, Bayreut, – in unserer Lage das gehoffte Glück und Aufnahme nicht finden zu können. Wie übrigens die Benutzung der inländischen Manufacturen befördert und die Einfuhr auswärtiger Waaren von eben der Art, wie sie selbst im Lande verfertiget werden, zum Besten des Landes erschwert werden könne, ist eine bekannte Sache.
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3) Immer werden die Sacktücher-Manufacturen, welche in der That ihr Glück gemacht haben, vortheilhaft bleiben, und es wird davon zum Besten des Landes ein nützlicher auswärtiger Vertrieb ferner Statt finden. Unsere Manufacturisten von dieser Art haben sich bereits in so starken Posseß gesetzt, daß man sie| gewiß im Auslande nicht so leicht verdrängen wird. Nur wäre hiebey der Wunsch hinzuzufügen, daß nicht so viele dergleichen Geschäffte treiben möchten, daß einer den andern zu Grunde richten könnte, – vielleicht auch, daß dieses Gewerbe, welches fast zur Sucht geworden, zum Besten der nützlichen Leinenweberey für die Folge in etwas engere Schranken kommen möchte.

4) Das Florwirken, – das vielen Personen, welche sich sonst kaum ihr Brod verschaffen könnten, ihr zureichendes Auskommen ohne viele Anlage verschafft, und wovon ein beträchtlicher Verschluß sich bis hieher noch immer erhalten hat, – ist zu vortheilhaft, als daß man nicht dessen Fortdauer wünschen sollte.

5) Weberey und Spinnerey zum Behuf der einheimischen Manufacturen werden immer fortdauern müssen.

6) Weberey und Spinnerey für die benachbarten Manufacturen im Auslande sind ebenfalls, in so ferne die Bedürfnisse der inländischen Manufacturen nicht dadurch beeinträchtiget werden, vortheilhaft, weil sie einen reinen Profit herbeybringen, und verdienen gewiß Schutz.

| Vielleicht ließe sich auch der Gebrauch der Baumwolle in solchen Sorten der Waaren, wozu eben keine lange und feine Wolle erforderlich ist, durch Anwendung der bekannten Federblumen in etwas vermindern. Verschiedene angestellte Versuche machten zu einem künftigen nützlichen Gebrauche derselben, (unter andern auch zum Papier,) Hoffnung. Dieses Product, welches als Unkraut auf manchen steilen oder etwas sumpfichten Wiesen zum Verdrusse des Landmanns nur allzureichlich gefunden wird, läßt sich recht wohl, mit Baumwolle vermischt, spinnen und verarbeiten. Man würde diese Federblumen ohnfehlbar weit feiner, länger und haltbarer erzeugen können, wenn man sich darum Mühe gäbe.

Freylich aber ist diese Voigtländische Baumwolle ein zu geringes Product, als daß sich hievon ein erheblicher Vortheil hoffen ließe. Allein könnte man denn nicht irgend ein anderes ergiebiges Landesproduct in Manufacturen so verarbeiten, daß ohne den angeführten Nachtheil, welchen zu viele Baumwollen-Manufacturen haben, aller Vortheil für das Land, den man auf andern Wegen sucht, doppelt erreicht würde?

