Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 13 (1865), ab Seite: 258. (Quelle)
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Krones, Therese (Schauspielerin, geb. zu Freudenthal in Schlesien 7. October 1801, gest. zu Wien 28. December 1830). Ihr Vater war selbst Schauspieler und dann Theater-Director; als solcher zog er mit seiner Familie auf den Dörfern herum. Auf einer solchen Wanderung in Ungarn überraschte ihn und die ganze Familie in einer Nacht ein Schneefall, welcher für den Vater die schweren Folgen hatte, daß ihm beide Füße erfroren und er zwölf Jahre, sonst gesund, im Bette zubringen mußte. Erlebte bis zum Tode seiner Tochter bei ihr. Therese betrat natürlicher Weise früh die Bühne. Schon als Kind in Wien, während ihr Vater in der „Teufels-Mühle“ den alten Martin gab, spielte sie den Schutzgeist. Nach dem oberwähnten Unfalle ihres Vaters fand Therese mit ihrem Bruder Engagement bei dem Theater in Agram. So hatte sie einige Jahre auf verschiedenen Bühnen in Olmütz, Brünn, Laibach, Gratz, Agram, Temesvár gespielt, im Allgemeinen gefallend, jedoch ohne gerade, um sich des technischen Ausdruckes zu bedienen, durchzugreifen. Im Herbste 1821 wurde sie bei dem Leopoldstädter Theater in Wien engagirt und trat am 7. October d. J. als Evakathel in der bekannten Caricatur-Oper von Perinet zum ersten [259] Male auf. Sie spielte längere Zeit auf dieser Bühne, konnte aber gegen zwei Rivalinen, nämlich Madame Raimund und Dlle Kupfer, beide lange vor ihr im Besitze der ersten komischen Rollen und längst erklärte Lieblinge des Wiener Publicums, lange nicht aufkommen. Endlich verließ Madame Raimund diese Bühne; bei Dlle Kupfer kam ihr aber der Zufall zu Hilfe. Letztere nämlich erkrankte gerade bei Beginn der Proben einer neuen Zauberoper „Lindane“; es war Niemand da, der die Rolle der Rosamunde hätte übernehmen können als Therese Krones. Schnell hatte sie die erst bei der Probe erhaltene Rolle einstudirt und bei der Aufführung ihr Talent so zur Geltung zu bringen gewußt, daß sie allgemein gefiel. Das Publicum wünschte nun sie auch in anderen Stücken zu sehen, und so wurde sie denn in allen neuen Stücken beschäftigt, wie denn auch ältere Possen durch die Rollen, die sie darin übernahm, einen neuen Reiz durch sie gewannen. Namentlich hatte eine längst verschollene Posse „Herr Joseph und Frau Waberl“ durch ihren Humor und ihr köstliches Spiel so gewonnen, daß es förmlich wieder zum Zugstücke wurde. Therese war bald neben Raimund, Schuster, Korntheuer der erklärte Liebling des Wiener Publicums. Sie war es mehrere Jahre, und erst der Zwischenfall mit Jaroschinsky, dem Mörder des Professors Blank [Bd. I, S. 422], der zu ihren Verehrern zählte und bei dessen Bankett sie sich eben befand, als seine Verhaftung vorgenommen wurde, schien für sie bedenklich werden zu wollen. Es hieß damals, wie man es aus Raimund’s authentischem Tagebuche erfahren kann, Therese werde die Bühne verlassen und sich in ein Kloster zurückziehen. Doch es kam nicht dazu. Wohl erschien sie mehrere Monate lang nicht vor dem Publicum; hatte aber dann, wie Raimund schreibt, „die Frechheit, wieder die Bühne zu betreten!“ Es ist diese Ansicht eine jener Ueberspanntheiten Raimund’s, die sein ganzes Leben vergifteten und zuletzt sein Ende herbeiführten. Als wenn die Krones gewußt hätte, daß sie mit einem gemeinen Raubmörder verkehre. Der befürchtete Theaterscandal bei Theresens erstem Auftreten nach so langer Frist trat auch nicht ein, weil das billiger denkende Publicum die ohnehin schwer betroffene Schauspielerin für etwas, was sie nicht verschuldet, nicht bestrafen konnte und wollte. Im Gegentheil, Therese wurde mit einem Sturm von Applaus, den auch nicht das geringste Zeichen von Mißfallen störte, empfangen. Sie spielte noch einige Zeit daselbst, verließ dann im Jahre 1829 diese Bühne, gab einige Gastrollen auf anderen Theatern, bis schweres Leiden sie zwang, die Bühne zu verlassen, worauf sie nach langwieriger Krankheit, erst 29 Jahre alt, starb. Die Krones zählte mit den obengenannten Schauspielern zu den Hauptpfeilern des Leopoldstädter Theaters. Unübertrefflich