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Artikel „Köpke, Karl“ von Ernst Köpke in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 16 (1882), S. 671–673, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:K%C3%B6pke,_Friedrich_Karl&oldid=- (Version vom 24. November 2024, 20:17 Uhr UTC)
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Köpke: Friedrich Karl K., Schulmann und Germanist, wurde am 19. März 1785 als jüngster Sohn des Pastors K. zu Medow bei Anclam geboren. Nach dem Unterricht in der Dorfschule, den sein Vater ergänzte und erweiterte, wurde er im 10. Lebensjahre nach Anclam in das Haus seines mütterlichen Oheims, des Präpositus Hasselbach, gegeben, um von dort aus die lateinische Schule zu besuchen. Hier gewann er auch die nie gestörte Herzensfreundschaft seines Vetters Karl K.[1], des 1864 verstorbenen Gymnasialdirectors in Stettin. Nach dem im J. 1798 zu Medow erfolgten Tode seines Vaters übernahm sein Bruder Gustav seine Pflege und Erziehung. K. trat zu Ostern 1799 in die Secunda des Grauen Klosters ein und bezog zu Ostern 1804, 19 Jahre alt, in den Wissenschaften durch Gedike, Spalding, Heindorf, Delbrück und den eignen Bruder wohl vorbereitet und durch die im vorangegangenen Winter von A. W. Schlegel über die Geschichte der Poesie gehaltenen Vorlesungen mächtig angeregt, die Universität Halle, um, wie das Klosterprogramm vom Jahre 1804 sagt, die Theologie zu studiren. Aber glücklich traf er es, daß damals gerade, wie schon durch Heyne in Göttingen, so durch Fr. A. Wolf in Halle die Philologie von der Theologie streng geschieden und zu einem selbständigen Studium erhoben wurde. K. wandte sich, vor die Wahl der Kanzel oder des Katheders gestellt, mit Entschiedenheit dem letzteren zu. Er wurde Schüler, ja bald sogar Famulus oder, wie es damals hieß, Fiscal Wolf’s. In diesem engen Verhältniß zu dem großen Meister führte er nicht nur die alte Schulfreundschaft fort, die ihn mit K. L. Kannegießer, dem späteren Danteübersetzer, mit K. L. Schneider, dem lateinischen Grammatiker und mit Im. Bekker verband, sondern gewann sich auch neue Freunde in Aug. Boeckh und in Joh. Schulze, mit dem er seit den gemeinsam gepflegten Studien spanischer Litteratur aus der Studentenzeit bis an sein Lebensende im innigsten und treuesten Verkehr verblieb. Aber auch die Liebe zu Schiller’s Dichtungen, zu der er von seinem Bruder besonders entflammt war, nahm er nach Halle mit und pflegte sie dort durch den nicht ohne Opfer und Mühe errungenen Besuch von Lauchstädt, auf dessen Sommerbühne die Schauspieler des Weimar’schen Hoftheaters die Dramen des Dichters zu vollendeter Aufführung brachten. Schiller’s Todtenfeier schloß diesen Cultus des Genius ab. Denn nicht lange danach trieb im J. 1806 die Auflösung der Universität Halle die Musensöhne auseinander. K. wurde mit seinem französischen Zwangspaß und einem Thaler in der Tasche nach Pommern dirigirt. Die Straßen waren grundlos geworden; französisches Gesindel plünderte ihn aus, abgerissen und fast zu Tode gehetzt erschien K. eines Tages bei seinem Bruder Gustav in Berlin. Da mußte denn die Fortsetzung der Studien auf eine günstige Zeit und Gelegenheit verschoben oder der energischen Selbstthätigkeit überlassen werden; das Nächste war für die eigne Erhaltung zu sorgen. K. legte eine Prüfung ab und fand am 1. December 1806 schon eine Anstellung an der Köllnischen Schule in Berlin, die er im J. 1808 mit einer Collaboratur am Werder’schen Gymnasium, welches damals Bernhardy leitete, vertauschte. Sein Eifer war groß, sein Beruf zum Schulmann unzweifelhaft; die Lage aber, in der er sich befand, für die Dauer nicht zu ertragen. In der allgemeinen Landesnoth verzögerten die Kassen ihre Gehaltszahlungen oder stellten sie ganz ein, so daß K. seine Existenz nur durch Privatunterricht, den er außer den öffentlichen Lehrstunden ertheilte, erringen konnte. Daher folgte er gern, nachdem er im J. 1808 zum Dr. phil. in Erfurt promovirt worden war, im J. 1810 dem Rufe als Oberlehrer an das Collegium Fridericianum in Königsberg i. Pr. K. trat in eine Verbindung von Lehrern, die unter Gotthold’s Führung dem Gymnasium einen Ruhm verliehen, der über die Grenzen des Vaterlandes hinausging; er trat in das Centrum jener geistigen Bewegung ein, aus der die großen Reformen des preußischen Staatslebens hervorgingen. [672] Auch sah er aus nächster Nähe, wie sich das Gericht Gott an der französischen Armee des Jahres 1812 so furchtbar vollzog. Es war dies für K. nicht ohne die tiefste Bedeutung. Denn einmal schärfte sich an den großen Charakteren, die sich hier zur Wiederaufrichtung des Vaterlandes sammelten, seine Liebe zum Deutschthum, dann aber auch klärte sich sein wissenschaftlicher Blick und öffnete sich sein historischer Sinn in den Kreisen, in welche Genossen und Mitstrebende ihn führten, wie Lobeck und