ADB:Gebhard (Kurfürst und Erzbischof von Köln)
Otto, Cardinal von Augsburg, die Verpflichtung, den Knaben „zur Geistlichkeit und dem Studiren“ zu erziehen und zu geistlichen Beneficien und Würden zu befördern. Dieses Versprechen erfüllte Cardinal Otto. G. wurde, nach der Sitte der Zeit, auf verschiedene deutsche und auswärtige Universitäten geschickt (Dillingen, Ingolstadt und Löwen werden genannt), und erwarb sich tüchtige Kenntnisse. Im J. 1567 begab er sich nach Italien, wo er namentlich die Universität Perugia eine Zeitlang besuchte, – vielleicht auch Bologna. Dagegen [458] wird der Behauptung, er sei in Rom selbst, gleichsam unter den Augen des Papstes, erzogen worden, schon von Zeitgenossen widersprochen. Noch während der Studienzeit erfolgte seine Beförderung zu geistlichen Würden. Schon im J. 1560 war ihm eine Domherrnpfründe in Augsburg, 1561 ein Canonicat im Kölner Domstift verliehen worden. 1567 wurde er, nach Empfang der Subdiaconatsweihe, Canonicus im Augsburger Domkapitel und etwa gleichzeitig auch Capitular im Hochstift Straßburg. Am 21. Mai 1568, während G. noch in Perugia weilte, wurde ihm der durch die Wahl Salentins von Isenburg zum Erzbischof erledigte Platz im Kölner Domkapitel verliehen, von welchem er im September 1570 persönlich Besitz nahm. Er hatte inzwischen, nach der Rückkunft aus Italien, in Augsburg sich aufgehalten, aber anfangs kein geistliches Leben geführt. In Briefen an Herzog Albrecht von Baiern aus dem Spätjahr 1569 klagt Cardinal Otto, daß sein sonst nicht ungeschickter junger Vetter, nachdem er eine Zeitlang „gar eingezogen, geistlich und gottesfürchtig“ gelebt, sich jetzt so „unpfäffisch erzeige, in beharrliche Völlerei, weltliche Kleidung, reiterischen und ungeistlichen Wandel begeben habe und hin und wieder in der Stadt schwärme, – thue wie ein unbestimmter Mensch.“ Freilich trieben es die adlichen Domherren damals allgemein nicht viel anders. Doch konnte Herzog Albrecht den Cardinal bald danach mit der Versicherung beruhigen, G. halte sich auf seine Ermahnung und des Domdechants Untersagen hin wieder eingezogen und wohl. Aus den folgenden Jahren verlautet nicht viel über G. Doch scheinen sowol Rom wie seine Mitcapitularen zufrieden mit ihm gewesen zu sein, da ihn im J. 1574 das Straßburger Kapitel zum Domdechant wählte, und im J. 1576 der Papst zum Augsburger Domprobst ernannte. In Köln verweilte G. inzwischen nur selten; es kam sogar vor, daß er seine jährliche Residenzpflicht versäumte und damit auch die Präsenzeinkünfte einbüßte. In Folge dessen nahm er auch an den langwierigen und erbitterten Streitigkeiten zwischen dem Kurfürsten Salentin und dem Domkapitel nicht mehr als formalen Antheil. Als sich im Herbst 1576 herausstellte, daß es nunmehr dem Kurfürsten mit seiner schon oft geäußerten Absicht zu resigniren Ernst sei und daraufhin verschiedene Bewerber um das Erzstift Köln auftraten, wird Gebhard’s Name unter ihnen kaum genannt. Jedoch betheiligte er sich von jetzt ab eifriger an den Maßregeln, welche das Kapitel ergriff, um seine Wahlfreiheit gegen die von Salentin geplante Coadjutorie zu vertheidigen. An seiner gut katholischen Gesinnung zweifelte damals Niemand. Vielmehr rechnete Herzog Albrecht von Baiern, als er auf Erlangung der Coadjutorie für seinen Sohn Ernst verzichten und als Bewerber um die Stimmen der einzelnen Capitularen auftreten mußte, namentlich auch auf Gebhard’s Stimme. Durch seinen Bruder Karl, damals Kammergerichtspräsident zu Speier, ließ der Herzog ihm vorstellen, wie viel zur Erhaltung und Erweiterung der katholischen Religion an Ernst’s Wahl gelegen sei. Außerdem machte er die freundschaftlichen Beziehungen geltend, in welchen Gebhard’s Vater und Oheim zum bairischen Hause gestanden hatten. Als man aber im Frühjahr 1577 erfuhr, daß sich neben dem Straßburger Bischof Johann von Manderscheid, dem Chorbischof Herzog Friedrich von Sachsen-Lauenburg und dem Domdechant Anton von Schauenburg auch G. Hoffnung auf die Wahl mache, erkannten die Baiern und ihre Anhänger, darunter auch der päpstliche Nuntius Graf Porzia, im Truchsessen sofort ihren gefährlichsten Mitbewerber. Denn G. galt allgemein für klug und geschickt; bei den Capitularen, Edelherren wie Priester-Canonichen war er sehr beliebt und stand selbst mit Kurfürst Salentin noch auf gutem Fuße. Auch der Kölner Rath und die Landstände ließen deutlich merken, daß ihnen Gebhard’s Wahl viel genehmer sei als die eines bairischen Fürsten. Um so gefährlicher war dieser Concurrent, als auch die ganz oder halb protestantischen Mitglieder des Kapitels, da sie sich auf [459] die Wahl eines der ihren keine Rechnung machen konnten, lieber einen bloßen Freiherrn als den Sohn des mächtigsten katholischen Fürsten zu ihrem Haupte wollten. Vermuthlich hat ihnen G. zudem für den Fall seiner Wahl das Versprechen gegeben, sie nach Möglichkeit gegen etwaige Ausschließungsversuche zu schützen. Unter den Agitatoren für G. ist seit dem Sommer 1577 keiner rühriger als der offen calvinische Graf Hermann Adolf von Solms. Er bestimmt auch den lutherischen Erzbischof von Bremen, Herzog Heinrich von Lauenburg und dessen Anhang G. ihre Stimmen zu geben. Endlich trat diesem auch noch, wie es scheint durch förmlichen Compromiß, der damals noch lau katholische Bischof von Straßburg mit seiner Partei bei, so daß bei der Wahl am 5. Dec. 1577 zwölf Stimmen auf G. und nur zehn auf Herzog Ernst von Baiern fielen. Es waren im Ganzen 24 Wähler: 16 Edelherrn und 8 Priester-Canonichen; zwei Stimmen gingen aber verloren, weil sich nach dem Herkommen die beiden Candidaten nicht selbst ihre Stimme geben durften. Das Wahlverfahren war das bei den Kölner Kapitelwahlen gebräuchliche per viam scrutinii et compromissi mixti sive determinati. Demnach galt ein ursprünglich nur mit Majorität gewählter durch die Accession der Minorität und die Proclamirung durch die Scrutatoren als der Erwählte des ganzen Kapitels. Das officielle Protokoll der Wahl Gebhard’s, welches von allen Capitularen außer von H. Ernst und einem Grafen von der Mark unterschrieben und zum Behuf der Confirmation nach Rom gesandt wurde, erwähnt darum gar nichts von Stimmen, die auf Herzog Ernst gefallen wären. Dennoch erhob dieser gleich nach der Wahl Protest und appellirte nach Rom, unter dem Vorgeben, daß mehrere häretische oder irregulare Personen an Gebhard’s Wahl Theil genommen hätten und darum nicht dieser, sondern er selbst von der major et sanior