ADB:Diepenbrock, Melchior Freiherr von

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Artikel „Diepenbrock, Melchior Freiherr von“ von Joseph Hubert Reinkens in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 5 (1877), S. 130–138, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Diepenbrock,_Melchior_Freiherr_von&oldid=- (Version vom 21. November 2024, 21:31 Uhr UTC)
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Diepenbrock: Melchior Freiherr v. D., Fürstbischof von Breslau und Cardinalpriester der römischen Kirche, wurde geb. am 6. Jan. 1798 zu Bocholt im Hochstifte Münster und starb auf dem Schlosse Johannesberg bei Jauernig in Oesterreichisch-Schlesien am 20. Jan. 1853 in früher Morgenstunde, nachdem er das 55. Lebensjahr um 14 Tage überschritten hatte. Sein Vater, adelichem Geschlechte angehörend, machte keinen Gebrauch von dem Adelstitel und nannte sich Anton D.; wohlhabend, vielseitig gebildet, von ernster religiöser Stimmung, gewissenhaft und allzeit thätig, war er hochgeachtet sowol als Bürgermeister, in welchem Amte er während der Freiheitskriege besonders thätig war, wie in seinem Privatleben. Später führte er den Titel Hofkammerrath. Melchiors Mutter war Maria Catharina Franziska Kesting, Tochter eines kurmainzischen Hofraths, ausgezeichnet durch treue Mutterliebe und Frömmigkeit. Die Familie bewohnte das herrschaftliche Haus des Rittergutes Horst, eine Viertelstunde von Bocholt, von Wasser umgeben und von einem herrlichen Park. Wie Bach, Wald und Gärten mit Erfrischung, Farben und Duft das Kind umgaben und geheimnißvoll anregten, so begegneten ihm auch in der Hauscapelle wie in den Wohnungsräumen die Religion, Sitte und Gewohnheit der Familie stets mit einem Hauche der Poesie. Melchior war ein Liebling Aller und doch ein Kind, das dem Hause Sorge, ja Furcht einflößte. Früher als üblich wurde er der Schule anvertraut. Viel Talent, weniger Fleiß, hervorragende Leistungen in allen Knaben-Spielen und Händeln: so lautete bald das Zeugniß. Es wurde mit einem Hofmeister versucht – ohne Erfolg. Vicar Büttner zu Velen (nicht weit von der Heimath) nahm den siebenjährigen Knaben in Pension. Der würdige Landgeistliche strengte diesmal seine sonst bewährte pädagogische Kunst umsonst an. Er fand den unternehmenden Melchior bald über Dächer wandelnd, bald auf den Aesten hoher Eichen sich wiegend. Der seltsame Knabe, wild und sinnig in raschem Wechsel, spürte den Quellen nach und untersuchte Steine und Kräuter; die Schularbeiten gelangen in Feld und Wald, wo er sich eben niederließ; sie verdarben ihm aber zumeist im Zimmer, wo er arbeiten sollte. Als er eines Tages von außen den Thurm eines in der Nähe befindlichen Schlosses mit großer Lebensgefahr erstieg und das alte Spielwerk einer Thurmuhr in Gang brachte, erschrak das ganze Dorf, am meisten Vicar Büttner, der ihn den Eltern zurückschickte, dem von ihm liebgewonnenen Scheidenden jedoch bemerkte: jedenfalls werde etwas Großes aus ihm werden, vielleicht aber nur ein großer Taugenichts. – Ein zu Borg bei Wilkingshayn (nicht weit von Münster) von französischen Geistlichen (Emigranten) in pedantischer Ordnung geleitetes Knaben-Institut, wohin der junge D. geschickt wurde, brachte er innerhalb neun Monate in die größte [131] Verwirrung, so daß er mit der Bemerkung nach Haus zurückgeschickt wurde, sein wilder Freiheitssinn und tollkühner Unternehmungsgeist mache ihn für das Institutsleben ganz ungeeignet. Daheim wurde er aus Liebe und aus Furcht verzogen. Die Oekonomie des Hauses brachte er in nicht geringe Verlegenheit, indem sein maßloser Wohlthätigkeitssinn die Vorrathskammern oft heimlich bedeutend schädigte. Endlich schien er einen Weg für geordneten Lebensgang selbst zu wählen. In dem elterlichen Hause wurden die Kriegsereignisse erzählt: da träumte es ihm plötzlich von Schlachten und Siegen, und er wollte ein Soldat, ein Held werden. Den Widerstand der Eltern brach sein beharrlicher Wille und stürmisches Bitten: er wurde, 12 Jahre alt (im J. 1810), in das französische militärische Lyceum nach Bonn geschickt, welches damals gegen 800 Zöglinge zählte. Die Studien wie die militärisch-gymnastischen Spiele zogen ihn an und in der Uniform begriff er auch die Bedeutung des Gehorsams, ohne diesen in jeder kleinlichen Form üben zu können. Als der Kaiser Napoleon I. das Lyceum besuchte, saß D. in Arrest; heiße Bitten und Fürsprache erwirkten ihm die Freiheit, mitzurufen: Vive l’empereur! Seine Phantasie schuf ihm eine übernationale Heldengestalt, welcher er huldigte. Viele Eleven wurden bei dieser Gelegenheit der Armee einverleibt; daß er dies Ziel noch nicht erreichte, gab er nicht seiner Jugend schuld, sondern der Laune der Vorgesetzten; sein Trotz führte ihn darauf zu solcher Insubordination, daß er entlassen wurde. Unter dem Scheine französischer Einquartierung spät am Abend ins elterliche Haus zurückgekehrt, von der Schwester erkannt und der Mutter entdeckt, fand er durch deren Vermittlung mit dem Vater Versöhnung. In einem Domäne-Bureau arbeitete er nun eine Zeit lang fleißig, aber ohne jede Befriedigung. Dann erst begannen mit einem Freunde Starting ernste Studien in alten und neuen Sprachen, Mathematik und Naturwissenschaften, die nur durch Jagdabenteuer unterbrochen wurden.

