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Artikel „Passavant, Johann Karl“ von Hermann Dechent in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 25 (1887), S. 203–207, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Passavant,_Johann_Karl&oldid=- (Version vom 25. November 2024, 01:23 Uhr UTC)
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Passavant: Johann Karl P., Arzt und Schriftsteller, wurde geboren zu Frankfurt a./M. am 22. April 1790 und starb daselbst am 14. April 1857. Sein Vater war der Kaufmann Christian P., ein Bruder des Pfarrers (s. S. 196). Dieser übte auf die religiöse und sittliche Entwickelung des Neffen einen bedeutenden Einfluß aus, wie denn auch beide in der Milde der Gesinnung, wie in der Feinheit des Empfindens, innere Verwandtschaft beweisen. Vielleicht hat der mit Lavater und Jung-Stilling befreundete Oheim zuerst den Jüngling auf die tieferen Probleme des Seelenlebens hingewiesen. Doch auch die Mutter, Marie Elisabeth de Bary, hatte durch eine aufrichtige Frömmigkeit auf des Kindes früh empfänglichen Sinn segensreich eingewirkt. In manchen Zügen trat es bald zu Tage, was in seinem Innern verheißungsvoll sich regte. Die strengste Wahrhaftigkeit zeichnete schon den Knaben aus, der ernste Selbstprüfung und Selbstzucht an sich übte und der allen religiösen Fragen ein tiefes Interesse entgegenbrachte. Während der Gymnasialzeit hegte er lebhaft den Wunsch sich dem geistlichen Berufe zu widmen, doch entschloß er sich, als er im Herbst 1807 die Universität Heidelberg bezog, durch äußere Verhältnisse bestimmt, zum Studium der Medicin. Zunächst war ihm begreiflicher Weise daran gelegen, im allgemeinen den Wissensdurst zu befriedigen und seinen geistigen Horizont zu erweitern, weshalb er die Vorlesungen eines Daub, Fries, Creuzer und Boeckh (über Philosophie, Mythologie und Symbolik) den Fachkollegien vorzog; doch gewann er ein tieferes Interesse für die Heilkunde, als er Ostern 1809 nach der durch treffliche Lehrer ausgezeichneten Tübinger Hochschule übersiedelte. Kielmeyer und Autenrieth zogen ihn an, und er begann schon damals eigene physiologische Versuche anzustellen. Im 20. Jahre (1810) erwarb er sich die Doctorwürde und begab sich dann nach Wien, um in den dortigen Hospitälern zu arbeiten, wobei er der Augenheilkunde große Aufmerksamkeit zuwandte. Damals machte ihn Malfatti genauer mit dem Magnetismus bekannt, mit dem er sich bald schon selbstständig beschäftigte. Immerhin schwankte P. noch, ob er nicht, wie sein Freund Veith, statt des ärztlichen Berufes den seelsorgerlichen erwählen solle; aber auf Verlangen des Vaters blieb er der einmal angetretenen Laufbahn treu, ohne doch von der „Braut seiner Jugend“ völlig sich abzuwenden. Es war von nun an sein höchstes Ideal, eine Versöhnung zwischen der Naturwissenschaft und der Theologie herbeizuführen und über den scheinbaren Gegensätzen beider Disciplinen eine höhere Einheit nachzuweisen, wie denn sein ganzes Wesen in persönlichen, [204] wie in theoretischen Fragen, auf Vermittlung angelegt war. Es war seine Ueberzeugung, daß Vernunft und Offenbarung, als aus einer Quelle stammend, sich nicht widersprechen können, daß die Offenbarung zwar nicht aus der Vernunft herrühre, aber doch mittelst der Vernunft erkennbar sei. „Alle Philosophie muß zur Theosophie, alle Wissenschaft zur Mystik geläutert und verklärt werden“. In solchen Ansichten wurde er besonders bekräftigt durch den edlen Sailer, der damals Professor der katholischen Theologie in Landshut war und nachmals Bischof in Regensburg wurde. Dieser Mann, welcher auch zu Lavater in