pars Capituli gewählt sei. In Rom war man von vornherein dem Neffen des in bestem Andenken stehenden Cardinals Otto wohlgeneigt, scheute auch das Odium eines voraussichtlich erfolglosen Processes. Doch mochte man das ungestüme Drängen des mächtigen Hauses Baiern nicht geradezu abweisen. Die von G. und dem Domkapitel sofort erbetene Bestätigung der Wahl wurde daher verschleppt und ist erst im März 1580 erfolgt, nachdem die entgegenstehenden Schwierigkeiten durch zwei Umstände beseitigt waren. Zunächst durch Gebhard’s entschieden rom-freundliche Haltung. Schon am 24. April 1578 hatte er in die Hände des Erzbischofs Jacob von Trier den Eid auf das sogenannte tridentinische Glaubensbekenntniß abgelegt, damals bereits unerläßliche Vorbedingung, um die durch die Concordate der deutschen Nation geforderte päpstliche Bestätigung zu erlangen. Im folgenden Jahre nahm er dann als kaiserlicher Commissar beim Kölner Pacificationscongreß Partei für den König von Spanien und war insbesondere behülflich die religiösen Ansprüche der Generalstaaten abzuweisen. In der Umgebung des beim Congreß anwesenden Nuntius Castagna sprach man damals von G. als von dem Borromäus von Deutschland. Zum Beweis kirchlicher Gesinnung ließ er sich sogar, was seine vier letzten Vorgänger versäumt hatten, die Priesterweihe von seinem Weihbischof ertheilen. Die Kölner Jesuiten fanden bei ihren Bemühungen, gegen den Willen eines großen Theils von Rath und Bürgerschaft Eigenthum in der Stadt zu erwerben, an G. einen eifrigen Förderer. – Das zweite Hinderniß seiner Bestätigung fiel hinweg durch den im October 1579 erfolgten Tod des alten Herzogs von Baiern, welcher die Durchführung des römischen Processes als eine Ehrensache seines Hauses angesehen hatte, während der unterlegene Mitbewerber selbst des Streites längst schon müde war. – Am kaiserlichen Hof war man von Anfang an über Gebhard’s Wahl erfreut, obwol man formell für Herzog Ernst intercedirt hatte. Denn allzu großes Wachsthum der bairischen Macht war auch dem Kaiser unbequem, während man einen österreichischen Lehensmann, dessen Brüder in kaiserlichen [460] Diensten standen, gerne auf dem Kurfürstenstuhl sehen mußte. Schon kurz nach der Wahl hatte deshalb Kaiser Rudolph dem Erwählten Glück wünschen lassen; auch König Philipp wurde nur durch Rücksicht auf Baiern veranlaßt die spanisch-burgundische Gratulation etwas zu verschieben. Im April 1578 erhielt G. in Erwartung der päpstlichen Confirmation ein kaiserliches Indult für die Verwaltung der Temporalien und wurde in die Kurfürsten-Einigung aufgenommen. Im Mai nahmen ungeachtet bairischer Proteste seine Gesandten neben denen der anderen Kurfürsten an dem Wormser Deputationstag theil. Der Herzog von Jülich fand sich mit dem neuen Nachbar besser zurecht als mit dessen eigensinnigem Vorgänger. Dagegen erkaltete die Freundschaft mit den protestantischen Wetterauer Grafen, denen G. gutentheils seine Wahl verdankte, vermuthlich bald nach dem Kölner Congreß. Die mit Oranien und den Generalstaten [WS 1] angeknüpften Beziehungen hatten jedenfalls gegenseitiger Verstimmung Platz gemacht. Ueber Gebhard’s sittliches Verhalten in diesen ersten Regierungsjahren fehlen zuverlässige Nachrichten; nicht unwahrscheinlich ist, daß auch er, gleich vielen seiner damaligen Standesgenossen, ein ziemlich freies Leben führte. Als „zerlich“, das ist als schlechter Haushalter, hatte G. schon vor der Wahl gegolten und mit Schulden beladen sein Amt angetreten. Isselt will durch Klatsch aus der Bedientenstube wissen, schon im Herbst 1579 habe sich Gebhard’s Liebschaft mit der schönen Agnes von Mansfeld, Tochter aus einem kinderreichen und verschuldeten protestantischen Grafenhause, damals Stiftsdame zu Gerresheim, angesponnen. Festeren Anhaltspunkt gewährt eine vertrauliche Meldung des Grafen Johann von Nassau an Oranien aus dem November 1581, daß G. sein bisher geführtes unchristliches und unzüchtiges Leben bereue und daran denke abzustehen und sich zu verheirathen, um sein Gewissen nicht länger also zu beschweren. Damit nun nicht ein schlimmerer Gegner der Protestanten, etwa der Bischof von Freising, Herzog Ernst von Baiern nachfolge, soll G. bewogen werden, trotz einer Heirath das Erzstift auf Lebenszeit zu behalten. (Seinem Vorgänger Salentin hatte man diesen Vorschlag öfter gemacht.) Hieraus läßt sich schließen, daß das Verhältniß zu Agnes damals schon bestand. Wie viel wahres an der Erzählung ist, deren Brüder hätten Anfang 1582 dem Kurfürsten das Eheversprechen abgenöthigt, läßt sich zur Zeit nicht constatiren. G. selbst gestand später, er habe Anfangs Resignation beabsichtigt, sei aber durch seine guten Freunde davon abgebracht worden. Diese Freunde haben wir namentlich in den Wetterauer Grafen in und außer dem Kapitel zu suchen: in Hermann Adolf von Solms, Georg und Ludwig von Wittgenstein, Johann von Winneburg, ferner in Graf Adolf von Neuenar, sowie in dem selbst heimlich mit einer Kölner Bürgerstochter verheiratheten Erzbischof von Bremen. Ob Gebhard’s Uebertritt zum Protestantismus noch andere Gründe hatte als seinen Wunsch, Agnes von Mansfeld in Ehren zu besitzen, muß dahingestellt bleiben. Die Freunde scheinen ihm den Rath gegeben zu haben bei der Einführung der Reformation im Erzstift Köln nach dem in den Niederlanden gegebenen Muster zu verfahren. Die protestantischen Einwohner von Köln wurden veranlaßt, wieder einmal, wie schon früher, beim Rathe um Gestattung freier Religionsübung zu bitten. Um die Erregung in der Stadt besser in Fluß zu bringen ließ Graf Adolf von Neuenar auf dem vor den Thoren von Köln gelegenen Hause Mechtern an einem Juli-Sonntag des J. 1582 öffentlich predigen, wozu schon aus Neugierde die Kölner Bürger herbeiströmten. Als Mittel Unordnung zu verhüten hätte es sich dann empfohlen bestimmte Plätze in der Stadt für den evangelischen Gottesdienst einzuräumen. Auf solche Weise hatte man in den Niederlanden wiederholt mit gutem Erfolg die Protestantisirung der Städte begonnen. Aber der ordnungsliebende, vorwiegend noch katholische Stadtrath verbot nicht nur sectirerische [461] Zusammenkünfte und Predigten in der Stadt, sondern auch das Auslaufen nach Mechtern, und ließ, als dies nicht genügte, bei der dritten Predigt von den Wällen aus auf das Haus schießen. Nun machte der Kurfürst den Vermittler und bewog den Grafen für jetzt das Predigen einstellen zu lassen. Die Kölner Protestanten aber wandten sich an die auf dem Reichstag