Es kamen die Freiheitskriege. Als der preußische General Borstell die Festung Wesel belagerte, nahm er sein Quartier in Diepenbrock’s Haus. Bei einem auf die Christnacht 1812[1] geplanten Sturme meldete Melchior (noch nicht ganz 15 Jahre alt) sich als Volontär – er wolle unter den Ersten die Mauern ersteigen. Der General nahm ihn an und gab ihm zum Ausmarsch sein bestes Pferd. Aber eine plötzliche Anschwellung des Rheines verhinderte die Ausführung. Bei Errichtung der Landwehr trat D. als Lieutenant in das Bataillon, welches der Kreis Borken zu stellen hatte, und als dieses nach der Uebergabe der Festung Landau in seinen Kreis zurückkehrte, in ein Linienregiment. Sowol das Geld in der Tasche, als das Gold, welches die Mutter „für den Fall einer Gefangenschaft oder Verwundung“, und gewiß noch mit mütterlichen Nebengedanken in die Uniform dort, wo sie die Brust deckt, eingenäht hatte, war bald dem Bedürfniß und der Freude der Kameraden geopfert. Mit Trauer erfüllte es ihn, daß er nur in die Schlußscene des großen Kriegsdramas eingetreten, die seinem Thatendrang keinen entsprechenden Raum mehr bot. Da wurde ihm denn freilich die militärische Disciplin bei dem bald folgenden bloßen „Garnisons- und Gamaschendienst“, wie er sich auszudrücken pflegte, bald zu enge; Excesse und Duelle mehrten sich, bis er in die Gefahr gerieth, einer lebenslänglichen Festungsstrafe entgegenzugehen, der er nur noch auf den Rath seiner Vorgesetzten durch Einreichung seines Abschiedes ausweichen konnte. Er nahm den Abschied; aber als er ihn erhalten, war er so unglücklich und erbittert darüber, daß er seine Uniform in Stücke riß und seinen guten Degen zerbrach und mit Füßen darauf trat. Einen kurzen Kampf mit Lebensüberdruß überwand er im Andenken an seine Eltern; den Gedanken, nach Amerika zu gehen, wies er auch zurück, und so finden wir ihn bald darauf wieder auf dem Gute Horst im elterlichen Hause. [132] Er trieb wieder Privatstudien; auch poetische Versuche machte er, lernte Landwirthschaft und beschäftigte sich mit der Jagd. So war D. 19 Jahre alt geworden und ein Lebensziel, ein Beruf schien für ihn nicht vorhanden. Da führte Clemens Brentano den Professor J. Michael Sailer aus Landshut in die Familie D. ein (1817). (G. Aichinger, Joh. Mich. Sailer, 1865, setzt hierfür ohne Angabe der Quelle das Jahr 1818 an, S. 397.) Melchior floh ihn, wurde aber trotzdem von Sailer gefunden, der ihn durch die Mächte „Licht und Liebe“ gefangen nahm und auf immer an sich fesselte. Ein halbstündiger Spaziergang reichte hin zur völligen Umwandlung des seltenen Jünglings: seitdem wich er nicht von der Seite des väterlichen Freundes, und als dieser abgereist, war die Sehnsucht nach dessen Umgange übermächtig, so daß er ihm bald nacheilte und zwei Jahre an der Universität Landshut Cameralia studirte, vor allem aber den Inhalt seines geistigen Lebens von Sailer empfing. Im J. 1819 kehrte er nach Bocholt zurück, um ernstlich über seine Berufswahl nachzudenken. Hier griff Clemens Brentano in seine Bestimmung ein, der ihn mitnahm zu einem Besuche in Dülmen bei der bekannten Catharina Emerich und dort mit der ihm eigenen Vermischung von Wirklichkeit und Dichtung den von geheimnißvoller Sehnsucht nach dem Ergreifen einer Idealwelt erregten Jüngling gewaltsam in einen mystischen Kreis bannte, in welchem der Entschluß, Priester zu werden, bei seiner Naturanlage fast zur Nothwendigkeit wurde. Diesen Entschluß faßte er mit Begeisterung. Weder im Clericalseminar zu Mainz, noch zu Münster fand er Ruhe; nach kurzer Zeit saß er wieder zu den Füßen Sailer’s. Nachdem er im Seminar zu Landshut die theologischen Studien vollendet, empfing er die Weihen zu Regensburg; am 22. Decbr. 1823 wurde er Subdiacon, am 26. Diacon und am 27. Priester. Unmittelbar vorher erschütterte ihn die Nachricht von dem Tode seiner Mutter. Dieser Schmerz erhöhte den Eindruck der Tage der Weihen und der Primiz in der Klosterkirche zu Pielenhofen, 3 Stunden von Regensburg. Die weihende Hand, welche auf seinem Haupte ruhte, war die seines väterlichen Freundes Sailer, der im Herbste 1821 Domcapitular zu Regensburg und am 27. Sept. 1822 Coadjutor des Bischofs v. Wolf mit dem Rechte der Nachfolge geworden war; seine Consecration als Bischof von Germanicopolis war am 28. Octbr. desselben Jahres erfolgt. Bei der Priesterweihe rief Sailer dem ergriffenen Melchior v. D. zu, er solle „mit Johannes dem Evangelisten, Apostel und Propheten des N. B. (es war sein Festtag) lieben lernen, mit ihm, den Jesus liebte“.