Hüllmann, Schubert und Lachmann. Max v. Schenkendorf, dem er ein inniger Freund geworden war, vermittelte seine Bekanntschaft mit den „drei Grafen, die unterm Rasen schlafen“, mit dem Hause des Kanzlers v. Schrötter, mit E. M. Arndt. Und als er nach einer kurzen Ehe mit einer Cousine, die er mit dem Kinde im ersten Wochenbett verloren, im J. 1812 zu einer zweiten Verbindung geschritten war, da mochte der Mann, der nach seinem Lebensalter in den Vollgenuß der männlichen Kraft hineinwuchs, in dem neubegründeten Hausstande, im Besitze einer geliebten Frau und bald auch eines Knaben, in dem herzlichen Verkehr mit geist- und gemüthreichen Freunden und Amtsgenossen, sowie in den mit Ernst und Erfolg betriebenen germanistischen Studien sich glücklich zu fühlen. Indessen schon zu Ostern 1817 ward er nach Berlin als Professor an das Joachimsthal’sche Gymnasium berufen, das bis zum J. 1826 noch von Snethlage und von da ab von August Meineke geleitet wurde. Dieser Lehr- und Erziehungsanstalt blieb er volle 40 Jahre, bis zu seinem Rücktritt aus dem Staatsdienste zu Ostern 1857 verbunden. In der fast klösterlichen Abgeschiedenheit einer anfänglich nur nach zwei Höfen und erst später mit zwei Fenstern fast verschämt nach der Straße blickenden, wunderlich verzwickten Amtswohnung brachte er ein wechselvolles, zu allen Zeiten gleich besonnenes und wunderbar genügsames Leben zu, das ihn mit seinem Amt und den Forderungen der Wissenschaft, mit der treu väterlichen Sorge für die Seinen und der Liebe zu seinem Bruder und zu seinen Freunden, und mit der Pflege seiner Vögel und seiner Pelargonien voll und ganz ausfüllte. Unter seinen Collegen fand er seinen Schulfreund Schneider wieder; mit Meineke lebte er in so herzlichen Beziehungen, daß als auch dieser Gelehrte ein halbes Jahr nach K. von dem Amte zurücktrat, er sogar dasselbe Haus bezog, in welchem auch K. schon zuvor seine Wohnung gefunden hatte. Mit Joh. Schulze erneuete sich der alte Bund; neue Freunde suchte K. nicht, obschon er in der Humanitätsgesellschaft den bedeutendsten Männern der Wissenschaft und der Künste nahe trat. Seine Lehrthätigkeit führte er mit gewissenhafter Pünktlichkeit und gleichmäßiger Sorgsamkeit fort. Das Fach der Geschichte und des Deutschen vertrat er in den obersten Klassen, in denen erst Zumpt, dann Meineke selbst den Unterricht in den klassischen Sprachen ertheilten. Ihm galt sein Lehramt nur soweit er es zur Erziehung verwerthen konnte; seine Geschichtsvorträge wirkten daher weniger durch die Gruppirung der Ereignisse als durch die dramatische Gestaltung der handelnden Personen. In den deutschen Aufsätzen war ihm die Phrase als eine Art von Lüge oder doch Unwahrheit verhaßt und in dem Munde seiner Schüler leben noch heute die drastischen Bemerkungen, mit denen er den Bombast der Rede geißelte. Allein auf die Wahrheit der Empfindung und auf die Einfachheit des Ausdrucks suchte er seine Schüler um ihrer eigenen Charakterentwickelung wegen zu stellen. Von seinen germanistischen Studien zeugen die Ausgaben von Rudolfs v. Montfort „Barlaam und Josaphat“ (Königsberg 1818) und des großen „Passionals“ (Quedlinburg 1852). Als Bibliothekar des Joachimsthal’schen Gymnasiums hat er die Studien seiner Amtsgenossen unermüdlich gefördert. Im J. 1831 veröffentlichte er im Gymnasialprogramm die „Geschichte der Bibliothek“. Am 1. December 1856 feierte er vor seiner zu Ostern 1857 erfolgenden Emeritirung sein Dienstjubiläum; er erhielt aus dieser Veranlassung [673] den rothen Adlerorden 4. Klasse, nachdem er bereits für die Herausgabe des Passionale mit der goldenen Medaille für Kunst und Wissenschaft ausgezeichnet worden. Die ihm in seiner Zurückgezogenheit vom Amte gewährte Muße nutzte er durch Wiederaufnahme ernster und eingehender Lectüre der griechischen Geschichtschreiber und Geographen und durch den Genuß aus, welchen er im Anhören klassischer Musikstücke in der Singakademie zu Berlin fand. So hielt er sich frisch, so daß, als er seine goldene Hochzeit im J. 1862 zu Dresden feierte, sein äußeres Erscheinen keine Spur von Verfall zeigte; seine Haltung war straff, sein Haar kaum ergraut, seine Gesichtsfarbe frisch, sein Geist lebhaft angeregt. So konnte man ihn auch fast täglich am späteren Nachmittage neben seinen Freunden Johannes Schulze und dem Justizrath Bennewitz in der Nähe der Linden sehen; eine liebenswerthe Erscheinung. Da aber kam ein tödtliches Leberleiden zum Ausbruch. Auf das Abscheiden gefaßt, trug er dasselbe mit dankbarer Ergebung in den Willen Gottes. Er starb am 15. März 1865 zu Berlin und wurde an seinem Geburtstage auf dem Matthäikirchhofe bestattet.

Nach persönlichen Erinnerungen des Verfassers. Nekrolog von Rudolf Köpke in dessen Kleinen Schriften S. 70 ff.

[Zusätze und Berichtigungen]

  1. S. 671. Z. 7 v. o. l.: Karl Hasselbach, vgl. Bd. X S. 761 (st. Karl K.). [Bd. 17, S. 796]