zu Augsburg versammelten protestantischen Stände und erlangten Intercessionen an den Kaiser, an den Kölner Rath und an den Erzbischof selbst. Hierdurch und durch Bittschriften, die man unter der Ritterschaft und in den Stiftsstädten anregte, sollte G. eine Handhabe bekommen, zuerst die „Freistellung“ und dann eine allgemeine Kirchenreformation einzuführen. Im August begab sich dieser selbst nach Westfalen und scheint hier mehrfache Zusammenkünfte mit den Wetterauer Grafen und dem Erzbischof von Bremen gehabt zu haben, auf denen Genaueres über die Ausführung des Planes berathen wurde. Aber inzwischen waren auch Gerüchte von seinen Absichten dem Domkapitel zu Ohren gekommen. Dieses war schon zuvor mit dem Kurfürsten wie mit seinen Vorgängern über beiderseitige Einkünfte in Streitigkeiten gerathen. Die Aussicht Gebhard’s Nachfolger zu werden bewog nun den Chorbischof Herzog Friedrich von Sachsen-Lauenburg, Bruder des Bremer Erzbischofs, sich an die Spitze der dem Kurfürsten feindseligen Capitularen zu stellen. Weil dieser die Auszahlung gewisser Renten eingestellt hatte, occupirte Herzog Friedrich den kurfürstlichen Zoll zu Zons. Dies bot dann wieder dem Erzbischof Anlaß ein paar hundert Mann Soldaten in Dienst zu nehmen, mit denen er am 4. November vor Bonn erschien. Widerwillig ließ man sein Gefolge in die Stadt; einmal darin setzte es sich allmählich mit Gewalt und List fest. Auch in einige andere Ortschaften und Häuser, wie Poppelsdorf und Godesberg, legte der Kurfürst Besatzung. Aus Schloß Brühl ließ er die Stiftsschätze heimlich nach Bonn bringen. Sein Hoflager in Bonn wurde nun zugleich sein und der Wetterauer Grafen Hauptquartier, von wo aus Beziehungen zu den protestantischen Reichsständen angeknüpft wurden. Auch mit den zahlreichen Protestanten und anti-jesuitisch gesinnten Elementen unter der Kölner Bürgerschaft fand ein reger Verkehr statt. Dagegen traf der Kölner Rath Maßregeln, um gegen einen Ueberfall von Seiten Gebhard’s gesichert zu sein. Inzwischen wurden Verhandlungen zwischen G. und dem Kapitel gepflogen, um eine Ausgleichung herbeizuführen oder auch um Zeit zu gewinnen. Beide Theile suchten sich der Zustimmung der Landstände zu versichern. Dabei stellte sich alsbald eine Hauptschwäche der Sache Gebhard’s heraus: nicht einer von den kurfürstlichen Räthen trat auf seine Seite; er mußte von seinen neuen Freunden gelehrten Beistand verlangen und persönlich einen großen Theil seiner Correspondenz führen, wobei er Gelegenheit erhielt seine Geschicklichkeit mit der Feder an den Tag zu legen. Zugleich gab er sich Mühe in den Glaubenslehren seines neuen Bekenntnisses sich zu unterrichten. Am 19. December trat er endlich offen mit seinen Absichten hervor: er veröffentlichte eine Erklärung, worin er sich selbst vom Papstthum lossagte und auch anderen die Uebung der reinen Lehre und Sacramente freistellte, jedoch versprach Niemanden wider sein Gewissen zu beschweren, sowie die Freiheiten des Erzstifts und das Wahlrecht des Kapitels zu achten. – In einem gedruckten Plakat (vom 16. Januar 1583 datirt) wiederholte er später ausführlicher diese Erklärung mit specieller Berufung auf die Augsburger Confession und mit einer Andeutung auf beabsichtigte Verehelichung. – Nach G.’s Erklärung vom 19. December ließ auch das Domkapitel, vom Kaiser, von Cardinal Madruzzo [WS 2] und von Alexander Farnese [WS 3] zum Widerstand ermuthigt, die bisherigen Rücksichten fallen und beschied auf den 29. December die kurfürstlichen Räthe und einen Ausschuß der Stände, mit deren Zustimmung alsdann auf den 27. Jan. 1583 ein allgemeiner Landtag nach Köln ausgeschrieben wurde. Schon ehe dieser zusammentrat, [462] hatte der Chorbischof den Krieg eröffnet, indem er am Dreikönigstag mit bewaffneter Hand die Stadt Berck (Rheinberg) einnahm und die Zollgelder dem Kapitel überlieferte; am 14. Januar fing er sodann das kurfürstliche Küchenschiff weg. – Aber auch Gebhard’s Anhänger waren nicht müßig. Pfalzgraf Johann von Zweibrücken [WS 4] nebst Gesandten der Pfalzgrafen Johann Casimir und Reichard und einem Ausschuß der Wetterauer Grafen erschien am 29. December vor dem Kapitel und dem Ausschuß der Stände, dann auch vor dem Kölner Stadtrath, um Gebhard’s Sache zu vertreten. Zum Landtag selbst ordnete eine ganze Reihe von protestantischen Fürsten ihre Gesandten ab; an der Spitze Kurfürst Ludwig von der Pfalz, während die Kurfürsten von Sachsen und Brandenburg durch ein Collectivschreiben vor Anwendung von Gewalt und insbesondere vor Anrufung spanischer Hilfe warnten. Gebhard’s Freunde waren damals voll Zuversicht auf den Erfolg ihrer Sache. In Köln selbst regten sich drohend die protestantischen Sympathien, begünstigt von der Abneigung gegen die jüngst ohne Genehmigung des Rathes in den Besitz eines Klosters gelangten Jesuiten. Man schmeichelte sich mit der Hoffnung, der Kurfürst von Mainz und der mit G. befreundete Bischof Julius von Würzburg würden seinem Beispiel folgen. Aber auch auf der Gegenseite fehlte es nicht an Ermuthigungen von Seite des Papstes, des Kaisers, des Herzogs von Jülich und des Königs von Spanien. Beim Landtag lag die Entscheidung über Gebhard’s Schicksal am Rhein. Sie fiel gegen ihn aus. Die große Mehrheit der drei weltlichen Landstände, Grafen, Ritterschaft und Städte erklärte sich für das Domkapitel. Im J. 1463 war zwischen Kapitel und Ständen eine Erblandesvereinigung abgeschlossen und seither mehrmals erneuert worden. Die neugewählten Erzbischöfe mußten deren Beobachtung geloben. In ihr war dem Kapitel ein bedeutender Antheil an der Landesregierung eingeräumt; ihm und nicht dem Landesherrn sollten die Stände gehorchen, falls letzterer sich gegen die Vereinigung verginge. Nun konnte das Kapitel auf mehrere Artikel hinweisen, in welchen G. die Union verletzt hatte, namentlich auf den 21. Artikel, der in seiner Fassung vom J. 1550 besagte, daß kein Kurfürst Neuerungen wider die allgemeine Ordnung der katholischen Kirche vornehmen dürfe. An dieser Bestimmung hielten die weltlichen Stände fest. In dem Landtags-Abschied vom 1. Februar erklärten sie, Gebhard’s Vornehmen sei der Erblandesvereinigung nicht gemäß, das Kapitel daher zur Berufung des Landtags befugt gewesen. Auch sie wollten bei der Vereinigung in allen Punkten stehen und bleiben. Diesem Beschluß traten binnen Kurzem auch die Stände des Festes Recklinghausen bei, während die westfälischen, welche den 21. Artikel nur in seiner älteren weniger