Wir stehen hier vor einem so eigenthümlichen und merkwürdigen Lebensgange, daß es zweckmäßig erscheint, die Persönlichkeit etwas concreter zur Anschauung zu bringen. Melchior v. D. war von imponirender Gestalt, beinahe 6 Fuß groß, schlank und markig, voll Kraft und Adel, eine wahrhaft fürstliche Erscheinung. Seine intellectuellen Gaben waren ungewöhnlich nach Vielseitigkeit und Tiefe. Nur dem autodidaktischen Gange seiner Entwicklung ist es zuzuschreiben, daß er nicht ein hervorragender Gelehrter geworden. Sein fast unergründliches Gemüth offenbarte sich in einer Sehnsucht nach der idealen Welt so mächtig, daß er früh mit Ungestüm und später voll Wehmuth den Tod herbeiwünschte, und andererseits durch einen Reichthum der Nächstenliebe, der oft Staunen erregte. Unbeugsam war sein Wille, der nicht selten unüberwindlich scheinende Hindernisse rasch beseitigte. Aale, die er als Knabe unter der Brücke des Holtwicker Baches gefangen, sprangen ihm aus dem Eimer; da zermalmte er ihnen mit den Zähnen den Kopf. Einen Soldaten, der ihm als Lieutenant nicht gehorchte, verwundete er mit dem Degen, um ihn dann mit der hingebendsten Liebe und Geduld zu pflegen, bis derselbe genesen war. Von seiner „glühenden Seele“ und „heißen Natur“ redend sagte Sailer: „Wenn er (D.) sein Roß reitet [133] mit Zaum und Zügel, ist er unter allen Menschen, welche mir auf meinem langen Lebenswege begegneten, der Erste und Edelste; aber freilich, wenn das Roß ihn reitet, dann wirft er alles nieder.“

