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Artikel „Mennel, Jacob“ von Adalbert Horawitz in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 21 (1885), S. 358–362, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Mennel,_Jakob&oldid=- (Version vom 9. Oktober 2024, 09:15 Uhr UTC)
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Band 21 (1885), S. 358–362 (Quelle).
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Mennel: Jacob M. (so nennt er sich selbst, wird aber Manlius latinisirt), Genealog und Historiker, wurde zu Bregenz geboren. soll am 27. Septbr. [359] 1532 gestorben sein. Er war Doctor beider Rechte und der freien Künste, hatte zu Freiburg im Breisgau studirt und war – wohl durch Kaiser Max – für einige Zeit nach Wien gezogen worden, wo er den Titel eines kais. Rathes und Hofhistoriographen führte. Seinen ersten litterarischen Versuch machte er wie es scheint, 1498, indem er die „Disputatio utrum tam a jure canonico quam civili ludus, solo ex ingenio procedens quemadmodum ludus scachorum sit admissus etc.“ dem Kaiser Maximilian widmete. Er entscheidet sich natürlich für die Erlaubtheit des Spieles. M. war damals Stadtschreiber zu Freiburg und nennt sich Magister utriusque juris (cf. Geschichte und Litteratur des Schachspiels von Antonius van der Linde, Berlin 1874. II. 418). Auch später noch beschäftigte er sich mit der Theorie des Schachspiels. Mennel’s Schachzabel (getruckt und vollendet in der loblichen Statt Constantz von Hansen schäffeler 1507 [in deutschen Versen]) bespricht in der Vorrede den Nutzen und Werth dieser Verstandesübung und bemerkt schließlich, daß die Sache noch ausführlicher behandelt werden könnte, besunder nach ußwißung Vegecy und ander ..... er will es aber nicht durch die „truckery“ sundern schrifftlich mittheilen, wo es nützt. Sein Werk findet übrigens bei den Kennern dieser Litteratur keine Gnade, schon Maßmann (in seiner Geschichte des deutschen Schachspiels) hatte ihn als Plagiator hingestellt, van der Linde (I, S. 34 ff.) streitet ihm alle und jede Selbständigkeit ab, und sieht in seiner Arbeit nur einen dürftigen Auszug aus Konrad von Ammenhusen’s Reimwerk (cf. a. a. Orte S. 131 ff., vgl. über den „armen Nachschreiber“ auch A. van der Linde, Das Schachspiel des 16. Jahrhunderts, Berlin 1874. S. 30). Es wurde übrigens von Christian Egenolf in dessen „Des alten Ritterlichen spils des Schachzabels grüntlich bedeutung“ etc., 1536, Frankfurt a. M. abermals abgedruckt. Doch M. wendete sich bald zu anderem, zu historischen und genealogischen Compilationen. In der Schrift „De episcopatu et civitate Vindonensi et Constantiensi“ (abgedruckt bei Pistorius, Rerum familiarumque Belgicarum Chronicon Magnum p. 617 ff.) bekämpft M. als Erster die Sagen, die zu seiner Zeit so allgemein verbreitet waren. Lorenz (Deutschlands Geschichtsquellen, 80) sagt über die Schrift: Leider sind nur die Citate des Jacob Manlius in seiner Chronik so ungenau, daß wir aus ihm wenig über die weitere Entwickelung der Constanzer Historiographie entnehmen können (vgl. auch F. W. Rettberg, Kirchengeschichte Deutschlands II, 98 ff.). 1507 schrieb M. auf Befehl Maximilians zu Constanz „an dem deutschen Meer“ die „Cronica Habspurgensis nuper Rigmatice edita“ (kl. Fol. mit sehr schönen Einrahmungen auf beiden Seiten) mit Unterstützung einiger „Mitgesellen“. Den Stoff zu seinem Gedicht hat er in „alten stiftern, Schloß, Statt und sunst gefunden“, er will es zu „lob und Eer dem großen künig Maximilian und auch des teutschen“ Landes geschrieben haben. Nach der bekannten unendlich willkührlichen und fabelhaften Genealogie, die mit Priamus anhebt, verliert er sich in eine umständliche Erzählung von Chlodwig und Chlothilde, schildert wie der „fromme“ König die „ketzer von Paryß außtrieb“, geht an Karl dem Großen kurz vorüber und schließt diese Vorgeschichte mit den Versen:

Davon thu ich nit weiter schreiben
Unnd wil mich yetz auff Habspurg scheiben.