bestimmten Form kannten, sich zwar von den rheinischen nicht trennen wollten, aber doch ihres Treueides gegen den Kurfürsten nicht ledig hielten. Von den Kapitelsbeschlüssen hatte sich, außer den reformirten Capitularen Hermann Adolf v. Solms und Johann v. Winneburg, nur noch der bisher katholische Freiherr Thomas v. Kriechingen abgesondert, während sich der halb-lutherische Domdechant Anton von Schauenburg und einige andere bisher zweifelhafte jetzt der Majorität anschlossen und der Erzbischof von Bremen seine Neutralität erklärte. – Jetzt erst brach G. vollends mit den römischen Traditionen: am 2. Februar ließ er in Bonn seine Heirath mit Agnes von Mansfeld durch den Zweibrück’schen Superintendenten Pantaleon Candidus zusammensprechen und bestätigen und hielt ein feierliches Hochzeitsmahl. Andern Tags zog er, nachdem er zuvor die wichtigsten Urkunden aus dem Stiftsarchiv genommen und dem Grafen von Neuenar zur Fortschaffung übergeben hatte, von Bonn nach Dillenburg zu Graf Johann von Nassau, von da nach Marburg zu Landgraf Wilhelm und dann nach dem kölnischen Herzogthum Westfalen, wo der Protestantismus, namentlich unter dem Adel und in den gegen Nassau, Hessen [463] und Waldeck zu gelegenen Städten viel tiefere Wurzeln geschlagen hatte als am Rhein. – Nachdem durch allgemeine Verbreitung des Freistellungsediktes vom 16. Januar die Gemüther genügend vorbereitet waren, berief G. auf den 10. März einen westfälischen Landtag nach Arnsberg und erlangte am 15. von der großen Majorität namentlich des Adels einen von dem rheinischen sehr verschiedenen Landstagsabschied; Ritterschaft und Landstände dankten dem Kurfürsten für die bewilligte Freistellung und baten ihn und alle Reichsstände sie dabei zu erhalten. Nur ein paar Adliche, dann die Städte der Grafschaft Arnsberg und besonders die kurfürstlichen Räthe wiesen für sich diesen Beschluß ab; die letzteren und einige andere eifrige Katholiken verließen bald danach theils freiwillig, theils gezwungen das Land. Nun begann G. die öffentliche Ausübung der evangelischen Religion im Herzogthum ins Werk zu setzen. Prädicanten kamen von allen Seiten herbei, theils lutherische, theils reformirte; nicht alle erfreuten sich, wie es bei solchen Neugestaltungen zu gehen pflegt, des besten Rufes. Den in Folge des Concordienbuches sehr heftig gewordenen Streitigkeiten zwischen Reformirten und Lutheranern suchte G. möglichst fern zu bleiben. Er hatte zwar, zum Verdruß eifriger Calvinisten, gleich Anfangs sich als Anhänger der Augsburger Confession bekannt, aber die Unterzeichnung der Concordienformel abgelehnt. Verdächtiger wurde er den Lutheranern durch seinen vertrauten Verkehr mit notorischen Calvinisten und den Niederländern; auch nahmen Manche an dem Motiv seiner Bekehrung großen Anstoß. Einstweilen schien G. in Westfalen mit der versprochenen Freistellung nach beiden Seiten Ernst machen zu wollen. In mehreren Städten ließ er in derselben Kirche den katholischen Gottesdienst neben dem evangelischen fortbestehen. Anderwärts begnügte man sich mit der Einführung der Communion unter beiden Gestalten. Auch das „Ausschreiben“, welches mit dem Datum vom 10. März aber erst nach dem 18. April zu Gebhard’s Rechtfertigung im Druck erschien, hält sich noch ganz auf dem Standpunkt seiner beiden Erklärungen vom 19. December und 16. Januar. Als aber das Kapitel auf die römische Privationsbulle hin eine Neuwahl ausgeschrieben hatte, verschwanden in Westfalen die Reste wirklicher Cultusfreiheit und fing G. das bei seinen reformirten Freunden übliche Bilderstürmen an; es fehlte dabei nicht an den rohesten Entehrungen dessen, was den Katholiken heilig ist. – Während er in dieser Weise reformirend in den westfälischen Städten umherzog, zugleich aber durch Erhebung von Contributionen und durch Werbungen seine Kriegsmacht verstärkte, hatte sich am Rhein der kleine Krieg ohne besondere Erfolge hingezogen. Im Niederstift schlug sich seit Anfang Februar der Chorbischof mit dem Grafen Adolf von Neuenar herum, ersterer durch spanische Hilfsvölker aus den Niederlanden unter dem gefürsteten Grafen von Arenberg, letzterer durch statische Soldaten unterstützt. Vergebens forderten die rheinischen Kreisobersten Entfernung des fremden Kriegsvolkes. Im Oberstift fand Graf Salentin von Isenburg, der vorige Kurfürst, jetzt Gelegenheit als Kapitelsfeldherr für frühere erfahrene Kränkungen sich zu rächen. Bonn, der wichtigste Platz, das „Herz“ des Erzstifts, wurde von Carl Truchseß (der mit dem jüngsten Bruder Ferdinand sich für G. erklärt hatte, während Christoph zur katholischen Partei hielt) in Vertheidigungszustand gesetzt; einige glückliche Ausfälle wurden gemacht. Allgemeine Wichtigkeit erlangten aber diese kölnischen Dinge erst wieder, als andere Reichsstände offen in den Kampf eintraten. Anlaß fanden sie durch die über G. ausgesprochene Excommunication und Privation und die darauf erfolgende Wahl eines neuen Erzbischofs. – In Rom hatte man den Gerüchten über Gebhard’s bevorstehenden Abfall Anfangs kaum Glauben schenken wollen. Noch im December 1582 hoffte der Papst durch ein väterlich warnendes Breve und Zureden der anderen geistlichen Kurfürsten G. von seinem Beginnen abbringen zu können. Aber das Breve begegnete nur bitterem [464] Spott und die beiden Kurfürsten fanden es nicht mehr an der Zeit, den päpstlichen Auftrag auszuführen. Erst als man durch den nach Köln abgesandten Secretär des Cardinals Madruzzo, Minutius, Genaueres erfahren hatte, betraute Gregor XIII. zwei Legaten, die Cardinäle Madruzzo und Andreas von Oesterreich mit Vollmachten zur Beseitigung der der römischen Kirche am Rhein drohenden Gefahren. Der junge Cardinal Andreas, Sohn des Erzherzogs Ferdinand und der Philippine Welser, sollte sich selbst nach Köln begeben. Als Berather wurden ihm zwei Nuntien, der Marquese von Malaspina und der Bischof von Vercelli beigegeben. Es sieht aus, als hätten Rom und das Haus Oesterreich den Cardinal Andreas als Nachfolger Gebhard’s ausersehen gehabt, in der Hoffnung, daß ein Truchseß von Waldburg ihm vielleicht eher als einem andern freiwillig den Platz räumen würde. Aber diese Hoffnung schlug fehl. Pfalzgraf Johann Casimir verwehrte dem Cardinal den Durchzug. Nach langen Wochen vergeblichen Harrens sah sich dieser genöthigt wieder zu seinem Vater nach Innsbruck zurückzukehren. Jetzt wußten auch Papst und Kaiser keinen geeigneteren Nachfolger für G. als den Herzog Ernst von Baiern, damals