D. wurde Sailer’s Secretär, aber nicht blos mit seinem äußeren Talente, sondern sein Geist und Herz wurde dem greisen Bischofe, dessen Lebensabend er verklärte, dienstbar. König Ludwig I. war kaum auf ihn aufmerksam geworden, als er ihn zum Domherrn in Regensburg ernennen wollte. D. drohte, eher Baiern zu verlassen, so daß Sailer dem Ministerium abrieth. Aber jede Vacanz im königl. Monate brachte die Frage wieder. Im J. 1829 war Sailer wirklicher Bischof von Regensburg geworden. Der Münchener Domherr Fr. X. Schwäbel, sein späterer Nachfolger, kam zum Besuche nach Schloß Barbing, wo jener im Spätsommer wohnte, und bot alles auf, D. zum Eintritt ins Regensburger Domcapitel zu bewegen. Er fand hartnäckigen Widerstand. Als aber D. für Sailer den ersten Hirtenbrief geschrieben, und dieser ihn noch fester an sich zog, ließ er es geschehen, daß er Anfangs 1830 (25. Febr.) zum Domherrn ernannt wurde. „D. ist mir ein wahrer Engel“, schrieb Sailer um diese Zeit an Cl. Brentano; „er leihet mir seine Feder, seinen Kopf und sein Herz.“ Sailer † am 20. Mai 1832. D. war tief gebeugt; es war eine Lücke in seinem Herzen entstanden, die kein Mensch mehr ausfüllte. Wittmann wurde zum Bischof ernannt. Zu Rom brachte man in 9 Monaten die Präconisation nicht fertig; unterdessen starb der Ernannte. Sterbend empfahl der ernste, fromme Wittmann dem Regierungspräsidenten für den bischöflichen Stuhl D., indem er bemerkte, „mit seinem letzten Athemzuge wolle er Gott und den König um einen solchen Mann für die Diöcese Regensburg bitten“. Aber D. wandte sich selbst an den König und bat im Sinne Sailer’s, wie er meinte, um den Domherrn Schwäbel, welcher schon nach drei Tagen zum Bischof ernannt wurde. Dem D. wurde der königliche Dank ausgesprochen. Doch würde auch ohne ihn die Wahl auf Schwäbel gefallen sein. Sein Verhältniß zu D. wurde das eines treuen älteren Bruders. Dieser wurde am 11. Febr. 1835 zum Domdechanten ernannt, und als er formell ablehnte, wurde ihm durch ein huldvolles königl. Handschreiben „an den Domdechanten D.“ der Widerstand gebrochen. Seit Sailer’s Tod hatte er seinen Vater und eine Schwester (Apol.) bei sich, mit denen er ein gastliches Haus hielt; doch starb der Vater im August 1837. Unter Schwäbel’s Verwaltung der Diöcese Regensburg dauerten Diepenbrock’s friedliche und heitere Tage fort; er theilte Sorge, Arbeit, Leid und Freude mit dem Bischof. Gestört wurde seine Ruhe, als er im Sommer 1841 erfuhr, daß er auf der Liste für die Bischofswahl in Breslau stand. Er athmete auf, als dort Joseph Knauer aus der Urne hervorgegangen war. Aber noch in demselben Jahre starb sein Bischof, Schwäbel, der treue Jünger Sailer’s, dessen von „Licht und Liebe“ lebender Geist damals schon von der Diöcese zu weichen begann.

Die Aufregung, welche die Wegführung des Erzbischofs Clemens August von Köln im J. 1837 auch in Baiern hervorgerufen hatte, war bereits in einer Anzahl von römischen Geistlichen in confessionelle Parteileidenschaft ausgeartet. Kurz vor seinem Tode sah auch Bischof Schwäbel dieses wilde Feuer in den Clerikern entbrennen; erschrocken und voll Trauer machte er den Versuch, es zu löschen. Er mahnte zu Liebe. Das war in den Augen der Fanatiker, die in maßloser Polemik ihre Lebensaufgabe sahen, ein Verbrechen. Ein Brief des Bischofs an einen derselben wurde durch Indiscretion veröffentlicht und alles Gute, was der Bischof gethan, war vergessen; der Haß wandte sich gegen ihn und verbitterte und verkürzte ihm seine letzten Lebenstage. Das bereitete D. namenlosen Schmerz. Er hielt die Trauerrede, in welcher er auf diese Sünde an dem Verstorbenen hinwies und mit sittlicher Strenge Worte des Tadels sprach. [134] Damit war sein Friede in Regensburg für immer dahin. Erstaunt sah er Freunde in Feinde verwandelt. Zwar machte ihn der neue Bischof (17. April 1842) Valentin Riedel zu seinem Generalvicar und er führte das Amt mit treuer Pflichterfüllung zwei Jahre hindurch; aber er wurde immer mehr fremd und einsam, bis er sich ganz zurückzog und sich mit seinem Geiste in das „Vlämische Stillleben“ von Hendrik Conscience flüchtete, das er in trefflicher Uebersetzung dem deutschen Volke zugänglich machte. Sein Gemüth war tief verwundet – er wußte nicht, wie tief; denn die Pein und Enge, die ihn schmerzlich preßte, schrieb er den Unvollkommenheiten und Schwächen einzelner Personen zu, während sie doch entsprang aus dem römischen Geiste, der Sailer’s Geist verdrängte. Doch war der römische Geist damals nicht herrschend in Deutschland, und so war es möglich, daß D. noch eine glänzende Genugthuung erlebte. Die tiefe Verschattung, in welche der Ultramontanismus ihn im J. 1841 gehüllt, hatte seine Berufung nach Köln gehindert, an welche einflußreiche Männer gedacht. Wäre er Erzbischof von Köln geworden, statt des eiteln Diplomaten Geissel, der es verstand, „Cardinal der hl. römischen Kirche“ zu werden und zugleich in Preußen mit dem schwarzen Adlerorden sich schmücken zu lassen, aber den Staat betrog und die römische Curie zur Herrschaft über die preußischen Katholiken führte, dann würde heute die katholische Kirche vielleicht im ganzen deutschen Reiche anders, d. h. besser bestellt sein.