Der erste gefürstete Graf von Habsburg ist ihm Herr Ottberth, darzu ein Landtgraff in Elsaß. Er setzt ihn ins 7. Jahrhundert nach Christus, worauf alle möglichen Habsburger genannt werden, bei einigen auch ihr Landerwerb und ihre Heirathen. Bei dem Kaiser Rudolf vorweilt er natürlich mit längerem Panegyricus, auch Albrecht I. erhält noch eingehenderes Lob, dann ist er ungemein eilig und kommt rasch zu Max und Karl, versichert aber:

[360] Darumb ichs yetz darbey laß bleibn
Unnd will es mit der zeit beschreibn.

Er nennt sich damals des „Römischen Künig Chroncist“. 1522 nahm er auf Befehl Maximilians diesen Stoff nochmals auf in dem Büchlein „Seel unnd heiligen Buch kaiser Maximilians altfordern, als waß ich uff Jrer kaiserlichen Maiestet gnedig befelh allenthalben hab mögen erfarren (auf dem Titelblatte das Portrait Max’s in einem Orbiculus, in dem Jahr und Tag seines Hinscheidens verzeichnet sind), Freiburg i. Br., Joh. Mörlin. Als Quellen bezeichnet er diesmal – dem Hange des Kaisers, Inscriptionen zu sammeln, entsprechend – „grabstein bey den Gotshäusern, inn Jarzeyt büchern“, namentlich angegeben ist nur Gregor von Tours. Das Buch beginnt bei Cleodoveo, letzten heidnischen und ersten Christenkünig zu Frankreych … des ersten Graven zu Habspurg Großvatter. In ziemlich bunter Reihe werden Merovinger, Babenberger und Habsburger aufgeführt, von den meisten Geburt und Todeszeit, wie Begräbnißstätte angegeben. Manches ist unrichtig und ungenau, hie und da auch eine Lücke. Nachdem er Maximilians Tod berichtet, wendet er sich zu den lieben heiligen, zu denen er auch solche rechnet, die der Volksglaube für heilig hält. In einem Schlußworte entschuldigt er sich, daß er viele genannt als in die „Freundschafft“ des Hauses Habsburg gehörig, die doch nicht diesen Namen tragen. Aber die „personen von Oesterreich und Habspurg haben sich durch ire heyrat unnd sunst ander redlich dapfferkeit in vil künigreych Hertzogthumb und herrschafften außgestreckt“. Dieses Büchlein gab Georg Bareuther 1593 in Augsburg (Val. Schöning) in lateinischer Sprache mit einer Fortsetzung bis auf seine Tage heraus, wobei er Mennel’s Vorrede „de divi Maximiliani II. R. J. majoribus“, überschrieb. Aus dieser Ueberschrift folgerte Bergmann (Tyroler Bote von 1840, Nr. 27), daß es zwei Historiker Jacob Mennel gegeben. Eine Betrachtung des Manuscriptes (Cod. 7432 der Wiener Hofbibliothek) zeigt aber, daß die Latinisirung des ursprünglich deutschen Werkes samt der Fortsetzung von Hugo Blotius mit Emendationen und Correcturen versehen worden sei. Bareuther sagt in der Dedication an Rudolph II. und Philipp von Spanien, nehme man vielleicht an der geringen Eleganz des Stiles Anstoß, so sei der Stoff zu loben, der für einen bedeutendeten späteren Historiker eine gute Vorarbeit biete und schließt mit der humanistischen Bemerkung: Sic olim Virgilius ex Ennii stercoribus gemmas collegisse, suaque hisce praeclarissima opera insigniter ornasse perhibetur. Die 1518 erschienene sehr schön ausgestattete Schrift: „De inclito atque apud Germanos rarissimo actu ecclesiastico“ (die Erhebung Alberts von Mainz zum Kardinal) enthält eine