| Verdient irgend ein Product alle Rücksicht des Cameralisten, so ist es gewiß der Flachs, welcher hauptsächlich in den sogenannten 6 Ämtern in großer Menge gebaut, wahrscheinlich aber, ungeachtet aller weisen obrigkeitlichen Verbote, doch noch in großer Menge in benachbarte Lande verschleift wird. Dieses könnte vielleicht besser benutzt und der Landmann dadurch zu mehrerem Anbau und zur Verfeinerung desselben ermuntert werden.
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Ausser diesem würde für Manufacturen, worin für die Kleidung gearbeitet wird, wohl schwerlich ein ergiebiges Landesproduct zu finden seyn. Schwerlich wird jemahls eine erhebliche Quantität Seide erzeugt werden, die zu einer Manufactur-Unternehmung hinreichend seyn könnte. Die rauhen Gegenden, das kalte Klima des Oberlandes scheint den genugsamen Anbau des Maulbeerbaums gänzlich unmöglich zu machen. Vermuthlich würde auch, wenn ein beträchtlicher Seidenbau möglich wäre, der Aufwand dabey den Preis der ausländischen Seide übersteigen. Nesseln zu Nesseltuche haben wir zwar im Überflusse, der Vortheil aber von deren Verarbeitung würde wenig beträchtlich seyn, sich zu wenig aufs Ganze verbreiten. Auch scheint es nach angestellten| Versuchen nicht, als ob die Schaafzucht in unsern rauhern Gegenden beträchtlich könne verbessert, die Wolle sehr verfeinert, oder in genugsamer Menge erzeuget werden, daß die häufige Einfuhr fremder Schaafwolle dadurch unterbliebe und fremde feine Tücher durch inländische entbehrlich würden. Was sich etwan auch in dem wärmern Unterlande bey besserer Weide dießfalls unternehmen läßt, läßt sich in dem kältern Klima des Oberlandes bey schlechterem Futter nicht thun. Hier werden die Spanischen Schaafe vermuthlich nach einigen Generationen gänzlich ausarten und ihre Wolle die Feinheit nicht behalten. Mithin würde hieraus nicht leicht ein erheblicher Vortheil zu ziehen seyn.
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Aber Flachs hat das Bayreutische Oberland, – vorzüglich die Amtshauptmannschaft Wunsiedel – im Überflusse,[3] und wie| sehr könnte man noch überdieses den Anbau dieses nützlichen Productes emporbringen! Man findet noch häufig öde Plätze und Huthen von großem Umfange, zumahl in der angeführten Amtshauptmannschaft W. deren Gegenden zum Flachsbau den bequemsten Boden, eine vortheilhafte Mischung des lettichten und kalkartigen Bodens mit Sande haben. Wenn man nun die Wiesen durch fremde Futterkräuter verbesserte, wenn man besonders die so vortheilhafte Stallfütterung allgemeiner einführte, folglich den größten Theil der Huthen entbehrlich machte, wie viel Platz gewönne man alsdann nicht zu mehrerem Anbau des Flachses?
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Unser Flachs hat zwar ohnehin schon ziemliche Güte. Aber er könnte noch sehr verfeinert werden. Wenn der Landmann durch| mehrern Ertrag seiner Fluren, durch stärkere Abnahme dieses nützlichen Erzeugnisses aufgemuntert und in den Stand gesetzt würde, mehr zu unternehmen; so könnte er mehr, als es wirklich geschiehet, durch fremde Leinsaat die Güte des Products vermehren. Es würden unfehlbar auch erfindsame Köpfe da seyn, welche auf Mittel dächten, durch bessere Zubereitung ihm mehrere Feinheit zu geben, oder sie würden diese den Ausländern abzulernen suchen.
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Nun ließen sich die nützlichsten Manufacturen anlegen, dadurch man nach und nach eine Menge Waaren vom Auslande entbehren könnte. Es ist mir zwar der manchfaltige Gebrauch nicht unbekannt, den man ohnehin schon von dem Flachse bisher machte. Besonders zeichnen sich hierin die Wachstuch- und Tapeten-Manufactur, dann die Glanzleinwand- und Steifschetter-Manufaktur, beyde bey Bayreut aus. So ist auch vor kurzem in Hof eine Manufactur, worin leinene Bänder verfertiget werden, etabliret worden. Viele Sorten von Weberzeugen, von Leinwand, von Tisch- und Bettzeugen u. dgl. werden bereits aus dem Flachse verfertiget. Aber man könnte wohl dem Gebrauche desselben noch eine weitere| Ausdehnung geben, und mehrere aus dem Flachse verfertigte Waaren zu einem ergiebigen Handlungszweige für das Ausland machen. Und gewiß hat dieses Land auf Minderung der starken Einfuhr fremder Waaren alle Rücksicht zu nehmen. Was für eine Menge derselben ist zum Bedürfnisse geworden! Und wie viele wahre Bedürfnisse werden hier aus andern Ländern gezogen! Welche Summen gehen für Salz, dann für so viele Sorten ausländischer Weine, für so viele Gewürz- und Specereywaaren, für so viele fremde Fabrik- und Manufactur-Waaren, zumahl Seidenstoffe etc. aus dem Lande! Was verschlingt der Luxus besonders durch Cacao, Coffee, Zucker, Tobak, welchen das Oberland gar nicht bauet, und das Unterland größtentheils roh ausführt! Ich gedenke hiebey, um nicht zu weitläuftig zu seyn, vieler andern fremden Waaren nicht, welche wahres Bedürfniß oder Luxus und Mode fordern, noch des Umstandes, daß vieles fremde Getraide bey uns consumirt wird, noch auch des Geldes, welches die Bamberger für verschiedene Gärtnerwaaren aus dem Lande ziehen. Diesem allen haben wir zu wenig entgegen zu setzen. Da schon andere erwiesen haben, daß die Ausfuhr inländischer Producte| und Waaren, der Einfuhr der auswärtigen nicht gleich komme, und daß unser bisheriger Activhandel dem Passivhandel die Bilance unmöglich halten könne; so würde hier eine Wiederhohlung davon ganz unnöthig seyn. Man wird ohnehin ohne Widerspruch zugestehen, daß es ungemein vortheilhaft wäre, wenn man durch mehrere Verarbeitung eines ergiebigen Landesproducts die Einfuhr minderte, die Ausfuhr erweiterte. Durch mehrere Verarbeitung des Flachses nun könnte sowohl das eine, als das andere geschehen.