Die Genugthuung kam indessen für D. am 15. Jan. 1845, an welchem Tage er zum Fürstbischof von Breslau erwählt wurde. Der Weigerung der Annahme machte der Papst Gregor XVI. ein Ende durch einen Befehl, welchem der Erwählte sich fügte. Schon am 21. April wurde er präconisirt, am 8. Juni zu Salzburg von dem Cardinal und Fürsterzbischof Schwarzenberg consecrirt und am 27. Juli zu Breslau inthronisirt. Er kam noch in die Fluth des Rongeanismus hinein, jener Bewegung, die in religiöser Hinsicht in der Verneinung ihre Kraft suchte, wesentlich politisch war, aber in der schlesischen Kirche Verwirrung anzurichten drohte: doch schon die Erregung der Katholiken bei seinem glänzenden Einzuge am 16. Juli schob einen Damm davor. In Oberschlesien hatte der religiös-sittliche Kampf gegen „die Branntweinpest“ begonnen, welche nahe daran gewesen, einen Volksstamm völlig zu Grunde zu richten, der zwei Jahre später noch dazu vom Hungertyphus in erschreckender Art heimgesucht wurde. Durch das unsicher gewordene Verhältniß von Staat und Kirche traf D. in der größten Diöcese Deutschlands vielfach verwickelte Verhältnisse, und fand er nicht die nöthige Unterstützung vor. Er schaute sich daher um nach Kräften: im Domcapitel waren die Propstei und drei Canonicate, in der theologischen Facultät die Hälfte der Professuren unbesetzt; er betrachtete den Clerus und fand, daß derselbe besser sein könne. Er wollte der Erziehung des Clerus seine Hauptsorge zuwenden: da kam das Jahr 1848 mit seinen ungewohnten Aufgaben. In drei Kreisen für das Frankfurter Parlament gewählt, nahm er die Wahl an für den Oppelner Kreis. In Frankfurt a. M., wohin er 15. Mai gereist war, erkrankte er schwer, so daß er nach 2 Monaten sein Mandat niederlegte und nach einer vierwöchentlichen Cur in Soden in seine Diöcese zurückkehrte. Seinen Aufenthalt in Frankfurt erklärte er für verlorene Zeit. Darauf nahm ihn die Umgestaltung des Verhältnisses von Staat und Kirche, welche freilich damals keine glückliche war, ernstlich in Anspruch. An der Versammlung der österreichischen Bischöfe zu Wien im J. 1849 nahm er persönlich und wesentlich Antheil. Auf den speciellen Wunsch des Königs wurde D. durch ein päpstliches Breve vom 24. Octbr. 1849 zum apostolischen Vicar für die preußische Armee ernannt, in welcher er sofort die Seelsorge unter einem Feldpropst organisirte. Gegen seinen Wunsch und trotz bittender Ablehnung in eindringlichen Schreiben [135] an den König, den er um Intercession bat, und an den Papst wurde er in dem geheimen Consistorium vom 30. Sept. 1850 von Pius IX. zum Cardinalpriester ernannt. Die Insignien dieser römischen Würde empfing er von dem Nuntius Viale Prela am 4. Nov. zu Breslau.

Im Herbste 1851 erschreckte seine Diöcesanen und Freunde eine äußere Todesgefahr, die dem Cardinal zu Johannesberg durch einen jungen Stier, der ihn auf die Hörner nahm und zu Boden warf, drohte. Aber die Freude über die Rettung war kurz. In seinem Innern hatte ein tödtliches Uebel längst seinen Sitz, das nun rascher zu arbeiten begann. Schon in den Tagen zu Barbing erregte eine gewisse Kränklichkeit seinen Freunden Besorgniß. Selbst Sailer und Wittmann riethen ihm mit Rücksicht auf seine Gesundheit Reiten und Jagen an, das er beides meisterhaft verstand. Er hatte sich dessen zu bald entwöhnt. Schon im J. 1829 sprach er in einem Briefe an Cl. Brentano davon, daß „es mit seiner Gesundheit den alten Gang gehe“, in den Tagen des Aequinoctiums habe er wieder viel leiden müssen. Wir erfahren aus diesem Briefe, daß das Uebel in „Unterleibsbeschwerden“ sich kundgebe, wovon er auf Erden keine Genesung hoffe. Leider hatte er sich nicht getäuscht. Das Uebel verließ ihn nicht sein Lebenlang und brachte ihn allzufrüh ins Grab. Im Winter 1852 zeigte sich der bedenkliche Charakter des Uebels; am 27. Mai desselben Jahres ging er auf den dringenden Rath des Arztes nach Johannesberg, um dort nach schweren in großer Geduld ertragenen Leiden zu sterben.