Beziehungen gestanden hatte, wurde Passavant, wie so manchen anderen Protestanten, ein väterlicher Freund bis an sein Lebensende. P. besuchte ihn häufig und trat auch mit ihm in lebhaften brieflichen Verkehr (Briefe Sailer’s finden sich in den von Passavant’s Wittwe herausgegebenen „Gedenkblättern an Johann Karl Passavant, Frankfurt a./M., Heyder und Zimmer 1860“, während die Schreiben Passavant’s an Sailer, wie an dessen gleichgesinnten Schüler Diepenbrock, sich nicht mehr aufgefunden haben). Es ist anzuerkennen, daß keiner dieser katholischen Priester versucht hat, den Freund zum Uebertritt zu bewegen, obwohl P. selbst manchmal dazu geneigt war, häufig am römischen Gottesdienste theilnahm und noch kurz vor seinem Tode bekannte, von den meisten Wahrheiten dieser Kirche überzeugt zu sein. Neben dem Einfluß von Sailer ist übrigens in dieser Periode auch der Einfluß von Schelling nicht zu verkennen, dessen Philosophie damals viele Geister mächtig anzog. Im Jahre 1816 ließ sich P. nach mancherlei Reisen als praktischer Arzt in seiner Vaterstadt nieder. Er hatte gelernt die Ausübung dieses Berufes auch als eine Arbeit am Reiche Gottes aufzufassen und hat ihn in diesem idealen Sinn allzeit geführt. Von den Collegen trat ihm besonders Dr. Neeff nahe, der auch magnetische Kuren machte, außerdem trat er zu dem Bibelforscher Johann Friedrich von Meyer in vertraute Beziehungen. In diese Zeit fällt auch eine lebhafte Correspondenz mit Baader und anderen Theosophen, die sich für eine sacramentliche Auffassung der magnetischen Kuren aussprachen. Mit seinem kunstsinnigen Vetter Philipp machte er im Winter 1816/17 eine Reise nach Italien, wo er auch mit einem anderen Vetter, Johann David, dem nachmaligen Kunsthistoriker (s. o.), zusammentraf und eine interessante Audienz bei Pius VII. hatte, in der er mit diesem unbeugsamen Kirchenfürsten von seinem Lieblingsthema, der Wiedervereinigung der Confessionen, zu reden wagte. Im Jahre 1818 wurde P. Hausarzt an dem Versorgungshause, dessen Insassen ihm mit großer Liebe anhingen, und dessen Einrichtungen vielfach auf seinen Rath zurückzuführen sind. In den Jahren 1819 und 1820 hielt er im Senckenberg’schen Stift Vorlesungen über den Lebensmagnetismus vor einem Zuhörerkreise, dessen Interesse an seinen Beobachtungen ihn veranlaßte, ein Werk über diesen Gegenstand herauszugeben: „Untersuchungen über den Lebensmagnetismus und das Hellsehen“ Frankfurt a./M. bei Brönner 1821. (Die zweite vielfach veränderte Auflage erschien 1837.) Im folgenden Jahre fand er eine geistig angeregte Lebensgefährtin in Marianne Lessing, die er in Verbindung mit einer Somnambule ärztlich behandelt hatte. Durch Sailer machte P. die Bekanntschaft von Melchior Diepenbrock, der damals die rechte Hand des greisen Bischofs war, und trat bald zu ihm in die herzlichsten Beziehungen. In Frankfurt verkehrte er in dieser Zeit viel in einem romantisch gerichteten Kreise, in welchem außer den Vettern Johann David und Philipp P. noch Thomas, Böhmer und Christian Schlosser besonders hervorragten. Durch diesen Verkehr erhielt seine Sympathie zum Katholicismus beständig Nahrung, wiewohl er seit seiner Vermählung sich der reformirten Gemeinde, der seine Ahnen angehört hatten, wieder förmlich anschloß. In einem engeren Kreise hielt [205] er 1829 und 1830 Vorträge über Psychologie, die zwar nicht gedruckt vorliegen, deren Frucht aber einige später erschienene philosophische Monographien waren. Um diese Zeit traf er auf der Heidelberger Naturforscherversammlung (1829) zum ersten Male mit einem Mann zusammen, dessen Bekanntschaft er wegen der