bereits Bischof von Lüttich und daneben Administrator der Stifter Freising und Hildesheim. Ernst zeigte Anfangs wenig Lust, sich aus seinem geliebten Freising wegzubegeben und nochmals den Unannehmlichkeiten eines Kölner Wahlkampfes auszusetzen. Erst auf vieles Zureden machte er sich Anfang März verkleidet auf den Weg nach Köln, wo er am 10. eintraf und von den römisch-gesinnten freudig als künftiger Erzbischof begrüßt wurde. Ende April kam endlich auch der Bischof von Vercelli dort an mit der vom 1. April neuen Kalenders datirten Privationsbulle. Sie wurde sofort publicirt und auf den 23. Mai alten Stils die Neuwahl ausgeschrieben. Es fanden sich außer Herzog Ernst noch zwei Bewerber um die Bischofswürde unter den Capitularen: Graf Arnold von Manderscheid, Bruder des Straßburger Bischofs und der Chorbischof Herzog Friedrich von Lauenburg. Sie standen zurück, jedenfalls nicht ohne Entgelt, so daß Herzog Ernst, da Gebhard’s Anhänger natürlich nicht erschienen, am festgesetzten Tage angeblich einstimmig (von 17 Anwesenden) zum neuen Erzbischof und Kurfürsten erwählt wurde. Bald nach der Wahl sprach der Bischof von Vercelli über die beiden Capitularen Hermann Adolf v. Solms und Johann v. Winneburg die Privationssentenz aus, etwas später auch über den Dompropst Georg von Wittgenstein und den Capitular Thomas von Kriechingen. – Von nun an fiel die ansehnliche Macht des Hauses Baiern gegen G. in die Wagschaale, während ein anderer Wittelsbacher, der nimmermüde Pfalzgraf Johann Casimir als sein Vorkämpfer in die Schranken trat. Der neue Kölner Erzbischof ließ in seinem an kriegstüchtigen Leuten reichen Stift Lüttich Werbungen anstellen und ernannte seinen älteren Bruder Ferdinand (der jedoch erst im October am Rheine eintraf) zum Oberfeldherrn. Mehr noch lag dem regierenden Herzog Wilhelm die Ehre und Macht des Hauses Baiern und das Wohl der römisch-katholischen Kirche am Herzen; für beides stürzte er sein eigenes Land in große Schuldenlast. 3000 Mann Fußvolk und 1000 Reiter wurden in Baiern geworben. Da Herzog Wilhelms Mittel nicht reichten, schickte Papst Gregor auf dessen dringende Bitten wiederholt reiche Subsidien. – Auf der Gegenseite hatte Pfalzgraf Johann Casimir seine Werbungen von deutschem, französischem und schweizerischem Volk begonnen, sobald der Ausbruch des Krieges gewiß war. Abmahnungen des Kaisers beantwortete er mit keckem Leugnen. Ein paar Reichsstädte (Anfang März in Heilbronn) versprachen ein Darlehen und eine Versammlung protestantischer Stände unter dem Vorsitz des Kurfürsten Ludwig von der Pfalz bewilligte Ende März in Worms Beiträge zu Gebhard’s Unterstützung. Im April kam G. selbst aus Westfalen in die Pfalz und schloß hier am 14. zu Friedelsheim mit Johann Casimir einen Vertrag, worin er diesen [465] zu seinem Generalfeldherrn ernannte, welchem Graf Adolf von Neuenar und Carl Truchseß unterstehen sollten. G. versprach die Städte und festen Plätze am Rhein, welche noch oder, wie Rheinberg, wieder in seinem Besitz waren oder darein kommen würden, dem Pfalzgrafen einzuräumen und verpfändete ihm als Garantie für die Besoldung des Kriegsvolks das ganze Erzstift sammt all’ seinen Einkünften. – Während Johann Casimir rüstete, ließen sich die drei weltlichen Kurfürsten nach deutscher Sitte in einen weitläufigen Schriftenwechsel mit dem Kaiser ein, welcher am 12. April damit endete, daß der Kaiser auf die bereits erfolgte päpstliche Privation Gebhard’s hinwies. Später wurden jedoch die Ausgleichsbemühungen von den Kurfürsten wieder aufgenommen. – Im Juli erschien zuerst Johann Casimir’s Rath, Doctor Beutterich, mit einem Trupp Franzosen und Schweizer; im August folgte der Pfalzgraf selbst mit dem Hauptheer, zusammen etwa 7000 Mann Reiter und Fußvolk. Zur Rechtfertigung dieser Kriegsexpedition erließ er ein vom 7. August aus Lautern datirtes Ausschreiben, worin er als seine Hauptmotive die „Abtreibung der Tyrannei des Papstes“ und die „Erhaltung der deutschen Libertät“ bezeichnete. Insbesondere bestritt er als Wortführer der Wetterauer Grafen die Verbindlichkeit des gegen G. sprechenden geistlichen Vorbehaltes und wiederholte die in den letzten Jahrzehnten oftmals vorgebrachten Argumente für die Freistellung. Mit großen Erwartungen sah alle Welt seinem Anzug entgegen. In Köln regten sich die protestantischen Sympathien wieder lebhaft und machten sich besonders Luft, als ein populärer Prediger, der Pfarrer Stephan Isaak an St. Marien-Ablaß gegen die Mißbräuche des Kölner Heiligencultus predigte. G., der beim Herannahen Johann Casimir’s aus dem bereits ganz protestantisirten Westfalen wieder an den Rhein gekommen war und auf dem Hause Lülsdorf Hof hielt, schürte die Erregung in Köln durch offene Briefe an Rath und Gaffeln (Zünfte), worin er gegen die Pfaffen, gegen die Spanier und besonders gegen den Kapitelsfeldherrn Salentin von Isenburg Argwohn säte. Dr. Beutterich erlitt vor Unkel eine Schlappe, eroberte und verbrannte aber dafür die Abtei Deutz, im Angesichte der Stadt Köln. Damit waren indeß auch die Kriegsthaten des pfalzgräflichen Heeres zu Ende. Es fehlte an Geld, um das meuternde Volk zu bezahlen. Johann Casimir beschwerte sich bitter über G., der seine Zusagen nicht gehalten habe, weder Geld schaffte noch seine festen Plätze dem Generalfeldherrn öffnete. Von Adel und Städten in Westfalen und im Fest Recklinghausen hatte G. zwar ansehnliche Contributionen, theils freiwillige, theils erzwungene, erhalten, aber das reichte nicht aus und die im Ausland, bei den Niederländern, bei König Heinrich von Navarra und bei Elisabeth von England erbetene Unterstützung konnte so rasch nicht zur Stelle sein. In seiner Verlegenheit suchte Johann Casimir sogar bei der Stadt Köln um ein Darlehen nach, was höflich abgelehnt wurde. Der Kölner Rath verstand es vortrefflich zwischen beiden Parteien den Neutralen zu spielen. Das hatte den Vortheil, daß die Bürgerschaft aus dem Handelsverkehr mit beiden sich einigermaßen für ihre sonstigen Geschäftsverluste entschädigen konnte. Trotz allen Geldmangels sollen aber in dieser Zeit sowol G. wie sein Feldherr und gleich ihnen natürlich auch auf Kosten der Bauern ihre Untergebenen in Saus und Braus gelebt haben. Als sich das Kriegsvolk endlich aus der Grafschaft Sayn, wo gemustert worden war, rheinabwärts in Bewegung gesetzt hatte, wurde es von Königswinter und dem Drachenfels mit blutigen Köpfen weggeschickt. Danach scheinen Joh. Casimir’s Schaaren ein