Diepenbrock’s gesprochenes Wort empfing von seinem Gemüthe einen Zauber, der sich im Drucke ebensowenig festhalten ließ, wie der getrockneten Blume der Reiz der lebenden bewahrt werden kann; dennoch sind auch seine gedruckten Predigten („Gesammelte Predigten“, Regensburg bei Manz, 1841) in der homiletischen Litteratur hervorragend. Sein erster Hirtenbrief wurde in mehrere fremde Sprachen übersetzt; König Ludwig I. rief aus, nachdem er denselben gelesen: „Hätte ich doch D. früher gekannt, wie ich ihn jetzt kenne!“ Aber alle seine Hirtenbriefe hatten ungewöhnliche Wirkung. Kurz vor seinem Tode gab er die Erlaubniß, sie gesammelt zu drucken („Hirtenbriefe Sr. Em. des Card. Fürstb. v. Br. M. v. D.“, Münster, Aschendorff’sche Buchhandlung, 1853). Seine Erstlingsschrift war „Heinrich Suso’s, genannt Amandus, Leben und Schriften“, Regensburg 1829, mit einer Abhandlung von Jos. v. Görres als Einleitung, in 2. Aufl. 1837. Der falschen Mystik abgewandt, vertiefte er sich überall in die Betrachtung der mystischen Gestalten, welche vom Geiste des Christenthums leuchteten und von ihm einen Hauch der Poesie empfingen. Als ihn die Unduldsamkeit, deren Ursprung aus dem römischen System er nicht kannte, zu Regensburg vereinsamte, übersetzte er mehrere Werke von Hendrik Conscience („Vlämisches Stillleben“, Regensburg, 1849 schon in 3. Aufl.). In den weitesten Kreisen wurde er als Schriftsteller bekannt und angesehen wegen seines tieferen Verständnisses neuerer Sprachen und Litteratur und wegen seines poetischen Sinns und feinen Geschmacks durch die schöne Sammlung „Geistlicher Blumenstrauß“, 1. Aufl. Regensburg 1826, 2. Sulzbach J. E. v. Seidel’sche Buchhandlung 1852. Die Arbeit war eine Frucht des religiösen und ästhetischen Geistes im Schlosse Barbing. Die zweite Aufl. enthält die herrliche „Widmung“ und „Erinnerung an Sailer“, ist vielfach vermehrt und geschmückt mit der meisterhaften, im Frühjahr 1852 geschaffenen Uebertragung der „Philomele“ des hl. Bonaventura, die D., von Todesahnung ergriffen, sein eigenes „Sterbelied“ nannte. Es sind nach seinem Tode noch zwei Auflagen erschienen (die 4. 1862), aber die Herausgeber haben nicht die Discretion und Pietät gegen den Verstorbenen gehabt, daß sie den so kunstvoll gewundenen Strauß unberührt gelassen, sondern [136] sie haben sich Zuthaten erlaubt, die nicht im Geiste des Verfassers sind. Die werthvollste Auflage bleibt also die zweite, die seine Hand noch anordnete.

Es erübrigt, Diepenbrock’s Stellung in drei wichtigen Beziehungen, nämlich zur weltlichen Obrigkeit, zum römischen Primat und zu den anderen christlichen Confessionen, noch kurz zu kennzeichnen.

