ADB:Uffenbach, Zacharias Konrad von

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Artikel „Uffenbach, Zacharias Konrad von“ von Rudolf Jung in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 39 (1895), S. 135–137, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Uffenbach,_Zacharias_Konrad_von&oldid=- (Version vom 29. März 2024, 07:49 Uhr UTC)
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Uffenbach: Zacharias Konrad v. U., der ältere Bruder Johann Friedrich’s, wurde am 22. Februar 1683 in Frankfurt a. M. geboren. Verständnißvoll erzogen gewann er schon frühe die Lust am Lesen und Sammeln von Büchern, die bei ihm mit der Zeit zur Bibliomanie auswuchs. Er besuchte erst das Gymnasium seiner Vaterstadt, dann vom 12. bis 16. Lebensjahre das in Rudolstadt, woselbst er im Hause des Conrectors Johann Ernst Müller, eines eifrigen Orientalisten, lebte; dann verbrachte er wieder eine kurze Zwischenzeit zwischen Schule und Hochschule in seiner Vaterstadt, hier von Hiob Ludolf (s. d.) mit väterlicher Freundschaft beehrt. Im August 1698 reiste er zur Universität nach Straßburg, wo er tief erschüttert von den besuchten Spuren der französischen Mordbrennerei in den Rheinlanden ankam. Wie schon auf dem Rudolstädter Gymnasium vertiefte er sich auch auf der Hochschule in alle möglichen Wissenschaften; erst in Halle, wohin er 1700 ging, nachdem er in Frankfurt binnen drei Tagen beide Eltern verloren hatte, wandte er sich hauptsächlich dem Studium der Rechtswissenschaft und der Moralphilosophie zu. Seine hervorragendsten Lehrer in der letzteren waren Johann Franz Buddeus und Christian Thomasius, dessen Schriften er aber weit den Vorlesungen vorzog. Außer den juristischen und philosophischen Studien betrieb er mit regem Eifer historische und geographische, um sich für längere Reisen vorzubilden. Schon in Halle begann er, durch die nahe Büchermesse in Leipzig wesentlich gefördert, das Sammeln von Büchern; seine Bibliothek soll damals schon für einen Professor hinlänglich groß gewesen sein. 1702 unternahm er seine erste Reise nach Dresden und Freiberg, dort die Kunst, hier den Bergbau studirend. Er bereitete sich auf diese wie seine anderen Reisen auf das sorgfältigste vor; er hatte sich selbst eine Art Reisehandbuch zusammengestellt, worin er aus seiner umfangreichen Lectüre Alles aufzeichnete, was er an Nachrichten über die zu besuchenden Orte und ihre Sehenswürdigkeiten auftreiben konnte; auf der Reise selbst ließ er die Feder nicht aus der Hand, ja er hatte sich die eigenartige Fertigkeit erworben, bei Unterredungen mit bedeutenden Persönlichkeiten mit Bleistift Aufzeichnungen in der Tasche zu machen! Nach Halle zurückgekehrt promovirte er unter Thomasius zum Doctor juris mit der Dissertation De quasi-emancipatione occasione reformationis Francofurtensis, d. h. über das Aufhören der väterlichen Gewalt über die Kinder nach dem Frankfurter Rechte. Nachdem er nun seine Bibliothek nach Frankfurt übergeführt hatte, bereiste er Sachsen, Thüringen und die Mark Brandenburg; 1704 kehrte er nach Frankfurt zurück und verwandte die nächsten fünf Jahre auf die Erweiterung seiner Bibliothek durch Bücher und Manuscripte, auf deren Nutzbarmachung durch eine eingehende Katalogisirung. Aber mit seinen hochgespannten Absichten konnten seine Mittel nicht gleichen Schritt halten; er mußte sich bald bei den Büchern auf die Gebiete der Geschichte, Litteraturgeschichte, Incunabeln, libri prohibiti, bei den Manuscripten auf die gelehrten Briefwechsel und die Frankofurtensien beschränken. Neue Erwerbungen an Büchern, Handschriften und auch Münzen brachte die 1705 nach den Niederlanden unternommene Reise; von einer weiteren Reise [136] 1709–11 nach Norddeutschland, Holland und England brachte er 4000 Bände mit nach Hause, so daß er jetzt in seiner Privatbibliothek nicht weniger als 12 000 Bände zählte. Seine Absicht, sich auf längere Zeit in Oxford niederzulassen, scheiterte an den ungünstigen klimatischen Verhältnissen der englischen Hochschule; die Ausdehnung der Reise nach Frankreich und Italien mußte er wegen des noch andauernden Spanischen Erbfolgekrieges aufgeben. Sieben Jahre verlebte er nun in seiner Vaterstadt, wo er sich mit der Wittwe eines befreundeten Arztes ein eigenes Heim gegründet hatte; 1718 unternahm er seine letzte Reise nach Belgien. Die Rücksicht auf seine Familie und seine amtliche Stellung – er wurde 1721 Rathsherr, bekleidete 1727 und 1729 das jüngere Bürgermeisteramt und rückte 1730 auf die Schöffenbank vor – hielt