war sie als Fisperl in der Zauberposse „Gisperl und Fisperl“; als Zilli in der „Aline“; als Rosamunde in der „Lindane“; als Louise in der Parodie auf „Kabale und Liebe“; als Jugend im „Bauer als Millionär“; als Julerl in „Jacob in Wien“ und in „Julerl, die Putzmacherin“; als Sylphide im gleichnamigen, von ihr selbst verfaßten Stücke; als Frau Springerl im „Fleischhauer aus Oedenburg“ u. m. a. Auch hat sie selbst einige Stücke für die Bühne geschrieben. wie z. B. der „Nebelgeist“, „Cleopatra“, „Sylphide“, letzteres, von Einigen dem Redacteur Bäuerle zugeschrieben, ziemlich quodlibetartig zusammengetragen, [260] aber voll Humor und lustig anzuschauen. Was ihr Spiel betrifft, so kam gerade, in der Gegenwart, als ein Vorstadt-Theater der Residenz die Cloaken der Cancanerie eröffnete, die längst vergessene Krones den alten Wienern mehr denn je in’s Gedächtniß zurück. Unten in den Quellen werden als literarische Curiosa die Urtheile zweier Männer, wie Saphir und Castelli, mitgetheilt, und besonders der biedere Castelli, dessen priapeische Schwächen mehr denn genugsam bekannt, nimmt sich mit seinem Rigorismus komisch aus. Da läßt man sich denn die Raimund’sche Sittenstrenge schon eher gefallen. Krones war Mitglied einer Vorstadtbühne, welche, wie bekannt, nicht in Moral machen. Aber wenn in der Parodie auf Spontini’s „Vestalin“ die Worte der Krones: „das dumme Volk wird doch nicht im Ernste glauben, daß ich eine Vestalin bin“, vom Publicum mit einem rasenden Beifallsturm aufgenommen werden, so war das das Schlimmste, was je auf der Bühne über die Lippen der Krones gekommen, und war das Schlüpfrigste, was das Publicum jener Tage bejubelte. Und in der Gegenwart! Zeitgenossen, fleißige Theaterbesucher und Leute, denen ein Urtheil zusteht, fanden ihre schalkhafte Grazie und liebenswürdige nonchalance ausgezeichnet. Dabei verband sie mit ihrem allerdings nicht üppigen, aber höchst angenehmen Aeußeren eine sehr vortheilhafte und geschmackvolle Art, sich zu kleiden. Sie war auf der Bühne oft ausgelassen lustig; aber der strengste Sittenrichter konnte sie gewiß keiner Verletzung der Decenz zeihen. Ja, wenn sie mitunter ihrem Muthwillen zu freien Lauf ließ, so überschritt sie doch nie die Schranken der Anständigkeit, und wir stehen nicht an, zu sagen, daß wenn sie lebte, sie selbst als Zuseherin des heutigen Treibens auf der Bühne erröthend vor Scham die Augen schließen würde. In Stücken, in denen sie auftrat, fehlte es wahrlich nicht an Momenten, die für ein anständiges Frauenzimmer bedenklich werden konnten; aber die Routine, der Geschmack, mit denen sie einzulenken verstand, verblüfften zuerst und entzückten dann das Publicum. So geschah es denn, daß ein geistreicher Kritiker sie treffend die „Grazie der Trivialität“ nannte. Wie sehr sie der Liebling des Publicums gewesen, dafür spricht die Thatsache, daß ein paar Jahrzehnde nach ihrem Tode ihr Grab auf dem St. Marxer Friedhofe mit Blumen und Kränzen geschmückt war. Erst seit ein paar Jahren fehlt dieser Schmuck; aber ein Denkstein bezeichnet die übrigens in starkem Verfalle begriffene Ruhestätte. Vor wenigen Jahren erst wurde ihr Andenken durch ein Genrebild mit Gesang und Tanz in drei Acten, betitelt: „Therese Krones“, verfaßt von Karl Haffner (Lieferung 75 des Wallishausser’schen [jetzt Klemm’schen] Wiener Theater-Repertoirs), und durch einen Roman aufgefrischt, den der alte Bäuerle nach ihr taufte und der zuerst in der Theater-Zeitung (1853, Nr. 280) begann, der aber auch separat gedruckt erschien. Ein Bruder (?) von ihr lebte, wie die Journale berichteten, noch im Jahre 1855 im Kahlenbergerdörfel bei Nußdorf nächst Wien. Als das Haffner’sche Stück über die Bühne ging, hetzten ihn die Bauern auf, gegen eine Beschimpfung der Schwester, wie sie das Stück begeht (?), ein Veto einzulegen. Auch soll er nach der 34. Vorstellung vor der Local-Polizeibehörde erschienen sein und die Entfernung des Stückes von der Bühne verlangt haben, aber eines Besseren belehrt worden und in Folge dessen von seinem Begehren – wozu er jedoch [261] unter allen Umständen berechtigt war – zurückgetreten sein.