Am Throne des Königs zu Berlin erklärte er feierlich „die Unterthanenpflicht und Treue“ für „die urchristliche und apostolische Lehre“, indem er hinzufügte: „Ich kann mit vollstem Rechte die feierliche Versicherung aussprechen, daß, wer ein wahrer Katholik, auch nothwendig ein treuer Unterthan und guter Bürger ist.“ Und so leistete er den Eid „mit Freude“, und er hat ihn gehalten. Als im Frühjahr 1848 die staatliche Autorität erschüttert und gelähmt wurde, und auch in Schlesien aufrührerische Scenen vorkamen, indem das Volk, die gesetzliche Ordnung durchbrechend, sich willkürlich Leistungen und Verpflichtungen entzog und fremdes Eigenthum beschädigte, da erhob er, schon am 28. März, mit Macht seine Stimme und befahl dem Clerus, „die Gläubigen zur Ruhe, Ordnung und zur mannhaften Niederhaltung aller derlei Gewaltthätigkeiten zu ermahnen, sie zu erinnern, daß auf solcher Gewaltthat Gottes Fluch hafte von Geschlecht zu Geschlecht“; es werde dadurch „das deutsche Vaterland verunehrt, das schöne Schlesien verrufen und der Name der Freiheit geschändet“. Auf gesetzliche Weise solle man Abhülfe suchen, wo gegründete Beschwerden seien: „Aber nur um Gottes willen kein Faustrecht, keine rohe Selbsthülfe, keine Gewaltthat, keine Excesse, keine Mißhandlungen und Beschädigungen von Personen und Eigenthum!“ Kaum beunruhigte der Steuerverweigerungsbeschluß der Berliner Nationalversammlung das Land, als D. den Thron stützend hervortrat mit jenem heldenmüthigen Hirtenwort vom 18. Nov. 1848, das eine wunderbare Wirkung hatte, wie es auch allgemein bewundert wurde. Nicht blos in der Breslauer Diöcese, sondern auch in anderen, deren Bischöfe sich feige zurückhielten, z. B. in der Kölner Erzdiöcese, ward es von manchen Kanzeln, ja selbst von evangelischen, vernommen. D. schrieb: „Ich erkläre vor Gottes Angesicht und vor aller Welt: daß, da Se. Majestät der König nicht aufgehört hat, unser rechtmäßiger König, d. h. unsere von Gott gesetzte Obrigkeit zu sein, die Pflicht des Gehorsams gegen ihn und insbesondere die Pflicht der Fortentrichtung der gesetzlichen Steuern an die dazu bestellten königl. Behörden für jeden katholischen Christen eine unzweifelhafte heilige Gewissenspflicht ist, nach dem ausdrücklichen Ausspruche des Herrn“ etc. Und nun ermahnt er, diese Pflicht zu erfüllen und dem Könige zu vertrauen, indem er schließt: „Ich … würde Verrath an meiner Pflicht üben und meinen heiligen Eid brechen, wenn ich sie nicht bei diesem Anlasse allen meiner Hirtensorge Empfohlenen laut und nachdrücklich, wie ich es hiermit thue, einschärfte.“ Er machte an demselben Tage sein Testament, weil er wußte, wie gefährlich es war, solch ein Wort in solcher Zeit zu sprechen. Am 6. Nov. 1849 belehrte er die Gläubigen in einem ausführlichen Hirtenbriefe über den Gehorsam gegen die weltliche Obrigkeit. Darin wirft er die Frage auf, was die Katholiken zu thun hätten, wenn der Staat „durch neue oder alte Gesetze“ Dinge fordere, die gegen Gottes Willen, gegen die „göttlichen Lehren und Vorschriften“ der Kirche seien? Und er antwortet: „nicht die Fahne des Aufruhrs schwingen und Empörung durchs Land rufen oder insgeheim gemeine Sache machen mit denen, die solches nicht scheuen, sondern wir würden ruhig fest und offen zu den Gesetzgebern und Machthabern sagen: „Dies ist uns nicht erlaubt! Wir achten Eure Gewalt und gehorchen ihr willig in allen irdischen Dingen; aber das Heilige, das Himmlische, das uns anvertraut ist, unterwerfen wir ihr nicht. Thuet, was Ihr Eures Amtes erachtet: wir – wissen zu leiden, zu beten und – wenn’s sein muß, zu sterben.“ –

[137] An die göttliche Einsetzung des römischen Jurisdictionsprimats über die ganze Kirche glaubte er, freilich ohne die historischen Schwierigkeiten zu kennen, aufrichtig. Der römische Bischofssitz war ihm „der Fels Petrus, auf den Christus die Kirche gestiftet“. Weil der Papst Gregor XVI. ihn nach Breslau geschickt und seine Hand selbst ihn „mit der bischöflichen Stole gegürtet“, darin fand er „die beruhigende Versicherung, daß er in lebendiger Gemeinschaft stehe mit dem Mittelpunkt der katholischen Einheit, mit jenem von Gott in den Mittelpunkt der christlichen Weltgeschichte gesetzten geistigen Lichtheerd, von welchem die Strahlen des Glaubenslichtes in alle Weltrichtungen ausgehen und, um ihn in der Kreislinie der Liebe sich zur Einheit fest zusammenschließend, zu demselben Mittelpunkte allverbindend zurückströmen“. Man sieht, wie er mit dichtendem Gemüthe die römische Primatsidee umfaßte. Er meinte dadurch gerade „ein katholischer Bischof“ zu sein, erinnerte aber zugleich an das erste Vorkommen dieses Wortes bei dem Apostelschüler Ignatius und in dem Briefe der Gemeinde von Smyrna, denen es weder einfiel noch einfallen konnte, die Katholicität eines Bischofs von der Ernennung durch den Bischof von Rom abhängig zu machen. Er sucht in seinem ersten Hirtenbriefe (27. Juli 1845) diesen Primat, wie er ihn sich dachte, zu beweisen; der Beweis ist aber mehr geistreich als historisch wahr. Es war das Angelernte nur geistvoll wiedergegeben. Kam aber in erhabener Situation die ganze „Genialität seines Herzens“ in die religiöse Erregung, so wurde er wie hellsehend, und wie ein Prophet verkündete er die Wahrheit. So geschah es an demselben Tage seiner Inthronisation, als er im Dome zu Breslau „im vollen bischöflichen Ornate“ seine Stimme zum Volke erhob, daß er „den Felsen Petrus“ ganz vergessend die herrlichen Worte der Wahrheit sprach: „So setze ich denn nun meinen Hirtenstab auf den ewigen Urfelsen, der da ist Christus, und schlage stehend mit Moses an diesen Felsen, auf daß ein Quell des lebendigen Wassers, ein Strom der Gnade und Erbarmung sich aus ihm ergieße, erquickend und befruchtend über die meiner Obhut anvertrauten Triften.“ Ein feines sittlich religiöses Gefühl ließ ihn ahnen, daß zu Rom, was er im Ideal dort annahm, in der Wirklichkeit nicht vorhanden war. Daher war er nie zu bewegen, wie sehr der Papst ihm auch den Wunsch äußern ließ, eine Romfahrt anzutreten. Als die erste Scene des modernen Papstcultus vorbereitet wurde, die Dogmatisirung der immaculata conceptio, da sandte er ein energisches „Nein“ in einem dogmatischen Gutachten nach Rom.