Aehnlichkeit der Beschäftigungen längst zu machen gewünscht, mit dem Arzt und Dichter Justinus Kerner, dem er allmählich sehr nahe trat, ohne doch dessen Ueberschwänglichkeiten auf dem Gebiete des Somnambulismus zu theilen. Der Wunsch, die Cholera persönlich beobachten zu können, führte ihn 1832 wieder nach Wien, wo er längere Zeit in Hospitälern thätig war. Im J. 1834 wirkte er bei der Neugründung des physikalischen Vereins in Frankfurt mit, bei welchem Anlaß er die Festrede „über das Studium der Naturwissenschaften als ein allgemeines Bildungsmittel“ hielt. Im folgenden Jahre erschien die Schrift: „Von der Freiheit des Willens“, Frankfurt bei Brönner 1835, welche die Voraussetzungen zum Verständniß seiner letzten Schrift („über das Gewissen“) enthält. Im J. 1837 bot sich ihm Gelegenheit, sich über seine Stellung zu der neuen Erscheinung der Homöopathie auszusprechen. Bei einer Versammlung homöopathischer Aerzte hielt er eine Rede, in der er zwar die relative Berechtigung der neuen Methode anerkannte, wie er denn auch meist nur kleine Gaben zu verordnen pflegte, aber drei verschiedene Heilarten, eine antipathische, eine homöopathische und eine sympathische, unterschied, die je nach dem vorliegenden Falle anzuwenden seien. Im Anfang der 40er Jahre beschäftigte er sich besonders eingehend mit theologischen Problemen. In diese bewegte Zeit fallen die „theologischen Briefe“ an Diepenbrock und ein Theil der „philosophischen Gedanken“ (siehe die „Gedenkblätter“), ferner eine Reihe von Aufsätzen in der Allgemeinen Zeitung, in welchen er dem Gedanken der Versöhnung der beiden christlichen Kirchen Ausdruck gab. Obwohl die deutsch-katholische Bewegung sein Ideal von einer Annäherung der Confessionen scheinbar zu verwirklichen suchte, stieß sie ihn doch von Anfang an ab, und besonders die leitenden Persönlichkeiten waren ihm zuwider. Das „tolle Jahr“ brachte ihm viel anregende Bekanntschaften – auch der inzwischen zum Fürstbischof von Breslau erhobene Diepenbrock hielt sich als Abgeordneter in Frankfurt auf. Die auf 1848 folgende Steigerung der confessionellen Gegensätze berührte ihn wehmüthig – er selbst wurde von ultramontaner Seite wegen seines Lebensbildes des 1853 verstorbenen Diepenbrock angegriffen, besonders aber das neue Dogma von der unbefleckten Empfängniß Mariä (1854) brachte viele seiner optimistischen Hoffnungen zum Scheitern, wiewohl er an seinen Idealen bis an das Ende festhielt. Sein philosophischer Schwanengesang war die in fast erbaulichem Ton geschriebene Betrachtung: „Das Gewissen“, Frankfurt, Heyder und Zimmer 1857, die übrigens nicht sowohl eine psychologische Analyse, als vielmehr eine auf der Grundlage des Gewissens aufgebaute religiös-sittliche Weltanschauung mit besonderer Berücksichtigung der eschatologischen Probleme darbietet. Bald nach dem Erscheinen dieser Schrift, die ein Bild seiner eigenen Persönlichkeit darstellte, verschied er nach kurzem Leiden am 14. April 1857. Die Harmonie und Liebenswürdigkeit seines Wesens sowie die Lauterkeit und Uneigennützigkeit seines Handelns hatten ihm die Achtung seiner Mitbürger in hohem Grade zugewandt. Seine Gattin folgte ihm bereits 1862 im Tode, nachdem sie sich um Ordnung des Nachlasses verdient gemacht hatte. Durch alle Schriften Passavant’s, aus der ältesten, wie aus der letzten Zeit, und durch den ganzen Briefwechsel zieht sich eine Grundanschauung hindurch. Es wäre unschwer, ein förmliches philosophisch-theologisches System aus seinen Werken zusammenzustellen; hier sei nur das Wichtigste angedeutet. Die beiden wesentlichsten Punkte, die uns in seinen Schriften