Allgemeine Theater-Zeitung. Herausgegeben von Ad. Bäuerle (Wien, gr. 4°.) XXIV. Jahrg. (1831), Nr. 2, S. 5: „Therese Krones“, (Nekrolog) von A(dolph) B(äuerle). – Oesterreichische National-Encyklopädie von Gräffer und Czikann (Wien 1835, 8°.) Bd. III, S. 298. – Meyer (J.), Das große Conversations-Lexikon für die gebildeten Stände (Hildburghausen, Bibliogr. Institut, gr. 8°.) Bd. XIX, Abthlg. 1, S. 269. – Memoiren meines Lebens. Gefundenes und Empfundenes von Dr. I. F. Castelli (Wien und Prag 1861, Kober und Markgraf, 8°.) Bd. I, S. 264. – Neuigkeiten (Brünner polit. Blatt, Fol.) 1857, Nr. 76: „Ein Bruder der Therese Krones“; 1860, Nr. 162: „Castelli über Therese Krones“ [man vergleiche weiter unten: „Urtheile über Therese Krones]. – Gartenlaube, herausg. von Ernst Keil (Leipzig, gr. 4°.) Jahrg. 1863 [in diesem Jahrgange theilt Franz Wallner, der bekannte Theaterdirector und gewandte Erzähler, Mehreres aus Ferdinand Raimund’s Leben mit, worin auch mehreres, die Krones Betreffendes enthalten ist]. – Illustrirte Novellen-Zeitung, herausg. von Böhringer (Wien, 4°.) 1858, Nr. 5, S. 35: „Ein Künstlergrab“. – Local-Anzeiger der „Presse“ 1864, Nr. 306: „Ein vergessenes Grab“. – Porträte. 1) Unterschrift: Therese Krones. Kriehuber 1830. Gedr. im lith. Instit. in Wien (4°.); – 2) A. Decker 1855 (lith.); – 3) Unterschrift: Therese Krones, Schauspielerin des k. k. priv. Theaters in der Leopoldstadt (lith., Almanach-Format); – 4) Unterschrift: Dlle Krones als Jugend aus dem Zaubermärchen von F. Raimund: Das Mädchen aus der Feenwelt oder der Bauer als Millionär (ganze Figur, kl. Fol.). – Saphir und Castelli über Therese Krones. Saphir schreibt in einer seiner Didaskalien gelegenheitlich seiner Besprechung des Bäuerle’schen Romans „Therese Krones“ über diese: Drei Darstellerinen haben zu jener Zeit im Leopoldstädter Theater geglänzt, Dlle Ennöckl, Madame Huber und Dlle Krones .... . Die Krones glänzte nicht, sie strahlte nicht, sie schimmerte nicht, sie stach in die Augen, sie stach in die Ohren, sie stach in die Sinne. Sie war eine eigene Erscheinung, die leider, Dank sei Gott, keine Nachfolgerin hatte und hat. Dlle Krones leistete Vortreffliches als Dlle Krones, nie als Rolle. Ich selbst habe sie oft und bitter getadelt, oft und süß gelobt, habe auch wohl – es sind über dreißig Jahre her! – von Kunstleistungen, diesem dazumaligen Kleingeld der Kritik, gesprochen. Aber nie ist sie mir als eine Kunstbegabung, nie als eine „Künstlernatur“ erschienen. Jeder geläuterte Strahl künstlerischer Innigkeit oder Geistigkeit war ihr fremd. Bäuerle citirt in seiner „Therese Krones“, ich hätte über sie einmal geschrieben: „Sie spielt nicht, sie läßt sich spielen“. Wenn dem so, so hat ein schwacher Ausdruck den Nagel doch hart auf den Kopf getroffen. Sie ließ sich spielen, sie spielte immer die Krones und da die Krones immer herzentzündende, lustentbindende, thatenverkündende Augen hatte, und da die Krones die Ungebundenheit des Gelüstes mit der Ungebundenheit aller Weiblichkeit zu Freikugeln goß und sie mit aller Ungezähmtheit eines Naturkindes in’s Publicum schleuderte, so konnte die Wirkung nie ausbleiben. Sie war eine kostbare Erscheinung als solche, sie traf fast immer das Rechte, warum? weil das Publicum in allen ihren Rollen nur sie sah. Ihr Spiel war stets unbändig, aber diese Unbändigkeit erhielt von ihrer