paar Wochen zuerst bei Bonn, dann bei Deutz und Mülheim, Köln gegenüber, gelagert und das bergische Land ausgeplündert zu haben, was ernstliche Beschwerden des Herzogs von Jülich zur Folge hatte. Anfang October finden wir den Pfalzgrafen wieder bei Engers und Rommersdorf, [466] unterhalb Ehrenbreitstein, ohne daß man über den Zusammenhang dieser Märsche klar würde. Hier erschien ein kaiserlicher Herold in seinem Lager und forderte ihn und seine Obersten bei Strafe der Acht zur Niederlegung der Waffen auf. Fast gleichzeitig erhielt der Pfalzgraf die Nachricht von dem am 12. October erfolgten Tode seines Bruders, des Kurfürsten [WS 5] . Das erste bot ihm einen willkommenen Vorwand, das zweite einen Grund sein unbotmäßiges Heer aufzulösen und selbst in die Pfalz zurückzueilen, um nicht von der Vormundschaft über den künftigen Kurfürsten[WS 6] ausgeschlossen zu werden. Ein Theil seiner Soldaten verlief sich, andere schlugen sich durch die Verhaue der Bauern im Bergischen nach dem Herzogthum Westfalen durch, um dort bei G. Sold und neuen Kriegsdienst zu finden. – Der Tod des Kurfürsten von der Pfalz war für G. ein großer Nachtheil, da dieser sich seiner Sache mit wirklichem Eifer angenommen hatte, während der Kurfürst von Brandenburg den rheinischen Dingen ferner stand und Kurfürst August von Sachsen, stets friedliebend und von vornherein an der Rechtmäßigkeit von Gebhard’s Beginnen zweifelnd, wegen dessen Verbindung mit dem Hause Nassau und den Reformirten noch zurückhaltender geworden war. Auch Kurfürst August hatte, wie Landgraf Wilhelm, die rasche Heirath Gebhard’s unzeitig gefunden. Zudem gab sich Herzog Wilhelm von Baiern große Mühe, ihn durch die Erinnerung an die alte Freundschaft der beiden Häuser von G. abzuziehen. Auch die niederländischen Dinge hatten sich für diesen ungünstig gestaltet: Farnese’s Waffen waren seit dem vorigen Jahre überall im siegreichen Vordringen; dagegen hatte sich der Herzog von Anjou durch seinen thörichten Anschlag auf Antwerpen (17. Januar 1583) die Gemüther der Reformirten entfremdet. Oranien gab sich lange vergeblich Mühe eine Aussöhnung mit dem Herzog zu Stande zu bringen, denn in den Niederlanden hoffte man jetzt besseres von einer Verbindung mit G. und dem Pfalzgrafen Johann Casimir. Von diesen aber verlangte man Hilfe, statt sie ihnen zu bringen. Während der Pfalzgraf am Niederrhein verweilte, erschien deshalb bei ihm eine eigene Gesandtschaft der Flamänder. Gebhard’s Gegner haben ihm gleich Anfangs Beziehungen zu dem Herzog von Anjou vorgeworfen; er selbst widersprach wiederholt der Behauptung und es findet sich wirklich kein Beweis dafür. Dagegen war der Gesandte König Heinrichs von Navarra, Herr von Segur, welcher im Juli 1583 nach den Niederlanden, nach England und Deutschland abgeschickt wurde, um ein großes antipäpstliches Bündniß zu Stande zu bringen, unter anderen auch mit einer Geldunterstützung Gebhard’s beauftragt, die aber vermuthlich nie zur Auszahlung gelangte. – G. selbst scheint im Herbst 1583 nicht abgeneigt gewesen zu sein gegen eine Pension auf sein Amt zu verzichten. Bei den Vergleichsverhandlungen, welche von den fünf anderen Kurfürsten im October und Anfang November zu Frankfurt gepflogen wurden, ging von seinen eigenen Bevollmächtigten der absurde, aber der augenblicklichen Sachlage entsprechende Vorschlag aus, Herzog Ernst solle die erzbischöfliche Würde mit den rheinischen Territorien, G. aber die Kurwürde und das Herzogthum Westfalen erhalten. Von Seite des neuen Erzbischofs sträubte man sich gegen jede Geld-Entschädigung, weil eine solche einen Zweifel an der Verbindlichkeit des geistlichen Vorbehalts in sich zu schließen schien. Ein glücklicher Waffenerfolg im Niederstift hob um diese Zeit Gebhard’s Muth von neuem. Hier war außer Rheinberg und Uerdingen auch noch der feste Flecken Hüls (zwischen Crefeld und Mörs) in Graf Neuenar’s Besitz, woraus ihn der Chorbischof, in Verbindung mit H. Ernst’s Wallonen, zu vertreiben suchte. Da schickte G. in Eile aus Westfalen und dem Fest Recklinghausen Reiter und Knechte unter dem Bastard[WS 7] Eitel Heinrich von Braunschweig zum Ersatz herbei; ihnen zu Hülfe kamen geldrische Truppen. Die Belagerer wurden am Martinsabend (a. St.) [WS 8] überrascht und erlitten starken Verlust. Reiche Beute fiel den [467] Siegern zu. Werthvoller noch war der moralische Gewinn für G. Dieser fing damals auch an auf die innere Ordnung der kirchlichen Verhältnisse in Westfalen Bedacht zu nehmen, nachdem er sich früher fast nur mit dem Niederreißen des alten Kirchenthums beschäftigt hatte. Aber das Ende des J. 1583 und der Anfang des neuen Jahres brachten schwere Niederlagen für G. Schon am 4. November (a. St.) hatten Graf Arenberg und sein Schwager Salentin von Isenburg das Schloß Poppelsdorf besetzt. Mit ihnen ging nunmehr das jüngst eingetroffene baierische Hülfscorps an die enge Einschließung von Bonn. Am 7./17. December wurde die tapfer vertheidigte Burg Godesberg von den Baiern mit stürmender Hand genommen. Um den drohenden Verlust von Bonn zu verhüten, sandte G. aus Westfalen durch bergisches Gebiet unter Eitel Heinrich etwa 5000 Mann Knechte und Reiter nebst Munition und Lebensmitteln an den Rhein. Aber ihr Anzug war dem bairischen Feldherrn längst verrathen. Er erwartete den Feind in einem Hinterhalt unweit Siegburg, überfiel ihn unvorsehends (am 23. December/2. Januar) und sprengte einen großen Theil seines Volkes in die hochgehenden Fluthen der Agger und der Sieg. Den Baiern fielen alle Vorräthe in die Hände. Nun begann die Besatzung von Bonn gegen ihren Obersten Carl Truchseß zu meutern. Bestechungsversuche der gerade damals mit neuen päpstlichen Subsidien unterstützten bairischen Anführer halfen dazu, daß die Bonner Kriegsknechte schließlich ihren Obersten mit seinen zwei Hauptleuten gefangen nahmen und gegen Zahlung von 4000 Kronen, unter dem Titel rückständiger Besoldung, am 19./29. Januar mit sammt der Stadt den Baiern überlieferten. Zur Beschönigung ihres Verraths gaben die Kriegsknechte vor, sie hätten bisher nicht gewußt, daß Herzog Ernst der rechtmäßige Kurfürst von Köln sei. Sie erhielten freien Abzug mit Waffen und Gepäck, während eine Anzahl Gebhard’sche Beamte oder Ueberläufer zum Strang verurtheilt und zwei Prädikanten im Rhein ertränkt wurden, von denen aber der eine, Mag. Northausen, wie durch ein Wunder sich rettete. Carl Truchseß saß längere Zeit auf Schloß Huy an der Maas gefangen: am 