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Artikel „Beutterich, Peter“ von Friedrich von Bezold in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 2 (1875), S. 593–595, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Beutterich,_Peter&oldid=- (Version vom 23. Dezember 2024, 01:36 Uhr UTC)
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Beutterich: Peter B. (so seine eigene Schreibung des Namens, der sonst in zahlreichen Entstellungen vorkommt), geb. zu Mömpelgard c. 1545 (nach seiner Grabschrift, wogegen eine Biographie 1538/9) angibt), widmete sich trotz seiner geringen Herkunft den Wissenschaften und beschäftigte sich neben dem Rechtsstudium eingehend mit Theologie und classischer Litteratur, auch Philosphie. Er durchreiste halb Europa, erwarb sich in Valence den juristischen Doctorgrad und trat etwa 1573 in die Dienste des Kurfürsten Friedrich von der Pfalz; im J. 1574 erscheint er bereits als pfälzischer Rath. Seine hervorragende Fertigkeit in fremden Sprachen, namentlich im Französischen, und seine Weltkenntniß machten ihn zum Gesandten und Unterhändler geeignet, aber er verschmähte es auch nicht, als Spion oder als Truppenführer sein Leben zu wagen. Im Herbst 1575 warb er heimlich schweizerisches Kriegsvolk für den Feldzug des Pfalzgrafen Johann Casimir und führte es, dem Verbot der Berner Regierung zum Trotz, nach Frankreich. Er blieb im Dienste Johann Casimirs, welchen er bei den Friedensverhandlungen mit Heinrich III. (1576) vertrat. Als der König den Hugenotten das Friedensedict nicht hielt und die dem Pfalzgrafen und dessen deutschen Reitern versprochenen Zahlungen nicht leistete, sagte B. als Gesandter des Pfalzgrafen zu Blois (Febr./März 1577) dem König in feierlicher Rede, den entsetzten Hofleuten im Gespräch die derbsten Wahrheiten ins Gesicht und kündigte den Landbesitz, die Pension und Hauptmannschaft auf, die sein Herr in Folge des letzten Friedens erhalten hatte. In dem nämlichen Jahr verhandelte er mit Genf über Herstellung eines gemeinsamen Bekenntnisses der Reformirten, occupirte dann mit Schweizer Truppen Neustadt a. d. Hardt, [594] über dessen Besitz Johann Casimir mit seinem Bruder, dem lutherischen Kurfürsten Ludwig VI., im Streit lag, und ging schließlich nach England, um eine bewaffnete Unterstützung der Niederländer auf Grund englischer Hülfsgelder zu betreiben. Er genoß damals bereits den Ruf eines gefährlichen „Praktikanten“; in Frankreich war er einem Vergiftungsversuch entgangen, der lutherische Pfalzgraf von Simmern schlug dem Herzog von Würtemberg vor, ihn unvermerkt auf die Seite zu schaffen. Im niederländischen Feldzug Johann Casimirs (1578) war sein Einfluß von schlimmen Folgen, denn er nährte den Gegensatz zwischen seinem Herrn und dem Prinzen von Oranien und betrieb die Verbindung mit den calvinistischen Demagogen in Gent, welche den von England im Stich gelassenen Pfalzgrafen unmöglich machte. Die Aussöhnung mit England erfolgte allerdings sehr bald durch die Reise Johann Casimirs an den Hof der Königin, welcher B. wieder mit großer Offenheit ihre schwankende niederländische Politik vorhielt. Der Gegensatz zu Oranien dagegen wurde mit dessen größerer Annäherung an den Herzog von Anjou immer schärfer; B. schrieb eine Schmähschrift gegen den französischen Rivalen seines Herren und äußerte unverhüllt, daß er dem Prinzen selbst „nach Ehre und Wohlfahrt trachte“. Er trieb damals ein gefährliches Spiel; indem er die auswärtige Politik des Pfalzgrafen in einer Weise selbständig zu machen strebte, welche dessen wirklichen Mitteln keineswegs entsprach, wußte er als scheinbarer Bundesgenosse die französischen Pläne gegen Straßburg und den Rhein auszukundschaften, das Vertrauen eines guisischen Emissärs auszubeuten, die verrätherischen Umtriebe des unruhigen Pfalzgrafen von Veldenz aufzudecken und die Straßburger rechtzeitig zu warnen (1580). Er dachte dann selbst durch eine Verbindung mit Spanien gegen Heinrich III. die Sache des französischen Calvinismus fördern zu können! Doch finden wir ihn gleich darauf in