Persönlichkeit einen Freibrief. Sie war unwiderstehlich in ihrer kecken Ueberschreitung alles Schicklichen, und warum? weil man ordentlich erschreckt und verblüfft war vor der Keckheit, mit der sie die derbsten und widerhaarigsten Ausdrücke und Gesticulationen balancirte, in’s Parterre warf, gleichsam als Emancipation ihres Selbsts. Sie war von ungewöhnlicher Begabung, von einer instinctiven Penetration in die tiefsten Geheimnisse der Individualität des Publicums, welches stets mehr Sinnenmensch als Nation ist. Sie gab ihren Rollen gar nichts vom Dichter und Alles von sich, und da das dem Beifalle gut kam, so ließen’s die Dichter gut sein. Sie erwärmte nicht durch Innerlichkeit wie die Ennöckl, sie durchdrang nicht durch urwüchsige Laune wie die Huber, aber sie zündete, sie war eine glückliche Brandstifterin, sie legte Feuer an, die Flammen prasselten, die Funken sprühten, aber – die Kunst – ein Aschen!“ So Saphir. – Wie trivial, lieblos und unwahr urtheilt Castelli. „Therese Krones“, schreibt er, „hat eine große Berühmtheit durch ihre künstlerischen Leistungen und noch mehr nach ihrem Tode dadurch, daß man sie zur Heldin [262] eines Romans und eines Schauspiels machte, erlangt. Was mich betrifft, so war ich mit dieser Berühmtheit weder in Rücksicht auf ihre Kunst noch auf ihren Charakter einverstanden. Sie holte ihre Komik aus der Hefe des Pöbels und aus der Cloake der Unsittlichkeit, sie kokettirte mit ihrer eigenen Unsittlichkeit. Was ihren Köper anbelangt, so war sie fürchterlich mager und abgelebt, und Alles war schlaff und welk an ihr, mit Ausnahme von zwei schönen großen Augen, mit denen sie aber auch zu kokettiren verstand. Alle Bewegungen ihres Körpers waren eckig, die beiden Arme dünn wie zwei Leimruthen: aber sie verstand durch Kleider nachzuhelfen und jene Theile des Körpers, welche besonders die Lorgnetten alter Roue’s so gerne in Bewegung setzen, durch Schwingungen und Biegungen aller Art in das rechte Licht zu bringen. Ich habe Leute gekannt, welche Alles an ihr graziös fanden. Ich fand das Gegentheil und bin überzeugt, daß jene Leute, wenn sie den Kern dieser Hülle gekannt hätten, zurückgeschreckt sein würden. Was war es denn also, was sie zu einem der Lieblinge des Leopoldstädter Theaters machte? Es war die Freiheit, ja die Frechheit ihres Spieles; es waren Worte, welche oft aus ihrem Munde gingen, und die man einem Manne nicht verziehen hätte, welche sie aber so hervorzulispeln verstand, als wenn sie gar nicht wüßte, was sie ausdrücken; es waren wollüstige Körperbewegungen, darin sie eine Meisterin war; es waren Anspielungen auf sich selbst und ihr Leben, welche sie sich nicht scheute, zur Oeffentlichkeit zu bringen; kurz, es war ein Etwas, das die wahre Kunst verdammt; aber wodurch die Künstelei, verbunden mit Schamlosigkeit, auf lüsterne Menschen eine Wirkung hervorbringt. In diesem Einzigen war sie auch originell, in allem Uebrigen eine Nachahmerin. Hätte keine Huber und kein Korntheuer existirt, so würde auch nie eine Krones existirt haben. Sie suchte die Erste zu copiren; was aber bei jener natürliche Anmuth war, das wurde bei ihr Ziererei, und die Spässe, welche Korntheuer machte, schnappte sie auf und brachte sie im nächsten Stücke selbst. Man hatte sie die deutsche Dejazet genannt. Mag sein, daß sie mit ihr eine Aehnlichkeit hatte, aber gewiß nur in den Schattenseiten.“