3. Februar 1586 wurde er, auf vielfache Fürbitten und gegen Caution, seiner Haft entlassen. – Nachdem noch Graf Neuenar’s festes Schloß Bedburg am 9. März a. St. gefallen war, ging Herzog Ferdinand daran seinen Gegner auch aus Westfalen zu vertreiben. Dort hatte noch am 23. Decbr. a. St. ein Landtag zu Brilon eine allgemeine Landes-Defension beschlossen; in der That aber fanden die bairischen Truppen jetzt kaum Widerstand im Lande. G. selbst zog sich beim Heranrücken des bairisch-spanischen Heeres gegen Wesel zurück und von dort zum Anschluß an die statischen Truppen in die Grafschaft Zütphen. Aber die Gegner folgten ihm dorthin und überraschten bei Burg (Terborg) an der alten Yssel am Osterabend, (31. März neuen Stils) seine Vorhut unter Eitel Heinrich, schlugen sie und nahmen den verwundeten Führer selbst gefangen. Darauf zogen G. und Graf Neuenar mit etwa 1000 Reitern weiter rückwärts. Neuenar trat als Statthalter von Geldern in statische Dienste, G., selbst kein Kriegsmann, fand mit seiner Gemahlin ein Asyl in Delft bei Oranien, dessen Leichenbegängniß er bald danach beigewohnt hat. Ganz Westfalen fiel nun unerwartet rasch dem Sieger in die Hände. Nur ein paar feste Plätze im Fest Recklinghausen mußten durch Androhung von Gewalt zur Uebergabe gezwungen werden. (Zuletzt, erst am 6. November, capitulirte Gr. Neuenar’s Schloß Hohen-Limburg.) Am 5. Juni (n. St.) wurde der neue Kurfürst selbst an der Landesgrenze beim Birkenbaum unweit Werl von den aus der Verbannung zurückgekehrten westfälischen Räthen feierlich empfangen. Eine Stadt nach der anderen leistete ihm Huldigung. Noch im Juni konnte Ernst auf einem in dem bisher protestantisch gesinnten Gesecke abgehaltenen westfälischen Landtag die Reste der Gebhard’schen Kirchenreformation vernichten und zugleich die allgemeine katholische [468] Restauration des Landes beginnen. – Nach solchen Erfolgen war nicht daran zu denken, daß er sich mit dem niedergeworfenen Gegner auf weitere Vergleichshandlungen einlassen würde, wie solche im April und Mai 1584 von Gesandten verschiedener katholischer und protestantischer Fürsten zu Rotenburg a. d. T. versucht wurden. Schon am 27. August (n. St.) wurde Ernst zu Lüttich von dem Kurfürsten von Trier in das Kurfürstencolleg aufgenommen, nachdem zuvor August von Sachsen auf persönliches Zureden der beiden Kurfürsten von Mainz und Trier seine Einwilligung gegeben hatte. Die Zustimmung des Kurfürsten von Brandenburg erfolgte erst im folgenden Jahre. Die pfälzische Stimme ruhte wegen der Minderjährigkeit des Kurprinzen. – G. brachte den niederländischen Staten zwar weder Land noch Geld mit, wol aber einen werthvollen Rechtstitel, auf Grund dessen deren Kriegsvölker von nun an Jahre lang in die noch nicht ausgesogenen rheinisch-westfälischen Landschaften Streifzüge machen und Beute daraus holen konnten. Nicht minder froh über diese Ausdehnung des Kriegsterrains war auch das spanische Kriegsvolk. G. persönlich verschwindet fast aus der allgemeinen Geschichte; nur seines Namens bedienen sich die statischen Truppenführer Graf Adolf von Neuenar und Martin Schenk von Nydeggen, um in den folgenden Jahren bald diese bald jene Stadt des Erzstifts zu erobern und zu brandschatzen. So fällt ihnen im Mai 1585 Neuß in die Hand, um nach mehr als Jahresfrist durch Alexander von Parma im Namen des Kurfürsten Ernst wieder erobert und entsetzlich für seinen Abfall gezüchtigt zu werden. Im März 1586 wird die westfälische Stadt Werl von Schenk ausgeplündert: vor Weihnachten 1587 bemächtigt er sich sogar des Sitzes der kurfürstlichen Regierung, der Stadt Bonn, die erst nach sechsmonatlicher Belagerung zu Michaelis[WS 9] 1588 von den Spaniern für Kurfürst Ernst wieder eingenommen wird. Rheinberg tauscht in den Jahren 1584–1606 nicht weniger als sechsmal spanische Botmäßigkeit gegen niederländische und umgekehrt. G. selbst scheint bis kurz vor dem (am 11. August 1589 vor Nimwegen erfolgten) Tode seines angeblichen Feldmarschalls, des Obersten Schenk, in den Niederlanden verweilt zu haben, hatte aber wenig Vortheil von dessen Eroberungen. Die Einkünfte, die er aus Rheinberg und Neuß hätte ziehen können, machte Graf Neuenar ihm streitig. Als Elisabeth von England zu Ende des J. 1585 den Grafen von Leicester den Niederländern zu Hülfe sandte, schloß G. sich diesem aufs engste an, diente ihm als Rathgeber und Vermittler bei seinen vielfachen Irrungen mit den statischen Anführern. Dagegen unterstützte Leicester den Truchsessen, der am Nöthigsten Mangel litt und vor Sorgen an Körper und Geist tief gebeugt war, mit Geld und anderer Nothdurft und empfahl ihn wiederholt, aber wie es scheint vergebens, auch der Gnade seiner Königin. Ein sehr unzuverlässiger Gewährsmann erzählt, Agnes von Mansfeld sei einstmals selbst zu Elisabeth nach England gekommen, um Hülfe zu erflehen, aber schnöde abgewiesen worden. Im Sommer 1587 machte G. bei seinem eigenen Feldmarschall Schenk eine Anleihe von 6000 Carols-Gulden, wol auf Nimmerwiedergeben. – Im J. 1589 begab er sich mit seiner Gemahlin nach Straßburg. Dorthin hatte sich, jedoch ohne sein persönliches Zuthun, bereits im J. 1584 der Kölner Streit über die Freistellung verpflanzt. G. war auch als Erzbischof Domdechant zu Straßburg geblieben, drei andere von dem Bischof von Vercelli Excommunicirte, die Grafen Georg von Wittgenstein und Hermann Adolf von Solms und der Freiherr Johann von Winneburg saßen ebenfalls im Straßburger Kapitel. Nun behaupteten die katholischen Kapitelsherren, die päpstliche Privation gelte auch für Straßburg, wählten den Kölner Chorbischof Herzog Friedrich als neuen Domdechant und schlossen die anderen Gebannten vom Kapitel aus. Diese aber bemächtigten sich, mit Zustimmung des Straßburger Rathes, der dortigen Stiftshäuser und Einkünfte und [469] behaupteten sich darin mit Waffengewalt. Auch G. blieb bis zu seinem Tode in der Dechanei. Krankheiten und Mangel trübten seine letzten Lebensjahre. Gedrängt von seinen Gläubigern aus dem kölnischen Kriege, mußte er statt sie zu bezahlen, noch immer neue Schulden machen. Bald nach seiner Verheirathung hatte G. zu Dillenburg ein Testament errichtet, worin er für den Fall seines kinderlosen Absterbens seine Brüder Carl und Ferdinand zu Universalerben einsetzte, seiner Gemahlin aber eine Leibrente bestimmte. Nun war Ferdinand bereits im J. 1585 bei dem verunglückten Ueberfall von Herzogenbusch umgekommen, Carl im J. 1593 in Straßburg gestorben. Deshalb