actenmäßige lateinisch geschriebene Darlegung dieses Vorgangs. Dasselbe erschien auch in ähnlicher Ausstattung in deutscher Sprache (von Joh. Speyßer, Jacob Fugger gewidmet). Eben in dem Jahre 1522 erschien (in Quer-4) zu Basel bei Adam Petri, das praktischem Zwecke dienende, schon 1520 ausgearbeitete Buch: „Keyserall und Bäpstall“. „In diesem Büchlein findstu kurtz begriffs aller Römischen keyser und Bäpst historie, daß ist die zeyt wann und wie lang ain yeglicher regiert hat, wes geschlechts auch was eygenschafft er an im gehegt, wie und wo er gestorben auch was fürdreffenlichs seiner zeyt geschehen ist. Darbey was ein yeder Bapst sonderlichs geordnet und der kirchen Guts gethan hat etc. Alles lustig und nutzlich zulesen“. Das Buch ist Karl dem Fünften gewidmet und die Dedicationsepistel zeugt wie so vieles für die Gedankenarmuth des Verfassers, der in einem gleich zu besprechenden Werke sich fast derselben Worte bediente. Die Eintheilung des Stoffes ist die, daß er in 7 Rubriken die Zeitbestimmung, den Namen des Kaisers oder Papstes, seine hervorragendsten Eigenschaften, die Dauer seiner Regierung, sein Alter und die Art seines Todes und [361] endlich eine kleine „Historia“ angiebt. Er beginnt mit Julius Cäsar und endet mit Leo X. Dieses Büchlein gehört zu seinen ergötzlichsten Hervorbringungen, es ist die echte Volkschronik; in der Historia sehr viel Curieuses für das mittlere Lesepublicum. Bei Cäsar giebt er z. B. an: „Ein ochs hat geredt wunder“, bei Claudius: „sein weib was nit zu ersettigen mit mannen“. Die Erfindung der Beinamen ist wahrhaft lesenswerth. Heliogabalus nennt er Widthopf, Maximinus den grob wütrich, Decius den behend Wüterich, Valerianus den Fußschemel, Julian den verlögent christ (als seine Todesart giebt er an: Ward geschunden), Valentinianus hübsch (!). Die Todesart wird häufig durch die Worte „natürlich, menschlich, löblich“ charakterisirt. Von Manchen weiß er fast nichts zu sagen, z. B. von Heinrich IV., von dem er bemerkt, er werde in der Schrift nicht gelobt, und den er im Kerker sterben läßt. Ebenso wenig giebt er über Barbarossa, den er beim Baden umkommen läßt, ganz kindisch ist die Angabe über Friedrich II.: er waz anfenglich gut, ward aber nachmals nit gut, erstückt in Appulia. Bei Rudolph von Habsburg kann er nicht unterlassen, sich selbst zu citiren, Sigismund wird als ein „von Vielen als Heiliger Geachteter“ gerühmt. Ueberhaupt ist der kirchliche Standpunkt des Compilators nicht zu verkennen; trotzdem erzählt er die Geschichten von der Päpstin Johanna, die er als Johannes VIII. aufführt, desto mehr wird Gregor VII., „der Gott und der Welt lieb gewesen sei“ gelobt, Pius II. nennt er aller Ehren werth. Doch wagt er es auch einmal, einen Ausfall auf Mißbräuche seiner Zeit zu machen, z. B. gegen die Versehung der Pfründen durch einen Andern. Auf der Rückseite des Schlußblattes giebt er seinen Lesern noch weitere Nachlesebücher an, z. B. Hermannus Contractus, Platina und Joh. Stella. 