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Artikel „Krafft, Karl“ von Otto Schell in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 51 (1906), S. 357–358, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Krafft,_Karl&oldid=- (Version vom 13. Oktober 2024, 04:29 Uhr UTC)
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Band 51 (1906), S. 357–358 (Quelle).
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Krafft: D. Dr. Karl Joh. Friedr. Wilhelm K., wurde am 25. November 1814 als erster Sohn des Predigers Joh. Gottlob K. zu Köln am Rhein geboren, nachdem letzterer vier Wochen vorher als Prediger von Schöller bei Elberfeld nach Köln übergesiedelt war. Krafft’s Mutter war Sophie geb. Strauß, Tochter des im J. 1816 verstorbenen Kirchspielpastors Strauß zu Iserlohn, welche auch 1816 starb. Ihr Bruder ist der bekannte Verfasser der oft edirten „Glockentöne“. Ernst war die Erziehung Krafft’s, und manchen Spott mußte er in seiner Jugend erdulden. Sein Vater, der bereits 1816 in einflußreiche Kirchenämter kam, starb 1830. Die fernere Erziehung leitete seine zweite Mutter, Luise geb. Vorster. Vom Jahre 1824 an besuchte K. das Progymnasium des sogen. Karmelitercollegiums zu Köln, welches später zu einem Gymnasium erhoben wurde. Ausgezeichnete Lehrer dieser Anstalt waren der Director Grashof, dessen Sohn Dr. theol. Grashof, der Mathematiker Heiß, ferner Hoffmeister, der Biograph Schiller’s, und der Philologe Hoß. K. bemerkt über seine Gymnasialzeit wörtlich: „In mancher Hinsicht befriedigte ich meine Lehrer nicht; mit Begeisterung trieb ich und lebte ich in der deutschen Litteratur.“ Im Herbst 1832 ging er nach Erlangen zum Universitätsstudium. Im Hause seines Onkels, des ältern Bruders seines Vaters, des Pfarrers der deutsch-reformirten Gemeinde und Professors „der reformirten Theologie“, Christian K., fand er Aufnahme. „Derselbe war, im Gegensatz zu dem Unglauben seiner Zeit, zu der lebendigsten Ueberzeugung von der Wahrheit der heiligen Schrift und der wörtlichen Eingebung aller ihrer Theile gelangt und verkündete seine erlangte Ueberzeugung mit dem größten Ernst auf der Kanzel, auf dem Katheder und im Hause. Eine Menge von Studenten wurde durch sein Zeugniß erweckt, berühmte Professoren, wie z. B. Schelling, v. Raumer, Döderlein u. s. w., hörten gern seine überaus einfachen, aber tief ergreifenden Predigten. Man hat ihn mit Recht einen apostolischen Charakter genannt.“ Dieser Onkel wurde für die theologische Richtung und religiöse Anschauungsweise unsers K. von maßgebender Bedeutung, welcher bereits 1834 infolge eines Studentenaufruhrs Erlangen verlassen mußte. Er ging nach Berlin, wo sein Oheim Dr. Friedr. Strauß, Professor der praktischen Theologie und zu jener Zeit gerade Universitätsrector, ihn aufnahm. Neander, Hengstenberg und Steffens zogen K. in Berlin namentlich an. Auf einer von hier aus unternommenen Ferienreise erkrankte er in Prag und wandte sich dann nach Bonn, wo Nitzsch und Sack seine Lehrer waren. Eine kleine Erbschaft, welche ihm in dieser Zeit zufiel, setzte ihn in die Lage, in Bonn noch Philologie zu studiren, welche ihm aber als „geistlose Wissenschaft“ erschien. In den Jahren 1837 und 1838 machte er die üblichen theologischen Candidatenexamina und kam 1839 als Religionslehrer an das Gymnasium zu Bonn. Noch in demselben Jahre wurde er an die Gemeinde Flamersheim-Großbüllesheim bei Bonn als Geistlicher berufen und 2½ Jahre später an die reformirte Gemeinde zu Hückeswagen im Oberbergischen. Hervorragende Geistliche in der Nähe nahmen sich seiner liebevoll an. Von Hückeswagen aus unternahm K. eine Reise nach Italien, welche ihn bis nach Rom und Neapel führte. Eine Erzählung über diese Reise lenkte die Aufmerksamkeit der Gemeinde zu Düsseldorf auf den jungen Geistlichen, welche ihn 1844 zu ihrem Seelsorger erwählte. „Hier wurden“, schreibt er, „die Erinnerungen an Erlangen in mir lebendig; es sind schöne Jahre meines Lebens gewesen, wo ich unverheirathet, in einem elenden Pfarrhause, aber in der Fülle leiblicher Gesundheit und mit Begeisterung mein Amt verwaltet [358] habe. Die Revolutionszeit von 1848 und 1849 gab Anlaß, das Recht des Königs und der Obrigkeit mit Nachdruck zu vertheidigen; außerdem übernahm ich die Leitung der höheren Töchterschule, die Mitgliedschaft im Curatorium der Rettungsanstalt zu Düsselthal, war fünf Jahre hindurch Religionslehrer an der städtischen Realschule zu Düsseldorf; amtlich veranlaßt, fing ich auch an, aus Liebe zu meiner Heimath historische Novellen zu veröffentlichen, wurde auch zu Generalkirchen- und Schulvisitationen in andern Provinzen berufen, und wurde in Erinnerung an meine Krankheit zu Prag zur Gründung des evangelischen Krankenhauses in Düsseldorf ermuthigt.“ Von Düsseldorf kam er fast wider seinen Willen im J. 1856 an die reformirte Gemeinde zu Elberfeld. Im J. 1863, am 13. Juni, gründete er im Verein mit Gymnasialdirector Dr. K. Wilh. Bouterwek in Elberfeld den Bergischen Geschichtsverein, der heute noch blüht. Im J. 1884 war K. durch zunehmende körperliche Leiden genöthigt, sein Amt niederzulegen. Aber er hat der Gemeinde außeramtlich als Emeritus noch annähernd 12 Jahre in der Seelsorge treu gedient.

