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Artikel „Schudt, Johann Jakob“ von Hermann Dechent in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 32 (1891), S. 651–653, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Schudt,_Johann_Jakob&oldid=- (Version vom 4. November 2024, 18:16 Uhr UTC)
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Schudt: Johann Jakob S., Schulmann und Orientalist, geboren am 14. Januar 1664 zu Frankfurt a. Main, † ebenda am 14. Februar 1722. Sein Vater, der lutherische Stadtpfarrer Konrad S. († am 22. März 1680), liebte die lateinische Sprache so, daß er selbst seine Predigten in derselben aufsetzte und hat dies vermuthlich das Interesse des reichbegabten, einzigen Sohnes, der ihm aus einer großen Kinderschar verblieben war, für die philologische Wissenschaft geweckt. Im Jahre 1671 kam Johann Jakob S. auf das Gymnasium seiner Vaterstadt, welches er 1680 verließ, um auf Spener’s Rath in Wittenberg zu studiren. Er wandte sich zunächst dem Studium der Theologie [652] zu, ohne übrigens die Sprachen außer Acht zu lassen. Noch in demselben Jahre disputirte der 16jährige Jüngling öffentlich de Essenis, secta Judaeorum. 1684 begab er sich nach Hamburg, um besonders bei dem berühmten jüdischen Gelehrten Esra Edzardi, den auch August Hermann Francke aufgesucht hat, sich in den orientalischen Sprachen weiter auszubilden. 1689 kehrte er zu seiner Vaterstadt zurück, wo er mehrfach, z. B. gelegentlich der Wahl von Joseph I., predigte. Doch wandte er sich allmählich ganz dem Schulfache zu, er wurde zuerst 1691 praeceptor primarius am Gymnasium, 1695 Conrector und 1717, nach dem Tode Arnold’s, Rector dieser Anstalt.

S. war ein grundgelehrter Mann, der eine große Fülle von Schriften erscheinen[WS 1] ließ und einen außergewöhnlichen Briefwechsel führte. In der Mehrzahl seiner Werke beschäftigte er sich mit der Geschichte der Israeliten in älterer und neuerer Zeit, sowie mit der hebräischen Sprache. In seinem „Compendium historiae judaicae“ (1700) sammelt er besonders die Nachrichten aus heidnischen Schriftstellern über das Volk Israel, um den Albernheiten, Schmähungen und Lügen der Heiden entgegenzutreten, nicht sowol zur Rechtfertigung des jüdischen Volkes, als der alttestamentlichen Darstellung. Daß er auch ein praktisches Interesse an den Judenmissionen nahm, beweist der Anhang zu diesem Buche, welcher von der Methode der Judenbekehrung handelt. Das Interesse an diesem Missionswerke war in Frankfurt durch Spener erweckt und dann durch verschiedene Schriften von Diefenbach lebendig erhalten worden. So hat er auch eines damals vielgenannten Proselyten Bleibtreu sich freundlich angenommen. Die Verhältnisse der Juden in neuerer Zeit behandelt er in dem großen Werke: „Jüdische Denkwürdigkeiten“, 3 Theile, 1714, 4te Theil, 1717, welches eine ungemeine Fülle von Stoff enthält, aber ohne klare Ordnung und kritische Sichtung. Immerhin zeigt auch dieses vielcitirte Werk von einer außerordentlichen Belesenheit des Verfassers. Zum Scherze hat er 1716 herausgegeben: „Jüdisches Frankfurter und Prager Freuden-Fest wegen der höchst-glücklichen Geburth des Kayserlichen Erb-Printzens (Leopold)“, wobei er die hebräischen Berichte zu des curieusen Lesers sonderbarer Belustigung in das Hochdeutsche übersetzt und mit Anmerkungen versehen hat. Dabei hat er jedoch keinen Anstand genommen, die Ausgabe, welche der Frankfurter Rabbiner Grünhut von David Kimchi’s Commentar zu den Psalmen 1712 veranstaltete, mit einem Vorworte zu versehen, hat also mit der Judenschaft fortdauernd in Berührung gestanden. Obwol entschiedener Lutheraner, hat er auch seine Schrift, Judaeus Christicida dem Abte Adalbert von Fulda gewidmet, der ihm für die Uebersendung der vom Verfasser besonders geschätzten „Vita Jephthae“ ein Geschenk geschickt hatte. Jene Schrift „Judaeus Christicida“, erschienen 1703, sollte den Nachweis liefern, daß die Juden um der Kreuzigung Christi willen schwere Strafen im Leiblichen, wie im Geistlichen, erlitten hätten. Außerdem veröffentlichte S. eine Anzahl Arbeiten, die in das Gebiet der classischen Philologie einschlugen, über Reden des Isokrates (in dem Fasciculus graecus), die Fabeln des Aesopus etc. Ein „Specimen compendii philologici“ erschien in erster Auflage 1704 ohne seinen Namen, in zweiter 1711 unter seinem Namen. Dahin gehören auch zahlreiche Dissertationen.

In das Gebiet der Pädagogik schlagen ein die Monita Paterna die er bereits 1704 für einen früh vollendeten Sohn aufgesetzt hatte und nach dessen Tode zuerst lateinisch (1719), sodann deutsch (1720) herausgegeben hat. Es spricht sich darin ein frommer Sinn im Geiste des gemäßigten Pietismus aus. Diese Schrift scheint damals sehr geschätzt worden zu sein. Als Curiosum sei noch erwähnt die Abhandlung de probabili mundorum pluralitate (1721), deren Appendix eine oratio de nihilo mit allerhand Betrachtungen über das Nichts enthält. Schudt’s Schriften sind auf der Frankfurter Stadtbibliothek fast vollständig, [653] meist mit eigenhändiger Widmung des Verfassers, vorhanden. Im Frankfurter Mercurius 1722, II. Stück S. 271, findet sich eine Lebensbeschreibung nebst einem eigenhändigen Verzeichniß der Schriften. Hinzuzufügen ist eine in das Gebiet der Tonkunst einschlagende Abhandlung de cantatricibus templi welche in Ugolini Thesaurus art. Sacr. Tom. 32, pag. 656 steht, sowie einige andere kleinere Abhandlungen.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: erschienen