ihn fortan in Frankfurt a. M. zurück. Unter Vermittelung seiner zahlreichen litterarischen Freunde, mit denen er einen regen Briefwechsel unterhielt, vermehrte sich die Bibliothek beständig durch Ankäufe, Austausche und Geschenke. Die Münzsammlung wurde gegen Bücher ausgetauscht, an ihre Stelle trat jetzt eine Siegelsammlung. Zur Aufstellung seiner Bibliothek bedurfte er acht Zimmer; die Handschriftensammlung brachte er auf 2000 Bände und 20 000 Briefe. Katalogisirend und excerpirend saß er unter seinen Büchern; zu eigenen wissenschaftlichen Arbeiten hat es diese lediglich receptive und gar nicht originale Natur niemals gebracht – ein Bücherwurm in des Wortes gelehrtester Bedeutung. 1720 ließ er seinen Handschriftenkatalog in Halle erscheinen (Bibliotheca Uffenbachiana manuscripta, Fol.), als Bibliotheca Uffenbachiana apocrypha vel latens arbeitete er einen Katalog der in seinen Sammelbänden versteckten Schriften aus, fertigte sich litterarische und bibliographische Auszüge (4 Bände dieser Adversaria ad historiam literariam spectantia in der Frankfurter Stadtbibliothek), ein mittelalterliches Glossar, eine Abbreviaturensammlung u. a. an, schrieb als richtiger Pedant einen Dialog, in welchem er die stilistischen Schnitzer seiner Zeit verspottete, und hinterließ auch zur Freude seines Biographen Hermann einen Commentarius de vita propria. Diese Arbeiten wurden nur zum Theil vollendet und von dem Verfasser testamentarisch an den Prediger und Bibliothekar Johann Georg Schelhorn in Memmingen vermacht, welcher später Commercii epistolici Uffenbachiani selecta cum vita ejusdem (5 Bde., Ulm u. Memmingen 1753–56, in der Frankfurter Stadtbibliothek befindet sich eine Abschrift des Commerc. litter. in 18 Bänden) und Uffenbach’s Merkwürdige Reisen durch Niedersachsen, Holland und England (3 Bände mit Kupfern von Joh. Friedrich v. U., Frankfurt u. Leipzig 1753–54) herausgab. Von hohem Werthe für die Geschichte Frankfurts ist Uffenbach’s Frankofurtensien-Sammlung, welche er aus Acten des städtischen Archivs, aus älteren Chroniken im Privatbesitze der Frankfurter Geschlechterfamilien und anderen Quellen zusammenstellte; sie wurde von ihm der Stadtbibliothek vermacht und befindet sich jetzt im Stadtarchive (vgl. Kelchner’s Verzeichniß im Archive für Frankfurt’s Geschichte und Kunst, Neue Folge, Bd. I, 335 ff.). Uffenbach’s Bibliothek, wol eine der größten Privatsammlungen seiner Zeit, stand den zeitgenössischen Gelehrten nicht nur Deutschlands mit rühmenswerther und auch viel gepriesener Liberalität offen; das von dem kunstsinnigen Bruder des Besitzers gezeichnete Stammbuch mit den Einträgen der Benutzer befindet sich jetzt in der Hamburger Stadtbibliothek; H. Ch. Senckenberg widmete dem Besitzer den ersten Band seiner Selecta juris et historiarum, der Hebraist Schudt den vierten Theil seiner Jüdischen Merkwürdigkeiten. Gegen Ende seines Lebens sah sich U. durch die Rücksicht auf seine Familie veranlaßt, sich von den theuren Schätzen zu trennen; er ließ 1729–31 einen mit litterarischen Bemerkungen und Preisen versehenen Katalog in vier starken Octavbänden in Frankfurt erscheinen und bot auf diese Weise seine Bibliothek zum Einzelverkaufe [137] aus; die Frankfurter Handschriften und den bibliographischen Theil der Bibliothek behielt er, um sich durch diesen Besitz den Verlust der anderen Bücher erträglich zu machen. Die hebräischen Handschriften und etwa 20 000 Briefe von gelehrten Correspondenten Uffenbach’s erwarb der Hamburger Philologe Johann Christoph Wolf; aus dessen Besitz kamen sie später in die Bibliothek der Hansestadt. Immerhin behielt U. noch so viele Bücher übrig, daß der 1735 nach seinem Tode erschienene Auctionskatalog wiederum vier Bände umfaßte. Krankheit und häusliches Leid verbitterten Uffenbach’s letzte Lebensjahre; der einzige Sohn starb in zartem Kindesalter, die älteste Tochter ließ sich von einem Rittmeister v. Uechtritz aus dem Elternhause entführen, die jüngere, seine getreue Gehülfin bei der wissenschaftlichen Arbeit und der Ordnung der Bibliothek, ging ihm nur wenige Monate im Tode voran. Er starb am 6. Januar 1734, noch nicht 51 Jahre alt, und wurde seinem Wunsche gemäß neben Hiob Ludolf im Vorhofe der Katharinenkirche in seiner Vaterstadt beigesetzt.

Vgl. Hermann, Leben Herrn Zacharias Conrad von Uffenbach etc. Ulm 1753 (Sonderabdruck aus dem ersten Bande der „Merkwürdigen Reisen“). – Jöcher, Allgem. Gel.-Lex., Leipzig 1750 f., IV, 1562. – Gwinner, Kunst und Künstler in Frankfurt a. M. Frankf. 1862, S. 263.