ADB:Uffenbach, Johann Friedrich Armand von

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Uffenbach, Johann Friedrich von“ von Rudolf Jung in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 39 (1895), S. 132–134, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Uffenbach,_Johann_Friedrich_Armand_von&oldid=- (Version vom 23. November 2024, 13:57 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Uffels, Johann van
Nächster>>>
Uffenbach, Peter
Band 39 (1895), S. 132–134 (Quelle).
Johann Friedrich Armand von Uffenbach bei Wikisource
Johann Friedrich Armand von Uffenbach in der Wikipedia
Johann Friedrich Armand von Uffenbach in Wikidata
GND-Nummer 102418500
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|39|132|134|Uffenbach, Johann Friedrich von|Rudolf Jung|ADB:Uffenbach, Johann Friedrich Armand von}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=102418500}}    

Uffenbach: Johann Friedrich v. U. gehörte dem zur Adelsgesellschaft Frauenstein in Frankfurt a. M. zählenden Geschlechte an, aus dem im 17. und 18. Jahrhundert eine große Anzahl hervorragender Gelehrter und Staatsmänner hervorgegangen sind. Der Sohn des Mediciners Peter U. (s. u. S. 134) war der Jurist Achilles, welcher 1677 als Schöffe in Frankfurt starb; von dessen Söhnen waren wieder zwei, Zacharias Konrad der Aeltere und Johann Christoph, tüchtige Juristen, von denen der letztere die Würde eines kaiserlichen Reichshofrathes erlangte und 1683 das Werk De consilio caesareo-imperiali aulico eiusque praerogativis etc. veröffentlichte; ihr jüngerer Bruder Johann Balthasar erlernte in Frankreich und Italien die Handlung, trat 1695 in den Frankfurter Rath ein und starb 1700; dessen Söhne waren Zacharias Konrad der Jüngere (s. u. S. 135) und Johann Friedrich. Dieser wurde am 6. Mai 1687 in Frankfurt geboren, am 10. Mai getauft, studirte in Halle, bereiste 1709 mit seinem älteren Bruder Zacharias Konrad Niederdeutschland, Holland und England, später allein Frankreich und Italien; seine mit vielen eigenen Zeichnungen und beigelegten Kupferstichen ausgestattete Beschreibung der Reise in den beiden letzteren Ländern ist nicht in den Druck gelangt. 1744 trat er in den Rath seiner Vaterstadt ein, bekleidete 1749 das jüngere Bürgermeisteramt, wurde 1751 Schöffe und kaiserlicher wirklicher Rath, 1762 älterer Bürgermeister; er starb am 10. April 1769, ohne aus seinen zwei Ehen Kinder zu hinterlassen. – Joh. Friedr. war von der gleichen Lernbegierde und Liebe zu den Wissenschaften beseelt wie der ältere Bruder, doch wandten sich seine geistigen Bestrebungen mehr der Kunst und den exakten Fächern zu. Auch die Liebe zu den Büchern theilte er mit dem Bruder, doch sammelte er mehr seltene Werke, indem er hauptsächlich die architektonische, die kunstgeschichtliche und die geographische Litteratur bevorzugte. Für sein Interesse an Mathematik und Naturwissenschaften spricht seine Sammlung mathemat. und physikal. Instrumente; für seine hervorragenden Kenntnisse in der bürgerl. und militär. Baukunst erwarb er sich den Titel eines kais. Stückhauptmanns und 1737 den eines kgl. großbritann. Oberstlieutenants der Artillerie, ohne anscheinend jemals Soldat gewesen zu sein, und aus demselben Grunde wohl auch die Mitgliedschaft der kgl. Gesellschaft der Wissenschaften in Göttingen; praktisch hat er seine Kenntnisse als Ingenieur bei der umfangreichen Reparatur der Frankfurter Mainbrücke in den Jahren 1741 ff. glänzend dargelegt und über diese seiner Oberleitung anvertraute Arbeit einen sehr ausführlichen, mit interessanten Zeichnungen geschmückten Bericht hinterlassen, welcher sich noch im Stadtarchive in Frankfurt befindet; das berühmte Feuerwerk bei der Krönung Karl’s VII. in Frankfurt war seine Erfindung. Seine vorzugsweise naturwissenschaftliche und technische Richtung wird auch wol [133] die gelehrte Gesellschaft gepflegt haben, welche er mit seinen Landsleuten Diesterweg, Eberh. und