Er glaubte, daß die katholische Kirche die wahre sei, Allen übrigen Confessionen brachte er aber eine Toleranz entgegen, die nicht blos passiv war, sondern eine warme Anerkennung des gemeinsamen christlichen Fundamentes. Die größte Prüfung erfuhr diese Gesinnung, als der Breslauer General-Superintendent aus Anlaß der Wiedereinführung der Missionen in Schlesien, insbesondere durch die Jesuiten, bei Beginn des Sommers 1852 ein „Sendschreiben an die evangelische Geistlichkeit der Provinz Schlesien“ erließ, welches in den Missionen eine confessionelle Friedensstörung sah und voraussetzte, daß vorzugsweise die Lehre von der „alleinseligmachenden Wahrheit“ (Kirche), die als „Wahn“ bezeichnet wurde, „mit allen Mitteln wieder als eine göttliche gepredigt werden würde“. D. war schon erkrankt und weilte in Johannesberg. Von dort erließ er einen Hirtenbrief an den Clerus, welcher deutlich zeigt, daß er von den römischen Nebenabsichten bei den Missionen keine Ahnung hatte. Mit ergreifendem Ernste tritt er für seine Kirche ein, bezieht aber das Wort „Wahn“ zum Theil auf Lehren, die jenes Sendschreiben nicht hatte angreifen wollen. Aber in allem Eifer bewahrt er „den schönen und liebgewonnenen Glauben“, daß trotz der unglücklichen „das Vaterland und die Menschheit so jammervoll zerreißenden“ confessionellen Spaltung „dennoch bei allen aufrichtig Wohlmeinenden eine auf gegenseitige [138] Voraussetzung redlicher Ueberzeugung gegründete wechselseitige Achtung, humane Duldung und christliche Liebesbewährung stattfinden könne und solle“, ja auch eine gemeinsame Arbeit gegen Unglauben und Sittenverderbniß. Er blieb bei dem Spero has inimicitias non fore aeternas. Den in seinem Sprengel wirkenden Missionären hatte er es ausdrücklich zur Pflicht gemacht, alles Verletzende für Andersgläubige streng zu vermeiden. Den Clerus ermahnt er, „nur die Waffen des Lichtes zu führen“, „die Heerde nicht auf die dürren Stoppelfelder einer gehässigen Polemik zu treiben“. Sein hoher Geist war befähigt, den lichten Gedanken: „Das Christenthum vernichtet nicht die geistige Eigenthümlichkeit eines Menschen, so wenig als seine Gesichtszüge, sondern es verklärt und heiligt sie“, – welchen er innerhalb der katholischen Kirche zur Geltung brachte, auch über die confessionellen Schranken hinaus in seiner Berechtigung anzuerkennen. Daß dies thatsächlich der Fall war, beweist der herrliche Briefwechsel mit Passavant, in welchem auch die Anerkenntniß der Reformbedürftigkeit der Kirche hervortritt und das Streben nach „Versöhnung zwischen Glauben und Denken“ oder wie er sich auch ausdrückt, „aus dem Standpunkte des puren Glaubens“ auf den des denkenden Erkennens hinüberzutreten.

Vgl. Cardinal und Fürstbischof Melchior v. Diepenbrock, ein Lebensbild von seinem Nachfolger (Heinr. Förster), Breslau, Ferd. Hirt, 1859. Diese Biographie enthält bis zur Erwählung Diepenbrock’s zum Fürstbischofe und auch in den Schlußbemerkungen wesentlich die Aufzeichnungen einer geistvollen Freundin Diepenbrock’s aus dem Barbinger Kreise (Frl. Charl. v. N.), deren Manuscript auch dem Verfasser dieser Skizze vorgelegen. – Leben und Wirken des Cardinals und Fürstbischofs Melchior v. Diepenbrock von Jos. Chowanetz, Osnabrück, V. v. L. J. Fredewert, 1853. – Zum Gedächtniß des Wirkens Melchiors v. Diepenbrock etc. von Rintel nach der fürstl. geh. Kanzlei in Breslau, Augsburg 1853, Kollmann’sche Buchhandlung. – Briefe von J. M. Sailer, M. Diepenbrock und K. Passavant, Frankfurt a. M. bei Hayder und Zimmer, 1860.

[Zusätze und Berichtigungen]

  1. S. 131. Z. 23 v. u. l.: 1813 (st. 1812). [Bd. 28, S. 807]