entgegentreten, sind die Lehre von dem Lebensmagnetismus und die Hinneigung [206] zu dem katholischen Dogma. Doch ist das letztere Moment aus dem ersteren zu erklären; seine physiologischen und psychologischen Studien führten ihn zu dem Interesse an solchen Lehren der katholischen Kirche, die von den Reformatoren bestritten worden waren. Er war nicht romanisirend gerichtet – seine Freunde in jener Kirche wurden von ultramontaner Seite gehaßt – er schwärmte auch nicht, wie manche seiner Frankfurter Bekannten, für die gesellschaftlichen und staatlichen Zustände des Mittelalters, gehörte vielmehr einer gemäßigt-liberalen politischen Richtung an; auch bestimmte ihn nicht, wie manche Convertiten, eine aus innerer Unselbstständigkeit hervorgehende Sehnsucht nach einer unbedingt bindenden Autorität; am wenigsten war er begeistert für den Amtsbegriff, wie denn die Bestrebungen des neuauflebenden lutherischen Confessionalismus trotz vielem Gemeinsamen, das er anerkennen mußte, ihm unsympathisch waren – sein Interesse am Katholicismus hing vielmehr, wie angedeutet, aufs engste mit der Lehre vom Lebensmagnetismus zusammen. Es folgt darum zunächst ein Ueberblick über diese Lehre. P. geht von dem Gedanken aus, daß im geistigen Leben analoge Gesetze wie im materiellen Leben herrschen, nur daß uns überall eine Entwickelung vom Niedrigeren zum Höheren entgegentritt. Die organischen Kräfte erscheinen ihm als Modificationen der allgemeinen Naturkräfte oder Imponderabilien (wie Licht, Wärme, Elektricität, Magnetismus), so daß das Verständniß der Naturkräfte zum Verständniß jener höheren Kräfte führen kann, die zwar nicht mit ihnen identisch, aber doch ihnen entsprechend sind. Die organische Kraft im Thierreich, die Nervenkraft, wirkt im Organismus selbst durch bestimmte Leiter, die Nerven; kann aber auch analog der Elektricität, über ihre Organe hinauswirken und, vielleicht durch einen ausströmenden Nervenäther, einen unmittelbaren Einfluß auf nähere oder entferntere Gegenstände ausüben. So entstehen die lebensmagnetischen Erscheinungen, die einen weiten Umkreis von den tiefsten animalischen Aeußerungen bis zu den höchsten Seelenwirkungen haben. P. unterscheidet hier drei Stufen: 1. eine nur organische lebensmagnetische Thätigkeit, die bei allen lebenden Wesen beobachtet werden kann, 2. eine geistige, bei der das organische Princip in den Dienst des menschlichen Willens tritt (hierher gehören die lebensmagnetischen Curen), 3. eine höhere geistige, wo der geschaffene Geist dem absoluten als Leiter dient, und die Schranken seiner jetzigen Natur überschreitet (Wunder). Wie aber hier die Nervenkraft über die Grenzen der Bewegungsorgane hinausgeht, so kann sie auch über die Grenzen der Sinnesorgane hinausgehen. Jenes geschieht durch die Magie, dieses durch die Extase. Auch hier unterscheidet P. drei entsprechende Stufen. 1. den thierischen Instinct (niederes Ahnen), 2. das Hellsehen (magisches Schauen), 3. die gottbegeisterte Seherkraft, bei der der menschliche Geist freies Organ des absoluten wird. P. sieht in all diesen Erscheinungen nirgends Aufhebung der Gesetze der Weltordnung (im eigentlich supranaturalistischen Sinne), sondern das Hereinleuchten einer höheren Weltordnung, für die der Mensch bestimmt ist, als dessen letztes Ziel P. in der Weise der mittelalterlichen Mystiker die Theilnahme an der göttlichen Natur, die Vergottung, bezeichnet, ein Ziel, das allerdings erst im jenseitigen Leben erreicht wird, in dem die Entwickelung der Seele sich fortsetzt. So erklärt sich seine Ueberzeugung von der Wirksamkeit des magnetischen Heilsverfahrens, sowie