Die vielen Sorten von fremder Leinwand, Battist, feines fremdes Tischzeug, leinene Strümpfe, die von den Benachbarten zum Verkauf gebracht werden, fremde leinene Bänder etc. könnte man allmählich entbehren. Unsere Weber haben zum Theil gewiß Geschicklichkeit genug, es an Feinheit ihrer Arbeiten den Ausländern gleich zu thun, und bey glücklicher Aufmunterung durch gute Bezahlung und bequemen Absatz würden sie auch ohne Zweifel ihre Kunst erweitern und verfeinern. Könnte man auch nur die Schlesische oder Holländische Leinwand entbehren; wie viel würde schon dadurch gewonnen seyn!

| In Manufacturen könnte man, vornämlich zu auswärtigem Handel, aus dem Flachse gewiß eben so viele Artikel fertigen, als aus der Baumwolle. Ein erfindsamer thätiger Mann, – denn ein solcher gehöret unstreitig zu einem Manufacturisten, – würde seinen Waaren hunderterley Gestalten zu geben, deren Wehrt zu erhöhen, deren Neuheit zu erhalten wissen. Er würde vielleicht neue Waaren erfinden, z. B. verschiedene Leinenzeuge zur Kleidung von mancherley Mischung und Farben. Mode und Liebhaberey würde manche andere Waaren verlassen, und sich an diese gewöhnen, wenn sie auf eine schöne neue Manier, nett und anständig kleideten. Vielleicht würden diese neuerfundenen Waaren viele fremde eben so verdrängen, wie die Baumwollen-Waaren manche sonst übliche, z. E. viele schaafwollene Zeuge verdrängten.
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Wenn man sich durch Güte und Schönheit der Waaren hervorthäte, wenn man um einen billigen und anlockenden Preis, – dieser ließe sich bey einem verarbeiteten Landesproducte weit eher, als bey baumwollenen Waaren, gedenken; – lieferte, wenn man von oben herab ein aufmerksames Auge auf die fortdauernde Güte der Waaren richtete, so würde| ein reichlicher Absatz und Verschluß im Auslande die sichere Folge davon seyn, und würde sich leichter finden, als bey den ohnehin überall häufigen baumwollenen Waaren. Denn dergleichen Leinen-Manufacturen sind wenigstens in der Nähe um uns herum entweder gar nicht, oder nicht häufig. Man könnte uns dergleichen Unternehmungen in den benachbarten Provinzen auch so leicht nicht nachthun, wo man das rohe Product weder so häufig, noch von solcher Güte hat.

Da dergleichen Unternehmungen nicht so gefährlich seyn können, als der Verkehr mit baumwollenen Waaren; so könnten sie auch ohne besondere Unterstützung von wohlhabenden Privatiers, – denn unbemittelte Leute sind wohl selten in einer solchen Unternehmung glücklich, – betrieben werden. Wollte man sie aber noch ausserdem von oben herab mit wohlthätiger Unterstützung begnadigen: so könnten sie desto eher in Flor und Aufnahme kommen. Das aufmerksame Auge der Obrigkeit würde ohnehin schon darüber wachen, daß das rohe Product, der Flachs, nicht durch Aufkäufer verschleift, sondern zum Besten der Manufacturen zusammengehalten würde.