Neben seinem Pfarramt widmete er sich der quellenmäßigen Erforschung der niederrheinisch-bergischen Geschichte, namentlich der Kirchengeschichte. Er darf unbedenklich als einer der tüchtigsten Kenner, Quellenforscher und Darsteller der niederrheinischen Kirchengeschichte bezeichnet werden. Hervorzuheben sind seine Arbeiten über den Schweizer Heinrich Bullinger; über den Humanismus am Niederrhein und in Westfalen (in Verbindung mit Wilh. Crecelius); über die Märtyrer Adolf Clarenbach und Peter Fliesteden; über die Kölner Reformations- und Gelehrtengeschichte; Stiftungsgeschichte der Bergischen Provinzialsynode; über den Elberfelder Kaufmann Daniel Hermann. Auch an den Arbeiten des wissenschaftlichen Predigervereins beteiligte er sich mit regem Interesse; (ein genaueres Verzeichniß seiner Arbeiten enthält Bd. 33 der Zeitschrift des Bergischen Geschichtsvereins, S. 163 ff.). Krafft’s wissenschaftliche Bestrebungen zur Erforschung der niederrheinischen Kirchengeschichte wurden im Lutherjahr 1883 seitens der theologischen Facultät zu Bonn dadurch anerkannt, daß er zum Doctor der Theologie und in demselben Jahre auch von der Universität Marburg zum Ehrendoctor der Philosophie ernannt wurde. Auch drei Ordensauszeichnungen wurden ihm verliehen und entsprechende Ehrungen bei passenden Gelegenheiten durch den Bergischen Geschichtsverein, der ihm so viel verdankt, zu theil.

Im J. 1854 verheirathete sich K. mit Pauline Hermann, einer Pastorentochter aus Duisburg. Neun Kinder entstammten dieser Ehe, welche 1892 durch den Tod der Frau aufgelöst wurde. Am 11. März 1898 verschied K. und wurde am 15. März unter außerordentlich großer Betheiligung zu Grabe getragen.

Eine werthvolle, große Bibliothek und umfangreiche Collectaneen unterstützten seine Studien.

K. war im Grunde ein Mann der Gegensätze, ein etwas einseitiger orthodoxer Calvinist und doch ein wahrer Gelehrter. Mit Zähigkeit und seltener Energie, die keine Menschenfurcht kannte, verfolgte er seinen Weg, schätzte aber auch mit Gerechtigkeit die Verdienste Anderer.

Nach den eigenhändigen Aufzeichnungen im Vereinsalbum des Bergischen Geschichtsvereins und des Pastorenalbums zu Elberfeld, ferner nach den Nekrologen in der Zeitschrift des Bergischen Geschichtsvereins (XXXIII, 161 ff.), des Reformirten Wochenblatts (Nr. 11 des Jahrgangs 1898) und der Wupperthaler Tagespresse.