RE:Florentia 1
Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft | |||
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Stadt am Arno, heute Florenz | |||
Band VI,2 (1909) S. 2752–2753 | |||
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Florentia. 1) Unterhalb der Stelle, wo der Arno zum erstenmal aus dem Gebirge in die Ebene tritt, bestand an seinem rechten Ufer in dem Winkel zwischen diesem und dem linken des Nebenflüßchens Mugnone (frühere Mündung in der Nähe des heutigen Ponte di Sa. Trinità, heutige unterhalb der Gartenanlagen Cascine) schon in prähistorischer Zeit eine Ansiedlung (Funde angeblich dem 9. und 8. Jhdt. v. Chr. angehörig Not. d. scavi 1892, 58ff. 1893, 429. Monum. ant. 1896, 6ff.), die vielleicht faesulanischen Ursprungs war. Faesulae, die Etruskerstadt, lag auf den Höhen nördlich der den Überschwemmungen des Arno ausgesetzten Flußebene (vgl. Polyb. III 79. Liv. XXII 2), vor diesen und dem Feind gesichert. In der Steigerung der Wasserführung des Flusses durch eine beabsichtigte Ableitung des Clanis (Chiana) in denselben sahen noch im J. 15 v. Chr. die Florentiner eine Gefährdung ihrer Stadt und verhinderten die Ausführung des Plans durch eine Gesandtschaft an den Senat (Tac. ann. I 79). Der lateinische Name Florentia weist auf römische Besiedlung des alten Wohnplatzes zwischen Arno und Mugnone. Möglicherweise hängt sie zusammen mit dem von C. Flaminius im J. 187 v. Chr. durchgeführten Bau der Straße über den Apennin von Arretium nach Bononia (Liv. XXXIX 2); vgl. Hartwig Quellen u. Forschungen zur ältesten Gesch. der Stadt Fl. I 3, 75. CIL XI p. 306.[1] R. Davidsohn Forschungen z. älteren Gesch. von Fl. I 6f. (anders Nissen Ital. Landesk. II 1, 295; er vermutet einen Zusammenhang mit dem Bau der Cassischen Straße, über dessen Zeit wir nicht unterrichtet sind).
Die erste Kunde von F. ist zugleich die seines Unterganges. Der Ort stand wie viele andere Tusciens im Bürgerkrieg gegen Sulla, der über ihn die Konfiskation verhängte 82 v. Chr. (Flor. II 9). Ob Sulla hierher eine Veteranenkolonie deduziert hat, ist nicht zu sagen (vgl. Mommsen Herm. XVIII 176). Die verdächtige Stelle des Liber colon. Feldmesser I 213 schreibt die Gründung jener den Triumvim zu (dagegen spricht, daß F. von Plinius nicht als colonia bezeichnet wird; Davidsohn a. a. O. will in den Triumvim Caesar, Pompeius und Crassus erkennen). Als Kolonie ist die Stadt durch die Inschriften CIL XI Suppl. 7080[2] (Not. d. scavi 1890, 109). [2753] 1617 und Suppl. 7041 (Milani Mus. topogr. 170) bezeugt. Plinius III 52 spricht nur von Florentini praefluenti Arno adpositi, Ptolem. III 1, 43 von Φλωρεντία, doch ergibt sich aus dem Wortlaut von Tac. ann. I 79 (s. o.) offenbar der Kolonierang des Ortes. Er gehörte der Tribus Scaptia an (Kubitschek Imperium Rom. tributim discriptum 84) und wies die typische Form des römischen Lagers auf (Davidsohn Gesch. von Fl. I 12. Nissen a. a. O. 296). Sein Wachstum förderte der Umstand, daß sich hier am schiffbaren (Cassiod. var. V 17) Fluß die Straßen von Rom (über Arretium), Pisa, Luca und Bononia (Tab. Peut. Itin. Ant. 284f. Geogr. Rav. IV 36) und von Faventia (die gepflasterte römische Straße noch im 11. Jhdt. als via petrosa erwähnt, Davidsohn Forschungen 11) trafen. Hadrian hat im J. 123 viam Cassiam vestutate collabsam a Clusinorum (Chiusi) finibus Florentiam bauen lassen (CIL XI 6668).[3]
Eine vom corrector Italiae (regionis Tusciae offenbar) T. Aelius Marcianus Diocletian im J. 287 zu F. gesetzte Ehreninschrift läßt ebenso wie das Kontraskript (acc. Florentiae) eines an den corrector Tusciae gerichteten Erlasses vom J. 366 (Cod. Theod. IX 1, 8) F. als Sitz dieses Beamten und Mittelpunkt der Provinz erkennen.
Christliche Märtyrer kennt die Legende schon unter Decius (Acta SS. 25. Okt. S. Minias), ein Bischof Felix a Florentia Tuscorum wird bereits für das J. 313 erwähnt (Optatus Milev. I 23). Die am Ende des 4. Jhdts. schon stattliche Christengemeinde lud den in Faenza weilenden Ambrosius von Mailand 393 in die Stadt, wo er die Laurentiuskirche weihte (Paulinus, Vita Ambr. 27f. Hurter). Der älteste christliche Friedhof war am linken Arnoufer bei der heutigen Kirche Sa. Trinità (CIL XI p. 308.[4] Hartwig a. a. O. 80). Erst am Ausgang der Gotenherrschaft begegnet uns die Stadt wieder in der historischen Überlieferung. Totila suchte F. den Byzantinern zu entreißen, doch die Belagerung wurde von den gotischen Führern trotz eines Sieges über ein Entsatzkorps aufgegeben (Procop. bell. Goth. III 5). Im J. 547 ist F. noch byzantinisch, wie die Grabinschrift CIL XI 1693[5] erkennen läßt, muß aber bald von den Goten besetzt worden sein, da es sich 552 Narses ergibt (Agathias I 11). Plinius n. h. XIV 36 spricht vom Wein der Florentiner Gegend. Von hervorragenden Bauten des römischen F. ist zu erwähnen der Tempel des Iuppiter Capitolinus (s. Milani Mon. ant. VI 1895, 15f.) an Stelle der ehemaligen Kirche Sa. Maria in Campidoglio, das Heiligtum der Isis (CIL XI 1[6] p. 307. Davidsohn Forschungen 15), zwei Theater (Not. d. scavi 1887, 129. Davidsohn a. a. O.) und ein Aquädukt vom Monte Morello her, dessen Bogen noch am Ende des Mittelalters sichtbar waren (Davidsohn a. a. O. 12).
Literatur: u. a. Hartwig Quellen und Forschungen zur ältesten Gesch. der Stadt Florenz I. II, 1875. 1880. G. Dennis The cities and cemeteries of Etruria II3 74ff. Davidsohn Gesch. von Florenz I (1896); dazu Forschungen zur älteren Geschichte von Florenz, I–III, 1896–1901, Bormann CIL XI p. 306.[1] Milani Reliquie di Firenze antica, Monumenti antichi VI 1895. Nissen ItaL Landesk. II 294f.