| Hiedurch könnte man gewiß eben so viele Leute in Nahrung und Thätigkeit setzen, als durch die Baumwollenarbeiten, welche übrigens demungeachtet unter einiger Einschränkung noch fortdauern würden. So wie diese Manufacturen allmählich empor kämen; so könnte man auch für ganz feine Spinnerey bessere Preise machen, und dadurch die Spinner aufmuntern, ihren Fäden immer mehrere Gleichheit und Feinheit zu bessern Waaren zu geben. Proben bezeugen ohnehin, daß unser jetziger Flachsbau schon einer sehr feinen Behandlung fähig ist. Wie viele Spinnerinnen, Weber, Strumpfstricker, Bleicher, vielleicht auch Drucker etc. könnten hiebey ihren Unterhalt finden!
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Durch dergleichen Unternehmungen könnte man endlich solchen Orten aufhelfen, welche wenig Nahrungszweige, oder wenig Absatz ihrer Victualien haben. Meines Erachtens sollte man ohnehin nicht viele Manufacturen an solchen Orten haben, wo die Lebensmittel in hohen Preisen stehen, und wo die mehrere Consumtion diese Preise noch immer erhöht, oder an Orten, welche ohnedem schon genug Nahrungszweige haben, oder wo ein Gewerbe dem andern manche Hindernisse machen kann.| Vielleicht wäre Thierstein ein solcher Ort, dem nicht nur eine dergleichen Aushülfe zu wünschen, sondern der auch hiezu ziemlich gelegen wäre. Dieser Flecken ist nach Wegziehung seines Amtes ziemlich herabgekommen. Er hat weder ergiebigen Feldbau wegen seines rauhen und steinichten Bodens, noch andere beträchtliche Nahrungszweige, die man etwan zu beeinträchtigen befürchten müßte. Er liegt in dem guten Flachslande beynahe im Mittelpuncte, und daher würde die Herbeyschaffung der rohen Materialien desto wenigere Schwierigkeit haben. Würden viele Arbeiter dahin gezogen, so bekämen die umliegenden Dörfer einen bessern Absatz ihrer Victualien. In dieser Gegend würden sich genug Personen zum Spinnen finden, und an Webern hat man in jener Gegend ohnehin einen ziemlichen Überfluß. Man könnte Thierstein, oder einen andern ähnlichen Ort, eben so sehr zu einem nahrhaften Flecken umschaffen, als er jetzt unbeträchtlich ist. Mit der Zeit und bey mehrerem Absatze der Waaren würden dergleichen Manufacturen, ohne sich einander Schaden zu thun, häufiger werden und ihre vortheilhaften Folgen auf mehrere Gegenden verbreiten.
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| Ich füge nichts hinzu, als die aufrichtige Versicherung, daß diese Äusserungen und Speculationen kein Privatinteresse erzeugen konnte. Sie sind bloß aus dem Wunsche eines redlichen Mitbürgers, zur Beförderung des allgemeinen Besten in seinem Vaterlande sein kleines Scherflein mit beytragen zu können, geflossen. In meinem kleinen Wirkungskreise bin ich nicht selbst im Stande, alles genauer zu prüfen. Dieses werden Männer thun, welche mit bessern Einsichten auf einem höhern Standpuncte tiefer in Staatsangelegenheiten eindringen, und den Wehrt oder Unwehrt eines Vorschlags ganz zu durchschauen vermögen.



  1. Nicht Fabriken, wie man sie fälschlich benennt: denn nach dem richtigern Sprachgebrauche sind Fabriken solche Werkstätten, worin der vereinigte Fleiß mehrerer Arbeiter durch Feuer und Schmieden auf einen Zweck arbeitet.
  2. Es wurde zwar das Türkische Garn sonst in Hof und jetzt bey Hof auch von eben der Güte und dauerhafter Farbe nachgemacht; aber weder mit solchem Vortheil, noch in solcher Menge, daß man das fremde entbehren könnte.
  3. Der Flachsbau ist in den 6 Ämtern schon jetzt sehr beträchtlich. Wenn man alles abrechnet, was in diesen Gegenden selbst verbraucht wird, was man ferner an Leinewand und Garne verkauft; so kann man annehmen, daß bloß in jenem Bezirke jährlich für 11650, bis 11700 Rthlr. roher Flachs verkauft wird, wenn man nur auf den ganzen Hof für 10 Rthlr. rechnet. [513] Mancher Bauer aber verkauft, wenn der Flachs so wohl geräth, in einem Jahre wohl für 50-60 Rthlr. dabey ist die Stadt Wunsiedel gar nicht und die Flecken mäßig in Anschlag gebracht, weil man da meistens weniger baut und mehr selbst verbraucht, als auf den Dörfern. Durch Melioration der Felder, durch mehrern Anbau der öden Plätze könnte man dieses Erzeugniß vielleicht um das Drittheil vermehren. Und wie sehr ließe sich alsdann durch Verbreitung dieses Products in Manufacturen dessen Vortheil für das Land erhöhen!