1523 erschien bei Johann Mörlin zu Freiburg im Breisgau: „Ain hüpsche Chronick von Heidnischen vnd Christen künigen der Teutschen vnd Welschen Francken darinn nit allein die Troyanischen Pipinschen vnd Hugonischen sunder auch sunst vil treffenliche geschlecht grosser künig fürsten vnd Herrn die daruß entsprossen sind anzeygt werden“. Das Büchlein ist Erzherzog Ferdinand gewidmet; in der Vorrede ist der Ursprung der Habsburger von den Franken als erwiesen angenommen, es sei das in der auf Befehl Maximilians geschriebenen „Fürstlichen Chronik nach der leng beschrieben“. Er habe es nun für gut gehalten, für den Erzherzog zur Erlustigung nach den Geschäften und um die schwermütigkeit zu ergetzen, „diese künigliche Chronik“ ihm zu verehren. Die – sehr unkritische Geschichte, die mit Pharamund beginnt und mit Philipp, dem Sohne Maximilians endet, ist mit Wappen und Portraiten der Fürsten versehen. Die letzteren sind nach der Weise der Zeit für die verschiedensten Personen dieselben, so zeigt beispielsweise König Pharamund dasselbe biedere Kartenköniggesicht und Costüm, wie Chlodwig, Dagobert, Childerich, Robert der Capetinger, Ludwig der Große, Ludwig der Heilige. Auch die Anordnung des Stoffs ist eine schablonenhafte, als Quelle nennt er Gregor von Tours, die Chronica francie, die er, wie es scheint als Kanon annimmt, dazu die Gesta Francorum und den Zeitgenossen Trithemius, den Erzbischof Turpinus (allerdings mit löblichem Mißtrauen), Michael Riccius, die „lothringische Chronik“, die „Engelsch Chronik“, Chronica Traiectensis. Seine Chronik besteht vor Allem, vielleicht auch einzig und allein in der Concordanz der Historiker. Er weiß oft mehr als in den Quellen steht, so läßt er z. B. Karl den Großen zu Ingelheim auf die Welt kommen, das hochberühmte Studium von Athen mit des Papstes Verwilligung (man sieht wie die Ansicht von der Unerläßlichkeit der päpstlichen Zustimmung zu Universitätsstiftungen schon allgemein war, vgl. L. v. Stein’s vortreffliches Bildungswesen, Cotta 1884, II. Bd.) nach Paris verlegen. Aeußerst drollig ist die Erklärung des Namens Capet. – Schließlich beruft er sich auf die fürstliche Chronik, in der er gezeigt wie England, [362] Portugall, Castilien und Hispanien mit Habsburg „durch die Heyrat zu einem blut und fleisch worden sind“. M. war auch Mitarbeiter an Maximilians I. bekannter „Ehrenpforte“, eine „Rhetorica minor“, die er nach J. Spach’s Zeugniß geschrieben haben soll, konnte ich nicht einsehen. Die Wiener kais. Hofbibliothek besitzt von ihm einen Tractatus ad Caspar Haberstro O. S. B. abbatem de origine et fundatione monasterii Brigantini (Cod. 12853), das Manuscript der Chronologia imperatorum Romanorum, 1513 (8786), der Hist. Habsburgicae lib. V (8994), den Libellus de stirpis Austriacae majoribus, sepulturis etc. (7432). Aus der Chronik K. Maximilians Geburt Spiegels (8062), der Zaiger (7892), Seel und Heiligenbuch keyser Maximilians altfordern (7369), die Disputatio utrum tam a jure canonico quam civili ludus solo ex ingenio procedens sit admissus (2214*), Vitae sanctorum domus Habsburgicae (3077* et 3077**), Scripta genealogica (deutsch 3072*–3077), De claris mulieribus domus Habsburgicae lib. germanicus (3077**), endlich De signis, portentis atque prodigiis, tam antiquis quam novis cum eorundem typis et figuris (4417*).