46) Metallarbeiter aus Chios, Erfinder der Kunst, das Eisen zu schweißen (σιδήρου κόλλησις), wie er sich auf einem kunstvollen eisernen Gestell (ὐποκρητηρίδιον σιδήρεον κολλητόν Herod., ἐγγυθήκη τις σιδηρᾶ Heges., ὑπόθημα σιδηροῦν Paus.) rühmte, das sein Andenken durch das ganze Altertum hindurch erhielt. Es trug einen silbernen Krater und war zugleich mit diesem von Alyattes II. nach einer Krankheit dem delphischen Gotte geweiht worden, wie Herodot glaubwürdig offenbar auf Grund der Weihinschrift berichtet, denn wie seine Worte ὃς μοῦνος δὴ πάντων ἀνθρώπων σιδήρου κόλλησιν ἐξεῦρε nach Kleins richtiger Bemerkung deutlich die Künstlerinschrift paraphrasieren. Als Augenzeugen berichten über diesen Untersatz, der zu Pausanias Zeit nur noch allein ohne den Krater erhalten war, Herodot (aus ihm Hesych., Suid., Steph. Byz. s. Αἰθάλη und die Paroemiographen), Hegesandros von Delphi bei Athenaeus, sowie dieser selbst (V 210 B. C), Plutarch def. or. 47 p. 436 A, Pausanias X 16, 1 und doch wohl auch Philostrat. v. Apoll. VI 11 p. 247 Kays. Darnach war das Gestell, dessen Füße oben – vermutlich in Spiralen – nach außen gebogen und durch Querstäbe miteinander verbunden waren (πλάγιαι ... ζῶναι, ὥσπερ ἐν κλίμακι οἱ ἀναβασμοί Paus.), reich mit Figuren und Ornamenten geschmückt (ζῳδάρια καὶ ἄλλα τινὰ ζῳύφια καὶ φυτάρια); die Zahl der Füße wird nirgends angegeben; da aber Athenaeus die τρίγωνος ἀγγοθήκη der Alexandriner zu der ἐγγυθήκη
[1422]
des G. in Gegensatz stellt, war sie keinesfalls ein Dreifuß. Die von E. Pernice (Arch. Jahrb. XVI 1901, 62ff.) verglichenen eisernen Stabdreifüße können uns also zwar von der Form so wenig eine Vorstellung geben, wie die von Overbeck herangezogenen geometrischen Zylinder aus Ton oder der runde Bronzeuntersatz aus der Tomba Regulini Galassi (Martha L’art étr. 109 fig. 101, vgl. Pinza Röm. Mitt. XXII 1907, 115), auf den Collignon verweist, sind aber wichtig als Belege für die große Rolle der Eisenindustrie in der archaischen Kunst. Pernice hat auch die zuerst von Semper (Stil II2 521) ausgesprochene, später von Blümner (Technol. IV 294) und Frazer (zu Paus. a. a. O.) vertretene Ansicht zur Evidenz gebracht, daß unter σιδήρου κόλλησις das Schweißen, nicht wie noch Michaelis (Arch. Zeit. XXXIV 1876, 156) annahm, die Lötung des Eisens zu verstehen sei.
Gegenüber Herodots bestimmter, offenbar aus den Inschriften des Untersatzes entnommener Angabe über Zeit und Heimat des Künstlers kann es nicht in Betracht kommen, daß Eusebios ihn in die 22. Ol. setzt, und daß er bei den Paroemiographen (Diogen. IV 8. Plut. II 25) und in den von diesen abhängigen Artikeln des Suidas (s. γλαῦξ ἵπταται) und des Stephanos von Byzanz (s. Αἰθάλη) als Samier bezeichnet wird. Woher dieser zweite Irrtum stammt, läßt sich noch erkennen. Das Sprichwort Γλαύκου τέχνη, das Dionysodoros (s. o. Bd. V S. 1005, 18) – übrigens sicher irrtümlich, da es irgend ein schnelles Verfahren bezeichnet – auf die σιδήρου κόλλησις des Chiers bezog (Hesych. s. v.), brachten andere mit einer nicht näher bezeichneten und uns daher unbekannten τέχνη γραμμάτων (Kursiv- oder Kurzschrift?) in Verbindung, die ein gewisser G. von Samos erfunden haben sollte (s. o.). In den Scholien zu Plat. Phaed. p. 108 D, wo beide Angaben nebeneinander stehen, wird nun dieser samische γραμματικός mit dem Erfinder der σιδήρου κόλλησις identifiziert. Endlich fließen bei Marcellus von Ankyra π. παροιμ. frg. 125 p. 213 Klosterm. die melodisch abgestimmten Disken des Musikers G. (s. Nr. 33) mit dem delphischen Kraterfuß zusammen, und auf einer ähnlichen Konfusion beruht es wohl, wenn in der Sprichwörtersammlung des Cod. Coislin (p. 128 Gaisf.) dem Erfinder der σιδήρου κόλλησις noch ἄλλα πολλὰ εὐμέθοδα zugeschrieben werden, Brunn Künstlergesch. I 29. Overbeck Plast. I 476. Collignon Sculpt. gr. I 153. Murray Sculpt. I 83f. Klein Kunstgesch. I 133. Perrot et Chipiez Hist. de Tart VIII 181. Blümner und Frazer zu Pausan. a. a. O.