Verhandlungen mit Condé und Navarra; er besuchte die Versammlung der Reformirten zu Montauban, schloß einen Vergleich mit Navarra ab und reiste dann mit verstelltem Namen und Gesicht über Lyon, wo er erkannt wurde und mit Mühe das Leben rettete, in die Schweiz (1581). Er betheiligte sich 1582 an den Verhandlungen, welche in der Schweiz zum Schutz des bedrohten Genf geführt wurden, und fand bald darauf in den durch den Religionswechsel des Kölner Erzbischofs Gebhard hervorgerufenen Verwicklungen ein neues Feld der Thätigkeit. Damals wünschte er dringend Aussöhnung mit Oranien; dessen Bruder Johann von Nassau suchte vergeblich zu vermitteln und vermochte weder die Abneigung des Prinzen noch den Einfluß des „Abgotts“ B. auf Johann Casimir zu erschüttern; der Angeklagte nahm „den Kampf für seine Ehre“ auf und vertheidigte sich in einem nachdrucksvollen Schreiben an seinen Herrn, „den Verläumdern zum Trotz“. Er führte französisches Kriegsvolk durch den Elsaß nach Bonn, wobei er unterwegs wiederholte Angriffe abschlug und großen persönlichen Muth zeigte; bei einem mißlungenen Handstreich gegen Unkel wurde er verwundet, machte jedoch den Feldzug auch weiterhin als Hauptmann mit (1583). Nach dem kläglichen Ausgang dieses Unternehmens hielt er sich, während Johann Casimir durch den Tod seines Bruders zur vormundschaftlichen Regierung der Kurpfalz berufen wurde, bei dem Grafen Friedrich von Mömpelgard auf, der ihn ebenfalls „beinahe anbetete“, und beobachtete, von der burgundischen und elsässischen Regierung, vom Kaiser und von den Schweizern vergebens verfolgt, die Bewegungen in Frankreich und der Schweiz. Am 1. Jan. 1585 bestellte ihn Johann Casimir förmlich zu seinem „obersten Rath und Diener von Haus aus“, mit dem speciellen Auftrag, fremden Anschlägen gegen das Reich und insbesondere gegen die Pfalz nachzugehen, und unter der Bedingung unverbrüchlichen Schweigens über seine „Heimlichkeiten“. Bei der zunehmenden Spannung zwischen der Kurpfalz und dem Herzog von Würtemberg wußte er [595] den letzteren durch hin und wieder angebrachte drohende Aeußerungen, die er nachher leugnete, wirksam einzuschüchtern. Seine eigentlichen Pläne in jener Zeit sind nicht mit Klarheit festzustellen; er verhandelte in Lothringen gleichzeitig mit den Guisen und mit Anhängern Heinrichs III. und war, so scheint es, nahe daran, die Befriedigung der pfälzischen Forderungen, die vom J. 1576 her noch nicht ausgeglichen waren, durch ein Büdniß mit der Liga zu erkaufen (1585). Damals ein entschiedener Gegner Navarra’s, trat er mit diesem bald darauf wieder in die freundschaflichen Beziehungen und unterstüzte nach Kräften die Werbungen der hugenottischen Gesandten, welche endlich den Einmarsch eines deutschen Hilfsheers in Frankreich herbeiführten. B. erlebte dieses Resultat nicht mehr; er starb am 12. Febr. 1587. Er wurde in der Peterskirche zu Heidelberg bestattet und von seinem Fürsten durch eine hochtönende Grabschrift geehrt, welche namentlich sein kühnes Auftreten gegen den französischen König hervorhob. Er hinterließ seinem Sohn Peter Beutterich die Herrschaft Neidenfels. Ueber seinen Charakter läßt sich ein endgültiges Urtheil nicht fällen, solange seine sehr ausgedehnte Correspondenz noch fast ganz in den Archiven und Handschriftensammlungen zerstreut und verborgen ist. Soviel steht fest, daß er eine reichbegabte, energische und ehrgeizige Natur war und die Politik seines Fürsten, freilich als „unruhiger Geist“ nicht immer in der besten Weise, vollständig beherrschte. Sein Name wurde in dieser Hinsicht sprichwörtlich (Hic vel ille est Beuterichius istius principis). Mit einer Reihe hervorragender Zeitgenossen (Heinrich von Navarra, Leicester, Walsingham, Sidney, Beza, Languet) stand er in vertrautem brieflichem Verkehr; seine eigenen Briefe (deutsch, lateinisch, französisch) tragen das Gepräge frischer Originalität und rechtfertigen den treffenden Namen, den ihm seine Freunde beilegten: „Doctor equester“. Sein Wahlspruch war: „Arte, sorte, marte“. Das Volk schrieb ihm einen Pact mit dem Teufel zu.