Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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von Paros, Rhetor, Sophist und elegischer Dichter, † nahe dem Sokrates
Band VI,1 (1907) S. 976
GND: 102392730
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7) Euenos von Paros, Sophist und elegischer Dichter. Die reiche, aber im Grunde ergebnislose ältere Literatur verzeichnet Bergk PLG4 II 271ff. Fest steht nur Folgendes: Plato und Aristoteles erwähnen mehrfach einen Sophisten und Rhetor des Namens, der auch dichterisch tätig gewesen ist. Daß er hauptsächlich Elegien verfaßt hat, zeigen einerseits die Zitate, andererseits Suidas s. Φίλιστος: μαθητὴς δ' ἧν Εὐήνου τοῦ ἐλεγειοποιοῦ (vgl. Plato Phaedr. 261 a). Die Fragmente zeigen, daß er der letzten Entwicklung der alten Elegie angehört, in der diese Dichtung in engste Berührung mit der sophistischen Prosa tritt (v. Wilamowitz Aristoteles u. Athen II 404, 2). Sein Tod scheint dem des Sokrates nahe gefolgt zu sein. Von seinen Gedichten könnte das eine in die sog. Theognissammlung verschlagen sein (v. 467ff.; vgl. Reitzenstein Epigramm u. Skolion 57; ob freilich dann wegen der gleichen Anrede an einen Simonides auch v. 667ff. und 1345ff. ihm gehören, scheint mir jetzt noch unsicherer). Einige weitere Fragmente sind in die Florilegienliteratur und durch sie bis zu Plutarch gedrungen. Wenn Harpokration s. Εὔηνος erwähnt, daß Eratosthenes zwei Parier dieses Namens scheiden wollte, die beide Elegien gedichtet hätten, von denen aber nur der Jüngere bekannt geworden sei, so wird dies richtig ganz allgemein nur als Versuch, eine uns unbekannte chronologische Schwierigkeit zu umgehen, gefaßt (vgl. Hiller Jahrb. f. Phil. CXXIII 477 und Bruno Keil Herm. XXIII 379, 1, wo auch weitere Literatur).

Demselben Mann werden auch erotische ἐπιδείξεις gehören. Den Titel nennt Artemidor Oneir. I 4 p. 11, 29 Herch. E. ἐν τοῖς εἰς Εὔνομον ἐρωτικοῖς (auch des Lysias erotische Briefe werden ἐν τῷ ἐρωτικῷ zitiert). Auf metrische Form wollte man aus Ausonius Cento nupt. (XXVIII 4 Schenkl) schließen. Doch läßt sich die kurze Bemerkung (quid Euenum? quem Menander sapientem vocavit) auch aus der bloßen Kenntnis einer Notiz, daß Menander den Verfasser solcher ἐρωτικοί als σοφός oder σοφιστής erwähnt hat, erklären. Artemidor erwähnt aus ihnen eine für Gedichte kaum passende, wahrscheinlich in obszönem Sinne verwendete Etymologie von κάμηλος. Ein weiterer Verweis (Arrian Epict. IV 9, 6) ist durch v. Wilamowitz (Herm. XI 300) mindestens zweifelhaft gemacht worden. Ich finde in den gesamten Fragmenten nichts, was der Zeit des Kritias einerseits, des Lysias andererseits widersprechen würde. Ganz zu trennen ist Euenos 8 der Epigrammatiker.