Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Hauptmahlzeit
Band III,2 (1899) S. 18951897
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2) Die Hauptmahlzeit, wurde in älterer Zeit um Mittag genommen; das Abendessen hiess damals vesperna. Später wurde sie auf den Nachmittag verlegt und man nahm um Mittag ein Frühstück, prandium, Fest. ep. 54, 4. 223, 5. 388, 4. Isid. or. XX 2, 14. Als Zeit der C. wird am häufigsten die 9. Stunde genannt, Cic. ad fam. IX 26, 1. Hor. ep. I 7, 71. Martial. IV 8, 6; so ist auch Martial. X 48. XI 52 zu verstehen: die Eingeladenen sollen um die 8. Stunde baden und dann zur C. kommen. Die 10. Stunde (Rhet. ad Herenn. IV 64) galt für sehr beschäftigte Leute (Martial. VII 51, 11) und vermutlich für den Winter, wo sonst der Arbeitstag zu kurz wurde. Früher zu speisen (ab octava Iuv. I 49; de die Liv. XXIII 8, 6. Catull. 47, 5; de medio die Hor. sat. II 8, 8. Suet. Nero 27; ante medium diem Plin. Paneg. 49) galt als Schwelgerei (tempestivum convivium). Nach der C. blieb man bis zum Schlafengehen bei Tisch, Plin. ep. III 1, 9. 5, 18.

Die C. fand in älterer Zeit im Atrium statt (Serv. Aen. I 726. IX 648; ad focum Varro bei Non. 83, 15, der Herd war damals im Atrium), auf dem Lande noch später in der hier dem Atrium entsprechenden culina, Varro de r. r. I 13, 2. Hor. sat. II 6, 65. Eine Zeit lang muss es dann üblich gewesen sein, im Oberstock den Speiseraum zu haben (s. Cenaculum); später, in der Zeit, aus der auch die ältesten pompeianischen Häuser stammen, und wohl schon früher, hatte man durchaus eigene Speisezimmer (s. Triclinium).

Man speiste in alter Zeit sitzend. Varro bei Serv. Aen. VII 176 und bei Isid. or. XX 11, 9. Serv. Aen. I 79. 214. 708; diese Vorstellung hat auch Verg. Aen. VII 176. VIII 176. Später die Männer auf dem Lectus liegend, die Frauen sitzend (Val. Max. II 1, 2. Isid. a. O.), bis endlich, noch vor Ende der Republik, das Liegen (accubare) allgemein üblich wurde. Doch pflegten auch damals noch, und auch in der kaiserlichen Familie, [1896] die Kinder sitzend an einem besonderen Tische zu speisen, Act. Arv. 27. Mai 218. Suet. Aug. 64; Claud. 32. Tac. ann. XIII 16. Auch Parasiten und sonstige untergeordnete Personen setzte man wohl auf subsellia, Suet. vita Ter. p. 28 Reiff. Plaut. Capt. 471; Stich. 489. Sitzen bei Tisch als Zeichen der Trauer, Plut. Cat. min. 56.

Die C. bestand in älterer Zeit aus zwei Gängen, Hauptspeise und Nachtisch, mensae secundae (Verg. Aen. VIII 283. Petron. 68. Gell. XIII 11, 6. Macrob. II 8, 3. III 18, 1. Act. Arv. 27. Mai 218), epidipnis (Petron. 69. Martial. XI 31, 7), impomenta = imponimenta Fest. ep. 108, 18. Zum Nachtisch wurde getrunken, Verg. Aen. I 723 und Serv. z. d. St.: una epularum, altera poculorum. Mindestens seit Beginn der Kaiserzeit aber geschah dies während der ganzen Mahlzeit, Hor. sat. II 8, 14. Petron. 34. Der Nachtisch bestand wohl ursprünglich und später in einfachen Verhältnissen blos aus Früchten, Serv. Aen. VIII 283: una carnis fuerat, altera pomorum. Hor. sat. II 2, 121. Martial. V 78, 11. X 48, 18. Dazu Backwerk, Petron. 68. Martial. III 17, 1, bellaria genannt, Act. Arv. 27. Mai 218, welcher Name von Varro bei Gell. XIII 11, 6 = Macrob. II 8, 3 mit mellita erklärt wird, nach Gell. (ausgeschrieben von Macrob.) a. O. aber für jede Art Nachtisch gebraucht wurde. Ferner kalte Speisen (frigida, ψυχρὴ τράπεζα), namentlich Austern, sonstige Muscheln und rohe Kräuter, unter denen die sehr beliebte lactuca genannt wird, Plut qu. conv. VIII 9, 3, 28. Martial. XIII 14. Moretum 74. Später wurden dann diese kalten, pikanten und appetitreizenden Speisen an den Anfang der Mahlzeit verlegt (Plut. u. Martial. a. O.), und es entstand so der dritte regelmässige Bestandteil der C., die Entrées, der oft genannte gustus (Martial. III 17, l. X 48, 13. XI 31, 4. 52, 12), gustatio (Petron. 21. 31), antecenia (Apul. met. II 15; ante cenam Macrob. III 13, 12). Zum Gustus wurde mit Honig angemachter Wein (mulsum, s. d.) getrunken (Hor. sat. II 4, 24. Petron. 34) weshalb der Gustus auch promulsis heisst, Cic. ad fam. IX 16, 8. 20, 1. Regelmässige Bestandteile des Gustus sind rohe Kräuter (namentlich lactuca) und Eier (daher ab ovo ad mala Hor. sat. I 3, 6), Cic. ad fam. IX 20, 1. Plin. ep. I 15, 2. Martial. XII 19 (wo der Gustus gleich nach dem Bade in den Thermen genommen wird). Apul. met. IX 33; bei Petron. 31 künstliche Eier, die je eine Drossel enthalten. Ferner Austern, sonstige Muscheln (Plin. a. O. Hor. sat. II 4, 24. Cels. II 29) und Fischspeisen (Martial. XII 19); dazu Würste, pikant zubereitete kleine Vögel, auch Haselmäuse (Petron. 31). Besonders ausführlich sind die Bestandteile des Gustus aufgezählt bei Macrob. III 13, 12; vgl. ferner die Zusammenstellung bei Marquardt Privatl.² 323. Es waren Speisen, die teils den Appetit reizen (Hor. sat. II 8, 8), teils den Stuhlgang fördern sollten, Cels. II 29.