Phil. Jak. Behaghel gründete und deren Protokolle und Acten aus Uffenbach’s Nachlaß an die Göttinger Universitätsbibliothek kamen. Im geistigen Leben seiner Vaterstadt zeichnete er sich aber am meisten als Künstler und Kunstsammler aus. Gemälde, Handzeichnungen, plastische Arbeiten sammelte er mit großem Fleiße und vielen Kosten; gar manche werthvolle Stücke hatte er in Italien selbst erworben; sein Kupferstichcabinet soll aus 30 000 Blättern bestanden haben. U. war selbst ausübender Künstler; die Kunst des Drechselns und des Glasschleifens, die Arbeit in Perlmutter und Schildkrot war ihm wohl vertraut; die Zeichnungen zum Stammbuch der brüderlichen Bibliothek und zum brüderlichen Reisewerk sind von seiner Hand, ebenso die Illustrationen zu seiner Schrift „Nachfolge Christi“ in einem Kirchen-Jahrgang (Frankfurt 1726, mir nicht bekannt geworden), das Titelblatt zu seiner „Nebenarbeit“ und verschiedene bei Gwinner (s. u.) aufgezählte Einzelblätter, wie z. B. die beiden Ansichten der Bibliothek seines Bruders. Auch die schöne Litteratur blieb ihm nicht fremd; die dichterischen Früchte seiner Mußestunden veröffentlichte er als „Gesammelte Nebenarbeit in gebundener Rede“ etc. (Hamburg 1733), worin Lehrgedichte (wie das übersetzte Sinngedicht des Thebaners Cebetes) mit Cantaten und Gelegenheitsgedichten, mit dem Schauspiel „Haß und Neid“ und dem Singspiel „Pisistratus, König von Athen“ vereinigt sind; handschriftlich ist von ihm auf der Göttinger Bibliothek auch das Schauspiel „Der von Londinen geliebte und ungeliebte Pharasmanes, König von Iberien“ aus dem Jahre 1720 erhalten. Wie uns Goethe erzählt, war U. auch ein großer Musikfreund, der noch in hohem Alter sich als Sänger in Privatconcerten hören ließ; seine Landsleute freilich fanden dieses Auftreten der Würde eines Schöffen wenig angemessen. U. war ein tief und vielseitig gebildeter Mensch, kein sammelnder Gelehrter, sondern eine praktische Natur voll Lebensfrische und Lebensfreudigkeit und ein weit originalerer Kopf als sein berühmterer Bruder. Es ist Schade, daß er im Unmuth über jetzt nicht mehr bekannte Vorgänge der Vaterstadt seine wissenschaftlichen und künstlerischen Sammlungen entzog; noch bei Lebzeiten vermachte er einige tausend Bände Bücher über Civil- und Kriegsbaukunst, Kunstgeschichte, Reisebeschreibungen, ferner Kupferwerke, Handzeichnungen, mathematische und physikalische Instrumente der Universitätsbibliothek in Göttingen, behielt sich aber die Benutzung bis zu seinem Lebensende in Frankfurt vor. Ueber die außerhalb dieser Schenkung vorhandenen Kunstsachen – Handzeichnungen, Gemälde, Statuen, Naturalien, optische und technische Maschinen – erschien 1771 ein Versteigerungskatalog von 63 Seiten: in dem im Frankfurter Stadtarchive erhaltenen Auctionsprotokoll erscheint der alte Rath Goethe als eifriger Käufer, woraus zu entnehmen ist, daß gar manche Stücke in den Sammlungen des Weimarer Goethe-Nationalmuseums im Besitze Uffenbach’s gewesen sein müssen. – Mit dem Sohne eines Vetters, welcher gleichfalls den Namen Johann Friedrich führte und 1799 als Schöffe in Frankfurt starb, erlosch das Geschlecht Uffenbach; zur Unterscheidung von diesem jüngeren Johann Friedrich hatte sich der ältere in späteren Jahren noch den Vornamen Hermann oder Armand beigelegt. Der letzte Uffenbach war 1796 von den Franzosen als Geißel nach Aachen geschleppt worden und dort erkrankt; zum Danke für die ihm vom Rathe seiner Stadt während dieser schweren Zeit bewiesene Theilnahme setzte er die Stadt Frankfurt zum Erben seines Vermögens ein; es wurde zu Schulzwecken verwendet, gewiß im Sinne des Uffenbach’schen Familiengeistes!

Vgl. Hüsgen, Artistisches Magazin (Frankfurt 1790), S. 350 ff. – Gwinner, Kunst und Künstler in Frankfurt a. M. (Frankf. 1862), S. 265. – [134] Kriegk, Die Brüder Senckenberg (Frankf. 1869), S. 356. – Goedeke’s Grundriß, 2. Aufl., Bd. III, 337. – Pütter, Versuch etc. von d. Univ. Göttingen.