ließ G. kurz vor seinem Tode ein neues mündliches Testament aufnehmen (im J. 1601 am 15. März a. St.), worin er, zum Dank für empfangene Wohlthaten, den regierenden Herzog von Würtemberg zu seinem Erben ernannte und mit der Versorgung seiner Wittwe gemäß seinem früheren Testament betraute. Der Herzog nahm wirklich die Erbschaft an, woraus sich dann langwierige Streitigkeiten mit den Erbtruchsessen von Waldburg entwickelten. Ueber Agnes’ weiteres Schicksal ist nichts bekannt. G. starb am Himmelfahrtstage 1601 (21. Mai a. St.) und fand seine Ruhestätte im Münster neben dem vorangegangenen Bruder Carl. Da er sich der lutherischen Lehre wenigstens nicht feindselig gezeigt hatte, so veranstaltete ihm die lutherische Geistlichkeit und die Universität eine ehrenvolle Leichenfeier. Sein Grabmal, das später aus dem Münster entfernt worden ist, rühmte des Mannes Verstand und Wissen, seine treffliche Verwaltung hoher Ehrenstellen, vor allem aber, daß er die religiöse Wahrheit der höchsten Würde, die Heiligkeit der Ehe einem unreinen Cölibat vorgezogen, dann mit Fassung den Schaaren seiner Feinde gewichen, und endlich körperlich aber nicht geistig gebrochen, seine Seele Gott, den Leib der Erde, seinen Ruf guten Menschen befehlend, verschieden sei. – Das allgemeine Urtheil von Mit- und Nachwelt ist nicht so günstig ausgefallen, doch manchmal allzu hart. Weder im Guten noch im Bösen ragte G. über seine Mitlebenden hervor. Seine Hauptfehler – Neigung zum Trunk, zur Verschwendung und zu Ausschweifungen – waren fast allgemeine Fehler seiner Zeit- und Standesgenossen, während er an vielseitigen Kenntnissen über den meisten derselben stand. Daß er von Natur gutmüthig und leutselig war, gestehen auch seine Feinde. Jähzorn und Uebermuth im Glück lagen aber, wie so manchmal, dicht neben diesen guten Eigenschaften. Auf politischem Gebiet war sein schlimmster Fehler der Mangel an richtiger Schätzung seiner Kräfte und der seiner Gegner. Ohne alle Vorbereitung, ohne Geld, ohne Waffen und Mannschaft, ohne zuverlässige Freunde unternahm er ein weitaussehendes, unfehlbar zum Kriege führendes Werk. Nach der ersten Niederlage legte er die Hände in den Schooß und wartete ab, ob nicht andere seine Sache mit der allgemeinen des Protestantismus verfechten würden. Dagegen ist es unbillig, entweder seine anfänglich katholische Haltung oder seinen Religionswechsel als Heuchelei zu bezeichnen. In römisch-katholischen Anschauungen aufgewachsen vertrat er sie auch nach außen, ohne sie jedoch zur Richtschnur seines ganzen Denkens und Handelns zu machen. Als dann die Folgen seiner Neigung zu Agnes von Mansfeld ihn in das Rom feindselige Lager getrieben hatten, als alle seine persönlichen Interessen mit denen des Protestantismus zusammen fielen, wurde er naturgemäß ein eifrigerer Vertreter desselben als zuvor eines bloß gewohnheitsmäßigen Katholicismus. Der Gegensatz zwischen Rom und Wittenberg oder Genf war ja kein bloß dogmatischer. Politische Gegner Roms und des mit ihm verbündeten Spanien gab es in Menge, denen die dogmatischen Streitfragen gleichgiltig oder unverständlich waren. Zu diesen Leuten hat wol auch G. Truchseß gehört. – Seine äußere Erscheinung ragte, soweit sich aus einem bei Khevenhiller befindlichen Holzschnitt (nach Hogenberg?) schließen läßt, so wenig wie seine geistige [470] über die Mittelmäßigkeit hervor: weder Schönheit und Würde, aber auch nicht das Gegentheil sprechen aus den trüben schlaffen Gesichtszügen. Doch machte er noch nach seinem Sturze auf den zwar eitlen, aber klugen und welterfahrenen Grafen von Leicester den Eindruck eines vollkommenen Gentlemans.
Gebhard: Truchseß von Waldburg, Erzbischof und Kurfürst von Köln 1577–83, hat seine ersten und bisher für alle Nachfolger maßgebenden Biographen im Lager seines siegreichen Gegners gefunden. Daher wird ein endgültiges Urtheil über Charakter und Thaten des Mannes erst abgegeben werden können nach Beendigung der von verschiedenen Seiten in Angriff genommenen archivalischen Forschungen über die Geschichte des kölnischen Krieges. G. stammte aus der älteren, Jacobinischen oder Trauchburgischen Linie des zur schwäbischen Grafenbank gehörigen freiherrlichen Geschlechtes der Erbtruchsessen von Waldburg. Geboren am 10. (oder 11.?) November 1547 als zweiter Sohn des in österreichischen und kaiserlichen Diensten mehrfach verwendeten Herrn Wilhelm Truchseß und der Gräfin Johanna von Fürstenberg wurde G. in jungen Jahren zum geistlichen Stande bestimmt. Im J. 1558 übernahm, aus Anlaß der Aussöhnung nach längeren Erbstreitigkeiten, seines Vaters berühmter Bruder- Die Ausschreiben Gebhard’s und Johann Casimir’s. – Eitzinger’s zwei erste (anonyme) Relationen: Relatio historica, Herbstmesse 1583 und Historische Beschreibung, Ostermesse 1584. Von demselben: Rerum vaticiniis accomodata historia bis Ende 1584 und Leo Belgicus (1588) mit Schlachtenbildern von Hogenberg. – Isselt: De Bello Coloniensi libri IV, 1584. Ein liber V. in der Ausgabe von 1586. – Kleinsorgen, Tagebuch von Gebhard Truchseß, Münster 1780. – Auszüge aus diesen Quellen und weitere Literaturnachweise bei Häberlin, N. t. R.-G., 13. Bd., und in Chronik der Truchsessen von Waldburg, 2. Bd. 1785. – Einzelne weitere Ergänzungen bei Maffei, Annali di Gregorio XIII., Rom 1742. – Aretin, Maximilian der Erste, 1842. – Bruce, Corresp. of Leycester in den Publ. der Camden Society, Nr. 27, 1844. – Groen van Prinsterer, Archives. – Gachard, Corresp. de Guillaume le Taciturne. V. – Theiner, Annales Ecclesiastici, tom. III. 1856. – (Ferber), Geschichte der Familie Schenk von Nydeggen 1860 etc. Einiges auch aus Archiven.
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ Ständeversammlung der Niederlande
- ↑ Ludwig von Madrutz, Bischof von Trient, päpstlicher Legat
- ↑ Alessandro Farnese, Herzog von Parma, Statthalter der Niederlande
- ↑ Johann I., Pfalzgraf bei Rhein, Herzog von Zweibrücken
- ↑ von der Pfalz
- ↑ seinen Neffen als Erben des Titels
- ↑ außerehelich geborenen
- ↑ 11. November nach altem Kalender: Ab dem Herbst 1583 wurde die 1582 von Papst Gregor XIII. verfügte Kalenderreform, die 10 Tage übersprang, in den römisch-katholischen Teilen Deutschlands eingeführt. Die protestantischen Länder übernahmen die Reform zum Teil erst im Jahr 1700. Daher im folgenden Text die um jeweils 10 Tage abweichenden Daten bzw. die Zusätze „a. St.“ (alten Stils) und „n. St.“ (neuen Stils).
- ↑ Michaelis ist der 29. September