von der Bedeutung des Somnambulismus für die Medicin; aber es wird auch begreiflich, daß P. von jenen Voraussetzungen aus nicht nur den Schlüssel zum Verständniß der Wunder und Weissagungen der Schrift zu besitzen glaubte, sondern auch von der in der katholischen Kirche behaupteten Fortdauer der Mirakel und Visionen durchdrungen war. Weiter erklärt sich so auch sein Interesse an dem Cultus und der im Meßopfer gipfelnden Sacramentenlehre jener Kirche. Cultus und [207] Sacrament erscheinen ihm geradezu als heilige Magie, deren Verständniß durch die Erscheinungen des Magnetismus näher gerückt werden, wie er andererseits auch den magnetischen Curen einen sacramentlichen Charakter zuzuschreiben geneigt ist. In den Sacramenten tritt ihm das Ziel der ganzen Natur, Organ des Geistes zu werden, am klarsten hervor, weil hier das Ewige im Zeitlichen dargeboten wird, und da ist es ihm denn bedeutsam, daß nach römischer Lehre, alle wichtigen Punkte des Menschenlebens durch die ununterbrochene, die Geister emporführende Thätigkeit des Gottmenschen, eine höhere Weihe empfangen. Außerdem findet er für seine Auffassung von der Willensfreiheit sowie von der auch im Jenseits fortdauernden Läuterung und Entwickelung der Menschenseelen in den katholischen Dogmen von der Rechtfertigung und den Heiligen und dem Fegefeuer bedeutsame Anknüpfungspunkte. Endlich ist auch der Umstand nicht außer Acht zu lassen, daß P. durch edle Katholiken vorzüglich in seinem inneren Leben gefördert worden war, was bei einem für persönliche Einwirkung so empfänglichen Gemüth nicht ohne dauernden Einfluß bleiben konnte. Uebrigens gilt hier überall der Satz: „si duo faciunt idem, non est idem“; nirgends ist ein katholisches Dogma im strenggläubigen Sinn aufgefaßt. Selbst die Christologie ist nicht ganz orthodox, noch weniger die Lehre von den letzten Dingen. P. hat es denn auch ausdrücklich ausgesprochen, daß, wenn auch das katholische Dogma die Grundlage seiner Zukunftskirche bilden soll, doch nur das tiefer ergründete und von dem Zufälligen und Unwesentlichen gereinigte Dogma dazu geeignet sei; er erkannte stets die Berechtigung des von der Reformation aufgestellten Grundsatzes der Entwickelung (Evolution) an. Sein Ideal ist darum nicht sowohl das Aufgehen des Protestantismus im Katholicismus, als eine höhere Entwickelung, bei der die berechtigten Momente beider Kirchen zur Geltung kommen sollen. Was Passavant’s Stellung zum Lebensmagnetisms anlangt, so sind die vorliegenden Probleme heute noch nicht völlig aufgehellt; der Streit ist noch unter dem Richter. Was seine irenischen Bestrebungen betrifft, so ist seit seinem Tode der confessionelle Gegensatz so viel schärfer geworden, daß man in beiden Lagern für solche ideale Anschauungen vielfach nur ein mitleidiges Lächeln hat. Es giebt aber noch immer stillere Gemüther, denen Gestalten, wie P. und Sailer, wie eine Weissagung auf eine bessere, wenn auch ferne, Zukunft erscheinen, wenn sie vielleicht auch die Lösung des Problems in einer anderen Richtung erwarten. Außer den „Gedenkblättern“ enthält religiöse Abhandlungen noch die „Sammlung vermischter Aufsätze“ von Dr. J. C. Passavant“, herausgegeben von Dr. Fr. Hoffmann. Frankfurt 1857.

Reichhaltiges Material findet sich besonders in dem trefflichen Werke von Adolph Helfferich: Johann Karl Passavant. Ein christliches Charakterbild. Frankfurt, Christian Winter 1867. – Vgl. ferner Dr. Mettenheimer, Zur Erinnerung an Joh. K. Passavant, Frankfurt, Brönner 1858. Vortrag im ärztlichen Verein und J. Hamberger: Dr. Johann Carl Passavant. Ein Characterbild. München 1857.