Es scheint, dass in gewöhnlichen, bürgerlichen Haushaltungen die tria fercula, Gustus, Hauptspeise und Nachtisch, durchaus Regel blieben. Mehrfach ist das Menu einer solchen einfachen C. überliefert, Martial. X 48: Gustus rohe Kräuter,, darunter Lattich, Eier, Fische, Schweinseuter (sumen) in Fischsauce; Hauptgang (hier wird ausdrücklich gesagt, dass alles dies una mensa ist) [1897] junge Ziege und Huhn mit Schinken und Wurst; Nachtisch Früchte. Martial. XI 52: Gustus Lattich und sonstige Kräuter, Eier, Käse, Oliven; Hauptspeise Fische, Muscheln, Schweinseuter, Geflügel; Nachtisch nicht erwähnt. Iuv. XI 65: Gustus Spargel und Eier; Hauptspeise junge Ziege und Hühner; Nachtisch Früchte. Ofellus bei Hor. sat. II 2, 117 ass gewöhnlich Kohl und Schinken, wenn er Gäste hatte als Hauptspeise junge Ziege und Hühner, als Nachtisch Früchte. Als Hauptspeise spielten in alter Zeit und später in einfachen Verhältnissen der Mehlbrei (puls) und die Gemüse (olera) eine grosse Rolle, Varro de l. l. V 105. 108. Hor. ep. I 17, 13. Iuv. XIV 170. Als Festbraten war das Schwein und Wildschwein bevorzugt, Iuv. XI 82. Bei steigendem Luxus wurde aber das Hauptgericht vervielfacht. Petrons Trimalchio giebt ihrer drei. Augustus pflegte drei bis sechs zu geben (erstere, sonst zu geringe Zahl beweist, dass nur die Hauptspeisen gemeint sind), Suet. Aug. 74. Über Anordnung und Auswahl lässt sich keine Regel aufstellen. Bei Petrons Trimalchio folgt auf einen aus den verschiedenartigsten Dingen gemischten Gang ein gefüllter Eber und dann ein mit Würsten gefülltes Schwein. Bei Hor. sat. II 8 ist die Aufzählung zu unvollständig; eine Menge der verschiedenartigsten Speisen sind aufgezählt in dem Menu einer Pontificalcena aus republicanischer Zeit, Macrob. III 13, 12, wo aber die einzelnen Fercula nicht unterschieden sind. Die C. des Trimalchio ist noch dadurch bemerkenswert, dass die sonst zum Gustus gehörigen Muscheln und Schnecken nach alter Art bei den secundae mensae geblieben sind (68), während sie beim Gustus (31) nicht vorkommen.

Zu Beginn der C. werden die Götter angerufen, Quintil. decl. 301 p. 187 Ritter. Dann wäscht man sich die Hände, indem Sclaven Wasser über dieselben giessen; es werden auch wohl die Füsse gewaschen. Plaut. Pers. 769. 792. Fab. Pictor bei Non. 544, 22. Petron. 31. Das Waschen der Hände wird zwischen den Gängen wiederholt, was sehr notwendig war, da man ohne Gabeln mit den Händen ass, Petron. 34. Hist. Aug. Heliog. 25, 9. In der Pause vor den secundae mensae werden die Laren und der mit ihnen verehrte Genius des Hausherrn, seit Augustus auch der des Kaisers, angerufen und ihnen das Opfer gebracht, Hor. od. IV 5, 31. Serv. Aen. I 730. Petron. 60. Cass. Dio LI 19, 7. Act. Arv. p. 42f. Henzen. An den Nachtisch schloss sich die Comissatio (s. d.) an. Becker-Göll Gallus III 323. Marquardt Privatl.² 265. 297. Daremberg-Saglio Dict. des ant. I 1277.

[Mau. ]